mica-Interview mit Hannes Dufek

Der Marathon des Schnabeltiers “Platypus”, das ist ein seltenes, unter der Erdoberfläche lebendes Säugetier in Australien, aber auch der Name eines von jungen Wiener  Komponisten ins Leben gerufenen Vereins für Neue Musik, der es geschafft hat, in einem ambitionierten Projekt 48 zur Zeit großteils unbekannte Komponisten in einem KomponistInnen-Marathon vorzustellen: An vier Abenden, ab Donnerstag, 24. bis einschließlich So., 27.Mai ist das Haus der Musik der Schauplatz dafür. Über ein erstaunliches, beispielhaftes Projekt sprach Heinz Rögl mit Platypus-Obmann Hannes Dufek.

Beginnend mit dir selbst, wer seid Ihr, was ist das für ein Pool und wie kam der KomponistInnen-Marathon zustande?
Der Verein Platypus und meine Person – wir sind Kompositionsstudenten an der Wiener Musikuni, wo wir uns auch alle kennengelernt haben; die anderen beiden Vorstandsmitglieder sind Fernando Riederer und Christoph W. Breidler. Die Sache hat damit begonnen, dass Fernando und ich vor einem Jahr auf der Uni ein Konzert überwiegend von Studenten der Klasse Seidelmann organisiert haben, was in dieser Form offenbar noch nie passiert ist. Wir haben den Verwalter des Orchesterstudios – der ist sehr nett –  einfach gefragt und der hat uns den Saal gegeben Im Nachhinein gab’s einige Aufregung und intern wurde gesagt, das geht doch nicht, es war fast ein Skandal, dass junge Kompositionsstudenten da von sich aus einfach so etwas machen. Es war jedenfalls ein sehr schönes Konzert!

Von welcher Seite habt ihr denn auf der Uni Unterstützung?
Die Elektroakustik (ELAK) macht viel, die sind dort allgemein lockerer. Na jedenfalls, nach dem Konzert hat sich da eine gute Dynamik ergeben, wir haben einander weiter getroffen. Fernando, Christoph und ich haben begonnen, dieses Projekt KomponistInnen-Marathon zu planen und aufzustellen. Für den Marathon haben wir den Platypus-Verein gegründet, vieles lief da auch ein wenig chaotisch, weil wir so etwas noch nie gemacht haben (zur Entstehungsgeschichte siehe Link: http://www.platypus.or.at/ – Die Entstehung eines Festivals oder A la recherche du temps perdu (?)). Das andere war, dass der Verein iKultur, den es schon länger gibt, seine Aktivitäten ein bisschen zu bündeln begonnen hat. Da ist viel passiert, iKultur hat im letzten Jahr an verschiedenen Orten vier Konzerte gemacht.

Ihr habt erfolgreich bei diversen Unterstützern und Förderern (AKM,  IGNM, Haus der Musik usw.) angeklopft .
Ja. Schließlich haben wir von allen maßgeblichen Förderern Geld bekommen, also von der Stadt Wien, vom Bund, von der AKM und vom SKE, vom ÖKB und von der ÖH. Auch die IGNM unterstützt uns. Und private Sponsoren. Neben denen, die auf unserer Homepage vermerkt sind, sind außerdem in den letzten drei Monaten noch etliche dazugekommen, es sind insgesamt elf Förderer und Sponsoren. Auf diese Weise ist es erst möglich geworden, ein Projekt dieser Größenordnung durchzuziehen. Der Pool der Beiträger des Marathons sind Komponisten verschiedener Jahrgänge und Klassen, auch aus dem “Kons” (Konservatorium Wien Privatuniversität). Eigentlich wollten wir das auf alle Kompositionsklassen in Wien ausdehnen, aber das ist insofern schwierig, als es doch erhebliche Qualitätsunterschiede gibt.

Es gibt keine ästhetische Beschränkung .
.. aber eine gewisse “Professionalität” sollte doch gewährleistet sein, wenn das auch unserem Grundgedanken ein wenig widerspricht. Sonst wird es uferlos und schadet dann irgendwie allen.

Wen habt ihr angesprochen und wie seid ihr vorgegangen?
Wir sind einfach in die Klassen gegangen, haben in einem kleinen Vortrag unser Projekt vorgestellt, was wir da machen wollen, welche Kriterien es gibt. Und daraufhin haben sich die Leute eben gemeldet oder auch nicht. Das Problem ist nur, dass die Kommunikation manchmal schlecht funktioniert, das Kriterium war, rechtzeitig spielbare Noten zu bekommen. Manchmal erlebt man unglaubliche Sachen, man kriegt ein Streichquartett in Handschrift, das unlesbar ist und so weiter.

Habt ihr euch von den Professoren dreinreden lassen?
Na ja, nicht unbedingt direkt, mit einer Ausnahme. Johannes Kretz, der auch bei der iKultur mitarbeitet und ein guter Freund ist, unterstützt uns sehr. Mit der iKultur, die eher auf internationale Arbeit und den Kontakt Europa-Asien bzw. den Kontakt zwischen unterschiedlichen Ethnien ausgerichtet ist, sind wir sehr gut vernetzt. Platypus richtet sein Interesse eher auf den Kontakt der Komponisten untereinander, aber auch darauf, wie man die herrschende Distanz zwischen den Komponisten und dem Publikum überbrücken kann.

Wie sind da die Erwartungen, was den KomponistInnen-Marathon im Haus der Musik betrifft, rechnet ihr, dass außer den Teilnehmern viele Leute kommen?
Aber ja! Wir haben unsere Presseankündigungen gemacht und verbreitet, auch das Haus der Musik macht hoffentlich Promotion dafür, wir haben mit verschiedenen Journalisten Kontakte, es gibt Flyer und Plakate.

Welche Kriterien gab es für die Kompositionen?
Es sollten nicht mehr als fünf Spieler sein, es soll nicht länger als zehn Minuten dauern und es darf nicht zu kompliziert bei der Einstudierung sein, sollte relativ gut realisierbar sein, da wir weder exorbitante finanzielle Mittel noch Probenzeiten haben.

Wie seid ihr zu den Interpreten gekommen? Denen läuft man auf einer großen Uni zwar vielleicht ständig über den Weg, aber Kontakte gibt es wenig?
Da muss man halt etwas dafür tun. Natürlich lernt man bei Konzerten oder Klassenabenden Leute kennen. Wir haben es einfach über einen Aufruf gemacht: Bitte wer möchte spielen! Oder Leute gefragt, wer kann gut spielen, die wir dann angerufen haben.

Wie viele Interpreten wirken mit?
Noch einmal so um die fünfzig, also genauso viel wie Komponisten.

Bekommen die Interpreten eine Gage?
Ja, und deswegen brauchten wir vor allem auch Sponsoren. Sonst hätten wir eigentlich keine oder fast keine Kosten. Wir wollen auch nicht, dass die Interpreten umsonst auftreten, denn das würde unsere Sache entwerten. Wir können klarerweise ja nicht wahnsinnig viel zahlen, aber wir wollen anderseits nicht von der “Mildtätigkeit” von Interpreten abhängig sein. Die Komponisten hingegen müssen sich wirklich alles selber organisieren, die Partituren liefern, die Proben selbst organisieren. Wir helfen natürlich, wenn es keinen Raum gibt, und mit dem “Kons” gibt es ein Abkommen, dass wir etwa Stücke mit Schlagzeug oder mit Celesta dort proben können. Sonst gibt es vermutlich aber auch Proben im privaten Rahmen, in Wohnungen.

Kennst du und die Vereinsleitung alle Komponisten persönlich?
Schon, wobei, ich habe nicht von allen deren Musik gehört. Ich kenne auch die Interpreten alle. Das ist ja der immense Fortschritt und Vorteil, den dieses Projekt mit sich bringt: Vor einem Jahr war es noch so, dass viele Leute nichts voneinander wussten. Woran arbeitest du, was tust du – in dieser Beziehung ist unsere Sache total aufgegangen.

Ein Nachfolgeprojekt zu diesem Marathon ist bereits für den Herbst geplant, das im Kontext des IGNM-Jubiläums im Schubert-Saal des Konzerthauses stattfinden soll .
Wir hoffen dass das alles mit der Finanzierung klappen wird, einiges ist noch in Schwebe. Wir schicken eine neue Inskriptionsmöglichkeit aus.

Beschränkt auf Kompositionsklassen?
Das muss nicht sein. Wichtig ist: Nicht “arriviert”, eher noch jung, professionelle Unterlagen. Im Konzerthaus wollen wir die Sache anders aufbereiten, indem wir die Generalprobe direkt in das Konzert überblenden. Wir glauben, dass das für das Publikum ganz spannend sein könnte. Das nimmt dem Ganzen diesen Nimbus des Konzertrituals, das Hochkulturelle. Wir wollen mehr Kontakt schaffen. Auch schon bei diesem Marathon soll es möglich sein, ein bisschen über die Stücke mit den Komponisten reden zu können. Unsere Bestrebungen haben auch mit Überlegungen über das Leben an sich zu tun. Was bedeutet es, ein schöpferischer Mensch zu sein? Das ist mir wichtiger als nur die Ergebnisse. Wiewohl in dm Programm wirklich schöne Stücke dabei sind, die ich jedenfalls gerne öfter hören möchte, aber es soll überhaupt kein “Best of”-Programm sein.

KomponistInnen-Marathon im Haus der Musik
24. bis 27. Mai 2007

Aus dem Pressetext:
Unter dem Titel “KomponistInnen-Marathon” präsentieren 48 junge KomponistInnen im ersten von zwei Marathon-Teilen ihre Werke der Öffentlichkeit. Ziel des Festivals ist es, abseits von bürokratischen Barrieren und eingespielten Hierarchien junge Künstler ihre Werke “im Dienste der Musik” einem breiten Publikum präsentieren zu lassen. Zudem sollen etwaige Berührungsängste mit zeitgenössischer Musik seitens der Zuhörer abgebaut werden sowie der Austausch und die Diskussion unter Komponisten, Interpreten und Publikum angeregt werden.

Der Marathon besteht aus fünf Konzerten, welche von 24. bis 27. Mai 2007 nachmittags und abends im Haus der Musik stattfinden. Jedes Konzert umfasst rund zehn Werke unterschiedlicher Interpreten und Stile. Den Abschluss bildet am 27. Mai ein Fest im Ost-Klub am Schwarzenbergplatz, welches allen Beteiligten und Zuhörern Gelegenheit zu einem musikalischen Rückblick sowie Raum und Zeit zum Feiern bietet.

Das mehrtägige Festival im Mai bildet den ersten Teil des KomponistInnen-Marathons. In ähnlicher Weise findet im Rahmen der 85-Jahr Feier der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM) am 6. und 7. Oktober 2007 der zweite Teil im Wiener Konzerthaus statt. In aller Voraussicht treten im Herbst weniger Komponisten mit längeren Stücken sowie größeren Besetzungen auf.

Genaue Uhrzeiten der jeweiligen Konzerte entnehmen Sie bitte aus dem Programm, welches online unter www.platypus.or.at abrufbar ist. Auf diesen Seiten finden Sie auch alle Informationen über den Verein Platypus. Abschlussveranstaltung im Ost-Klub, 1040 Wien, Schwarzenbergplatz 10 (www.ost-klub.at)

Pressekontakt:
Hannes Dufek
Theresieng. 46/16
1180 Wien
(0699) 12 69 12 44
hannes_dufek@gmx.net
www.platypus.or.at

Foto 1: Hannes Dufek (Obmann)
Foto 2: Christoph W. Breidler (Schriftführer)
Foto 3: Fernando Rieder (Kassier)