Fakten zur Festplattenabgabe

Am Dienstag, 16. Juni 2015, hat die umstrittene Urheberrechtsnovelle den Ministerrat passiert. Die Festplatten- bzw. Speichermedienabgabe ist nach wie vor in aller Munde und in allen Medien, der Informationsgehalt der Meldungen lässt jedoch zu wünschen übrig. Diese kleine Faktensammlung soll die Unterscheidung von Wünschen und Wirklichkeit erleichtern und zur Versachlichung eventuell noch andauernder Diskussionen beitragen.

1 Das Recht auf Privatkopie

In 23 europäischen Ländern gibt es das Recht auf Privatkopie. Es besagt, dass Privatpersonen legal erworbene, urheberrechtlich geschützte Inhalte zum privaten Gebrauch kopieren dürfen. Das EU-Recht sieht des Weiteren vor, dass dieses Recht auf Privatkopie auch vergütet werden muss. Ohne das Recht auf Privatkopie dürfte man z. B. keine CDs rippen und keine gekauften Musikdownloads auf weiteren Medien (Mobiltelefon, Tablet etc.) abspeichern. Auch die Offline-Nutzung von Streaming-Diensten (etwa bei Spotify) ist eine Form der Privatkopie.

Das Recht auf Privatkopie ist im Urheberrechtsgesetz § 42 geregelt. Das Gesetz besagt, dass „unbespielte Bild- oder Schallträger, die für […] Vervielfältigungen geeignet sind“ vergütungspflichtig sind. Die jetzige Novelle passt Formulierungen den heutigen Gegebenheiten an (Speichermedien statt Bild- und Schallträger).

Über Abgaben auf viele Speichermedien wie etwa CD-ROM, Festplatten in DVD-Rekordern, USB-Sticks, Speicher in MP3-Playern oder Multimedia-Festplatten mit Recording-Funktion herrscht schon lange Einigkeit. In vielen Ländern werden derzeit die Abgaben auf Festplatten und Handys diskutiert.

In einigen europäischen Ländern wie etwa Deutschland, Frankreich, Schweden und den Niederlanden herrscht Computer-Festplatten betreffend bereits Rechtssicherheit. In der Schweiz, in Belgien und Frankreich wurden auch bereits Handytarife ausverhandelt.

Vergütet wird nicht, was tatsächlich kopiert wird, sondern vergütet wird die Eignung eines Geräts, urheberrechtlich geschützte Inhalte zu speichern.

Gewerbliche LetztverbraucherInnen, also jene, die z. B. Computer für die Benutzung in ihrer Firma kaufen, sind allerdings von diesen Abgaben befreit. Jene, die direkt beim Importeur einkaufen, können sich schon vorab befreien lassen, alle anderen können die Abgabe mit einer formlosen E-Mail inklusive Scan der Rechnung bei der Verwertungsgesellschaft zurückfordern.

Die Möglichkeit der Rückzahlung der Vergütung an den LetztverbraucherInnen ist in der Novelle leider missverständlich formuliert und suggeriert die Möglichkeit der Rückzahlung auch an private NutzerInnen. Nur gewerblichen NutzerInnen, die die Medien ausschließlich in ihrem Betrieb nutzen, steht diese Rückforderung zu. Der Nachweis von Privatpersonen, dass das Speichermedium „nicht für Vervielfältigungen zum eigenen oder privaten Gebrauch benutzt“ wird, ist jedoch vom Unionsrecht nicht vorgesehen und daher in der Praxis nicht möglich.

2 Seit wann wird die Festplattenabgabe eingehoben?

Bereits seit 1. Oktober 2010 gibt es Tarife und hebt der Handel die Festplattenabgabe wohl auch ein. Für Handys mit Musikspeicher gilt das seit 1. Jänner 2006. An die Verwertungsgesellschaften – und damit an die Musikschaffenden – ausbezahlt wird sie jedoch nicht. Anstatt mit den Verwertungsgesellschaften entsprechende Tarife zu verhandeln, reichte der Handel eine sogenannte Feststellungsklage gegen die Festplattenabgabe ein. Festgestellt werden sollte, ob die Festplattenabgabe bereits Gültigkeit hat. Der Handel preist seither die Festplattenabgabe ein, weil er dafür auch Rückstellungen bilden muss. Dazu sind UnternehmerInnen laut Unternehmensgesetzbuch verpflichtet. Entscheidet das Gericht für die Festplattenabgabe, müssten bisher eingehobene Abgaben in einer vom Gericht festzusetzenden Höhe an die Verwertungsgesellschaften ausbezahlt werden.

Auch für Mobiltelefone mussten seit Geltung der „autonomen Tarife“ der austro mechana gegen Nokia Rückstellungen gebildet werden. Anfang Juni 2015 hat dann der OGH entschieden, dass die Vergütung für Mobiltelefone auf Basis der bisherigen Rechtslage Gültigkeit hat.

Da in beiden Fällen die Abgaben bereits seit einigen Jahren eingehoben bzw. eingepreist und rückgestellt werden mussten, wäre eine Preiserhöhung für Mobiltelefone und Festplatten im Jahr 2015 oder in Folgejahren jedenfalls nicht mit der Festplattenabgabe zu rechtfertigen.

3 Die Tarife

Die Tarife für die Speichermedienvergütung orientieren sich an der Speichergröße der Medien. Die von der Verwertungsgesellschaft festgesetzten Tarife für Mobiltelefone und Festplatten sind auf der Website der Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften einsehbar: Tarife Leerkassettenvergütung („URA“)

Auf Seite 1–2 finden sich die von Verwertungsgesellschaften und der WKO bereits ausverhandelten Tarife, für die ein Gesamtvertrag vorhanden ist. Wenn ein Händler einen Vertrag mit der austro mechana abschließt, hat er Anspruch auf diesen Vertragstarif. Schließt er keinen ab, kommt der sogenannte „autonome Tarif“ zur Anwendung. Darüber hinaus sind diese Tarifvorschläge auch günstiger als etwa die derzeit in Deutschland vorgesehenen Tarife.

Die Tarife für Mobiltelefone bewegen sich zwischen EUR 3,00 und 30,00. Für ein Mobiltelefon mit 16 GB beträgt die Verhandlungsbasis, der sogenannte „autonome Tarif“, in Österreich EUR 18,00 (zum Vergleich: in Deutschland EUR 36,00).

Die Tabelle stammt aus dem Jahr 2006 und enthält deswegen keine Mobiltelefone über 100 GB. Nachdem die Vergütung auf Handys derzeit noch strittig ist, hat die austro mechana noch keine aktuellen Tarife veröffentlicht. Für Festplatten stellen sich die österreichischen Verwertungsgesellschaften Vertragstarife zwischen EUR 12,00 (unter 500 GB) und EUR 15,00 (über 500 GB) bzw. EUR 18,00 (externe Festplatten über 1000 GB) vor. Es geht also um Summen im Gegenwert einer einzigen Musik-CD für Speichermedien, die von der Konsumentin bzw. vom Konsumenten über mehrere Jahre für private Kopien jeglicher Musik genutzt werden können.

4 Bedeutung für die KünstlerInnen

Im Jahr 2008 wurde die vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur beauftragte Studie zur sozialen Lage von KünstlerInnen in Österreich veröffentlicht. Diese zeigt, dass Musikschaffende im Vergleich zu KünstlerInnen anderer Sparten am meisten von Mehrfachbeschäftigung bzw. verschiedenen Einkommensquellen abhängig sind. Eine dieser Einkommensquellen stellen Tantiemen – etwa aus der Festplattenabgabe – dar. 50 Prozent der Festplattenabgabe werden direkt an die KünstlerInnen weitergegeben, die Höhe ist abhängig vom sonstigen Tantiemenaufkommen der Künstlerin bzw. des Künstlers. Die übrigen 50 Prozent fließen in die sogenannten „sozialen und kulturellen Einrichtungen der austro mechana“. Dieser Fonds verwendet das Geld für soziale Zuschüsse (Notfälle, Sozialversicherung, Altersversorgung) und für Kunst- und Kulturförderungen.

5 Die Deckelung in Höhe von 29 Millionen Euro

Werden in einem Jahr insgesamt mehr als 29 Millionen Euro aus Reprografieabgabe und Speichermedienvergütung eingenommen, müssen die Tarife im darauffolgenden Jahr gesenkt werden. In diesen 29 Millionen sind allerdings im jetzigen Entwurf auch jene Beträge enthalten, die die Gewerbetreibenden rückerstattet bekommen.

6 Transparenz

Grundsätzlich ist die im Gesetzesvorschlag vorgesehene Transparenz der Verwertungsgesellschaften zu begrüßen. Die austro mechana veröffentlicht aber ohnehin bereits jetzt in ihren Jahresberichten die Verteilung der Tantiemen. Der SKE-Fonds berichtet sehr detailliert über Förderungen und Zuschüsse.

Es ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass das Recht auf Privatkopie in Österreich nur in Anlehnung an geltendes EU-Recht – also inklusive Vergütungsplicht – gestaltet werden kann. Außerdem können die vom Handel in den Raum gestellten Teuerungen nicht durch die Speichermedienabgabe verursacht werden. Darüber hinaus profitieren Musikschaffende von der Speichermedienabgabe: Auch jenen Musikschaffenden, die nur geringe direkte Tantiemen erhalten, kommen die Leistungen der sozialen und kulturellen Einrichtungen der austro mechana zugute.

Sabine Reiter

http://www.wipo.int/edocs/pubdocs/en/copyright/1037/wipo_pub_1037_2013.pdf
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Begut/BEGUT_COO_2026_100_2_1102902/BEGUT_COO_2026_100_2_1102902.html
http://www.ots.at/redirect/tarife
http://de.wikipedia.org/wiki/Pauschalabgabe
http://www.kunstkultur.bka.gv.at/Docs/kuku/medienpool/17401/studie_soz_lage_kuenstler_en.pdf
http://www.aume.at
http://www.ske-fonds.at