Die Wiener Band WOLPERTINGER. veröffentlicht mit „future, perfect, future“ (Seayou // VÖ: 06.06.‘25) ihr Debütalbum und verarbeitet darin die unruhige Zeit, in der wir aktuell leben. Ebenso vielschichtig und komplex wie das aktuelle Weltgeschehen erklingt das Album mit seinen unterschiedlichen musikalischen Einflüssen.
Eigentlich ist ein Wolpertinger ein bayerisches Fabelwesen. Je nach Überlieferung ist es ein Mischwesen, das sich aus unterschiedlichen tierischen Merkmalen zusammensetzt. Eine bekannte Darstellung des Wolpertingers ist als Hase mit Entenflügeln, Rehbockgeweih und spitzen Zähnen. Die Wiener Band hat sich damit recht gut identifizieren können, denn auch bei ihnen kommen unterschiedliche, musikalische Einflüsse zusammen und bilden eine Klangwelt, die nicht wirklich in eine Schublade passt, aber gerade deswegen fasziniert. wolpertinger. besteht aus den vier Mitgliedern Lukas Maximilian Buchberger (Rhythmusgitarre, Gesang), Daniel Mahkovec (Schlagzeug, Klavier), Maximilian Ott (Leadgitarre) und Laurenz Stelzl (Kontrabass). Auch auf ihrem Debütalbum ist diese bewusst komplexe, konzeptuelle Vielschichtigkeit zu hören. Thematisch erzählt das Album eine fiktionale Geschichte der Menschheit. Je länger aber das Album dauert, desto mehr scheinen Fiktion und Realität zu verschwimmen. Der namenlose Protagonist ist mit Allwissenheit gestraft, kann aber nur zusehen, wie sich alle um ihn herum sehenden Auges ins Verderben stürzen.
Hinweis: Mit dem Abspielen des Videos laden sich sämtliche Cookies von YouTube.
Am Anfang wirken die Texte noch ein wenig optimistischer. „the future is now, old man“ ist ein Appell, seine eigene Zukunft in die Hand zu nehmen. Hier und jetzt müssen Entscheidungen getroffen werden, um das Morgen wirklich zu beeinflussen. Aber schon in der Mitte des Albums kommt es bereits zur Ernüchterung. „truth, of all things“ ist das Herzstück und gleichzeitig der Wendepunkt des Albums. Ob die eigenen Entscheidungen wirklich so viel Einfluss haben, wird angezweifelt. Das allgemeine Chaos überwiegt und lässt den Protagonisten in einer Art Schockstarre zurück. Mit „a letter, from the future to the past“ endet das Album. Klar ist nur, dass ein Großteil des anfänglichen Optimismus, doch nur in Träumen existiert. Am Ende ist der Erkenntnisgewinn minimal, viele Fragen bleiben offen. Ziel von „future, perfect, future“ ist es jedoch auch nicht, alle Fragen zu beantworten, aber zumindest ein wenig wachzurütteln.
Klanglich bewegt sich das Album in der Welt des Post-Rocks. Langsame, weiche Rhythmen, wechseln sich mit schnellen, dynamischen ab. Dabei kommen klassische Bandinstrumente, wie (E-)Gitarre, (Kontra-)Bass und Schlagzeug zum Einsatz. Gleichzeitig experimentiert die Band auch immer wieder gerne und spielt mit verschiedenen Klangfarben. So kommen auch ein Saxophon, ein Piano und eine Kalimba zu prominenten Einsätzen und prägen enorm die weite Klangwelt, die sich durch das Album hinweg aufbaut. Auch die Stimme bleibt nie gleich. Manche Textpassagen werden gesungen, andere gesprochen und wieder andere geschrien. Dadurch wird die Gefühlslage des Protagonisten eindrucksvoll vermittelt. Er schwankt zwischen Optimismus, Frustration und Resignation hin und her. So wird nicht nur textlich, sondern auch klanglich der inhaltliche Kreis abgebildet.
Ob unsere Zukunft wirklich so rosig aussieht, wie es der Titel von „future, perfect, future“ impliziert, bleibt in der aktuellen Zeit schwer vorherzusagen. Aber zumindest musikalisch bleibt zu erwarten, dass die Zukunft von wolpertinger. strahlend ist, wenn sie den Weg weiterverfolgen, den sie mit ihrem Debütalbum eingeschlagen haben.
Ylva Hintersteiner
++++
Live
06.06. Kramladen, Wien
++++
Links
wolpertinger. Instagram
wolpertinger. Facebook
wolpertinger. Bandcamp