
Und das hat sich auch sehr gelohnt, denn man hört einen Unterschied zwischen den beiden Produktionen. Beim ersten Album war noch nicht so viel Platz für Details und Schichten, doch „Opportunity“ ist umso vielschichtiger. Die Sound-Zeitreise hat die Band noch weiter in die Vergangenheit katapultiert. Waren beim Debüt die 1990er im Fokus, so sind es nun die 1980er. Und auch wenn die Band betont, dass es sich nicht um ein Konzeptalbum der klassischen Art handelt, merkt man, dass alle Songs thematisch unter einen Hut passen.
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Moderne trifft auf 1980er
Man hört viele Synthesizer, die nicht nur die abstrakten Heuler, Quietscher und Glockentöne übernehmen, sondern auch echte Instrumente – wie die Streicher – ersetzen. Somit wird das nostalgische Gefühl, das manche der Songs aufwühlen, nur noch verstärkt, während Elemente wie Chorgesang im Refrain oder bestimmte Melodien den modernen Touch beisteuern. Das ergibt einen ganz eigenen Mix. Man erwartet häufig, den Verlauf eines Songs schon im Vorhinein zu erkennen, doch wird man meist eines Besseren belehrt.
So könnte „Little Lies“ eigentlich ein astreines Radiolied von 1985 sein. Die Synthies und die kitschige Gitarrenmelodie sprechen dafür. Doch schon nach 30 Sekunden beginnt der Gesang, der mit seinem „Uh-Uh“ so gar nicht zu den typischen 80er-Vocal-Melodies passt. Dafür fühlt man sich an Indie-Bands der frühen 2000er – wie The Dodos – erinnert. Und auch wenn diese amerikanische Folk-Band musikalisch nichts mit WE WALK WALLS zu tun hat, so haben sie doch eines gemeinsam: Die Vocal Melodies kommen aus dem Folk-Rock.
Instrumental ist nicht gleich langweilig

„Opportunity“ ist somit ein Album, das nicht nur Indie-Fans Freude bereiten kann, sondern auch den LiebhaberInnen der Musik von früher. WE WALK WALLS schaffen es, ihrem Sound zehn Lieder lang treu zu bleiben, ohne sich zu wiederholen. Da die Arrangements subtil zusammengesetzt sind, wirken die Songs locker und wie aus dem Ärmel geschüttelt. Und das ist eine Qualität, die die Band innerhalb von drei Jahren gelernt hat. Also, Hut ab.
Anne-Marie Darok
Foto WE WALK WALLS: Matthias Hombauer