WARREN SMITH & EDITH LETTNER – "Dialogues live"

Gäbe es in der Musik so etwas wie einen Ritterschlag, die Zusammenarbeit von Edith Lettner mit der amerikanischen Jazzlegende Warren Smith wäre für die oberösterreichische Saxophonistin vermutlich ein solcher. Dieser Mann hat in seiner langen Karriere nämlich wirklich mit allen Musiklegenden einmal zusammengespielt. Mit Miles Davis, Gil Evans, Charles Mingus, Aretha Franklin, Nina Simone, Janis Joplin, und das sind nur einige wenige klingende Namen einer langen Liste. Gemeinsam mit Edith Lettner macht sich der amerikanische Vibraphon-Virtuose, wie man es nun auf der eben erschienenen Live-CD “Dialogues live“ sehr schön hören kann, auf eine spannende und abwechslungsreiche Erkundungsreise durch die weite und an facettenreiche Welt des Jazz samt Abstecher auch in andere Stile. Aufgenommen wurde die CD im ShapeShifter Lab in Brooklyn, New York.

Oberösterreicherin, die nach Afrika klingt

Warren Smith wie auch Edith Lettner sind bekannt dafür, dass sie sich in stilistischen Fragen nicht unbedingt kategorisch an den vorgeschriebenen stilistischen Definitionen festhalten. Vielmehr ist es ihnen ein großes Anliegen, in ihrem Tun immer wieder auch über den Tellerrand des traditionellen Jazz hinauszublicken. Die Saxophonistin aus Oberösterreich etwa zeigt in ihren zahlreichen anderen Projekten immer auch ein großes Faible für die Klänge aus Afrika oder Südamerika und bindet diese auf kunstvolle Weise in ihre eigene Musik mit ein. Und genau diese Offenheit, Neugier und Experimentierfreude sind es auch, die die beiden teilen und in eine stetig pulsierende, überaus lebendige und sehr vielschichtige musikalische Sprache zu übersetzen wissen.

Perfekt funktionierendes Tandem

Edith Lettner und Warren Smith werfen sich in ihren Stücken die Ideen mit einer Sicherheit zu, als ob sie schon Dekaden miteinander auf der Bühne stehen würden. Es herrscht in der Interaktion zwischen den beiden ein fast schon blindes Verständnis dafür, welche Richtung der jeweils andere in diesem und jenem Moment einzuschlagen gedenkt. Dieser Art agierend, bleibt das von dem Zweiergespann Dargebrachte immer unvorhersehbar, ein Umstand, der klarerweise auch den Spannungsgehalt der Musik vom ersten bis zum letzten Ton hoch hält. Man weiß nie wirklich, wohin das Tandem einen entführt und bei welchem musikalischen Höhepunkt man nach etlichen wunderbaren Melodiebögen und ebenso vielen überraschenden Wendungen letztlich landet. Ein schönes und wirklich stimmiges Live-Album.

Michael Ternai

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Edith Lettner