Der Release Radar ist eine monatliche Auswahl an Single Releases aus dem Bereich Pop/Rock/Elektronik made in Austria. Die aktuellen Veröffentlichungen zusammengefasst von Dominik Beyer und Sophia Olesko.
Hearts Hearts – “Meet me in the Bathroom” (Parramatta // VÖ 29.03.2024)
“Meet me in the Bathroom” heißt die neue Single von Hearts Hearts. Die siebte, um genau zu sein. Das Album kann also nicht mehr weit sein. Der Titel, so oberflächlich er auch klingen mag, ist sicher nicht so random gewählt.
Denn zwischen den Zeilen steckt eine Apologie unserer narzisstischen Gesellschaft. Das bisschen Hoffnung, das uns noch bleibt möchte man so gut es geht ausnutzen. Die religiöse Hoffnung ist längst verschwunden. Der Trost und Stolz, der durch die Hoffnungsträger in Form von Nachkommen erfüllt werden könnte, ist durch Klimawandel und Überbevölkerung auch nicht mehr so sorgenfrei. Also all-in Diesseits – Aufbrezeln und Algorithmus füttern.
Mert Cosmus – „dass du mich siehst“ ( VÖ 29.03.2024)
Mert Cosmus konnte dank seiner betörenden Stimme bereits die Jury im Finale von Starmania beeindrucken. Doch es gibt da scheinbar jemanden, der oder die nicht so leicht zu imponieren ist. Jeglicher Versuch, Aufmerksamkeit zu erregen, prallte bislang an dieser Person ab, wie ein Projektil an einer Panzerwand. Doch diese Panzerwand wird – soweit der Plan – streichelweich werden, wenn sie den neuen Song „dass du mich siehst“ hören wird.
Nach dem Debut „Panik“, ist das der zweite Release von Mert Cosmus, und ist in Zusammenarbeit mit Songwriter David Slomo (Mathea) entstanden.
Crispies – „Alcoholic“ (Seayou Records // VÖ 29.03.2024)
Alkohol und Punk gehören zusammen wie Bayern und Starkbier. Wie Amerika und der Marlboro-Mann. Wie Russland und Putin. Und weil das schon immer so war, kann das doch nichts Schlechtes sein, oder? Oder doch?
Tino Romana jedenfalls thematisiert in seinem neuen Song „Alcoholic” seine langjährige Sucht. Aber nicht in einer melancholischen Ballade, sondern zur Freunde der Fans in der gewohnt energiegeladenen Getriebenheit des jungen Punks. Ob für den Studiotermin eine Ausnahme von der Abstinenz gewährt wurde, oder ob Sänger Tino von der fast schon vergessenen und nun wiederentdeckten Rauscherfahrung aber offensichtlich nicht zu unterschätzenden „tagelangen Nüchternheit“ profitierte, bleibt ein Geheimnis. Das Ergebnis kann sich hören lassen. Auch nüchtern.
SEL – „ASHES TO DIAMONDS“ (BETWEEN MUSIC // VÖ: 29.03.´24)
Die Wiener Newcomerin Sel veröffentlicht mit „Ashes To Diamonds“ ihre zweite Single. Im Song geht es um ihre beste Freundin, die für sie eine echte Seelenschwester ist, erzählt die junge Wienerin. Mit ihr lasse sich die Asche der Vergangenheit in Diamanten verwandeln und sogar im Feuer tanzen. In ihrem ersten Song („Came to Stay“) ging es um das gegenteilige Thema. „Nachdem ich viel Zeit an falsche Freunde verschwendet habe, weiß ich richtige Freunde heute viel mehr zu schätzen“, sagt Sel. „Ashes to Diamonds“ ist eine melodische Elektro-Pop-Nummer die wahre Freundschaft zelebriert und ihren Wert erkennt.
EDWIN – „WESTBAHNSTRASSE“ (VÖ: 29.03.´24)
Mit „Westbahnstraße“ veröffentlicht Edwin eine nonchalante neue Nummer. Sie ist der erste Vorbote auf das kommende Album. Darin spaziert er durch das Herz des siebten Bezirks und erfreut sich spitzbübisch über einen Fund in der Jackentasche. „Rilke in der Tasche und ein Vino in meim Sackerl, das Glück auf meiner Seiter, find im Janka ein Tschickpackerl, oh yeah, siehst mich auf der Westbahnstraße“, singt Edwin zu lässiger Instrumentierung. Es geht ums Sehen und Gesehenwerden und um eine spezielle Begegnung. Sie lässt ihn erkennen, dass er im Moment gerne für sich bleibt, während er mit einem Joint in der Hand durch die historischen Straßen Wiens schlendert. Der Song mit Bariton-Saxophon und rockigen Einschüben fängt das Flair vom 7. bis zum 15. Bezirk ein und ist irgendwo zwischen Austropop, Indie-Rock und Hip-Hop zu verorten.
THE Z – „SUPERNOVA“ (RHYTHM & POETRY // VÖ: 29.03.´24)
In seiner neuen Single „Supernova“ verteilt The Z Anerkennung. Sie ist die dritte Auskopplung seines Albums „Hoffnung Pures Gold“, das am 26. April erscheinen wird. The Z zelebriert in „Supernova“ die Einzigartigkeit des Menschen. Er erinnert daran, wieviel Druck man sich oft selber macht und beschreibt wofür er dankbar ist. „Ich habe Hoffnung en masse inhaliert und die Erwartungshaltung stagniert, danke für die Gabe, danke, dass ich hinterfrage, danke, dass ich die Passion in mir trage und das ist keine Phase“, rappt der Wiener und verschreibt sich damit der Dankbarkeit. Der Lo-Fi Conscious-Rap-Tune mit tiefgründigem Text ist ein echter Stimmungsbooster.
Arnold Burk – „Parkhausdeck“ (asdfghjkRECORDS // VÖ 25.03.2024)
Arnold Burk legt mit „Parkhausdeck“ die zweite Single nach. Damit ist die Penthaus Terrasse des kleinen Mannes gemeint. (Natürlich auch der kleinen Frau.)
Wobei der/die „kleine Mann/Frau“ eher eine Metapher des durchschnittlich westlichen Millennials sein soll. Menschen, die in einer Zeit geboren wurden, in der man die wirtschaftlichen Grundbedürfnisse als weitestgehend gestillt betrachtete, und man sich daher in seiner persönlichen Entwicklung eher auf die Betätigung mit Kunstgegenständen konzentrieren konnte, als Jagd auf Führungspositionen zu unternehmen.
Und diese Generation kommt nun ins Alter der unvermeidlichen Midlife-Crisis. Nur muss man sich so eine auch leisten können. Zumindest wenn man deren Symptome mit den gängigen Waffen eines Boomers bekämpfen möchte. Alternativ dazu lässt sich das aber auch gut in einem reflektierten und tiefgründigen Song verarbeiten.
ANNA CATHARINA – „AM I WRONG“ (AC VIENNA RECORDINGS // VÖ: 23.03.´24)
Emo-Pop auf salonfähig macht Singer-Songwriterin Anna Catharina in ihrer neuen Single „Am I Wrong“. „You don´t care about my heart, that shattered in a thousand parts, am I wrong? You just care about yourself“, singt die Wienerin. Sie macht sich keine Illusionen darüber, dass ihrem Gegenüber nicht zu trauen ist, wird aber ihre Selbstzweifel nicht los. Der rockige Instrumentalpart auf der anderen Seite weiß genau, wo´s lang geht und verleiht „Am I Wrong“ stilsichere Härte sowie stoische Unerschütterlichkeit.
VIDEORELEASE: CHUFFDRONE – „MIMIKRY“ (VÖ: 22.03.´24)
chuffDRONE haben vor zwei Jahren ihr neues Album „Mosaik“ (Ö1 Edition) herausgebracht und jetzt für dessen Opener „Mimikry“ ein Video veröffentlicht, das in der Zacherlfabrik in Wien gedreht wurde. Zu hören ist ein leicht angedeuteter Technobeat, zu sehen sind die fünf Musiker:innen der Band in weißer Kleidung. Tänzerin Maartje Pasman im schwarzen Kleid liefert ein lebendiges Schauspiel zur abwechslungsreichen sechsmitnütigen Nummer. Das Musikvideo ist ein origineller und künstlerischer Ausdruck dessen, was in „Mimikry“ zu hören ist.
Jaeyn – „Close By“ (Aviary // 20.03.2024)
Mit „close by“ verneigen sich Jaeyn vor einem ihrer Vorbilder.
„The Time Is Now” von Moloko war das Vorbild für die Produktion und das Songwriting. Ein Song, der u.a. ikonisch für die Disco- und Dance-Ära steht und dafür nicht einmal einen einzigen Snare-Schlag benötigt. Eben jenes Element, welches auf Zwei und Vier geschlagen, doch das eigentlich tanzbare Element der Musik überhaupt ist, verdient es, analysiert und bearbeitet zu werden. Genau das Richtige für das Musiker- und Produzentenduo Jaeyn, das in dieser epigonalen Hommage seine Wertschätzung musikalisch zum Ausdruck bringt.