Wohl kaum ein andere Plattenfirma wird mit der großen Wiener Elektronik-Welle Ende der neunziger Jahre so sehr assoziiert, wie das von beiden Wiener Musikproduzenten und DJs Richard Dorfmeister und Peter Kruder 1994 geründete Independent Label G-Stone. Man kann durchaus sogar soweit gehen, von der letzten wirklich großen Erfolgsgeschichte der heimischen Pop-Musikszene zu sprechen. Es gab damals wohl kaum ein CD-Regal, in der die inzwischen legendäre “G-Stoned” EP von Kruder&Dorfmeister nicht zu finden gewesen wären. G-Stone steht für den Beginn einer Ära der österreichischen Musikgeschichte an deren Höhepunkt die gesamte Wiener Elektronikszene weltweite Anerkennung genoss.
Richard Dorfmeister und Peter Kruder ist mit ihrem Label G-Stone etwas gelungen, wovon viele österreichische Kunstschaffenden nur träumen können. Es ist ihnen gelungen, eine weltweit bekannte und bedeutende Marke zu etablieren. Ende der neunziger Jahre war G-Stone der Inbegriff für das, was viele den typischen “Wiener Sound” bezeichneten. Wiewohl diese Definition eher eine von Außen zugeschriebener ist, denn im Grunde genommen, offenbarte gerade dieser „Wiener Sound“ eine ungemeine stilistische Vielfalt.
Downbeat hieß zu Beginn das Zauberwort, ein Begriff der Anfangs nicht wirklich in eine bestimmte Schublade passte und nach allen Seiten hin frei interpretierbar war. Als Ausgangspunkt diente im weitesten Sinne der in den neunziger Jahren sehr populäre aber wenig tanzbare Trip Hop. Die Wiener Elektronikergilde beließ es aber nicht einem einfachen Abklatsch, sondern versuchte Schritt für Schritt einen eigenständigen Sound zu etablieren. Dieser war stark geprägt von fetten, tieffrequenten Bässen, Jazz-, Funk-, House- und Rockeinflüssen und einer guten Portion Euro-Disco. Das Erstaunlichste aber war, dass die Musik fast überall funktionierte. Egal, ob nun im Clubkontext, zu Hause in den eigenen vier Wänden oder in einer Bar.
Trotz dieses enormen Innovationsimpulses, der Mitte der neunziger Jahre vorherrschte, zeigte die hiesige Musikwelt lange Zeit nur wenig Interesse. Obwohl einige Wiener Electronic-Acts auch schon international erste Erfolge verbuchen konnten und Wien als Ort für elektronische Musik zusehends an Bedeutung gewann, wurden die Szene sowie deren Protagonisten von den großen Labels des Landes schlicht und einfach ignoriert. Die Elektroniker waren daher, wollten sie jemals selbst etwas veröffentlichen, gezwungen, das Heft selbst in die Hand zu nehmen. In diesem Kontext ist auch die Entscheidung von Richard Dorfmeister und Peter Kruder, ein eigenes Label zu gründen, zu verstehen. Vermutlich war den Beiden damals noch nicht wirklich bewusst, welche Entwicklung sie mit G-Stone lostreten und in welche Dimensionen sie in folgenden Jahren vordringen werden.
Auf jeden Fall eröffnete G-Stone für die heimische Szene ganz neue Wege. Irgendwelche stilistische Vorgaben standen von Anfang an nicht wirklich zur Debatte. Peter Kruder und Richard Dorfmeister verstanden ihr Label als eine Art Plattform, auf der es möglich sein sollte, eigene Ideen zu verwirklichen. Experimentelles und Avantgardistisches stand daher ebenso auf der Agenda wie Massentaugliches. Schnell waren auch die zahlreichen Mitstreiter der vergangenen Jahre wie etwa Sugar B, DJ DSL, Rodney Hunter, Makossa, Megablast, Tosca, Marsmobil und Urbs mit an Bord, die in den darauffolgenden Jahren einen Klassiker nach dem anderen auf die Menschheit losließen. Zwar liegt der ganz große Boom inzwischen einige Jahre zurück, aktuelle Veröffentlichungen zeigen aber, dass G-Stone in Sachen qualitativ hochwertiger Elektronikmucke immer noch die erste Anlaufstelle ist.
Im Rahmen des diesjährigen Springfestivals in Graz feierte G-Stone Recordings sein 16-jähriges Jubiläum. Neben der brandneuen Live-Show von Kruder & Dorfmeister (der ersten seit über 15 Jahren!) wurde dem Publikum auch eine Doppel-CD mit neuen Songs von Kruder & Dorfmeister, Peace Orchestra, Tosca, Rodney Hunter, Makossa & Megablast, Christian Prommer und vielen anderen mehr sowie den besten Tracks der vergangenen 16 Jahre präsentiert. Die begeisterten reaktionen der BesucherInnen zeigten deutlich, dass mit dem Wiener Erfolgsduo auch in Zukunft noch zu rechnen sein wird. (mt)
http://www.g-stoned.com