Neue Wiener Concert Schrammeln in der Volksoper (“Tannhäuser in 80 Minuten”)

Äußerst rührig ist die Wiener Volksoper derzeit bei der “Aufarbeitung” des Werkes von Richard Wagner. Direktor Robert Meyer tritt heute wieder in Nestroys als Ein-Personenstück angelegter  “Tannhäuser”-Parodie an, bei der die vier Herren von den Neuen Wiener Concertschrammeln für kompetenteste Musikbegleitung sorgen. Und  außerdem hatte bereits vor Weihnachten Oscar Straus’ Operette “Die lustigen Nibelungen” Premiere, die in der Zwischenkriegszeit ein Lieblingsstück bei Offenbachianern und auch beim musikbegeisterten Wiener Judentum war.

Die Neuen Wiener Concert Schrammeln gibt es mittlerweile schon über 10 Jahre, sie gehören im Sektor Wiener Musik zu den besten und innovativsten Ensembles. Die vier Mitglieder des Quartetts (Peter Uhler und Valmir Ziu -Violine, Günter Haumer – chromatische Knopfharmonika, Peter Havlicek – Kontragitarre) spielen Schrammelmusik in ihrer ureigensten Form, jedoch im Gewand unserer Zeit. Unzählige alte ” Weana Tanz” und Märsche sind Inspiration und Kraftquelle für Neues, darunter auch viele neue, eigene Kompositionen. Ein Urteil für viele stammt von Ernst Kovacic: “Sie musizieren mit dem ,Schmäh’, den wir in dieser Musik so lieben, besonders wenn, wie in ihrem Fall, das nötige Schmalz mit der richtigen Prise Salz und Pfeffer serviert wird!”

 

Es ist der Klang von Wien, entstanden in Wiener Heurigenlokalen, geschätzt von den berühmtesten Musikern, heute aufgeführt in den Konzertsälen der Welt. Tourneen führten die Neuen Wiener Concert Schrammeln in rund 25 Länder, jedoch auch immer wieder zum Heurigen in Wien. Zu ihrem Bestand gehören bereits 7 CDs und viele gute Projekte, darunter etwa die musikalische Untermalung einer (auch auf CD erschienenen) Rezitation des “Herrn Karl” durch Otto Brusatti, sie treten in Bälde wieder mit Karl Markovics auf, auch mit Mercedes Echerer oder Wolfgang Böck. Peter Havlicek ist außerdem Mitglied des Walther Soyka.Trios und arbeitet mit Traude Holzer, Agnes Palmisano und Roland Sulzer zusammen.

 

Tannhäuser und Nibelungen

Bereits 18 Tage vor der Wiener Premiere von Richard Wagners “Tannhäuser” im Thaliatheater 1857 wurde die Uraufführung von Johann Nestroys Opernpersiflage “Tannhäuser” im Carltheater zu einem durchschlagenden Erfolg. Die “Wiener Theaterzeitung” berichtete: “Die Vorstellungen der Parodie des Tannhäuser erzielen jedes Mal ein brechend volles Haus.”

Für den Tannhäuser zog Nestroy neben Richard Wagners Oper einen weiteren, bereits vorhandenen Text als Vorlage heran. Er übernahm über weite Strecken fast wortwörtlich den Text der 1854 entstandenen Opernposse “Tannhäuser” des Breslauer Arztes Dr. Hermann Wollheim, zauberte aber durch Einwienerung und Hinzufügen vieler Pointen ein typisches Nestroy-Stück. Robert Meyer macht den “Tannhäuser in 80 Minuten” zum Einpersonenstück, kongenial unterstützt von den vier famosen Musikern der Neuen Wiener Concert Schrammeln. Er wechselt “in Sekundenschnelle Mimik, Stimmlage, Ausdruck und Gestik, ist sowohl schmachtender Tannhäuser als auch dessen Gegenüber, die zartfühlende Elisabeth. Aber nicht nur das: Meyer spielt und singt (!) auch noch Elisabeths Onkel (Landgraf Purzl), den Haudegen Wolfram von Dreschenbach, die Liebesgöttin, die Barden Taubenklee Fridolin und Walter Finkenschlag sowie den “Katafalker” (Kritik in der Presse”).  “Ein Vergnügen für Wagnerianer, Nestroy- und Meyerverehrer” (Kurier).

“Die lustigen Nibelungen”:  König Gunther von Burgund plagt die blanke Furcht vor der schlagkräftigen Königin Brunhild vom Isarland. Sollte er das Match gewinnen, zu dem er sie an seinen Hof geladen hat, steht die Hochzeit an. Bisher hat Brunhild die meisten Bewerber jedoch einfach totgeschlagen. Allein Siegfried von Niederland, der Drachentöter, konnte sie bislang besiegen. Gunther bittet Siegfried daher um Beistand im Zweikampf… Als Happyend müssen Kriemhild und Brunhild sich Siegfried teilen.

Oscar Straus’ Nibelungen-Persiflage wurde nach der Uraufführung am 12. November 1904 im Wiener Carltheater stürmisch bejubelt. Militärisches Imponiergehabe und germanische Überheblichkeit stehen im Mittelpunkt des parodistischen Geschehens. Musikalisch setzt sich der Komponist immer wieder humorvoll mit dem großen Vorbild Richard Wagner auseinander. Die Partitur ist im Stil der Jahrhundertwende komponiert, besteht also aus Walzern, Märschen und Couplets.

Sein künstlerisches Vorbild: die französischen Antikenparodien Jacques Offenbachs wie “Die schöne Helena” (1864). “Die lustigen Nibelungen” sind ein Sonderfall: Parodien und Travestien bekannter Opern sind in der Wiener Operette selten, während sie in der älteren, nicht mehr modernen Wiener Volkskomödie überaus häufig waren – wie etwa noch Johann Nestroys späte Parodie auf Wagners Tannhäuser.  Die Operette rief immer wieder den Protest deutschnationaler Kreise hervor, so bei einer Aufführung 1906 in Graz, die durch Burschenschafter abgebrochen wurde. 1911 wurde sie im Theater des Westens Berlin mit Erfolg gespielt. Die Lustigen Nibelungen waren mit ein Grund, warum Oscar Straus nach dem Anschluss Österreichs nach Paris ging. Die Operette war in der NS-Zeit tabu und geriet danach in Vergessenheit. Sie wurde erst seit den 1970er-Jahren wieder regelmäßig aufgeführt – aber jetzt erst in Wien.

Direktor Robert Meyer gab mit den Nibelungen sein Regiedebüt an der Volksoper und “inszenierte ungemein solide, mit Sinn für Komik und Persiflage ohne jeglichen Modernisierungsehrgeiz. Solcher ist in dem Fall ganz überflüssig: Die sozusagen konventionelle Aufführung, von Andreas Schüller im Orchestergraben beschwingt zu gutem Ende gebracht, funktioniert einwandfrei. (…) Ausnahmsweise unbeschwertes Herz, was willst du mehr?” (Die Welt)
[Text: hr/ Volksoper Wien/ Neue Wiener Concert Schrammeln]

Die Termine:
Tannhäuser in 80 Minuten (mit Robert Meyer, Neue Wiener Concert Schrammeln), 08.1.; 05.2.; 21.4. 2009, Beginn: jeweils 20.00 Uhr
Die lustigen Nibelungen, 13., 20. , 30.1; 06., 22. 2; 02.3. 2009, Beginn: jeweils 19.00 Uhr

Besetzung:
Gunther, König von Burgund Michael Kraus
Ute, seine Mama Regula Rosin
Dankwart, sein Papa Kurt Schreibmayer
Volker, Held Karl-Michael Ebner
Giselher, Recke Martina Dorak
Kriemhild Renée Schüttengruber
Hagen Lars Woldt
Siegfried von Niederland Robert Wörle
Brünhilde, Königin vom Isarland Birgid Steinberger
Ein Vogel Johanna Arrouas

Regie Robert Meyer
Bühne und Kostüm Christof Cremer
Dirigent
Andreas Schüller

 

Fotos © Volksoper und  NWCS