Der Kontrabassist, Komponist, Arrangeur, Pädagoge und Produzent Herwig Hammerl ist in der Vorarlberger Musikszene bestens verankert. Er musiziert im Jazztrio und komponiert für Bands und Ensembles. Im vergangenen Jahr wurde seine „Gaißauer World Music Mass“ präsentiert.
Aktuell komponiert Herwig Hammerl eine Quartettmusik für Violine, Violoncello, Klavier und Kontrabass, die auf Gedichten von Rainer Maria Rilke basiert. Für das Theater Kosmos entstehen laufend Bühnenmusiken. So stammt auch die Musik zum Theaterstück „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“, das im Dezember im Theater Kosmos gezeigt wird, aus seiner Feder.
Rilke als musikalischer Ausgangspunkt
Für die Rilke-Lesung arbeitet Herwig Hammerl mit der Violinistin Monica Tarcsay, der Cellistin Bianca Riesner und der Pianistin Isabella Pincsek zusammen. Ausgangspunkt sind Gedichte von Rainer Maria Rilke, wie „Das Karussell“, „Ich ging durch ein Land“, „Der Abend“ oder „Liebes-Lied“. Zwischenmusiken erzeugen assoziative Brücken zwischen den Texten und öffnen den Raum für Reflexionen. Die Auswahl der Gedichte entsteht im Austausch mit Hubert Dragaschnig und Augustin Jagg vom Theater Kosmos.
Oft inspiriere ihn ein einziger Satz: „Da bleibe ich oft in der dritten, vierten Zeile stecken und lese vorerst nicht weiter, um meine musikalische Idee dazu weiterzuverfolgen“, gibt der Komponist einen Einblick in seine Inspirationsquellen.
Inspiration aus Klangvorstellungen

Konzepte für die musikalische Gestaltung entwickelt Herwig Hammerl stets aus einer konkreten Klangvorstellung heraus. Er versuche, nachdem er ein Stück gelesen habe, einen Sound zu finden, der ihm passend erscheine, auch im Hinblick auf das Bühnenbild und die Stimmungen im Raum. „Beim Schaffen von Bühnenmusiken muss man flexibel sein und auch rasch reagieren, weil sich ein Theaterstück oft erst in der Probenphase entwickelt. Seine Herangehensweise ist daher immer vom Stück abhängig, erklärt der Komponist. „Das können ‚nur‘ Übergänge sein, etwa aus technischen Gründen, weil ein Umbau stattfinde, oder weil sich ein Schauspieler umzieht.
Leitmotive, die einen roten Faden bilden, spielen eine wichtige Rolle. Diese entstehen manchmal in Zusammenarbeit mit dem Autor. Es komme aber auch vor, dass der Text von der Musik transportiert werde. „Bei ‚Lamm Gottes‘ von Michael Köhlmeier war das der Fall“, erklärt Herwig Hammerl. „Im Stück ‚Wir sind keine Barbaren‘ haben wir die Stimme des Volkes, den Volkschor, als Schlagermusik à la Andrea Berg dargeboten. Bei anderen Produktionen wollte ich den Ausdruck einer Person durch Songs verstärken. Und manchmal hebt Musik den Text auf eine andere Ebene, wie etwa bei ‚Nacht ohne Sterne‘.“
Anfänge und prägende Lehrer
Schon als Kind schrieb Hammerl gerne Noten, Melodien und Lieder. Das Arrangieren spielte eine wichtige Rolle in seinen Kinder- und Jugendbands. Zahlreiche Gelegenheiten, seine vielfältigen Talente einzusetzen, bot ihm die Kulturwerkstatt Kammgarn Hard. Dort entstanden während seiner Studienzeit viele Eigenproduktionen, für die er Musik komponierte und aufführte.
Einen großen Einfluss auf die künstlerische Weiterentwicklung hatte Peter Madsen, den der Kontrabassist erst lange nach seinem Studium am Vorarlberger Landeskonservatorium kennenlernte. Als eigentlichen Kompositionslehrer bezeichnet Herwig Hammerl jedoch seinen ehemaligen Klavierlehrer Alexander Alexandroff. Er habe ihm einen neuen Zugang gezeigt, wie man mit Tönen und Akkorden arbeiten und daraus Ideen entwickeln kann. Zudem habe ihn Bruno Oberhammer am Vorarlberger Landeskonservatorium zum Komponieren ermutigt.
Komponieren in Bewegung
Die Musik entwickelt Herwig Hammerl nicht aus der Improvisation heraus, sondern aus inneren Klangbildern. Rhythmus und Melodie bilden für den Komponisten eine Einheit, deshalb stellt er sich zuerst einen Klang vor. „Meistens komponiere ich auf dem Fahrrad oder in der Natur“, erzählt er. „Dann kommt oft schon eine klare Vorstellung. Weiter arbeite ich am Klavier und setze das Ganze schließlich am Computer um.“
Herwig Hammerl schafft fast ausschließlich an Kompositionsaufträgen. Zwar habe er zahlreiche weitere Ideen, aber momentan fehle die Zeit, diesen nachzugehen. Öfter habe er sich gedacht, ob es nicht klüger wäre, anstatt der vielen unterschiedlichen musikalischen Arbeiten, die Energie auf eine Sache zu konzentrieren. Doch die Antwort ist klar, denn die Vielseitigkeit macht einfach „unglaublich viel Spaß: Mal eine lateinische Messe zu komponieren, mal mit dem Peter Madsen Trio sehr coolen Jazz zu spielen und dann wieder für eine Theaterproduktion oder für eine Lesung Musik zu schreiben.“
Vielfalt als künstlerisches Prinzip
Stilistische Grenzen kennt Herwig Hammerl keine. Viel eher sieht er technische Grenzen, die sich beispielsweise zwischen der Klassik und dem Jazz zeigen. Ein Sinfonieorchester könne bestimmte Elemente aus Jazz usw. ebenso wenig umsetzen, wie ein Pianotrio keine Orchesterklänge erzeugen könne. Eine Mischung beider Welten würde mich sehr reizen“, betont der Musiker, „doch leider hatte ich bisher noch keine Gelegenheit dazu. Für mich ist das Album ‚Let My Children Hear Music‘ aus dem Jahr 1972 von Charles Mingus ein Meilenstein. Schade, dass es relativ wenig Aufmerksamkeit erfahren hat.“
Herwig Hammerl ist als Kontrabassist unter anderem im Trio Hammerl Pincsek Seyr unterwegs. Alle drei kennen einander seit ihrer Jugend und haben im Laufe der Zeit öfter gemeinsame Projekte zu zwei oder zu dritt realisiert. Zum Jazzfestival JazzAmBach im Februar 2026 lud David Helbock das Trio nach St. Arbogast ein.
Silvia Thurner
Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft im Dezember 2025 erschienen.
Factbox
Samstag, 28. Dezember 2025, 19 Uhr
Sonntag, 29. Dezember 2025, 19 Uhr
Theater Kosmos, Bregenz
Gedichte von Rainer Maria Rilke, Musik von Herwig Hammerl
Monica Tarcsay (Violine), Bianca Riesner (Violoncello), Isabella Pincsek (Klavie), Herwig Hammerl (Kontrabass), Hubert Dragaschnig (Rezitation)
Donnerstag, 4. Dezember 2025, 20 Uhr | Theater Kosmos, Bregenz
Bühnenmusik zum Theaterstück „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst. Eine Ehe in zehn Sitzungen“ von Nick Hornby.
Samstag, 21. Februar 2026, Jazzfrühstück in Arbogast, 9 Uhr
trio hammerl pincsek seyr (im Rahmen von JazzAmBach 2026)
