mica-Interview mit We Make Music

We Make Music im mica-Interview. Ein Gespräch über das erste Album, Musikvideos, geschlechtsspezifische AKM-Abrechnungen und Marketing 2.0. Das Gespräch führte Markus Deisenberger.

“Gemütlicher Akustik-Rock”

Noch kennen “We Make Music” nur ihre Fans. Doch die Fangemeinde ist geradezu fanatisch und wird ständig größer, was vor allem an einem exzellenten ersten Album und an den häufigen Live-Auftritten im Raum Wien und der dort verbreiteten intimen Stimmung liegen mag. Nun hat man den ersten Schritt in Richtung Professionalisierung gewagt und einen Plattenvertrag bei monkeymusic unterschrieben. Das fertig eingespielte Album soll im Oktober erscheinen und ein größeres Publikum erreichen. Verdient hätte es das Singer-Songwriter-Kleinod allemal. Was vor ungefähr drei Jahren zu dritt begann, hat sich zu einer mittlerweile siebenköpfigen Formation ausgewachsen. mica traf den harten Kern, Cori und Benni, beim Türken um die Ecke.

Ihr habt gerade euer erstes Video abgedreht. Könnt ihr ein wenig erzählen, worum es darin geht?
Zunächst hat sich die Band einmal mit Regisseur David Wagner getroffen, um zu sehen, welche Ideen es gibt. Unser erstes Grundkonzept war, dass doch in Wirklichkeit jeder einzelne an irgendetwas Größerem herumbastelt, eine Flamme in sich trägt, die nicht oder nur selten zum Vorschein kommt, weil Arbeit, Familie, Geschäft ihn daran hindern. Fast alle nehmen Teilchen aus ihrem Leben mit und setzen sie zu Hause im stillen Kämmerchen zusammen. Am Schluss des Videos sollte ein riesiges Objekt dabei raus kommen. Regisseur David Wagner hatte schließlich die Idee, Masken einzusetzen. Jedes Bandmitglied trägt eine Maske, die er quasi riskiert, wenn er diese innere Flamme offenbart. Die Gesichter, die man tagtäglich trägt…
Die erste der sieben Masken, die wir gebastelt haben und dann letztendlich Cori´s wurde, war ein PC-Entlüfter, auf die wir eine drehbare Box setzten, auf deren vier Seiten jeweils ein Foto von ihr befestigt ist. Meine Maske war ein Abreißblock, der aus vielen verschiedenen Bildern von mir besteht. Dann hatten wir noch eine Theatermaske mit Vorhang und so weiter.

Klingt ziemlich aufwendig…
Und das war erst die Arbeit, die vor dem eigentlichen Videodreh stattfand. Tatsächlich haben wir Wochen lang an den Masken gearbeitet und uns extra dafür in einer Werkstatt eingemietet.

In einer Werkstatt?
Ja, der Besitzer arbeitet an einem Konzept für ein fahrendes Theater. Davon haben wir über Freunde erfahren. Mit der ersten Maske sind wir dann einfach zu ihm gegangen und haben gefragt, ob wir denn nicht dort daran arbeiten könnten. Ja, klar, hieß es. Und das hat wirklich super funktioniert. Die beiden Werkstatt-Betreiber haben dann auch beim Videodreh geholfen, einer hat die Nebelmaschine bedient, der andere den Aufnahmeleiter gemacht. Die Jungs sind das ganze Wochenende mit Wakie Talkies herum gelaufen…

Aber der Regisseur hatte schon noch Kontrolle über das Chaos?
Voll und ganz. Er war die Schnittstelle zu den Lichtlern, Fotografen und Kameraleuten.

Das Ganze klingt ziemlich fett für ein Low- bzw No-Budget-Projekt.
War es auch. Einfach unglaublich. Wir bekamen einen ganzen LKW mit Beleuchtung und Generator.

Wenn ihr das alles so erzählt, klingt das nach einer ziemlich großen Solidaritätsmaschine.
Oft war vorher nicht klar, ob wir das überhaupt bekommen. Alles nicht fix. So haben wir erst am Freitag erfahren, dass wir den LKW für Samstag bekommen. So ging es mit den meisten Dingen. Umso schöner, wenn es dann wirklich klappt. Wir waren gerade am Hecken schneiden, als das OK für Generator und LKW kam.

Am Hecken schneiden?
Bei der alten Fabrik in der Nähe von Weigelsdorf.

Also jetzt der Reihe nach. Die Fabrik war die Location für den Videodreh. Wie seit ihr eigentlich dazu gekommen, in einer Fabrik zu drehen?
Freunde von uns wohnen in der Nähe. Die gaben uns den Tipp, als wir bei ihnen zu Besuch waren. Wir hatten vorher schon eine alte Schneiderei ausgemacht, aber das mit der Fabrik hörte sich auch gut an. Dann haben wir uns die einfach einmal angeschaut. Und dabei hat sich das Gelände als für unsere Zwecke perfekter Ort heraus gestellt. Vor allem auch, weil in einem der Räume ein altes verfallenes Klavier stand.

Ein Klavier in einer Fabrik?
Die Fabrik wurde vor 50 Jahren geschlossen, knapp danach zog eine Künstlerkommune ein. Aber es gibt seit jeher einen Fabriksteil und einen schönen herrschaftlichen Teil. Jedenfalls hat uns die Location auf Anhieb gefallen. Wir sind dann noch einmal mit dem Regisseur rausgefahren und haben dann gleich mit dem Verwalter gesprochen, der uns gleich grünes Licht gab. Dann kam eins zum anderen und ab da fing die eigentliche Arbeit erst an.
Man glaubt nicht, was da alles auf einen zukommt: Wie bekommt man Strom dorthin? Da hantelt man sich vom einen zum anderen. Ein Trafohaus von der EVN stand noch dort, also riefen wir erst einmal dort an. Schließlich haben wir auch mit der örtlichen Feuerwehr gesprochen, ob sie uns nicht ein Dieselaggregat borgen könnten etc etc . Ich bin einen ganzen Tag lang wie ein Wahnsinniger mit der Machete herum gelaufen und habe Holz geschlagen

Wann kommt das Album eigentlich raus? Im Oktober, so viel ich weiß?
Ja, da gab es jetzt noch ein kleines Kommunikationsproblem. Walter Gröbchen dachte, die 300 CD-Covers, die von unserer ersten privaten Pressung noch im Werk liegen seien mit CD. Er wollte schon mit dem Verschicken der Promos anfangen, als sich heraus stellte, dass nur die Hüllen da sind. Ein Missverständnis. Dann noch diese Kleinigkeiten, an die man nicht denkt: Auf unserem Master sind natürlich noch nicht die ISRC-Codes des neuen Labels. Daher mussten wir einen neuen Master anfertigen lassen. Aber jetzt läuft die Sache an.

Was kostete es, einen neuen Master zu machen?
50 Euro. Walter Gröbchen hat die Platte dann auch gleich bei AMAN angemeldet

Für den Export?
Genau. Da gibt es eine Kategorie für Singer-Songwirter-Stuff, der exportiert werden soll. So kommt eins zum anderen, Schritt für Schritt. Kleine Schritte, wohlgemerkt.

Apropos Selbstvermarktung: Der Musikfuturist Gerd Leonhard sagt neuerdings, dass geistiges Eigentum nichts mehr wert sei und sich Künstler besser um andere Dinge wie optimalen Vertrieb und Vermarktung kümmern sollten. Beißt sich da nicht die Katze in den Schwanz, indem erst wieder derjenige zu Geld kommt, der über das beste System, die beste Organisation verfügt, die es ihm ermöglicht, möglichst viele Schritte möglichst professionell und gleichzeitig zu tun?
Man kommt aber auch schnell zu dem Punkt, an dem man merkt, dass dieses Umfeld extrem wichtig ist und gut organisiert sein muss.

Das sagt doch aber auch jemand, der früher Musiker war und dann zum Manager und Medienstar wurde. Erziehe ich mir so nicht im Endeffekt eine Riege neuer kleiner Manager? Und ihr habt vorhin gesagt, dass es eine Taktik der kleinen Schritte ist, die zum Ziel führen muss. Von Anfang an in allen Bereichen professionell ist doch nur eine von vorneherein entsprechend aufgestellte Maschinerie, wie jene hinter Christine Stürmer. Wenn ich gemacht werde, läuft alles gleichzeitig los.
Wir genießen, dass das in kleinen Schritten funktioniert hat und dass sich immer wieder Leute fanden, die uns bei diesen kleinen Schritten nach Kräften unterstützt haben. Es gibt in Wien sicher auch nicht viele Gruppen unseres Bekanntheitsgrades, die einen Plattenvertrag und ein professionell gedrehtes Video haben. Da muss schon sehr viel ineinander greifen.

Aber wo ist die Gegenkultur? Auf der einen Seite habe ich die Riege, die Wellness-CDs produziert und sich durch Kooperationen mit Autofirmen über Wasser zu halten versucht. Und was bitte ist die Gegenposition? Marketing 2.0?
Man muss ja nicht mitmachen. Es gibt immer Alternativen

Aber was ist, will man davon leben, die Alternative?
Wir stellen und nicht darauf ein, dass das so bald der Fall sein wird. Das heißt wir arrangieren uns damit, dass wir noch etwas anderes auch tun müssen, um uns ernähren zu können. So lange die Musik ihren Platz findet und man ein wenig Geld dafür bekommt, ist alles OK. Wir sind geduldig geworden, als wir merkten, dass sich einiges bewegen lässt. Geduld ist ein wichtiger Faktor.

Bei euch passiert aber doch eh enorm viel
Das ist eine Frage des Blickwinkels. Was für uns viel sein mag, kann für andere wieder unglaublich langsam und langatmig sein.

Die meisten Indie-Bands schaffen es nicht, sich ein eigenes Video aufzustellen, geschweige denn – so wie ihr – eine wirklich professionell aufgenommene aber trotzdem leistbare Produktion zustande zu bringen.
Ach wenn man will, dann kann man auch. Das ist das eine. Dazu kommt bei uns von Anfang an eine gehörige Portion Magie. Die Dinge haben sich immer wie von selbst, fast traumwandlerisch ergeben. Dass die CD überhaupt zustande kam, ist ja ein kleines Wunder. Das Video jetzt ist das schönste Geschenk überhaupt. Klar fehlt das Geld, um superleiwand ins Studio zu gehen. Aber es geht doch auch so.

Erzählt doch überhaupt einmal von der CD. Wie kam sie zustande und was genau waren die schwierigen Umstände?
Wir haben eine Nummer gemacht, “Parting Of Time”, die hat uns viele Türen geöffnet. Dann kam eins zum anderen. Ein Schlagzeuger aus New York, der ehemalige Drummer von Bomb Circle, mit dem ich mal in einer Band spielte, hat einige Parts eingespielt. Dann ist Lisi am Glockenspiel eingestiegen. Ja und dann begaben wir uns auf Studiosuche.Irgendwann haben wir schließlich eine Ben Martin-CD gehört und ihm geschrieben. Damals wussten wir noch gar nicht, dass er auch selbst produziert. Vier Monate später haben wir bei uns zu Hause ein Studio mit ihm gemeinsam aufgebaut. Kurz vor den ersten Aufnahmen begannen dann die Bauarbeiten vor unserer Tür und wir mussten noch einmal mit dem ganzen Equipment raus und uns eine andere Bleibe suchen. Ben Martin hat dann auch auf einigen Nummern Bass gespielt.

Habt ihr vor, das nächste Album auch mit Ben Martin zu aufzunehmen?
Wir sind in ständigem Kontakt. Er weiß auch, dass wir schon dabei sind, das nächste vorzubereiten.

Dann seit ihr in der skurrilen Situation, dass ihr das zweite Album aufnehmt, während das erste gerade erst raus kommt.
Vom wirklichen Aufnehmen sind wir noch ein gutes Stück entfernt. Jetzt wollen wir uns schon einmal auf den Release des ersten Albums konzentrieren, eine kleine Städtetour unternehmen, bei der wir uns und das Album vorstellen.

Gerade am Anfang, als euch Bassist und Schlagzeuger abhanden kamen, gab es doch sicher auch einen Punkt, an dem ihr dachtet: So, jetzt geht’s aber nicht mehr weiter.
Eigentlich nicht. Vom der Energie-Level vielleicht, dass man sich ab und an denkt, ich mag nicht mehr. Aber man taucht dann halt trotzdem durch.

Beim ersten Konzert von euch. das ich erleben durfte ganz am Anfang der Bandgeschichte, herrschte aber nach dem Gig schon so etwas wie Katerstimmung, wenn ich mich recht erinnere. Der Drummer verließ euch gerade Richtung Deutschland. Da überkam mich schon das Gefühl, dass die Band an der Kippe steht.
Es war immer schwierig und ist jetzt auch noch schwierig.

Indem man immer wieder an Scheidewegen steht?
Klar. Zwischenmenschliche Dinge verändern sich. Jeder geht seinen Weg. So lange “We Make music” nicht der Job ist, bei dem alle versichert sind und genug Geld bekommen, um davon zu leben, ist es schwierig bis unmöglich, die Leute zu halten, auch wenn sie noch so gut sind und noch so toll dazu passen.

Wie geht man damit um? Locker oder geht einem das zu Herzen, wenn jemand geht, der sich stark einbrachte und fixer Bestandteil der Band war?
Natürlich wäre es toll, die Leute, so wie sie jetzt beisammen sind, zu halten. Es wurde intern auch klar ausgesprochen, dass wir jetzt raus gehen mit unseren Sachen, dass jetzt mehr Konzerte gespielt werden. Damit sind auch alle einverstanden. Dh die grundlegende Basis ist da. Wenn es trotzdem nicht funktionieren sollte, dann aus irgendwelchen anderen Gründen.

Wie entstehen eure Texte?
Unterschiedlich. Oft fängt der Benny an, dann komme ich dazu und wir machen gemeinsam weiter.

Aber immer ihr beide gemeinsam?
Manchmal mehr, manchmal weniger, aber fast immer gemeinsam. Ja.

Habt ihr auch schon mal auf Deutsch getextet?
Nein.

War das nie eine Überlegung?
Eigentlich nicht.

Eure Texte sind sehr emotional.
Wir schreiben über das, was uns gerade bewegt. Auseinandersetzungen mit dem Leben.

Ist es mitunter nicht sehr schwierig, das Emotionale auf eine so abstrakte Ebene zu hieven, dass es jemanden erreicht und nicht so wirkt, als entblöße man nur sich selbst auf eine uninteressante Weise.
Schon. Aber mit Sprache zu spielen, ist unglaublich spannend. Allerdings ist das gemeinsam Schreiben mitunter auch äußerst anstrengend.

Inwiefern? Weil ihr unterschiedlicher Auffassung seit?
Auch. Und weil sich während des Schreibens Spannungen aufbauen. Manchmal fällt es unglaublich schwer, dem andern begreiflich zu machen, was man eigentlich sagen will. Ab und an scheitern dann auch alle Erklärungsversuche.

Kann das bei einem textenden Paar nicht auch ein Vorteil sein, indem das, was am Ende raus kommt, für Mann und Frau gleichermaßen verständlich ist?
(Gelächter) Unsere Themen sind, denken wir, nicht so geschlechtsspezifisch, dass das eine Rolle spielen könnte. Andererseits bekommen wir in der AKM-Abrechnung tatsächlich immer unterschiedliche Beträge zugewiesen, dh Benny bekommt mehr, obwohl wir exakt das selbe texten und komponieren und live immer gemeinsam auftreten.

Dort herrscht offenbar noch das Patriachat. Aber Spaß beiseite: Das ist zwar seltsam, aber keine Seltenheit. Mich hat erst kürzlich jemand kontaktiert, der für 16 gespielte Konzerte weniger als sein Bandkollege für zehn bekam. Er hätte etwas falsch ausgefüllt und der Fehler sei leider irreversibel, beschied man ihm.
Können wir uns gut vorstellen.

Ihr führt eine Beziehung und seit gleichzeitig das Herzstück der Band. Das ist in jedem Fall – textlich und musikalisch -ein Vorteil, das kann aber für den Fall, dass ihr euch trennt, einmal zum Nachteil werden. Würde die Band denn eine Trennung von euch beiden überleben?
Wir haben schon Musik gemacht, als wir noch nicht zusammen waren. An Trennung wollen wir überhaupt nicht denken. Einstweilen schaut es noch ganz gut aus. Zumindest für die nächste Woche…

Wie kam der Vertrag mit Monkey Music zustande?
Zu allererst haben wir unseren ersten Track – das war Anfang 2005 – in den Soundpark gestellt. Das hat uns enormes Feedback gebracht. Da haben uns eigentlich schon die ersten Labels kontaktiert. Zuerst Wohnzimmer und dann Buntspecht. Die Nummern waren damals schon da, aber der Anstoß hat gefehlt.

Warum klappte es mit dem Label dann erst jetzt?
Als uns Buntspecht kontaktierte, standen wir kurz vor dem Aufnehmen. Schon im ersten Treffen wurde die Latte ziemlich hoch gelegt. Wir hatten das Gefühl, dass sie beim Aufnehmen dabei sein wollen und uns auch sagen wollen, wie die einzelnen Songs zu klingen haben. Uns war das einfach zu heftig. Wir wollten erst einmal aufnehmen, bevor wir jemandem ein Mitspracherecht einräumen. Ein Schritt nach dem anderen. Und überhaupt geht es bei unserer Musik darum, Gefühl rüber zu bringen und nicht zu spielen, wie jemand anderer das will. Mittlerweile hat sich das bei Buntspecht geändert. Sie sind viel kooperativer geworden und sagen einem nicht mehr, ihr müsst so und so klingen.

Wahrscheinlich ein Entwicklungsprozess, den die aus dem Major-Bereich kommenden Protagonisten auf ihrem Weg zum Indie-Label durchliefen.
Genau. Mittlerweile arrangieren und interagieren die Buntspechte viel mehr.

Unabhängigkeit, dh euch nicht zu tief in die Welt des Business zu verstricken, ist ein wichtiges Thema für euch.
Auf jeden Fall. Wir sind gerade an einem Punkt, an dem die Dinge in Bewegung kommen. Da gilt es umso mehr, am Boden zu bleiben und nie etwas vorzugeben, was man nicht ist. Buntspecht ist ein gutes Beispiel. Wenn man gerade erst zu plaudern beginnt, sollte man weit davon entfernt sein, über Mitsprache, Kontrolle udgl mehr zu reden.

Und wie steht es da mit dem Vertragsabschluss mit monkeymusic? Habt ihr euch da nicht zu weit in die Höhle des Löwen vorgewagt?
Das kann man jetzt noch nicht sagen. Das müssen wir einfach ausprobieren. Der Vertragsabschluss war ein Schritt. Ob er gut oder schlecht war, werden wir erst sehen. Auf jeden Fall muss unser Verhältnis noch viel privater werden. Derzeit ist es noch zu geschäftlich für unseren Geschmack. Wir mögen es lockerer, auch wenn wir eher schüchtern sind.

Schüchternheit war früher auch ein Problem bei euren Auftritten, finde ich. Das hat sich aber gegeben.
Ein Grundproblem, da unsere Musik auch nie wirklich laut ist. Das ändert sich aber auch mit der Musik. Die Nummern, die wir jetzt gerade einspielen, sind viel kräftiger und präsenter nicht mehr so verhalten. Wir wollen schon auch zeigen: Wir sind da! Laut ist das freilich immer noch nicht.

Heißt das, dass ihr euch weg vom Singer-Songwriter-Fach bewegt?
Wie definiert sich das? Ist das Pop-Musik mit akustischer Gitarre?

Keine Ahnung. Ich denke, die direkte Kommunikation zwischen Urheber und Publikum ist für das Genre entscheidend und weniger die Besetzung.
Klassischerweise ist das aber schon Gitarrenmusik. Oder nicht?

Und Beserlschlagzeug. Aber wie ist das dann mit Piano?
Und darf eine Bad noch dabei sein?

Aber ihr kommt schon an in der Schiene, was euer anstehendes Konzert bei der Vienna Songwriting Association zeigt.
Ach die wurden einfach von vier verschiedenen Seiten bemustert.

Aber genau so geht’s
Ist das nicht schade?

Finde ich nicht. So funktionieren Emfehlungssysteme einfach. Ich höre mir doch eine Platte, die mir von vier Freunden empfohlen wurde, auch eher an als eine, die mir nur einer empfohlen hat.
Stimmt. Aber um auf die Besetzung zurück zu kommen: Das was wir mit stärkerer Musik meinen ist, dass sie nicht mehr so ruhig ist, sondern durch andere Instrumente und bessere Tontechnik, die aus dem “Schrumm Schrumm” mehr raus holt, unterstützt wird.

Ist da nicht die Gefahr, dass vom Charme etwas verloren geht?
Die Diskussion haben wir auch innerhalb der Band. Ganz klar. Vor allem, was Schlagzeug und Percussion anbelangt. Die müssen sich erst einspielen. Und vieles muss man in langen Gesprächen abstimmen. Wenn du eine langsame leise Nummer spielst und dann von hinten auf einmal groovige Percussion kommt, kann das passen oder die Nummer wo hinführen, wo sie überhaupt nicht hingehört. Wenn von dem, was du sagen willst, nichts mehr übrig bleibt, hat es seinen Charme verloren. Diesen ursprünglichen Charme zu erhalten, ist aber ungemein wichtig. Aber das ist der ständige Bandprozess. Wir müssen uns erst kennen lernen. So lange spielen wir noch nicht zusammen.

Gabs da auch schon negatives Feedback, was die neue Kraft anbelangt?
Eigentlich nicht wirklich. Manche meinten, es sei ihnen zu leicht.

Leicht? Komisch: Leicht empfand ich eure Musik nie.
Gemeint war die Leichtigkeit, die durch das luftigere Arrangement entsteht. Apropos leichte Kost: Letzte Woche spielten wir Im Floorspot eine von unseren ernsteren, schwer verdaulichen Nummern. Nach dem Schlussakkord konnten wir den ratlosen Gesichten entnehmen, dass niemand der Anwesenden richtig wusste, was er denn jetzt damit anfangen solle.

Und wie nennt man jetzt letztendlich die Musik, die ihr macht? Was spielt ihr?
Gemütlichen Akustik-Rock.

Im Ernst?
Ja. Die Bezeichnung triffts ziemlich genau.

Das muss ich erst verdauen. Habt ihr denn ein Problem mit dem Wort Pop?
(langes Schweigen) Nein. Aber wir machen nicht wirklich populäre Musik. Andererseits ist der Begriff so weit. Wenn die Kings of Leon Pop sind, sind wir das wohl auch.

Interview: Markus Deisenberger