
Das Springfestival rückt immer näher, das Line-up steht, die Austragungsorte sind bekannt. Was sind die letzten heiklen Schritte, die noch zu gehen sind?
Stefan Auer: Jetzt geht es um den ganzen Kleinkram. Zunächst behördliche Geschichten, die noch zu erledigen sind, wie etwa die Veranstaltungsgenehmigung für den Joanneumhof, der dieses Jahr zum ersten mal als Open Air Location dient. Natürlich auch das Durchgehen aller technischen Rider, damit alle Elemente zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Das ist eigentlich im Wesentlichen die Schlussarbeit.
Dieses Jahr wird mit Chilly Gonzales ein “Nicht-Elektroniker” das Festival als Headliner eröffnen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Stefan Auer: Er repräsentiert zwar nicht die Elektronikszene, aber er ist natürlich auch in diesem Bereich eine bekannte und wichtige Figur. Es hat sich ergeben, dass sich generell eine Tendenz erkennen lässt, die sich an der Schnittstelle zwischen Klassik und Elektronik durch das gesamte Festival zieht. Neben Chilly Gonzales wird ja auch Francesco Tristano mit seiner Band zu hören sein, der als weltweit bekannter Bach-Interpret gilt. Apparat werden ihr Theatermusikprojekt aufführen, das wiederum in eine ähnliche Richtung geht. Die Österreicher Tosca und Kruder&Dorfmeister lassen sich in diesem Zusammenhang ebenso nennen. Bei allen Konzerten werden Flügel auf der Bühne stehen. Das hat einerseits damit zu tun, dass natürlich einige Protagonisten der Szene jetzt auch in ein Alter kommen oder in einem Alter sind, wo sie musikalisch eine andere Herangehensweise haben, als das was sie vielleicht vor zehn oder zwanzig Jahren gemacht haben. Andrerseits wächst das Publikum mit. Leute die in den 90er Jahren Party gemacht haben, schauen sich jetzt vielleicht lieber ein bestuhltes Klavierkonzert mit Beats an. Sagen wir so, Teile der Szene werden nicht nur erwachsener, sondern bewegen sich auch gerne in Theatern und Konzerthäusern. Dieser Entwicklung nachzukommen ist uns natürlich auch wichtig, weil man dadurch auch eine andere Aufmerksamkeit bekommt und dadurch vielleicht auch die immer sehr skeptischen politischen Entscheidungsträger sehen, dass da nicht nur Hände in die Höhe gerissen werden, um Party zu machen.
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Was sind deine persönlichen Highlights im Programm?
Stefan Auer: Im Vorfeld ist das natürlich immer ein bisschen schwer zu sagen. Die Livekonzerte werden sicher alle sehr interessant. Weiters natürlich das Programm von Mouse on Mars, die zu ihrem zwanzigjährigen Bestehen einen Abend kuratiert haben. Dieses Kuratorenmodell haben wir ausgebaut. Das heißt, Leute, die mit dem Festival schon länger verbunden sind, gestalten Abende. Dieses Jahr sind das Zombie Nation, Gilles Peterson, Mixhell und Dj Hell. Prasselbande & Etepetete werden gemeinsam durch einen Abend führen. Deren Programme werden natürlich immer in Absprache mit uns festgelegt, aber weitgehend von ihnen bestimmt.
Diese Tendenz hat auch schon in den letzten Jahren lokale Acts betroffen, die ihren eigenen Abend programmatisch zusammenstellen konnten.
Stefan Auer: Ja, das hat sich einerseits ergeben, andrerseits ist es aber einfach wichtig Leute, die selber veranstalten oder produzieren und releasen einzubindet. Heuer sind es ja wirklich viele, angefangen bei Disco404, bis hin zu Schallware, Schwarzes Herz, Pratersauna, Flex. Binder & Kriegelstein und Viech, die auch die Bandecke repräsentieren. Viech ist ziemlich von Beginn an in unsere Projekte eingebunden gewesen. Die hatten ihren zweiten Auftritt bei Styrian Stylez.
Woher kam die Idee Rund um die Springsessions?
Stefan Auer: Wir haben in den früheren Jahren gemeinsam mit dem Grazer Medienturm rund um Sandro Droschl themenbezogene Symposien veranstaltet. Nachdem es dabei immer um Musik gegangen ist, haben wir versucht das Ganze in eine etwas andere Richtung zu lenken oder einfach breiter aufzustellen. Mein Kollege Syrous Abtine, der für die Springsessions zuständig ist, hatte die Idee Neue Technologien, Design, Kunst und vieles mehr in die Sessions miteinzubinden, um sie stärker öffnen zu können. Durch die Zusammenarbeit mit FITC, einer Firme aus Toronto, die die Programmierung übernimmt, konnten wir einen sehr interessanten, internationalen Pool an Vortragenden zusammenstellen.
Wie lässt sich das Springfestival in dieser Größenordnung finanzieren? Seid ihr von den Kürzungen der Förderungen im Kulturbereich betroffen?
Stefan Auer: Uns hat es gar nicht getroffen. Einerseits, weil wir uns vergleichsweise auf einem sehr niedrigen Niveau befinden, was die Förderzuschüsse betrifft. Zum Vergleich: wir sind bei öffentlichen Förderungen bei ca. drei Prozent von dem was der Steirische Herbst bekommt. Andrerseits finanzieren uns immer noch zu einem ganz guten Teil durch Sponsoren und Eintrittseinnahmen. Außerdem haben wir mittlerweile ein gewisses Standing, sodass uns von Seiten der Fördergeber nichts gekürzt wurde.
Spin to Spring ist ein Angebot von euch, den elektronischen Nachwuchs zu fördern. Hast du das Gefühl, dass Graz ein fruchtbarer Boden für neue Acts ist?
Stefan Auer: Ja, ich glaub schon. Aber bei Spin to Spring sind die meisten Einreichungen von außerhalb gekommen, insbesondere von Deutschland, aber auch aus ganz Österreich und Rumänien. Nur etwa 15-20 Prozent der Teilnehmer sind aus Graz. Aber diese Angaben sind nicht repräsentativ, weil allein die Anzahl der aktiven Dj-Kollektive und Crews so hoch ist wie noch nie. Manche machen es besser, manche schlechter, aber das gehört auch dazu. Die Anzahl der Spielstätte, die es im Moment in Graz gibt, ist auch so groß wie noch nie. Obwohl es im Moment, finde ich, auch wieder etwas problematisch ist, da durch die behördlichen Verschärfungen die Veranstaltungsgenehmigungen betreffend das Ausrichten von Partys nicht leichter geworden ist. Das ist allerdings nicht szenenspezifisch, sondern betrifft Handwerksmärkte genauso. Alles was Veranstaltung im öffentlichen Raum anbelangt, ist im Moment sehr eingeschränkt. Auch Geschichten, die die Stadt beleben, wie etwa Lendwirbel, werden dadurch de facto abgedreht. Da sollten sich die Politiker auch überlegen, ob sie wollen, dass in der Stadt etwas passiert oder nicht. Im Augenblick hat man eher das Gefühl, sie wollen nichts.
Kannst du dir diese Entwicklung erklären?
Stefan Auer: Ich glaub einfach, dass die Lobbyarbeit derer, die gegen derartige Veranstaltungen sind, besser ist. Beispielgebend, egal wie man dazu steht, ist die Situation im Univiertel. Das ist tatsächlich ein Witz, was da passiert. Ich als Außenstehender, sehe diese Entscheidungen als willkürlich an. Manche Lokale sollen zusperren, manche nicht. Es bringt nichts, weil man erst recht Lärm auf der Straße hat. Das ganze ist sinnlos und letztendlich nur darauf zurückzuführen, dass dort ein paar pensionierte Richter und Anwälte nichts anderes zu tun haben, als die Querulanten zu spielen und die Politik darauf einsteigt und nicht einfach einmal beinhart Position bezieht. Wir haben eine Szene in der Stadt, wir haben junge Leute in der Stadt, wir haben Lokale in der Stadt und eine Stadt ist nun einmal Nichts, wo es rund um die Uhr leise ist. Ob Autos oder Straßenbahnen fahren oder Gastgärten offen haben. Das alles gehört zum Stadtleben dazu und es ist etwas, wozu die Politiker stehen sollten und wo nicht vor jedem, der nichts anderes zu tun hat, als Briefe zu schreiben, sofort gekuscht wird.
Was macht Stefan Auer, wenn er nicht mehr Veranstaltungen macht? Ist das dein lebenlanges Konzept?
Stefan Auer: Man kann das natürlich sein Leben lang machen. Der Veranstalter vom Glastonbury Festival ist auch schon in seinen Siebzigern. Aber ich bin nicht mehr der, der bis fünf in der Früh in der Location steht. Vielleicht mach ich irgendwann Veranstaltungen in Altenheimen. Fünf Uhr Tee oder so.
Was sind deine persönlichen Ziele und auch Wünsche für die nächsten Jahre?
Stefan Auer: Das ergibt sich eigentlich immer von Jahr zu Jahr. Heuer machen wir im Joanneumshof das Festival in der Stadt sichtbarer. Wenn das Wetter passt, dann sollten 2000 Leute mitten in der Stadt tanzen und das ist eine Richtung, die mir gefällt. Vielleicht macht man das dann auch mal am Hauptplatz, um die ganze Sache auch aus den Clubs herauszuholen und an einen Ort bringt, wo auch andere Leute damit konfrontiert werden. Neue interessante Orte und Locations will ich in Zukunft auf jeden Fall dazu nehmen. Die alten und bestehenden Clubs muss man natürlich auch bespielen und die braucht man auch, aber ein, zwei neue Spielstätten machen es auch immer noch interessanter.
Vielen Dank für deine Zeit und das Gespräch!