mica-Interview mit Ingrid Schmoliner (New Adits 2012 – Festival für gegenwärtige Musik)

Das New Adits` Festival 2012 findet heuer vom 15.11 bis zum 17.11 im Raj in Klagenfurt in Zusammenarbeit mit dem Verein Innenhofkultur statt. Ingrid Schmoliner, Kuratorin und selbst Musikerin erzählt im Gespräch mit mica – music austria über die Idee des Festivals, über das ‘Neue’ in der Musik und über eine ‘Wüste in Kärnten’. Von Thomas Herr …

New Adits’ findet heuer zum dritten Mal statt. Wofür steht der Name des Festivals oder anders gefragt: Was ist euer Konzept und was sind neue Zugänge in der Musik überhaupt?

Wir – Martin Schönlieb, Matthias Erian und ich – waren auf Namenssuche für das Festival. Martin meinte, dass der aus dem Englischen stammende Begriff ‘adits’ für die Bezeichnung horizontaler Minenstollen (auch: Stolleneingang. Anm.d.Red.) verwendet wird. Die Idee, dass es dabei um Grabungen geht, versinnbildlichte unsere Vorstellung, Musik und Kunstformen zu präsentieren, die zur Zeit nicht direkt an der Oberfläche des Kulturgeschehens zu finden sind.

Also geht es schon um den ‘Underground’?

Ja , wie gesagt, es geht um Grabungen. Und Kärnten ist – was solche Musik- und Kunstformen angeht – eine absolute Wüste. Im Grunde ist das eigentlich der Wahnsinn wenn man sich vorstellt mit wie wenig Geld wir dann dort klarkommen müssen. Das kann man eigentlich nicht glauben (lacht). Von der Stadt kriegen wir fast nichts und vom Land sowieso nicht.

Aber was sind ganz konkret die neuen Zugänge, die Ihr auf eurem Festival präsentiert?

Ich glaube, dass man die ‘neuen Zugänge’ tatsächlich auch in Bezug auf Kärnten sehen muss. Wir sind ja alle drei aus Kärnten. Und da wir leider immer wieder feststellen müssen, dass viele Leute aus dem Kunst- und Kulturbereich von hier weggehen, ist das Festival als eine Art Gegenbewegung zu diesen Tendenzen zu verstehen. Deswegen haben wir das Festival eben auch so genannt. Ich meine ‘neu’ ist immer gleich so ein großer Begriff. Was ist neu? Was ist neu in der Kunst, was ist neu in der Musik? Ich stehe eigentlich gar nicht so sehr dahinter zu sagen, es passiert überhaupt etwas wirklich Neues. Grundsätzlich ist es doch so, jeder Künstler macht seine Arbeit und jeder macht das mit Leidenschaft. Vielleicht ist diese persönliche Leidenschaft ein neuer Zugang, weil sie über die entsprechende Person, den entsprechenden Künstler neu transportiert wird. Musik lebt für mich immer über die Person, die sie transportiert. Aber natürlich geht es bei uns auch darum, dass zum Beispiel elektronische Musik stattfinden kann. Es können aber auch interdisziplinäre Formen sein, die präsentiert werden. Und ganz klar: Wir wollen das auf jeden Fall jedes Jahr machen. Nur stehen wir eben auch dafür, dass man Musik nicht in irgendwelche Genres einordnen sollte. Weder in E- noch in U-Musik. Wir sind ein Festival für gegenwärtige Musik, das heißt wir wollten und wollen auch gar keine genrespezifische Betitelung für unser Festival. Wir wollen ganz explizit unterschiedliche Musiken zulassen. Im ersten Jahr hatten wir zum Beispiel eine koreanische Sängerin da, die in einer Kooperation mit Matthias Erian einen Fächertanz aufgeführt hat. Was unglaublich spannend war …

Das war vor zwei Jahren. Was erwartet das Publikum dieses Jahr? Welche Künstler werden auftreten und was ist thematisch damit verbunden?

Das Festival läuft dieses Jahr an drei, statt wie bisher an zwei Tagen und jeder von uns hat einen der drei Tage kuratiert. Es werden da sein: Irene Kepl, Miro Tóth, Petr Vrba, Petra Stump, Ingmar Gritzner, Igor Gross, Miramis Semmler-Mattisch, Martin Schönlieb, Elisabeth Harnik, Dave Rempis, Helge Hinteregger, Manuel Knapp, Matthias Erian und ich selbst. Wir haben dieses Jahr auch zum ersten Mal eine Auftragskomposition an Irene Kepl vergeben, worauf wir besonders stolz sind. Dann wird es zum Beispiel die Klanginstallation ‘Buksori’ von Matthias Erian geben. Dave Rempis ist in der freien Szene in Chicago sehr aktiv und wird bei uns auftreten. Es wird ganz sicher ein spannendes und vielfältiges Programm. Zuviel können und wollen wir aber auch gar nicht verraten.

Worauf legt Ihr denn besonders Wert bei der Auswahl der KünstlerInnen. Was muss ein(e) KünstlerIn vermitteln, um beim ‘New Adits’ auftreten zu können?

Meine zwei Kollegen im Organisationsteam sind ja auch Musiker. Und wir haben verschiedene KollegInnen, die international tätig sind. Diese Leute nach Kärnten zu holen, war und ist unser Anliegen. Diesen Leuten dann eine Gage zu ermöglichen, ist eben auch ein wichtiger Parameter.

Im Grunde ist es euer Netzwerk, das ihr für die Programmzusammenstellung nutzt. Das heißt Ihr arbeitet nicht mit Agenturen zusammen?

Genau. Es ja sowieso in diesem musikalischen Bereich so, dass es ganz wenige Agenturen gibt, die für die KünstlerInnen eine gute Arbeit machen. Deswegen machen die MusikerInnen, die allesamt großartige Dinge leisten, auch die Arbeit, die eine Agentur übernehmen würde komplett selbst. Eine unglaublich große Freiheit, aber eben auch unglaublich wie viel Arbeit man mit alldem hat …

Worin liegen neue Schwerpunkte des Festivals im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren. Hat sich da viel für euch verändert?

Ja, wie gesagt, wir haben dieses Jahr zum ersten Mal eine Auftragskomposition (‘get weaving’) an Irene Kepl vergeben. Und die wurde speziell für ein Ensemble geschrieben, in dem Petr Vrba, Petra Stump, die Irene selbst, Miró Toth und ich dabei sein werden. Die Irene Kepl schreibt ihre Kompositionen auch sehr stark auf der Basis von Improvisationen. Deshalb wird das bestimmt sehr spannend. Ich bin schon sehr neugierig darauf, wie das im Ganzen dann entstehen wird. Ich hab mir die Komposition auch schon mal kurz angeschaut (lacht). Worum es aber auch weiterhin bei unserem Festival geht, ist – Du hast es gerade schon angesprochen – die Vernetzung. Wir wollen uns in Kärnten weiterhin mehr vernetzen. Wir wollen mit dem Bruno Strobl schauen ob es da mögliche Zusammenarbeiten geben könnte. Oder schauen, dass wir uns mit der ‘Trigonale’ vernetzen können. Das sind ja die interessanten Dinge, die in Kärnten passieren. Vielleicht gibt es da ja Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit. Vielleicht wäre auch eine Ausweitung innerhalb des Alpen-Adria Raums eine Option. Wir werden das schrittweise angehen und ich bin mir sicher, dass das mit den Jahren weiter wachsen wird.

Du hast es vorhin schonmal angedeutet. Kärnten ist nicht unbedingt als Mekka für ‘Neue und experimentelle Musik’ bekannt. Vielleicht doch nochmal – wieso gerade dort? Und wer unterstützt euch da dabei?

A.: Im Grunde ist es so, dass ich den Raimund Spöck, der durch den ‘Verein Innenhofkultur’ im ‘Raj’ die Veranstaltungen macht, schon sehr lange kenne. Und ich hab mir damals gedacht, ich bin jetzt einfach frech und frage ihn, ob er uns unterstützen würde. Ich bin quasi die Initiatorin gewesen und hab mich dazu entschieden: “Ja, ich will das jetzt machen! Ich schau jetzt mal, ob er uns unterstützt.“ Und seitdem hilft er uns einfach sehr – was die Räume und das Catering anbetrifft, das ganze Drumherum wie Übernachtungen zum Beispiel. Es ist wirklich sehr angenehm mit ihm zusammenzuarbeiten. Ansonsten machen wir den ganzen Rest eigentlich nur zu dritt: Martin Schönlieb, Matthias Erian und ich eben. Zu den Förderern: kulturRaum Klagenfurt fördert uns entsprechend ihrer Möglichkeiten und Land fördert uns nicht. Es ist – wie gesagt – viel zu wenig Geld vorhanden. Wir suchen noch nach Sponsoren. Für uns würde es eine große Hilfe sein, wenn das Land, ähnlich wie in anderen Bundesländern, junge frische Initiativen die ein Festival mit KünstlerInnen, die auch international aktiv sind ähnlich unterstützt. Dann wäre dieses Land auch wieder bunter, fröhlicher und vielfältiger, was es ja auch eigentlich ist! (lacht wieder).

Ok. Viel Erfolg für das Festival und danke für das Gespräch!

 

http://vereinflechtwerk.wordpress.com/new-adits/new-adits-2012/
http://www.innenhofkultur.at/