„Pop’n’Roll“ – so bezeichnet die Band Freud selbst ihr musikalisches Wirken. Vor Freud war die Punk-Rock-Band The O5 und seit 2007 besteht Freud – in Kürze erscheint mit „Yesterday Today Tomorrow“ das zweite Album der Wiener Band auf dem neuen Label Recordbag. Ein mica-Interview mit Axel, Marie, Oliver und Vinzenz Freud.
Wann hat die Band-Geschichte von Freud begonnen?
Axel Freud: Im Jänner 2007 haben wir beschlossen, dass wir eine neue Band machen, da es ja The O5 nicht mehr gegeben hat, aber Oliver und ich wollten weiter machen – und so ist Freud entstanden. Mit musikalischen Änderungen, eher weg vom Punk in Richtung Pop. Deswegen sage ich immer, dass wir eine Band sind, die Pop’n’Roll macht.
Mich interessiert immer auch, warum Bands aufhören. Wie war das aus deiner Sicht bei The O5? Was waren die Gründe?
Oliver Freud: Zwischenmenschliche Beziehungen. Ich habe überhaupt keine Lust mehr gehabt auf The O5. Ich habe wirklich Probleme gehabt, die Leute während den Proben zu sehen. Und ich habe auch die Lust an der Musik verloren. Es gab dann den Punkt, an dem ich gesagt habe: Ich mag nicht mehr.
Damit aber jetzt zu Freud: Was wolltet ihr denn mit dem Namen Freud vermitteln?
Axel: Wir haben nach dem idealen Bandnamen gesucht, wir wollten uns ursprünglich Wilde, nach Oscar Wilde, nennen. Das wäre aber im Internet beim Suchen blöd gewesen, weil keiner weiß, ob man uns dann mit oder ohne „e“ schreibt. Rindt, nach Jochen Rindt, war eine Überlegung, was aber auch blöd wäre. Irgendwie sind wir dann auf Wien gekommen und den 9. Bezirk. Im WUK ist ja unser Proberaum, quasi unsere Praxis. So hat der Name Freud dann gepasst.
Der Name Freud hat einen historischen Bezug, und auch der Name The O5 beinhaltet eine historische Komponente.
Oliver: Da ging es um die Widerstandbewegung gegen das nationalsozialistische Regime in Österreich. Wir haben dieses Thema im Namen aufgegriffen, zur Identifikation mit Österreich und durchaus als Zeichen für politischen Widerstand gegen die Rechten und last but not least auch Widerstand gegen schlechte Musik.
Ist es euch wichtig, dass da ein Bildungsbürgertum mitschwingt?
Oliver: Mir ist Bildung allgemein wichtig. Absolut. Ich denke, dass Bildung der richtige Ansatz ist. Manchen Politikern wird man das noch erklären müssen, denen mangelt es vermutlich an Bildung. Gerade für einen Staat wie Österreich ist Bildung ein Fundament, auf dem wir aufbauen können.
Du Vinzenz bist noch nicht sehr lange bei Freud, wie bist du zur Band gekommen?
Vinzenz Freud: Ich habe Oliver schon länger gekannt, weil wir das gleiche Stammbeisl haben. Eines Tages hat er mich gefragt, ob ich mal mitspielen will, weil es ein Bassistenproblem gab. Er hat gewusst, dass ich Bass gespielt habe, obwohl ich eine längere Pause gemacht habe. Ich habe mir also sofort gedacht: Ja, da muss ich mitmachen.
Marie, auch du bist erst seit rund eineinhalb Jahren dabei. Wie war dein Einstieg?
Marie Freud: Ich kannte Axel und Freud hatte ein Keyboarder-Problem. (alle lachen). Axel hat gewusst, dass ich mit meinem Bruder in einer Band gespielt habe und wir haben dann mehrere Proben gehabt und haben uns darauf geeinigt, dass wir es miteinander versuchen.
Wie ist denn die Musik von Freud beschreibbar?
Axel: Es ist schwer, uns in eine Schublade zu stecken. Wie vorher angesprochen: Für mich ist es einfach Pop’n’Roll. Jeder von uns hat seine Vorlieben, aber jeder ist auch offen für Neues und alle möglichen Richtungen: Das reicht von Sixties-Beat über Disco bis Punk und Glam-Rock. Deswegen lassen wir all das in unser Songwriting einfließen. Wir schöpfen aus einem großen Universum und versuchen alles auf eine Freud-typische Weise umzusetzen. Wir sind weder Elektronik, noch Gitarrenpop, wir sind ein Gemisch.
Wie entstehen die Lieder, gemeinsam im Proberaum?
Oliver: Ja, das ist schon recht gut beschrieben. Die Songs entstehen hier im Proberaum. Es kommt jemand mit einem Thema zur Probe und alle versuchen das jeweils zu ergänzen. Dann arrangieren wir noch und Axel schreibt als Sänger die Texte dazu. Ich würde gerne noch zu Axel ergänzen, dass bei uns die Freude und der Unterhaltungsfaktor im Vordergrund stehen. Wir fahren definitiv keine Depro-Schiene, die Lieder sind aber trotzdem auch mal nachdenklich. Wir wollen unser Publikum unterhalten und sind eine publikumsbezogene Band.
Nehmen wir eines der neuen Lieder heraus. Worum geht es in euren Texten?
Axel: „Bisco-Deat“ zum Beispiel, das war ein Freud’scher Versprecher im Proberaum, der wirklich passiert ist…
Schon wieder Freud…
Axel: Wir haben statt Disco-Beat halt „Bisco-Deat“ gesagt. Das haben wir gleich so gelassen. Im Lied geht es darum, dass man sich beim ausgelassenen Tanzen von einer Melodie oder vom Beat tragen lässt. Das ist nicht intellektuell, da geht es um Freude, auch am Nachtleben. Generell gehe ich mit offenen Augen durch die Welt und mache mir meine Gedanken und so entstehen dann die Texte.
Welche Position hat Freud in der österreichischen Musikszene?
Oliver: Ich denke es sieht für Freud ganz gut aus. Ich tue mir da jetzt ein wenig schwer, da müsste ich zuerst fragen, gibt es die österreichische Musikszene noch?
Es gibt im Moment sehr viele auch sehr gute Bands, ich meine mit Szene nicht Christina Stürmer oder Stefanie Werger.
Oliver: Da gebe ich dir vollkommen Recht, die Szene ist zurzeit besser denn je. Mir fehlt zurzeit die Plattform, auf der die Musik gebracht wird. Freud hat einen internationalen Charakter. Wir nehmen auch in Hamburg auf und schielen über die Grenzen und wollen Freud internationalisieren. Wir haben Kontakte nach Deutschland und nach England, wo wir sehr gut hinpassen. Diese Chancen wollen wir nützen. Wenn es funktioniert wie bei Ja, Panik, ist das dann eine Initialzündung für andere Bands. Im Vergleich zu den 80er-Jahren haben wir leider nicht einen, sondern zwei Rückschritte erlebt: Die Bands heute sind super, aber sie werden schlecht präsentiert, da gibt es einen extremen Nachholbedarf. Das Publikum ist nicht dumm in Österreich, sondern sehr gut und ist bereit die Musik anzunehmen. Wir brauchen eine Plattform, um dieses Bewusstsein zu schaffen.
Was hat sich denn verschlechtert seit den 80er-Jahren?
Oliver: Es klingt fast lächerlich, wenn ich das behaupte, weil es damals ja noch kein Internet gab. Aber ich sage trotzdem: Die Medienlandschaft ist definitiv schlechter geworden. Du hattest Musik-Printmedien und TV-Formate wie Ohne Maulkorb oder Okay, die durchaus eine Szene beleuchten konnten. Das gibt es heute nicht mehr. Auf Ö3 gab es etwa die Musicbox, da wurden auch Bands wie Chuzpe gespielt. Ich will den Sender FM4 nicht herunter machen, aber du verschaffst der Musik mit diesem Sender nicht das Gehör wie mit Ö3. Daran hapert es, Bands wie wir werden aber in keinem anderen Medium gespielt.
Damit zu eurem neuen Album. Wie war der Produktionsprozess in Hamburg?
Marie: Wir haben alles gut und im Plan geschafft. Es war aufregend und interessant für mich, bei diesem Arbeitsprozess dabei zu sein. Wir waren ja in einem Analog-Studio, mit Geräten aus den 60er bis 80er-Jahren aufgenommne und ich habe auch durchs Beobachten ein wenig gelernt, wie man überhaupt aufnimmt. Ich habe verschiedene Orgeln eingespielt, von Hammond, Farfisa und einzelne Midi-Spuren. Wir hatten schon Vorstellungen, wie die Lieder sein sollen, und jetzt sind sie noch viel besser. Nach den zwei Aufnahmesessions war ich noch mal mit Oliver in Hamburg, um einige Overdubs aufzunehmen.
Ihr habt die Lieder im Studio also nicht live eingespielt?
Vinzenz: Wir haben Spur für Spur eingespielt, das hat sich als die beste Methode herausgestellt. Trotzdem ist es sehr intuitiv, spontan und fast live passiert und hat sehr gut funktioniert. Mein Bruder ist Tontechniker und ich habe ab und zu eine Bassspur für ihn eingespielt. Es war aber für mich das erste Mal, mit einem Herzensprojekt im Studio zu sein.
Wie viele Stunden pro Tag wart ihr im Studio?
Vinzenz: Dadurch, dass man hintereinander aufnimmt, arbeitet man tagelang an den Nummern und löst einander ab. Meist beginnt man mit dem Schlagzeug, dann legt der Bass eine Spur dazu und vom Keyboard kommt auch noch eine Spur dazu.
Die Internationalität hat Oliver vorhin schon angesprochen, wie werdet ihr den Schritt hinaus aus Österreich denn schaffen?
Oliver: Unsere Musik ist international gehalten, natürlich brauchst du auch entsprechende Promotion. Wir sind auf dem neuen Label Recordbag, die haben gute Ideen und sind auch jung und wollen dieses Projekt gemeinsam mit uns umsetzen. Wir wollen in Deutschland und England Konzerte spielen, dafür werden wir Promotion und Radiosender brauchen. Aber diese Kontakte haben wir schon und durch die Konzerte wollen wir die Umsetzung festigen. So ist der Plan.
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CD, Vinyl oder Download – wie wird das neue Album erscheinen?
Axel: Es wird in allen drei Formaten erscheinen. Primär als Schallplatte mit einer beigepackten CD und für die, die keinen Plattenspieler haben, gibt es die Musik auch auf den gängigen Download-Portalen.
Eine neue Veröffentlichung ist immer auch eine neue Chance: Was sind denn Hoffnungen, die an die neue Platte geknüpft sind?
Oliver: Ich mache die Musik, weil ich das gerne mache. Weil wir das machen wollen, auch für unser Publikum. Es geht nicht um materielle Dinge, ich würde mir wünschen, dass eine Initialzündung kommt, nicht nur für Freud, sondern auch für viele andere Bands etwas in unserer Musiklandschaft beginnt. Vielleicht ist es dann gerade unsere Scheibe, die in Deutschland oder England erscheint und durch die dann Feedback nach Österreich zurückkommt. Meine Hoffnung ist, dass Musik den Stellenwert bekommt, den sie in Österreich verdient. Wir haben hier mehr als Formel 1 und Tennis.
Pop- und Rockmusik ist ein selbst referentielles System, gibt es für euch Bands, die euch wichtig sind?
Oliver: The Beatles.
Axel: In jedem Bereich gibt es Bands, die uns gut gefallen. Ich finde in der elektronischen Popmusik ist für mich New Order sehr interessant oder das Electric Light Orchestra. Oder in den 90er-Jahren die ganze Brit-Pop-Geschichte. Swing gefällt uns auch und das fließt alles ein. Wir hören auch gerne alte Dean Martin-Lieder.
Oliver: Ich war immer ein großer Bewunderer von The Clash und das kann man auf dem neuen Album vielleicht auch hören.
Marie, du magst sicher auch Dean Martin, oder?
Marie: Ja, klar. Und die Beatles! (alle lachen)
Das Album „Yesterday Today Tomorrow“ von Freud erscheint am 18. April 2014 bei Recordbag/Hoanzl.
Freud Live:
Album-Release-Show: Mi 23. April 2014
WUK, Währinger Str. 59, 1090 Wien
19h
Interview, Fotos: Jürgen Plank