Birgit Denk ist eine stimmgewaltige musikalische Größe in Österreich. Sie singt im Dialekt und erreicht damit durch die Ohren direkt die Herzen der Hörer. Sie ist zu Recht stolz auf die österreichische Dialektmusik. Die sympathische Künstlerin im Gespräch mit Petra Ortner.
Wann wurde die Leidenschaft selbst Musik zu machen bei dir geweckt?
Birgit Denk: Als kleines Kind wurde diese Leidenschaft schon geweckt. Ich bin damals mit dem Fahrrad durch den Hof meiner Großeltern gefahren und habe Lieder erfunden. In „erfundenem Englisch“, wie so viele Kinder. (lachen) Diese Leidenschaft war immer schon da.
Du hast mit 20 Jahren ein Gesangsstudium begonnen. Wie ist es dazu gekommen?
Birgit Denk: Nachdem ich mir nach der Matura gedacht habe ich möchte gerne Musik machen, bin ich, das weiß ich heute, fehl in der Annahme gewesen, dass man das studieren muss. Und damit ich meinen Eltern da erklären kann, was ich da mache, hab ich mir gedacht „Gut, dann studiere ich es mal.“ Dann war ich ein Jahr auf dem Konservatorium und habe nach einem halben Jahr abgebrochen. Also es war ein kurzer, inniger Kuss des Studiums des Gesanges quasi.
Du textest ja für sehr viele andere Musiker und Bands in Österreich. Ich schätze, da lernt man auch viel von den Anderen, oder?
Birgit Denk: Ja, das ist bei jeder kreativen Tätigkeit so, dass man – gerade auch Musik – das nicht alleine macht. Das machen ganz, ganz wenige Menschen alleine. Ich war immer eine, die Musik mit anderen gemeinsam gemacht hat. Und ich denke mir, ob das jetzt in einer bestehenden Band ist, oder in einer kurzen Formation oder für irgendwelche Auftritte zu zweit oder wenn man sich Musik anhört, ist das natürlich in der Profession, dass man sich anschaut was die Anderen machen und man sich dadurch natürlich auch beeinflussen lässt. Also ich denke mir, wenn ein toller Kuchenbäcker in ein anderes Land fährt wird er sich auch anschauen wie die dort die Kuchen machen. Dadurch kann man ja lernen wie man selber weiter an seinem „Produkt“ arbeitet. Ich denke als Musikerin ist das Gemeinsame und das Lernen voneinander ganz essenziell. Das gehört dazu, sonst funktioniert es nicht.
Welcher Künstler oder welche Band war für dich besonders wichtig in deiner bisherigen musikalischen Laufbahn?
Birgit Denk: Kann man so eigentlich gar nicht sagen. Also ich habe, so wie alle Menschen, musikalische Phasen durchwachsen. Von der „Kindheitsmusik“ die man so hört wie, weiß nicht, E.A.V. war das bei mir weil die da gerade begonnen haben. Also bei mir war es schon immer sehr stark deutschsprachige Musik. Musik, die ich einfach auch sprachlich verstanden habe. Mich hat Musik immer dann berührt, wenn nicht nur die musikalische Komponente etwas mit mir gemacht hat, sondern auch der Text. Darum war das bei mir eigentlich schon von Anbeginn so, dass mich Musiker besonders beeinflusst und bewegt und auch zum selbst Musik machen animiert haben, wenn ich es verstanden habe. Als ich dann Englisch gelernt habe, hat sich das Spektrum natürlich vergrößert und hab mir angehört, was die so singen. Und je älter man wird um so mehr wird der Musikraum auch anders. Es ist eine offene musikalische Entwicklung die man so mit den Jahren macht.
Du bist ja musikalisch sehr vielseitig, machst Rock, Dialekt-Pop, jetzt 50er Jahre Kabarettlieder. Gibt es für dich irgendwelche musikalischen Grenzen?
Birgit Denk: Für mich war immer die musikalische Grenze meine eigene Fähigkeit. Ich war nie jemand der gesagt hat „Ich möchte Opernsängerin werden und das muss ich schaffen“, sondern ich habe immer sehr natürlich mit dem gearbeitet, was bei mir vorhanden ist, was ich kann und was ich ausloten möchte. Ich muss mich nicht über die Grenze hinaus steigern und etwas ausprobieren, wo ich mir denke „Nein, eigentlich hat das nicht so viel zu tun mit mir“. Also ich würde die musikalische Grenze bei mir da ziehen, wo meine Fähigkeiten aufhören. Also ich kann nur von mir erzählen und das ist meine natürliche musikalische Grenze.
Wie bist du auf die Kabarettlieder gekommen?
Birgit Denk: Ich habe als Kind an verregneten Nachmittagen in den Plattensammlungen meiner Großeltern sehr viel gefunden und habe mir da oft diese ganzen Kabarettlieder angehört. Auch Sowinetz und solche Sachen, die habe ich wahnsinnig oft angehört. Das ist etwas, was mir als Kind sehr gut gefallen hat. Ich habe zwar nur die Hälfte vom Text verstanden, aber irgendwie habe ich mitbekommen worum es geht. Diese Erzählweise, dass man Geschichten zu berichten hat, von seiner Welt erzählt und auch Dinge, Missstände auch sehr stark anprangert hat mir schon als Kind sehr gefallen. Irgendwann nachdem mein Großvater verstorben ist und ich die besagte Schallplattensammlung geerbt habe, habe ich es mir wieder angehört und habe so meine musikalischen Wurzeln wiederentdeckt. Zufällig ist da auch Preiser Records 60 Jahre alt geworden und hat Geburtstag gefeiert und hat MusikerInnen von heute gebeten aus ihrem Katalog Musik zu interpretieren. Dafür habe ich mir die Nummer „Ich wünsch mir zum Geburtstag einen Vorderzahn“ von Hugo Wiener und Cissy Kraner ausgesucht und ich wollte es dann nicht bei dem Lied bewenden lassen, sondern wollte ein komplettes Programm daraus machen.
Dialekt war ja lange Zeit ziemlich verpönt, jetzt scheinen Dialekt-Texte überall – von Pop bis zum HipHop – ok zu sein. Was, glaubst du, ist für diese Entwicklung verantwortlich?
Birgit Denk: Ich glaube, dass das eine ganz natürliche, selbstverständliche Wellenbewegung ist, die immer in allem was uns so begegnet passiert. Das heißt, waren die Eltern Austropop-Fans können die Kinder nicht auf Dialekt stehen. Das geht sich nicht aus. Ich denke auch bei uns dieser wahnsinnige Austropop-Boom in den 70er und 80er Jahren, der sich dann natürlich kommerzialisiert und sich wahnsinnig verwaschen hat, der war für viele die damals so 16, 17, 18 Jahre alt waren ein rotes Tuch. Das ist eine natürliche Bewegung, dass dann einfach elektronische Musik gekommen ist, Kruder und Dorfmeister sind für mich klassische Kinder des Austropop, weil die einfach etwas machen haben müssen was sozusagen total dagegen steht. Ich glaube, dass die Kinder von denen jetzt wieder die Sprache, die sie selbst sprechen „leiwand“ finden, cool finden, merken dass das etwas emotionales ist und der direkteste Weg des Ausdrucks ist und deshalb dem Dialekt wieder offener, ohne „Wäh, grauslich, meine Eltern haben das leiwand gefunden“, einfach lockerer entgegen gehen können.
Wie und wo schreibst du eigentlich deine Texte?
Birgit Denk: Meistens bin ich eine faule Zecke und schreibe Texe dann, wenn ich muss. Also ich bin niemand, der irgendwo sitzt mit einem fetten Notizblock und sagt „Oh, mir ist gerade ein Refrain eingefallen!“ Sondern ich bin eigentlich wirklich jemand, für den das Arbeit ist. Texten ist, für mich zumindest, eine schwere Geburt. Man dreht Wörter um, denkt nach „Wie kann ich das singen?“ Man dreht das hin und her. Also für mich ist es Arbeit, für die ich mich wirklich hinsetze und – wie Literaten oft sagen „Ich muss schreiben, von neun bis elf, damit irgend etwas dabei rauskommt.“ So ähnlich ist es bei mir wenn ich ein Lied schreibe. Also ich muss mir den Platz dafür schaffen, mir Zeit nehmen und dann habe ich auch Spaß dabei. Aber es ist für mich Arbeit. Ich empfinde das als Tortur. (lachen)
Du singst auch für Radio- und TV-Werbungen. Wie bist du dazu gekommen?
Birgit Denk: Man muss ja irgendwie Geld verdienen in Österreich. (lachen) Und wenn man das nicht mit seiner kreativen Leistung alleine schafft, muss man natürlich schauen wie man sonst auch noch Geldquellen anreißen kann. Da sind solche Geschichten natürlich der Weg um Geld verdienen zu können mit dem was man kann, nämlich in meinem Fall einfach singen. Das ist der direkteste Weg Geld zu verdienen.
Neben der Musik hast du auch schon für Magazine geschrieben, hast ein Buch veröffentlicht, du bist bei OktoTV tätig, bist Moderatorin und machst die redaktionelle Gestaltung für Radio Orange. Das ist ja ganz schön vieles!
Birgit Denk: Ja, anders geht das gar nicht. Wenn man in Österreich von der Musik leben will und den Kommerz, sprich die Tanzband aussparen will, dann muss man schauen, dass man so breit wie möglich aufgestellt ist. Auf der anderen Seite ist es so, wenn man Musik macht und sich zu den recht viel Raunzenden gesellt „wie wenig im Radio passiert und wie wenig im Fernsehen passiert“, da kann man entweder weiterraunzen, was ich auch gerne mache, aber man kann auch etwas dagegen tun und für diesen Weg habe ich mich entschieden. Deshalb mache ich einfach eine freie Radiosendung seit 1998 auf Radio Orange, wo ich jede Woche, einmal die Woche, eine ganze Stunde lang ausschließlich Musik aus Österreich spiele und auch immer Gäste habe, das selbe passiert auch bei OktoTV. Ich sehe mich nicht nur als Musikerin, sondern auch als Vertreterin einer Musikszene, der ich mit meinen kleinen, feinen Möglichkeiten helfend unter die Arme greifen möchte.
Du trittst hauptsächlich in Österreich live auf, wie schaut es im Ausland, wie zum Beispiel Deutschland, aus mit Auftritten?
Birgit Denk: Wir spielen zum Beispiel in Bayern, wo man uns gut versteht. Also die Möglichkeiten sind auch da. Ich glaube aber, dass gerade bei uns – also bei mir war von Anfang nicht die Intention Musik zu machen um irgendwann im Wembley Stadion auftreten zu können und mir die Menschenmassen zu Füßen liegen. Für mich war einfach immer wichtig für Leute von hier Musik zu machen. In der Zeit wo wir mit Dialekt begonnen haben, also vor mittlerweile 13 Jahren, wo es, wie du vorher schon gesagt hast, noch relativ uncool war, war es aber nicht für alle uncool. Viele haben es ja super gefunden und deshalb haben wir auch für die Musik gemacht. Für uns war es immer so, lieber 50 Konzerte in Österreich in Wirtshäusern, als ein Konzert in einem riesigen Stadion. Das war eigentlich immer die Grundintention für mich, für hier Musik zu machen.
Was sind deine weiteren künstlerischen Ziele?
Birgit Denk: Musik machen zu können, zu schauen wo es mich hintreibt, offen zu bleiben und mit vielen MusikantInnen einfach auch die Möglichkeit zu haben sich zu vernetzen. Und jetzt diese Musik wieder mehr – was mein Ziel ist – und medial breiter zu betreiben, was nicht unbedingt nur mit Lieder schreiben und Auftreten zu tun hat, aber es ist schon etwas, wo ich sehr viel Energie reinstecke. Es ist einfach ein Ziel, dass man schaut das anstatt eines Seitenblicke-Magazins vielleicht wieder zehn Minuten lang eine Musiksendung oder so etwas läuft. Das wäre ein Ziel von mir.
Link:
Birgit Denk