mica-Interview mit Bernd Salat

Auf dem Debütalbum “Lemniscate” von Bernd Salat treffen naturverbundene Melodien auf eine Opernstimme und ruhig fließende Töne auf emotionale Höhepunkte. Das Album des jungen Musikers ist wie eine große See, auf der er allein Kapitän ist, der seine HörerInnen auch aus tiefen Unwettern sicher herausführt. Im Gespräch mit Anne-Marie Darok erzählt er nicht nur von seinem abenteuerlichen Weg in die Musik, sondern auch von seinem Projekt das urbanen Musikern die Pforten zu ländlichen Inspirationen öffnen soll.

Welche Musikstile, -genres haben dich zu deinem Album inspiriert?
Ich habe durch meine Mutter immer schon Leonard Cohen oder Bob Dylan gehört. Meistens die alten Platten, die durch das Knacksen im Hintergrund einen eigenen Charakter haben. Mir hat gefallen, wie der Leonard Cohen mit seiner Gitarre die Frauen bezirzt hat. Mit 17 habe ich dann die Schule abgebrochen und konnte nur ein bisschen Gitarre spielen. Trotzdem habe ich angefangen Straßenmusik zu machen. Das habe ich dann zwei Jahre in Krems gemacht, weil ich dort zur Schule gegangen bin. Ich bin dabei kleben geblieben, und eben genau Leonard Cohen, Damien Rice oder Justin Vernon sind Musiker, die mich dazu inspiriert haben, die Musik genau so zu gestalten.

Ich habe in meiner Review auch geschrieben, dass sich deine Musik sehr naturverbunden, sehr erdig anhört. Besonders das Rauschen im Hintergrund und die Naturgeräusche verstärken dieses Gefühl noch.
Gerade weil ich so ein Landei bin, klingen die Songs so. Ich komme ja aus dem Waldviertel und kann in der Stadt nicht länger als drei Tage bleiben bevor ich zurück aufs Land möchte. Auf dem Opener zum Beispiel hört man ja die Grillen zirpen. Die habe ich im Garten gehört und den Recorder neben den Apfelbaum gestellt. Da ist dann das Zirpen mit dem Windspiel verschwommen, und ich wusste, dass das Album so anfangen muss.

Dein neuer Song „Computerized Heart MKII“ ist ja komplett das Gegenteil der Musik auf deinem Album. Es klingt durch die Auto-Tune-Effekte nach Bon Iver;  einfach ein bisschen urbaner.
Dadurch, dass ich am ersten Album alles selber gemacht habe, musste ich mich mit dem Produzieren lange beschäftigen. Das Album klingt ja auch danach, weil ich die ganzen Feinheiten nicht gewusst habe. Jetzt kenne ich mich ja ein bisschen mehr aus und Elektronik interessiert mich sehr. „Computerized Heart MKII“ ist so entstanden, dass ich live gespielt habe und mir dachte, dass wenn ich zehn Nummern nur mit Gitarre oder Klavier spiele, es für die Leute eintönig sein würde. So wollte ich einen Twist reinbringen und „Computerized Heart“ elektronisch machen. Es war nur eine kleine Veranstaltung nah an der tschechischen Grenze, doch der Markus Wagner ist auf die Bühne gekommen, und meinte, wie toll er das Lied gefunden hat. Er wollte das genauso für die FM4 Soundselection CD haben. Ohne dieses Erlebnis hätte ich den Song nie so aufgenommen, da ich mir mit dem Stil noch nicht so sicher war.

Wie hast du gelernt deine Musik selber zu produzieren?

Dass ich ein Mikrofon brauche habe ich ja gewusst, und auch dass da irgendeine Zwischenstelle zwischen Computer und Mikrofon sein muss. Ich habe viel darüber gelesen und gegoogelt, bis ich mir alles gekauft hatte. Trotzdem standen die Geräte ungefähr ein Jahr herum, weil ich nicht genau wusste wie ich anfangen soll. Ein guter Freund kannte sich ein besser aus und hat mir dann gezeigt, wie ich die Dinge auf den Computer spiele.

Ich habe dann wirklich lange gebraucht, und ganze zwei Jahre an dem Album gearbeitet. Oft habe ich einen Mix gemacht von einem Lied, um dann alle Plug-Ins runterzunehmen und wieder von vorn zu beginnen. So ist das achtmal per Lied gegangen bis ich die finale Version hatte.
Es war zwar viel Arbeit, aber dafür gute Arbeit, denn es war meine Schule. Im Endeffekt hat sich daraus ein Tonstudio ergeben, wo ich gerne Bands aus Wien aufnehmen lassen würde. Musiker aus der Stadt, die aufs Land kommen um sich vom ländlichen Leben und Umfeld inspirieren zu lassen. Sie können dann gerne bei mir übernachten, denn ich habe ein Haus mit Teich.

Hast du schon immer Musik gespielt?
Nein, ich habe erst mit 14 einen Gitarrenkurs an der Musikschule gemacht. Dort durften wir aber nur nach Noten spielen, obwohl ich viel lieber Akkorde gespielt hätte. Ich bin dann auch nach einen halben Jahr gegangen. Erst bei meinem Schulabbruch habe ich die Gitarre wieder hervorgeholt, und es hat einfach so geklappt. Wenn die Finger dort landen, wo sie hingehören, dann ist das eine gute Sache.

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Du hast ja die Opernsängerin Maria Helienek als Gastsängerin dazu geholt. Ich finde sie gibt der ganzen persönlichen Musik eine theatralische, dreidimensionale Stimmung. Hattest du von Anfang an vor eine Opernsängerin zu kontaktieren?

Ich mag Opernstimmen sehr gerne, und manche Lieder haben sich für mich noch ein bisschen leer angehört. Ich habe also gewusst, dass ich was einbauen möchte, wusste aber noch nicht wen. Eine Freundin meiner Freundin hat mit einer Opernsängerin, der Maria, studiert, und sie meinte sie vernetzt uns. Ich habe ihr dann auch geschrieben und die Songs geschickt. Maria hat die Idee gut gefallen, und sie ist dann extra zu mir raus aufs Land gekommen und in drei Stunden haben wir das aufgenommen. Bei „Right“ hat sie Zeilen von der Oper „La Traviata“ eingesungen. Dabei habe ich richtig Gänsehaut bekommen.

Wie würdest du die Stärken und die Schwächen der österreichischen Musikbusiness beschreiben?

Ich kenne das Business noch kaum. Als ich angefangen habe mit dem Album, wurde ich ins kalte Wasser geworfen. Ich glaube, dass es in Österreich gut ankommt, wenn man Effekte verwendet, die so noch nicht da waren, wie bei der Opernstimme auf meinem Album. Aber es ist schwer Hilfe zu bekommen, wenn man sich nicht wirklich reinhängt. Vor allem wenn man vom Land kommt, wie ich, dann ist es schwer, den Kreis von vertrauten Leuten aufzubauen, die einen unterstützen können. Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, wie es bei mir weitergehen soll, wenn ich nicht Leute finde, die mich von der Musik leben lassen können.

Genießt du Live Auftritte immer, oder hattest du auch mal schlechte Erfahrungen wenn du aufgetreten bist?
Ich genieße sie allgemein sehr, aber vor allem auf der Straße. Du spielst, aber die Leute hören dir nicht zu, und das ist eine tolle Sache, denn ich beobachte sie irrsinnig gerne. Man geht richtig auf in dem was man macht, und keiner erwartet was Bestimmtes. Wenn einem gefällt was ich mache, bleibt er stehen, bevor er wieder weitergeht. Dann klatscht wieder jemand, oder legt Mannerschnitten oder eine Banane in den Koffer. Ich mache da immer wieder tolle Erfahrungen.Im kleinen Club ist das sehr anders, denn dort kommen die Leute wegen mir und erwarten sich was Bestimmtes. Für mich war das anfangs sehr schwer auf diese Art live aufzutreten, und die Sachen vom Album zu spielen.

Das ist deswegen so, weil ich nie vorhatte Lieder zu schreiben und ich aber in der Nacht aufgewacht bin und einfach angefangen habe zu schreiben. In der Früh sehe ich dann, dass die Mikrofone aufgebaut sind und dass der Laptop aufgeklappt ist, und dass da jetzt ein neues Lied drauf ist. Ich höre es mir an, und frage mich wie das alles passiert ist, weil alles einfach so wolkig ist. Genauso ist es mit den Texten. Ich wusste manchmal nicht was Texte bedeuten, oder was manche Vokabel heißen, bis ich sie herausgesucht habe und draufgekommen bin, dass alles Sinn ergibt. Im Nachhinein war das sehr autobiographisch für mich, weil ich die Texte deuten konnte. Bei manchen Liedern weiß ich noch heute nicht, was sie bedeuten, aber trotzdem spüre ich natürlich, dass es um mich geht.

Bei den ersten Konzerten musste ich mich diesem Bündel von Liedern wieder annehmen, weil ich eben nicht so viele neue Sachen hatte und das spielen musste was schon da war. Es ist eine Herausforderung, die Songs mit den passenden Emotionen zu spielen, denn es ist auch schon vorgekommen, dass ich nichts dabei gespürt habe. Den Leuten fällt das vielleicht nicht auf, und es gefällt ihnen trotzdem, aber an dir selber geht es vorbei. Und so soll es ja nicht sein. Irgendwann merkt man dann wieder, dass die Gefühle wieder da sind, und dann kannst du wieder spielen. Wegen diesen Emotionen ist es mir anfangs schwer gefallen live zu spielen.

Es ist ja auch so, dass die Leute, wenn sie auf ein Konzert gehen Erwartungen haben. Vor allem erwarten sie unterhalten zu werden.
Genau so ist das. Und ich habe ja auch nicht geredet mit dem Publikum, und auch meine Musik lädt nicht zum tanzen ein. Ich bin da einfach nur nackt mit meiner Gitarre und den Liedern. Es ist schwer, wenn man sich nicht hinter einem Synthie verstecken kann. Aber mit der Zeit hat sich das eingependelt, und jetzt ist es auch leichter für mich.

Foto: Sandra Kamitz

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