mica-Interview Felix Fuchs – Red Bull Music Acedemy Radio

Vor kurzem wurde das Angebot des, im Jahr 2005 von der Red Bull Music Acedemy ins Leben gerufenen, Red Bull Music Academy Radios beträchtlich erweitert. Im Interview spricht RBMA-Vertreter Felix Fuchs über das neue Programm sowie das Nichtzustandekommen der für heuer in Österreich geplanten Academy. Das Interview führte Michael Masen.

 Kannst du ein wenig über die Entstehungsgeschichte des Red Bull Music Academy Radios erzählen?

 

Wie der Name ja schon auch erahnen lässt, ist das Red Bull Music Academy Radio im Zuge der Red Bull Music Academy entstanden. Zur Academy hat es damals, vor zehn Jahren, eine Radiostation gegeben, die in Dublin auch sogar die terrestrische Lizenz hatte. Jedenfalls hat es das zu jeder Academy gegeben und so nach und nach wurde daraus eine richtige Community-Sache. Mit der Zeit ist daraus irrsinnig viel Content hervor gegangen, der schließlich im Jahr 2003 sozusagen online verfügbar gemacht wurde – daraus ist dann das entstanden, was man jetzt auf dieser Plattform vorfinden kann. Es ist nun ein großes Archiv, wo man alles on demand abrufen kann – momentan sind das knapp über 1000 Shows, die täglich erweitert werden. Daneben gibt es aber noch selektierte neue Shows, wo aktuelle Sachen präsentiert werden, beispielsweise, wenn jemand eine neue Platte draußen hat oder auf Tour ist.

 

Ein Großteil der Sendungen wird direkt bei der Music Academy aufgenommen – wir haben da ein Studio, wo eben jeder mal rein kommt, eine Stunde dort sitzt und eine Sendung, ein Interview oder einen Mix macht.

 

Der Unterschied zu Play FM ist der, dass die dieses Community-Ding am Laufen haben, wo jeder etwas beitragen kann, während beim Red Bull Music Academy Radio genau das Gegenteil passiert – da gibt es eine Redaktion, die versucht, gut selektierten Content zu bieten und sich eben auf diese Ebene spezialisiert hat. Einerseits ist das also Web, andererseits, vom Ansatz her, aber auch klassisches Radio, wo man sich gewisse Limits setzt. Beim konventionellen Radio hat man eben nur 24 Stunden auf einem Kanal zur Verfügung und man muss verstärkt auf Qualität denn auf Quantität setzen.

 

Wie wird sich der Content gestalten? Werden auch heimische Künstler gefeatured?

 

Eines von mehreren Formaten trägt den Namen “Inside Out”, bei dem ein Einblick in die Musikszenen verschiedener Länder geboten werden soll und bei dem ausschließlich lokale Musik gespielt wird. Und bei der Kooperation, die wir jetzt gerade mit Play FM starten, haben wir auch eine monatliche Sendung, moderiert von Alan Brown, einem englischsprachigen Native Speaker, der für jede seiner Shows einen Studiogast einlädt. Da wird locker geplaudert, coole Musik gespielt und es sollen eben auch interessante österreichische Sachen vorgestellt werden. Stilistisch komplett offen – wir wollen die gesamte Bandbreite österreichischer Musik abdecken, die unsere Redaktion als interessant empfindet.

 

Es geht aber auch nicht bloß darum, irgendwelche Geheimtipps zu präsentieren, sondern einfach auch Musik, die für gewöhnlich nicht aus ihren Ursprungsländern, wie beispielsweise Portugal, Mexiko oder Venezuela heraus kommt, einem anderen Publikum zugänglich zu machen. Viele Sachen lernt man einfach nie kennen, wenn man nicht erst umständlich zu graben anfängt und wir wollen das Musikinteressierten ein wenig leichter machen.

 

Das einmal der Ansatz, den wir verfolgen. Wir wollen ein offenes Format bieten, wo jedes Land eine eigene Sendung machen kann und das setzen wir jetzt zusammen mit Play FM um. Da gibt es auch ein Studio, eine sehr offene Redaktion und zusätzlich bietet Play FM noch eine Plattform, um die Sendung später online zur Verfügung stellen zu können.

 

Kann man sich als Künstler auch aktiv bei euch “bewerben” um in einer Sendung gefeatured zu werden?

 

Es wird auf der Play FM-Seite eine Art Shout Box geben, wo jeder seine Files hoch laden kann. Es ist davon auszugehen, dass da mehrere Sachen kommen werden, die wir selektieren müssen. Die ausgewählten Stücke werden dann auch in der jeweiligen Sendung gespielt, bzw. wenn uns etwas wirklich vollkommen umhaut, laden wir den betreffenden Künstler auch ins Studio ein.

 

Auf der anderen Seite halten natürlich auch wir unsere Augen und Ohren offen, wenn wir durch die Szenen wandern, um all das abzudecken, von dem wir glauben, dass es viele Leute interessieren könnte. Diese ganze Academy-Sache kommt ja ursprünglich – auch was die Musikauswahl betrifft – aus der Clubszene. Mit dem Radio wollen wir allerdings weiter gehen und ein breiteres Feld abdecken, so ist jetzt gerade auch beispielsweise eine Show mit Animal Collective online gegangen.

 

Wir haben im Programm auch den sogenannten Fireside Chat. Da plaudern legendäre Musiker aus dem Nähkästchen, teilen Insiderwissen und Anekdoten und berichten auch über ihre neuesten Projekte.

 

Habt ihr für das Radio eine bestimmte Zielgruppe im Auge?

 

Eine Zielgruppe in dem Sinne wurde da nicht großartig definiert. Das Radio richtet sich, glaube ich, an all diejenigen Leute, die die Music Academy in der einen oder anderen Form interessant finden. Also Leute, die sich schon mal dort beworben haben, die bei den Workshops mitgemacht haben, schon mal dort waren. Darüber hinaus ganz einfach an den offenen Club-Musik-Hörer, würde ich jetzt einmal sagen.

 

 

Durch die ganzen Möglichkeiten, die das Internet bietet, kann sich heute ja schon jeder seine eigenen Playlists zusammen stellen und sozusagen sein eigenes, nach individuellen Bedürfnissen gestaltetes, Radio machen. Welchen Mehrwert soll also das Academy Radio bieten?

 

Es gibt natürlich total viele Leute, die so Podcasts machen, aber bei uns gibt es eben einen kleinen Kreis von ungefähr 15 Leuten, die für eine monatliche Sendung verantwortlich sind. Es gibt beispielsweise Maurice Fulton, der als Produzent und DJ tätig ist, der in seiner Sendung viele interessante Sachen erzählt, Musik spielt und einfach sehr selektiert Content rüber bringt.

 

Freilich, wenn du im Internet suchst, findest du diese ganzen Infos, aber bei uns hast du eine Radiosendung in einem besonderen Format, das es als moderierte Sendung nicht in allen Ländern der Welt gibt. Neben dem schon erwähnten Fireside Chat und Inside Out wird es noch Headphone Highlights – Playlists und persönliche Favoriten namhafter Künstler verschiedenster Genres -, Main Stage – Live Shows, Konzerte und Interviews von internationalen Festivals – und On The Floor – exklusive DJ Mixes und Live Sets aus den angesagtesten Clubs zwischen Sao Paulo und Tokio – geben. Die Formate gestalten sich also alle sehr spezialisiert und heben sich so, glaube ich, von anderen ab.

 

Wie habt ihr zu den jeweiligen Moderatoren gefunden, die für die Sendungen verantwortlich sind?

 

Das Radio ist ja sozusagen ein Baby der Music Academy, die es nun schon seit zehn Jahren gibt und natürlich mittlerweile einen gewissen Status und ein bestimmtes Ansehen genießt. Es ist ein großes Netzwerk entstanden, wo man nun einfach die Leute anrufen und sie fragen kann, ob sie nicht auch eine Sendung für uns machen wollen. So gestaltet beispielsweise auch Patrick Pulsinger, der uns in dem allen sehr unterstützt, eine Sendung. Daneben gibt es dann auch noch Karen P, einen großen Teil der Redaktion, die in Köln und London tätig ist, früher die Gilles Peterson Show produziert hat und natürlich durch die Arbeit bei der BBC über Netzwerke und Kontakte verfügt, die sie sehr gut einsetzt.

 

Es ist auf jeden Fall nicht so, dass wir irgendwo hingehen müssen, um jemanden einzukaufen. Die Academy an sich ist schon eine Institution, zu der die Leute Vertrauen haben und ganz genau wissen, dass da kein Blödsinn gemacht wird und dass auch eine gewisse Qualität dahinter steht.

 

Gibt es auch irgendwelche besonderen Werbeaktionen, um auf das Radio aufmerksam zu machen?

 

Nein, in diese Richtung unternehmen wir nichts. Das soll im Prinzip alles über die Play FM-Community laufen. Es ist ja mittlerweile auch keine Wiener Sache mehr, sondern etwas Globales. Wir haben aber schon gemeinsam mit Play FM einige Ideen erarbeitet, wie man das alles weiter entwickeln kann. Beispielsweise gibt es jetzt viele Kooperationen bei Festivals. So haben wir beim Spring Festival in Graz eine eigene Music Academy Radio Stage, wo wir das Programm mit der Academy zusammen gestalten. Tagsüber werden dabei Lectures und Workshops veranstaltet und abends wird dann gespielt. Die Aufnahmen dazu, wie auch das ganze Festival, werden in Folge ebenfalls als lokale Veranstaltung auf der Plattform vorkommen.

 

Es wäre ja ursprünglich geplant gewesen, die Red Bull Music Academy heuer in Wien zu veranstalten. Ist das richtig und wenn ja, wäre die Stadt Wien da auch in irgendeiner Art und Weise beteiligt gewesen?

 

Es hat den Plan gegeben, das heuer in Wien zu machen, was allerdings nach längerem Hin und Her nicht zustande gekommen ist. Die Stadt Wien wäre prinzipiell dabei gewesen – wir hatten dafür auch bereits Zusagen.

 

Kannst du vielleicht ein wenig die näheren Beweggründe erläutern, die Academy doch nicht hier in Wien stattfinden zu lassen?

 

Die Antwort gibt eigentlich schon ein Blick in eine beliebige Zeitung – die Wirtschaftskrise geht auch an Red Bull nicht spurlos vorbei. Das ist aber nicht der Hauptgrund. Der andere Grund war, dass es seit dem Bestehen der Academy jedes Jahr den Anspruch gegeben hat, das Vorhergehende noch zu toppen und etwas Neues zu machen. Dieses Jahr ist jetzt eben so eine Art Regenerationsjahr. Ich glaube, dass die Academy ganz anders zurück kommen und Vieles sich geändert haben wird – aber nichtsdestotrotz hätte ich es gerne in Österreich gemacht.

 

Besteht die Möglichkeit, dass die Academy doch noch einmal in Österreich gemacht wird?

 

Ja, ich glaube schon. Vielleicht nicht nächstes Jahr, aber so in zwei bis drei Jahren. Man wird sehen müssen..