Mit ihrem Debut-Album “Zirzop” und unermüdlichem Touren sind Fatima Spar und die Freedom Fries mittlerweile zu einer nicht mehr wegzudenkenden Institution innerhalb Österreichs Musikszene geworden. Zum mica-Interview über ihre Musik und allem Drumherum haben sich Sängerin Fatima Spar und Schlagzeuger Erwin Schober eingefunden, zu denen sich später noch Band-Manager Jeroen Siebens gesellt hat.
Als Band gibt es euch soviel ich weiß, jetzt seit 2004, wie habt ihr zusammen gefunden?
Erwin Schober: Ich habe zuerst den Philipp (Moosbrugger), unseren Bassisten, kennen gelernt, mit dem zusammen ich an einem Track am Computer gearbeitet habe und über ihn habe ich auch die Fatima kennen gelernt und schon kurz darauf haben wir dann beschlossen, mal etwas live auszuprobieren.
Die erste Probe haben wir noch zu dritt abgehalten, das erste Konzert dann aber schon in einer Fünfer-Formation gespielt. Aber wie die Entstehungsgeschichte in ihren Einzelheiten abgelaufen ist, wissen wir eigentlich selbst nicht mehr so genau.
Aus wie vielen Musikern besteht euer derzeitiges Line-Up?
Aus sechs Personen.
Sind das immer dieselben? Ich habe gehört, dass ihr oftmals das Line-Up wechselt.
Nein, eigentlich nicht unbedingt. Es gibt immer wieder Phasen, wo so was recht häufig passiert und dann aber wieder alles ganz normal, ohne irgendwelche Wechsel, läuft. Hin und wieder arbeiten wir auch mit Gastmusikern zusammen; eine gewisse Zeit lang haben wird das ziemlich forciert gehabt, aber in letzter Zeit auch eher weniger. Jetzt spielen wir in unserem Stamm-Set-Up, bestehend aus zwei Bläsern, Kontrabass, Schlagzeug, Akkordeon und Gesang.
Wenn man über Fatima Spar und die Freedom Fries liest, stößt man immer wieder auf die Erwähnung eurer unterschiedlichen musikalischen Backgrounds. Welche wären das und inwiefern haben sie Einfluss auf die Musik der Freedom Fries?
Erwin Schober: Einige von uns haben Musik studiert, die kommen zumeist eher aus der Jazz-Richtung, andere wiederum sind Autodidakten. Ich habe früher viel Rock- und Drum & Bass-Sachen gemacht. Das sind dann wahrscheinlich die “vielen verschiedenen” musikalischen Einflüsse, die man uns zuordnet. Tatsächlich haben halt viele von uns vor den Freedom Fries ein paar unterschiedliche Sachen gemacht, von daher kann man das so sehen, wenn man will.
Hinsichtlich Einfallsreichtum werden die unterschiedlichen Backgrounds, wenn wir bei dieser Bezeichnung bleiben, auch eher belebend wirken, nehme ich an.
Das kann wirklich beides sein. Einerseits kann es wirklich super belebend sein, andererseits kann es aber auch total nervtötend sein.
Nervtötend, inwiefern?
Naja, nervtötend ist jetzt vielleicht böse gesagt, aber es kommt durchaus vor, dass man auch das ein oder andere Mal nicht derselben Meinung ist. Bei uns läuft das aber eigentlich eh sehr gut. Der gemeinsame musikalische Nenner in dieser Band entsteht ja schließlich aus den Meinungen der Mitglieder, die alle von unterschiedlichen Geschmäckern geprägt sind – und das ist auch total gut so.
Ist euer Album “Zirzop” das erste, das ihr aufgenommen habt?
Ja, das ist unser Debut-Album. Es ist im Februar 2006 raus gekommen, mit gestaffeltem Release-Termin. Zuerst in Österreich und dann Deutschland, Frankreich, usw. Und in Frankreich wurde das Album auch vor kurzem re-released.
Auf welchem Label ist das Album in Frankreich erschienen?
Auf Nocturne, einem französischen Label. In Österreich ist das Album auf Geco raus gekommen.
Die CD-Aufnahme im Studio hat übrigens der Stefan (Ehgartner) betreut und gemischt. Er war derjenige, der mit uns gelitten, geschwitzt und geflucht hat.
In welchem Zeitraum ist das Album entstanden?
Das ganze Album haben wir relativ schnell aufgenommen. Vom ersten Ton bis zur Fertigstellung hat es nur ungefähr drei Wochen gedauert. In dieser Zeit haben wir aber zwischen Aufstehen und Schlafen gehen nichts anderes gemacht, als am Album zu arbeiten. Und dazwischen haben wir noch einen Gig gespielt.
Mit Zirzop wart ihr auch für den Amadeus Award nominiert.
Fatima Spar: Ich habe gewusst, dass diese Frage heute kommt. Von der Nominierung habe ich, ehrlich gesagt, überhaupt nichts mitbekommen.
Wart ihr nicht zur Veranstaltung eingeladen?
Fatima Spar: Wahrscheinlich schon, aber zu dieser Zeit waren wir sowieso verhindert, weil wir da gerade auf Tournee waren.
Gewonnen habt ihr aber nicht, oder?
Nein, Rebekka Bakken hat in dieser Kategorie gewonnen – gegönnt hätten wir es aber allen, die da nominiert waren. Nur ist diese Kategorie einfach absurd. Da ist jeder und alles drinnen, das nicht Pop oder Volksmusik ist.
Mit “Jazz/Blues/Folk” war die Kategorie auch ziemlich “offen” angelegt.
Das ist es ja eben. Irgendwie eine Reste-Kategorie, in die zu viele, stilistisch komplett unterschiedliche, Sachen hineingestopft werden.
Die Nominierungen bei den Amadeus Awards ergeben sich ja, so viel ich weiß, aus den Verkaufszahlen, dh. euer Album scheint ziemlich gut angekommen zu sein. Habt ihr davon direkt auch irgendwie etwas mitbekommen?
Erwin Schober: Ja, scheinbar hat sich das Album wirklich gut verkauft. Wir selbst haben uns zumindest nicht angemeldet, beim Amadeus Award dabei sein zu wollen. Aber ich glaube, in Österreich muss man gar nicht so viele Stück verkaufen, um dann auch in dieser Restgruppen-Kategorie nominiert zu werden.
Ich befürchte, dass die Rebekka Bakken in Österreich jetzt auch nicht so extrem viele CDs verkauft. Hier ist einfach die Zahlen-Dimension viel bescheidener als anderswo.
Haben mittlerweile, vielleicht im Zuge dieser Amadeus Sache, auch schon größere Labels bei euch angeklopft?
Es ist jetzt nicht so, dass jede Woche ein großes Label an unsere Tür klopft, aber es passiert schon, dass man im Ausland Kontakt zu Vertriebspartnern bekommt, die potentiell besser sind, als diejenigen, die wir jetzt haben.
Apropos Ausland, ihr seid ja auch regelmäßig jenseits der Landesgrenzen auf Tour. Vor kurzem habt ihr fünf Tage in Folge in Antwerpen gespielt. Was war das für eine Veranstaltung?
Das war ein Stadtfestival, bei dem verschiedene Kultur-Arten präsentiert wurden und ein Teil davon war eben Musik. Da werden in verschiedenen Bezirken Bühnen gebaut und einen Monat lang bespielt. Jede Woche wird dann auch eine Band aus dem Ausland eingeladen, die dann fünf Konzerte hintereinander spielt.
Die Konzerte finden in Gegenden statt, wo normalerweise nur geringes oder gar kein Kulturangebot vorhanden ist und so wird versucht, auch die dortigen Leute ins kulturelle Leben einzubinden – da spielt also auch ein sozialer Aspekt mit.
Für eine Band ist das jedenfalls super, eine Woche lang, jeden Tag am selben Ort auftreten zu können.
Ihr spielt jetzt auch demnächst in Kairo, habe ich auf eurer Homepage gelesen. Wie seid ihr dazu gekommen? Habt ihr dahin irgendwelche besonderen Verbindungen?
Nach Kairo wurden wir vom dortigen Kulturministerium eingeladen; unser Konzert bildet die Eröffnung eines Festivals. Vermittelt wurde uns der Kontakt vom österreichischen Kulturforum. Wir machen dort neben dem Konzert auch Workshops am Konservatorium, wo wir uns mit ausgewählten ägyptischen Künstlern treffen. Für nächstes Jahr ist dann angedacht, mit diesen gemeinsam, eine Tour zu machen. Aber wann und wie das genau ablaufen wird, steht derzeit noch nicht fest.
Auf eurem Album habt ihr auch das Stück “Istanbul darf nicht Wien werden”, eine Abwandlung einer Parteiwerbung, der man eine Zeit lang nirgendwo in Wien entrinnen konnte. Würdet ihr euch als politische Band bezeichnen?
Fatima Spar: Das ist schon so lange her, dass es schon fast gar nicht mehr wahr ist. Aber sicher sind wir zum Teil auch politisch. Wir werden immer wieder auch politische Begriffe aufgreifen, wenn uns irgendetwas aktuell gerade beschäftigt. Ich persönlich, als Texterin, schreibe über alles, was mich bewegt, was mir und auch der Gruppe wichtig ist und da gehört die politische Komponente auf jeden Fall auch dazu.
Titel und Komposition zu der angesprochenen Nummer kommen übrigens von unserem Trompeter, das war also gar nicht meine Idee; ich habe dann nur den Text dazu geschrieben.
Euer Album ist jetzt schon eine ganze Weile lang veröffentlicht. Gibt es schon konkrete Pläne, in näherer Zukunft einen Nachfolger aufzunehmen?
Ja, Pläne gibt es, Ideen gibt es auch und die Zeit zum Arbeiten werden wir uns demnächst nehmen. Es wird auf jeden Fall ein neues Album geben. Wenn alles so läuft, wie wir uns das vorstellen, dann Mitte nächsten Jahres.
Habt ihr hinsichtlich Touraktivitäten auch größere Sachen geplant oder nur einzelne Auftritte?
Im Herbst wird es noch eine größere Tour geben, vor allem in der Schweiz und in Frankreich, vielleicht auch noch Deutschland. Eventuell spielen wir Ende Dezember auch ein Konzert in Holland, aber dann wird das zentrale, große Thema eher das neue Album sein.
Nehmen Touren und Album aufnehmen bei euch unterschiedliche Stellenwerte ein?
Nein, das geht bei uns eigentlich alles Hand in Hand. Eine Band, die nur ein Album aufnimmt und dann live nicht auftritt, funktioniert einfach nicht, genauso wenig, wie es auch umgekehrt nicht funktioniert. Die Leute wollen sich die Musik, die sie am Konzert gehört haben, auch zu Hause anhören.
Nicht zu touren würde sich aber auch rein finanziell nicht ausgehen. Dank unserem Manager Jeroen sind wir aber bestens mit Auftrittsmöglichkeiten versorgt.
Jeroen Siebens: Was uns und wahrscheinlich vielen österreichischen Bands fehlt, ist ein finanzieller Support, den es hier, im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern, nicht gibt, der aber notwendig für die Bands ist, um konkurrenzfähig zu sein. Wenn ein Veranstalter in Deutschland die Wahl hat zwischen uns und einer spanischen Band, die vielleicht auch noch bekannter ist als Fatima Spar und die Freedom Fries, aber dennoch weniger kostet, dann ist die Entscheidung klarerweise ziemlich rasch getroffen.
Wir versuchen halt, aus einer Underdog-Position heraus, das alles zu finanzieren und an Konzerte zu kommen. Von Vorteil ist dann natürlich, wenn man beim Auftritt Leute begeistern kann, im Ausland auch Leute, mit denen wir zusammen arbeiten können, die dann, auch aufgrund der persönlichen Bindung, für deine Band mehr arbeiten, als für andere. Diese Position haben wir jetzt mittlerweile in ein paar Ländern erreicht, in denen wir wirklich gute Partner haben, die uns hervorragend unterstützen.
Aber insgesamt bleibt die Situation doch sehr schwierig und ich würde mir für die ganze österreichische Musikszene wünschen, dass jetzt wirklich etwas weiter geht. Es passiert zwar schon etwas, aber noch lange nicht im notwendigen Ausmaß; momentan sind das immer mal wieder Tropfen auf den heißen Stein. Es müsste aber das Gesamt-Ding viel mehr beachtet werden. Einfach ein Prozess, der damit anfangen muss, dass Musik als unterstützenswertes Kulturgut wahrgenommen wird.
Auch der soziale Aspekt müsste in dieser Hinsicht einfach besser funktionieren. In Österreich gibt es, im Gegensatz zu sehr vielen anderen Ländern, derzeit kein System, das das möglich macht. Dass zum Beispiel Musikern, aber nicht nur diesen, sondern auch Tontechnikern oder Tourmanagern, die nachweisen, dass sie diese Arbeit machen und die Voraussetzungen erfüllen, ein Fangnetz geboten wird, das so ähnlich wie das Arbeitslosengeld funktioniert, wenn sie nicht gerade auf Tour sind oder an einem Projekt arbeiten.
Michael Masen