„Mein Blickwinkel ist oft psychedelisch“ – ANNE DROMEDA im mica-Interview

ANNE DROMEDA ist eine junge Musikerin, die aus dem Weinviertel stammt und inzwischen in Wien lebt. Ihr Künstlername bezieht sich auf die Galaxie Andromeda, die in rund vier Milliarden Jahren mit der Milchstraße zusammenstoßen soll. Dieses Katastrophenszenario erklärt auch den Titel ihres Debütalbums „Collision with the Milky Way“ (Lindo Records). Jürgen Plank sprach mit der Künstlerin unter anderem über das Psychedelische in ihrer Musik, das Älterwerden und ihre Liebe zum Musical.

Wie haben Ihre Beschäftigung mit Musik und Ihr eigenes Musikmachen begonnen?

Anne Dromeda: Meine eigene Musik hat begonnen, als ich als Teenager sehr viel Musik von den Beatles und auch von Oasis gehört habe, schließlich bin ich ein Kind der 1990er-Jahre. Ich habe mich sehr für das Songwriting der Musikerinnen und Musiker begeistert und dadurch ist der Wunsch entstanden, auch so etwas zu machen. Da ich schon Gitarre spielen konnte und auch immer viel Musik gemacht habe, habe ich gemerkt, dass mir das guttut, und habe einfach weitergemacht. Zunächst habe ich aber jahrelang nur zu meinem eigenen Vergnügen Lieder geschrieben.

Sie haben auch eine Musical-Ausbildung gemacht. Wie war das?

Anne Dromeda: Ich habe in Wien Musical studiert, ich war aber kein Musical-Fan und habe das eigentlich gemacht, um Gesang, Tanz und Schauspiel zu studieren und sehr intensiv zu lernen. In der Musical-Ausbildung sind diese drei Dinge gebündelt und deshalb habe ich das für eine gute Idee gehalten. Musical-Gesang ist stilistisch breit gefächert und ich habe mir gedacht, dass ich dabei sehr viel lernen und für mich mitnehmen kann. Im Zuge der Ausbildung hat mich das Musical-Fieber doch angesteckt – ich glaube, man hört das an einigen Stellen meines Songwritings.

Hat diese Ausbildung auch eine Auswirkung auf Ihr jetziges Agieren auf der Bühne, beim Spielen eines Konzertes?

Anne Dromeda: Ich glaube nicht. Es ist mir zumindest nicht bewusst. Dafür bin ich aber auch viel zu versunken, wenn ich meine eigenen Lieder spiele. Es wird mir immer gesagt, dass ich sehr konzentriert wirke, wenn ich auftrete. Da kann ich nicht auch noch eine Show draufsetzen.

Ist die Präsenz auf der Bühne bei einem Konzert ähnlich wie bei einem Musical-Auftritt?

Anne Dromeda: Das kommt sehr auf die Musikerinnen und Musiker an, es gibt ja Popstars, die auf der Bühne tanzen und herumspringen und eine Show hinlegen. Und es gibt in allen Musikrichtungen Musikerinnen und Musiker, die sehr in sich gekehrt sind. Das ist eine ganz andere Form von Präsenz.

Wie waren denn bisher die Reaktionen auf Ihre Lieder?

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Anne Dromeda (c) Alexander Baulesch

Anne Dromeda: Als ich mit eigenen Liedern angefangen habe, haben mich meine Familie und meine Freunde ermutigt, weiterzumachen, weil sie die Lieder gut gefunden haben. Die Reaktionen waren positiv und fördernd – auch auf meine erste Band, mit der ich meine eigene Musik gespielt habe. Ich habe mich aber erst im letzten halben Jahr getraut, öffentlich solo aufzutreten, ohne dass jemand anderer am Arrangement mitschreibt.

Welchen Unterschied haben Sie zwischen Solo- und Bandtätigkeit festgestellt?

Anne Dromeda: Bei der Band habe ich die meisten Lieder geschrieben und dann haben wir uns zusammengesetzt und die Lieder entwickelt und arrangiert. Da habe ich auch ganz viel gelernt. Dann kam der Punkt, an dem ich ohne Kompromisse mein Ding machen wollte.

Und wie ist diese Phase nun?

Anne Dromeda: Ziemlich abenteuerlich. Ich habe am Anfang ziemlich viel Angst gehabt, aber es fühlt sich gut an. Ich habe das Gefühl, dass es eine gute Entscheidung war. Jetzt habe ich hin und wieder Begleitmusikerinnen und -musiker, aber es sind die Songs, die ich geschrieben habe.

Welche Gastmusikerinnen und Gastmusiker sind auf der nun vorliegenden Debüt-CD „Collision with the Milky Way“ dabei?

Anne Dromeda: Der Kontrabassist ist Victor Gabriel. Er spielte mit mir bereits in einer Band. Ich habe ihm die Harmonien gegeben und wir haben gemeinsam seine Spuren entwickelt. Und mit der Pianistin Marie-Therese Goiser war es genauso. Ein Mandolinen-Solo hat Klaus Wutscher gespielt, mit dem ich früher auch in einer Band war.

„Es geht viel um Erstaunen und Verblüffung über das Verhalten von Menschen in unserer Gesellschaft.“

In welches Genre fällt Ihre Musik?

Anne Dromeda: Ich sage immer es ist psychedelic chanson. Oder man könnte auch ganz breit sagen, dass es Folk ist. Ich möchte nicht sagen, dass es Singer-Songwriter ist, denn da wird heute schon so viel hineingeworfen. Wenn heute jemand mit einer Gitarre auf der Bühne steht und die Lieder selbst geschrieben hat, ist er meist schon ein Singer-Songwriter. Mein Blickwinkel in den Songs ist oft psychedelisch. Es geht viel um Erstaunen und Verblüffung über das Verhalten von Menschen in unserer Gesellschaft.

Sie spielen relativ oft live, wie wichtig ist Ihnen die Bühnen- im Vergleich zur Studio-Situation?

Anne Dromeda: Es ist für mich eine ganz andere Welt, beim Live-Spielen geht es mehr um die Stimmung mit den Leuten. Es ist einfach sehr schön, auf einer Bühne zu stehen und die eigene Musik zu spielen. Beim der Studioarbeit und auch beim Songwriting setzt man sich sehr mit sich selbst auseinander.

Was ist Musikmachen für Sie, ist es eine Art der Auseinandersetzung mit der Welt und der Gesellschaft?

Anne Dromeda: Letztlich ist es das, ja. Ich glaube, dass ist für viele Musikerinnen und Musiker so. Manchmal verarbeite ich Dinge, die einen Eindruck auf mich gemacht haben. Manchmal ist die Musik in meinem Kopf da und ich möchte mit dem Text ein Bild malen.

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Apropos Bilder: Im Lied „Cinema Noir“ gibt es die Zeile: „I want to shoot a scene, give me a place on screen.“ Möchten Sie tatsächlich Schauspielerin werden oder lassen Sie da jemand anderen sprechen?

Anne Dromeda: Es gab sicher Zeiten, in denen ich gerne Schauspielerin geworden wäre, besonders in der Zeit, in der ich die Schauspielausbildung gemacht habe. Ich finde die alten Hollywood-Film-noir-Darstellerinnen faszinierend, die in diesem Lied angesprochen werden. Marlene Dietrich etwa. Da entsteht ein Bild von Frauen, das ich faszinierend finde, und ich habe mir oft gedacht, ein Teil von mir wäre auch gerne so.

Welches Bild ist das?

Anne Dromeda: Na ja, das ist die Femme Fatale, die ihre Reize zu nutzen weiß. Die sehr verführerisch sein kann, aber auch ein wenig gefährlich ist. Es ist auch ein mysteriöses Bild. Ich möchte jetzt keine Film- noir-Darstellerin sein, aber unter diesem Eindruck bin ich gestanden, als ich das Lied „Cinema Noir“ geschrieben habe. Zu diesem Lied gibt es auch ein Video, in dem am Ende auch ein Mord passiert.

„In dieser Phase der Zurückgezogenheit habe ich sehr viel Musik geschrieben und viel gemalt.“

Beschreiben Sie bitte noch ein Lied des Albums und wie es entstanden ist.

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Cover “Collision with the Milky Way”

Anne Dromeda: Im Lied „Paint me a rose“ geht es um die Zeit. Obwohl ich noch nicht so alt bin, habe ich begonnen, über das Älterwerden nachzudenken. Es gab eine Zeit, in der ich mich sehr zurückgezogen habe, zu keinen Veranstaltungen gegangen bin, weil ich mich selbst finden wollte und das Gefühl hatte, dass man sich in manchen Lebensphasen in Illusionen verrennt. In dieser Phase der Zurückgezogenheit habe ich sehr viel Musik geschrieben und viel gemalt. Der Text zu „Paint me a rose“ war wie eine Situationsbeschreibung. Ich habe gemalt, um mir eine Illusion zu schaffen.

Haben Sie auch eine Rose gemalt?

Anne Dromeda: Nein, ich habe keine Rose gemalt, sondern abstrakt.

Was wünschen Sie sich für das Debütalbum und für die nächsten Monate?

Anne Dromeda: Es wäre natürlich super, wenn die Leute das Album mögen würden und es vielleicht auch im Radio gespielt werden würde. Vielleicht könnte das Video auch im Fernsehen zu sehen sein. Und ich wünsche mir natürlich, dass es mehr Nachfrage nach Auftritten gibt und dass die Locations, an denen ich spiele, auch noch besser werden. Wobei es dort, wo ich jetzt spiele, auch schon sehr viel Spaß macht.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Jürgen Plank

 

Freitag, 4. November 2016: CD-Präsentation: Kramladen, Gürtelbogen 39–40, 1080 Wien, 20:30 Uhr
Support: Dan Knoppert

Links:
Anne Dromeda (Facebook)
Lindo Records