Lost in Desire – Skin

Als Stephan Sutor 2008 sein erstes Soloprojekt startete, hatte er schon einige Erfahrungen im Musikbusiness gesammelt. Mit rasend schnellen 1990’er  Techno-Tunes landete er in der Formation Silicon Brothers sogar in den Charts. Jahre später begann er einige ältere, selbstgeschriebene Songs aufzunehmen und Lost in Desire war geboren. Da das Projekt reellere Forman annahm, bat er seine Schwester ihn bei Live-Auftritten zu unterstützen. Durch weitere erfahrene Musiker ergänzt, präsentierte Lost in Desire das erste gleichnamige Album 2009. Drei Jahre, zahlreiche Touren und zwei EPs später kommt nun mit „Skin“ eine neue Platte auf den Markt.

Sutors Motto, Persönlichkeit durch die Musik auszudrücken ohne Rücksicht auf Kommerz zu nehmen, geht mit einer eklektizistischen Genrezugehörigkeit zusammen. Dabei verlässt er die Fittiche der Schwarzen Szene nur teilweise. Von der instrumentellen Seite gesehen ist Lost in Desire eine „typische“ moderne Synth-Rock Band, bei der der Bass im Mittelpunkt steht. Ebenso dominant sind das Schlagzeug,  das Keyboard und natürlich die E-Gitarre. Im Bereich der Lyrics wird der Abstand zu den 1980er Genre-Idolen wie Soft Cell oder Gary Numan größer. Denn während Marc Almond von den faden Seiten des Rotlichtmilieus trällert, und Gary Numan seine Roboterwelt regiert, singt Sutor von scheinbar ernsteren Themen wie Liebe und Verlust. Dabei wirken manche Texte wie Gedichte, die mit genretypischen Phrasen gespickt sind. Man möchte fast Gothic-Band zu Lost in Desire sagen, wäre da nicht die Musik, die nicht viel mit Gothic-Rock à la Evanescence oder Oomph! zu tun hat.

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Schon der Opener „Skin“ ist eher ein Alternative-Rocksong mit dominantem Bass. Sutors Stimme erinnert an die des Placebo Leadsängers Brian Molko, nur dass seine noch ein bisschen jugendlicher und aufmüpfiger klingt. Dies wiederum lässt erst gar nicht zu, dass man sich einen Grafen im langen wallenden Umhang vorstellt. Maskieren will sich Lost in Desire aber weder in physischer noch musikalischer Form. Deswegen sind die Songstrukturen und Instrumentalisierung eher simpel als zu verschachtelt. Besonders ab „Hero“, dem fünften Lied, gehen die Songs fast nahtlos ineinander über, so dass man sich nach dem ersten Hören nicht wirklich an die einzelnen erinnern kann. Jedoch ist diese Kontinuität kein Nachteil was die Stimmung des Albums anbelangt. Diese wird durchwegs mit einer Mischung aus Hoffnung und Verzweiflung düster gehalten.

Romantische Elemente, wie das dominante Klavier auf „Deathwish“ und die Violinen auf „Insomnia“, lösen Assoziationen zu verregneten Nächten in samtbezogenen Betten, wo wir wieder bei der Prise Gothic Rock wären. Den Synth-Rock Einfluss kann Lost in Desire vor allem bei „Put out that light“ und „Zero“ nicht leugnen. Letzteres besticht durch die starken, aber leicht geflüsterten Vocals, die durch das Lied führen. Synthie-Töne, die an grelle Fanfaren erinnern untermalen die Strophen und das Fade-Out des Refrains. „Put out that light“ könnte mit der eigenwilligen Bassmelodie auch ein modernes Lied von Duran Duran sein. Die leicht verzerrenden Stimmeffekte lehnen sich stark an „Hungry Like The Wolf“ von 1982 an. Im Refrain sind Lost in Desire aber wieder ganz sie selbst, und hauen in die Gitarrensaiten. Der Tempowechsel zwischen den Refrain und Strophe ist gut getimt, und auch die Vocalmelodie hat einen Flow, der zum Mitsingen anregt.

Obwohl auch andere Songs, an der Kippe zum Mitsingen stehen, fehlt manchmal ein kleiner Twist, der noch mehr aus den Melodien oder dem Rhythmus rausholt. Ansonsten ist „Skin“ nicht nur von Produktionsseite ein solides Rockalbum. Positiv ist, dass Lost in Desire mit ihrem Album nicht in einer bestimmten Nische bleibt, sondern auch das Potenzial hat, mehrere Zielgruppen zu erreichen.

Foto:  Christian Promintzer
Anne-Marie Darok

 

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