Der österreichische Komponist und Dirigent Dieter Kaufmann ist im Alter von 84 Jahren gestorben.
Mit Dieter Kaufmann verliert die österreichische Musiklandschaft eine ihrer prägendsten und vielseitigsten Persönlichkeiten. 1941 in Wien geboren, in Kärnten aufgewachsen, verband er früh eine klassische Ausbildung mit einem unstillbaren Interesse am Neuen, Experimentellen. Er studierte in Wien Germanistik, Kunstgeschichte, Violoncello und Komposition bei Karl Schiske und Gottfried von Einem, ehe er in Paris bei Olivier Messiaen, René Leibowitz sowie im Umfeld von Pierre Schaeffer und François Bayle entscheidende Impulse für seine spätere Arbeit erhielt. Früh zeigte sich seine Neigung zum Musiktheater und zu interdisziplinären Formen, die ihn sein Leben lang begleiten sollten.
1975 gründete er gemeinsam mit seiner Frau, der Schauspielerin Gunda König, das K & K Experimentalstudio, das rasch zu einem Brennpunkt für multimediale Projekte wurde. Kaufmanns künstlerisches Schaffen war stets von Gegensätzen geprägt: von der Verbindung romantischer Anklänge mit elektroakustischen Verfahren, vom Zusammenführen sakraler Auftragswerke und radikaler Gesellschaftskommentare, von poetischer Zartheit und scharfer Attacke. Ein Schlüsselwerk ist die Kirchenoper Bruder Boleslaw, uraufgeführt 1989 beim Carinthischen Sommer, die exemplarisch sein Denken zwischen Tradition und Aufbruch zeigt.
Besonders großen Einfluss hatte Kaufmann auf die Entwicklung der Elektroakustik in Österreich. Als Professor für Komposition an der Wiener Musikuniversität (1991–2006) und Leiter des Instituts für Elektroakustik und Experimentelle Musik vermittelte er Generationen von Studierenden die Eigenständigkeit dieser Kunstform. Mit seinem Konzept der „akusmatischen Kunst“ verstand er elektroakustische Musik nicht als Konkurrenz zur Instrumentalmusik, sondern als eigene ästhetische Sprache. Über zwei Jahrzehnte prägte er zudem als Kurator des „Elektronischen Frühlings“ in der Alten Schmiede die Szene.
Neben seiner künstlerischen Arbeit war Kaufmann ein unermüdlicher Gestalter kulturpolitischer Strukturen. Als Präsident der IGNM Österreich, der Gesellschaft für Elektroakustische Musik, des Österreichischen Komponistenbundes oder der Austro Mechana setzte er sich mit großem Engagement für die Interessen seiner Kolleg:innen ein. Kaufmann war auch einer der frühen Fürsprecher eines österreichischen Musikinformationszentrums, das 1994 mit der Gründung von mica – music austria Wirklichkeit wurde.
Dieter Kaufmann war kein Lautsprecher, aber ein Aufrüttler: mit seiner Musik, mit seinen Ideen, mit seiner Beharrlichkeit. Sein Werk, sein Engagement und seine Haltung werden weit über sein Leben hinaus nachwirken.
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