„[…] es [gibt] kein ‘richtig’ und kein ‘falsch’ in der eigenen Musik.“ – JO THE MAN THE MUSIC im mica – Interview

Mit ihrer ersten Single „Skinny Dipping“ legt JO THE MAN THE MUSIC einen wirklich starken Auftakt ihrer sicherlich lange währenden musikalischen Reise hin. Überraschend reif und zugleich fragil öffnet sie mit ihrem Debüt ein Fenster in ihre Welt: Zwischen Mut und Selbstzweifel, Intuition und Kontrolle spricht Johanna Gußmagg alias JO THE MAN THE MUSIC im mica – music austria Interview mit Dominik Beyer.

Wenn deine erste Single ein Filmcharakter wäre – welche Rolle würde sie spielen?

Johanna Gußmagg: Den Helden. Es geht ja um den Ausbruch. Vielleicht zuerst etwas zurückhaltend, aber am Ende doch überraschend heldenhaft.

Dein Künstlername klingt spannend. Momentan trenden ja diese Superheld:innen-Actionfiguren in den sozialen Medien. Welchen charakteristischen Gegenstand, außer einer Gitarre, hätte eine Jo The Man The Music-Figur in der Hand?

Johanna Gußmagg: Einen Notizblock und einen Kochlöffel. Ich habe mal gelesen, dass man beim Kochen die Gedanken wie Gemüse zerschneidet. Das beruhigt. Ich koche immer nach Gefühl – das fühlt sich wie Self-Care an. Ich glaube, so ein Alltagsgegenstand, der gleichzeitig ein bisschen Magie hat, würde es gut treffen.

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Dein Geheimrezept ist also kein Rezept. Ist das beim Musikmachen genauso?

Johanna Gußmagg: Ja, absolut. Es ist manchmal wirklich schwer, seinem Bauchgefühl zu folgen. Aber wenn man das schafft, sich von der Intuition leiten zu lassen, sind bisher immer die schönsten Dinge entstanden.

Hast du es auch anders schon probiert – also eher kopfgesteuert zu arbeiten?

Johanna Gußmagg: Ja, auf jeden Fall. Gerade wenn man die ersten Studioerfahrungen sammelt. Oft war ich die einzige Frau im Raum. Da war es schwer, mir Gehör zu verschaffen oder das Vertrauen zu finden, mir nichts einreden zu lassen. Auch wenn die natürlich nur unterstützen wollten. Das hat schon einige Zeit gedauert. Ich habe lange nicht gecheckt, dass es kein „richtig“ und kein „falsch“ gibt in der eigenen Musik.

Meine ersten Berührungspunkte waren in Musikkapellen oder in der Klassik. Dort wird nach Noten gespielt. Da gibt es natürlich schon „Richtig“ und „Falsch“. Und wenn man mit Produzent:innen im Studio sitzt, die das schon seit zehn Jahren machen, vertraut man natürlich darauf, dass sie wissen, was „richtig“ sein könnte. Das klingt banal, aber es war ein Prozess, den eigenen Ohren zu vertrauen. Das waren alles wichtige Erfahrungen. Umso schöner, dass es sich bei der EP so einfach angefühlt hat (großes Danke an Luca Pivetz und Phil Maier!)

„Es gibt kein Falsch. Es gibt nur verschiedene Wege, und jeder Weg ist richtig, weil es der ist, den du einschlägst.“

Die Produzent:innen hast du gesucht, oder habt ihr euch gefunden?

Johanna Gußmagg: Wir haben uns gefunden. Wir waren drei Tage lang in der Villa Lala bei einem Songwriting Camp. Dabei sind drei Songs entstanden – die jetzt alle veröffentlicht werden. Das war ein total intensiver Moment, weil alles so zusammenpasste. Die Songs werden jetzt auch alle auf einer EP erscheinen. Die nächste Single heißt „Soft Skin“, genau wie die EP. (Spoiler)

Gibt es ein Bild oder eine Metapher, die deine Single am besten beschreibt?

Johanna Gußmagg: Ja, eigentlich eh der Titel. Dieses Nacktbaden mit den Zehenspitzen. Das beschreibt für mich die Mischung aus Angst und Neugier: sich zurücknehmen, aber gleichzeitig alles ausschöpfen wollen. Ich hatte Anfang letzten Jahres oft Angst, etwas falsch zu machen – bis ich gemerkt habe: Das geht gar nicht. Es gibt nur verschiedene Wege, und jeder Weg ist irgendwo auch der richtige, weil es der ist, den du einschlägst.

Welche Eigenschaft von dir selbst steckt am deutlichsten in dieser Single?

Johanna Gußmagg: Vielleicht ein wenig Sturheit? Ich setze mir Dinge in den Kopf und möchte sie dann auch gleich umsetzen. Trotz Zweifeln.

Das würde ich eher als mutig und zielgerichtet beschreiben. Welche Stimme in deinem Kopf musst du beim Musikmachen am lautesten übertönen?

Johanna Gußmagg: Die Selbstzweifel. Und ein bisschen Perfektionismus.

Noch findet man nicht viel über dich neben deiner Single. Hast du unter deinem Pseudonym einen Neustart gemacht und alles vorangegangene gelöscht? Oder bist du tatsächlich gerade mit deinem ersten Song gestartet?

Johanna Gußmagg: Ich schreibe Lieder, seitdem ich denken kann. Diesmal hat es sich aber so sehr nach mir angefühlt. Ich hatte auch Glück, Leute zu finden, die das cool fanden und Lust hatten, es rauszubringen. Deshalb fühlt es sich auf sehr nach einem ersten Schritt an.

Portrait of Jo the man the music  by Schober Allyt
JTMTM © Schober Allyt

Was ist dir wichtiger: dass Leute den Text verstehen – oder dass sie einfach in die Stimmung eintauchen?

Johanna Gußmagg: Mir ist schon sehr wichtig, dass ich 100 % hinter dem Text stehe. Wenn ich ihn nicht vertreten kann, fällt es schwer, einen Song wirklich zu fühlen – egal wie stark die Produktion ist.

„Ich habe gemerkt, wie wichtig es ist, auch zu schreiben, wenn man gerade nicht inspiriert ist – weil man sonst vergisst, die Welt bewusst wahrzunehmen.“

Wie routiniert schreibst du Texte?

Johanna Gußmagg: Ich war in einigen Songwriting-Camps, zuletzt in Frankreich. Das war mega spannend. Dort waren Leute, die schon sehr lange schreiben und das richtig professionell machen. Mit ihnen ins Gespräch zu kommen, hat mich total inspiriert. Da habe gemerkt, wie wichtig es ist, auch zu schreiben, wenn man gerade nicht inspiriert ist – weil man sonst vergisst, die Welt bewusst wahrzunehmen. Es braucht diese bewusste Auseinandersetzung mit der Welt um einen herum.

Und was können die Leute nach deiner ersten Veröffentlichung als Nächstes von dir erwarten?

Johanna Gußmagg: Eine EP names „Soft Skin”ich bin ganz stolz darauf! Weil sie so einheitlich ist und trotzdem unterschiedliche Facetten hat. Sie erzählt eine Geschichte. Ich freue mich sehr darauf. Und natürlich viele Live-Konzerte.

Vielen Dank für das Gespräch.

Dominik Beyer

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JO THE MAN THE MUSIC live
03.10. Waves Festival, Wien
10.10. Kiezkultur Festival, Hannover
17.10. Lovehead Support, Darmstadt
21.10. Loft, Wien (gemeinsam mit Philippa Kinsky, VILLFORTH & Nina Caroline)

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