Die aus England stammende Sängerin und Multi-Instrumentalistin ELKE GALVIN lebt seit Jahren in Österreich. Für ihr aktuelles Projekt GALVIN’S GARDEN hat sie Lieder zwischen Folk, Pop und Soul komponiert und ist damit in unterschiedlichen Besetzungen bereits in ganz Österreich live aufgetreten. Robert Fischer hat mit der in Kärnten lebenden Musikerin über ihre musikalischen Anfänge, ihre Herangehensweise ans Songwriting und ihre Zukunftspläne gesprochen. Außerdem erzählt GALVIN, warum sie für jeden absolvierten Gig einen Baum im Garten pflanzt. Neben der Arbeit an neuen Songs und einem Album gibt GALVIN immer wieder Songwriting-Workshops für Kinder und Jugendliche.
Das Songwriting reflektiert deine britischen Wurzeln, ist auf deiner Homepage zu lesen. Wie ist das gemeint?
Elke Galvin: Ich glaube, es gibt eine Form von Songwriting, die so ein bisschen britisch-kulturell bestimmt ist. Das hat so eine gewisse Ironie dabei, wie man das z.B. oft bei den The Kinks oder in manchen Beatles-Songs hören kann. Kürzlich hat jemand zu mir gesagt, dass ich sehr gut zum 4AD-Label [ein legendäres Londoner Independent- und Alternative-Label, Anm.] passen würde. Ich finde es an britischen Künstler:innen generell sehr spannend, dass ihre Musik oft genreübergreifend ist. In den USA legt man sich nach meiner Wahrnehmung eher auf ein bestimmtes Musik-Label bzw. Genre fest, und das bleibt dann so. Ich finde britische Künstler:innen trauen sich da mehr.
Dein aktuelles Projekt heißt Galvin’s Garden. Wie kam es dazu?
Elke Galvin: In jedem guten Heldenroman kommt der Punkt, an dem die Hauptfigur komplett auf sich alleine gestellt ist. Aus verschiedenen Gründen bin ich auch zu diesem Punkt in meinem Leben gekommen. Ich dachte mir, für mich ist es derzeit das absolut Stimmigste, wenn ich mich alleine auf die Bühne stelle und meine Songs aufführe. Ich verbinde das Musikmachen bzw. das Songwriting sehr stark mit dem Gefühl, dass etwas entstehen kann, dass etwas wachsen kann. Als leidenschaftliche Gärtnerin sehe ich viele Zusammenhänge zwischen dem, was bei mir im Garten geschieht, also dem Vergehen und Erblühen von Blumen und Pflanzen, und dem Musizieren. Musik verkörpert für mich etwas Zyklisches: die Wurzel ist jederzeit da, aber erblühen lassen kann ich meine Lieder im Moment.
„Ich möchte künstlerisch weiterhin für alles Mögliche offen sein.“
Den Vergleich mit einem Garten finde ich sehr interessant. Welche Parallelen gibt es da noch?
Elke Galvin: Für mich ist ein Garten ein offener Raum d.h. es kann jemand dazu kommen. Ich möchte künstlerisch weiterhin für alles Mögliche offen sein. Ich plane z.B. gerade ein Doppel-Konzert mit der jungen Musikerin Emeline aus Kärnten. Mit ihr zusammen zu arbeiten, macht eine Riesenfreude. Ich empfinde einen Garten als Raum wo etwas keimen darf, wo sich etwas entwickeln kann. Derzeit befinde ich mich gerade in einem Coaching mit einer US-Singer/Songwriterin, die meine Songs eher im Bereich der Filmmusik sieht, und mir in diesem Bereich Kontakte vermittelt.
Obwohl es Galvin´s Garden noch gar nicht so lange gibt, habe ich das Gefühl, du hast in kurzer Zeit trotzdem gleich eine große Anzahl an neuen Songs dafür geschrieben. Stimmt der Eindruck?
Elke Galvin: Ich finde es unterhaltsam, wenn Bands zusammenkommen und sich zehn Songs für ein Album abringen. In den letzten beiden Jahren habe ich ca. fünfzig bis sechzig Songs geschrieben, von denen zwanzig noch in der Warteschleife sind. Aber die anderen vierzig Songs stehen regelmäßig für die Setlist meiner Konzerte zur Auswahl bereit. Das hat aber nichts mit den Songs zu tun, die ich in früheren Jahren für andere Projekte oder Bands komponiert habe, sondern das sind komplett neue Lieder, die speziell für Galvin´s Garden entstanden sind.
Hast du beim Komponieren von neuen Songs eine spezielle Methode?
Elke Galvin: In punkto Songwriting bin ich kein Fan darauf zu warten, bis einen die Muse küsst. Besser finde ich, dass man sich das Ziel setzt, regelmäßig Songs zu schreiben. Da gehört schon eine gewisse Disziplin dazu, denn ein Roman z.B. entsteht auch nicht dadurch, dass man plötzlich inspiriert ist und dreihundertfünfzig Seiten runterschreibt. Genauso ist es beim Songschreiben: Ich setze mich hin, es gibt eine Idee und ich mache was daraus. Ich habe mittlerweile schon viel Erfahrung als Songwriterin gesammelt und kann mit einer Idee so arbeiten, dass am Schluss ein fertiger Song herauskommt.
Auf welchem Instrument schreibst du derzeit hauptsächlich?
Elke Galvin: Die neuen Songs für Galvin´s Garden entstehen am Klavier. Für Arrangements und die Klarheit verwende ich gerne Noteflight, das ist so eine Online-Notensoftware. Manchmal habe ich beim Schreiben zu Beginn nur den Text, also z.B. ein Gedicht. Das bearbeite ich so lange weiter, bis ein Song entsteht. Fast keiner meiner Songs kommt in einem Guss heraus. Für mich geht es beim Songwriting viel um Bearbeiten, um Herumfeilen und um Herumtüfteln. Der Entstehungsprozess eines neuen Songs ist ein bisschen wie eine Geburt. Oft denke ich mir, jetzt ist der Song fertig und dann fällt mir doch noch etwas ein. Zur Inspiration fürs Songschreiben gehört für mich auch dazu, selbst viel Musik zu hören.
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Auf welche Art entstehen bei dir noch neue Songs?
Elke Galvin: Wichtig ist die Offenheit, sich inspirieren zu lassen. Ich bin z.B. großer Fan von Alicia Keys und einmal wollte ich eigentlich nur einen bestimmten Song von ihr lernen. Zuerst besorgte ich mir die Noten, und habe am Klavier einfach so herumprobiert. Das Riff hat beim Spielen ein komplettes Eigenleben entwickelt, und ich habe dann spontan daraus einen eigenen Song verfasst. Das war ein Zufallstreffer, aber trotzdem ist es mein Ziel, ständig Songs zu schreiben. Songs schreiben ist wie ein Muskel, den man regelmäßig trainieren muss.
Welche Instrumente hast du als Kind bzw. Jugendliche gelernt?
Elke Galvin: Ich habe Klavier gelernt, und auch etwas Gitarre. Aber nicht klassisch in einer Musikschule, sondern bei einem Blues-Gitarristen, den ich auch immer wieder live auf der Bühne erlebt habe. Ausgelöst durch mein jugendliches Anhimmeln von Paul McCartney damals, begann ich auch E-Bass zu spielen. Und Blockflöte lernt man als Kind ja eh sowieso. Das sind meine vier Instrumente und daneben habe ich auch immer gesungen.
Warst du zu dieser Zeit schon in einer Band?
Elke Galvin: Als ich vierzehn Jahre alt war, habe ich gemeinsam mit zwei anderen Mädchen einen Songwriter-Wettbewerb gewonnen. Mein Song „Sorry“ hat einem Jury-Mitglied so gut gefallen, dass wir als Preis einen Auftritt in Wien beim ORF angeboten bekamen.
„Dadurch dass ich zweisprachig aufgewachsen bin, war die englische Sprache für mich kein Hindernis.“
Du hast also schon in diesem Alter begonnen eigene Songs zu komponieren?
Elke Galvin: Nein, das habe ich schon weit früher gemacht. Ich bin sicher, dass ich meine ersten Songs schon so mit ca. acht Jahren komponiert habe. Dadurch dass ich zweisprachig aufgewachsen bin, war die englische Sprache für mich kein Hindernis.
Wie geht es mit Galvin´s Garden weiter? Arbeitest du derzeit an einem Album?
Elke Galvin: Ich arbeite ständig an einem Album [schmunzelt]! Dafür hole ich mir Hilfe von verschiedenen Leuten. Aktuell ist es vielleicht gar nicht so wichtig, unbedingt ein Album zu veröffentlichen, sondern es ist besser öfter Mal einzelne Songs zu releasen, weil sich das Musikbusiness in der letzten Zeit stark verändert hat. Ein einzelner Song kann die modernen Rankings teilweise mehr pushen als ein Album. Insofern hat sich mein Ziel bzw. mein Projekt ein wenig geändert, und dadurch verändern sich auch andere Parameter.
Was meinst du da genau?
Elke Galvin: Für mich bedeutet es als Folge der oben beschriebenen Entwicklung auch den ganzen Aufnahmeprozess zu ändern. Ich nehme jetzt vermehrt bei mir zuhause bzw. oder bei Freunden auf. Bei sich zuhause aufzunehmen ist günstiger als ein Studiotermin und hat den Vorteil, dass ich so lange an einem Song feilen bzw. weiter aufnehmen kann, bis es genauso klingt, wie ich will.
„Die viel zu geringe Entlohnung von Musiker:innen beim Streaming sollte zum Thema gemacht werden.“
Streaming ist derzeit ein großes Thema. Sind deiner Meinung nach CDs als Tonträger weiterhin wichtig oder eine aussterbende Gattung?
Elke Galvin: Ich finde, dass es prinzipiell nicht schlecht ist, CDs zu produzieren. Nach meinen Gigs kaufen die Leute immer ein paar CDs, um die Musik z.B. im Auto zu hören. Trotzdem ist Streaming aktuell das neue CD-Hören, daran gibt`s überhaupt keinen Zweifel. Ich glaube aber, das Publikum hat das Interesse an der Musik nicht verloren und ist auch bereit, dafür Geld auszugeben. Die viel zu geringe Entlohnung von Musiker:innen beim Streaming sollte aber zum Thema gemacht werden und es sollte neben Streaming auch noch andere Kanäle zur Veröffentlichung von Musik geben.
Hast du einen Lösungsansatz für diese Situation?
Elke Galvin: Ich denke, für Musiker:innen ist es aktuell wichtig, mehrWissen über die ganzen unterschiedlichen Verwertungsgesellschaften zu sammeln. Da geht es um Fragen wie: Wer deckt da was ab, wer ist für was zuständig oder wo kann man noch dazukommen, um zusätzliche Einnahmen zu generieren? Welche Rechte sind z.B. durch die AKM-Mitgliedschaft abgedeckt und welche nicht? Wer bezahlt für die Online-Verwertung von Songs? Das ist alles eine relativ komplexe Geschichte, aber ich bin gerade dabei, mich in das Thema einzulesen bzw. mehr darüber zu lernen. Ich würde z.B. auch gerne besser verstehen wie die ganzen Algorithmen bei Spotify, YouTube etc. funktionieren? Streaming, so wie es jetzt ist, ist zwar für die User angenehm, aber nicht für die Künstler:innen selbst. Ich denke und hoffe, dass bald Prozesse ins Laufen kommen sollten, um das nachzubessern.
Du veranstaltest in der letzten Zeit regelmäßig Songwriting-Workshops für Kinder und Jugendliche. Wie läuft so ein Workshop ab?
Elke Galvin: Ich mache Workshops für Kinder, aber auch für Teenager. Das ist momentan überraschend gut gebucht und es macht viel Spaß, weil es heutzutage recht einfach ist, mit ein wenig Anleitung die Grundbegriffe des Songwriting zu vermitteln. Mit der jüngsten Altersgruppe erarbeite ich z.B. erstmal die grundlegenden Basics. Bei den älteren Kindern geht es schon um Rhythmik und Takte oder welche Akkorde beim Komponieren am besten zusammenpassen. Die Teenager haben dann meistens schon eigene Texte mit, die man vielleicht noch ein bisschen umschreiben muss bzw. wo am Englisch arbeiten kann. Es geht bei den älteren Kindern auf jeden Fall schon mehr um die eigene künstlerische Identität.
Ein Aspekt von Galvin´s Garden, der mir persönlich sehr gut gefällt, ist dass du für jeden absolvierten Gig in deinem Garten einen Baum pflanzt. Ist Klimaschutz generell für dich ein wichtiges Thema?
Elke Galvin: Auf jeden Fall! Es gibt in meinem Garten jetzt echt schon eine ganze Anzahl von Bäumen, die aufgrund von absolvierten Live-Shows von Galvin´s Garden gepflanzt wurden. Ich schaue auch, dass ich wenn es irgendwie möglich ist, öffentlich zu meinen Gigs anreise, da ich eh nicht so viel Equipment habe. Das Klimathema ist eine Querschnittmaterie, und darunter verstehe ich, dass sich das Thema durch alle anderen Lebensbereiche durchzieht. Wenn ich z.B. nicht Musikerin sondern Malerin wäre, müsste ich mir in diesem Bereich überlegen, wie ich zum Klimaschutz beitragen kann. Das Schöne am Pflanzen von Bäumen ist, dass es was ganz Einfaches ist, was aber nachweislich für den Klimaschutz einen großen Effekt hat. Ich spende auch gerne für Pro Klima-Organisationen, aber beim Baumpflanzen kann ich selbst etwas tun, was Sinn macht.
Herzlichen Dank für das Interview.
Robert Fischer
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Galvin´s Garden live:
16.06.2023 Café Seerose am Aichwaldsee, Unteraichwald 18h
14.07.2023 Songwriting Workshop (Kinder), St. Veit a.d. Glan 17 30h
06.09.2023 Hauptplatz, St. Veit a. d. Glan feat. special guest Emeline 17 30h
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