„Es geht ja darum, dass man für das brennt, was man macht …“ – VERENA TRANKER im mica-Interview

Sie steht noch ganz am Beginn ihrer Karriere – und hat trotzdem schon viel Aufsehen erregt: Die Sopranistin VERENA TRANKER gewann beim internationalen Wettbewerb „200 JAHRE STRAUSS MUT – SPECIAL EDITION“ den zweiten Preis und zwei Sonderpreise sowie Engagements. Man wird sie im kommenden Jahr beim Johann Strauss Festival sehen, auch für das MusikTheater an der Wien wurde sie in Folge des Wettbewerbs engagiert. Im Gespräch mit Theresa Steininger spricht sie über ihre Nervosität ebenso wie über das Gefühl, auf der Bühne zu Hause zu sein.

Was hat Sie dazu bewogen, sich für den Wettbewerb „200 JAHRE STRAUSS MUT – SPECIAL EDITION“ des Staatstheaters am Gärtnerplatz München und des MuTh anzumelden, bei dem Sie dann so erfolgreich waren?

Verena Tranker: Ich habe mich sehr spontan zur Teilnahme entschlossen, weil ich mich zwar derzeit für mehrere Wettbewerbe vorbereite, aber vor allem auf solche zu Oper konzentriert bin. Sehr kurzfristig habe ich dann doch entschieden, eine Aufnahme zu machen. Ich habe „Frutti di mare!“ aus „Eine Nacht in Venedig“ und „Spiel ich die Unschuld vom Lande“ aus der „Fledermaus“ eingesandt – und prompt kam die Einladung zum Wettbewerb. Bei den Vorrunden war ich sehr nervös – das war mein bisher höchstes Nervositätslevel, kann man sagen. Denn ich dachte darüber nach, wer aller in der Jury sitzt, welche wichtigen Häuser in dieser vertreten sind und was ein gutes Auftreten und Abschneiden für meine weitere Karriere bedeuten könnte.

Wie konnten Sie sich beruhigen und wie haben Sie sich während des Wettbewerbs gefühlt?

Verena Tranker: Ich fand es wunderschön, dass wir auch schauspielerisch gefordert waren und nicht ausschließlich Arien präsentierten, sondern auch in der zweiten Runde des Semifinales mit dem Intendanten und Regisseur des Gärtnerplatztheaters München, Josef E. Köpplinger, ein wenig an der jeweiligen Rolle arbeiten konnten. Insgesamt war das Feeling ein sehr angenehmes, es war alles sehr gut organisiert, was auch Sicherheit gibt. Und selbst, wenn es darum ging, sich zu beweisen, war das Klima unter den Kolleginnen sehr respektvoll und freundlich. Jede wollte einfach ihr Können zeigen. Das Finale in Wien fand ich dann besonders schön, wir haben ja dabei auch mit Orchester gearbeitet. Und ich habe gemerkt: Diese Freude, die ich hier beim Erarbeiten und Auftreten gespürt habe, möchte ich mir immer behalten, wenn ich auf der Bühne stehe – auch, wenn Druck da ist. Es geht ja darum, dass man für das brennt, was man macht – und mit dieser inneren Freude gelingt es mir, die Balance zu finden. Ich habe auf der Bühne auch gespürt, wie begeistert das Publikum war, weil ich so frei und wie „auf der Bühne zu Hause“ sein konnte. Das gewinnt eine ganz eigene Dynamik und hat viel mit Geben und Nehmen zu tun. Es war beeindruckend, dies bei dem Wettbewerb so klar zu spüren. Das war eindeutig die schönste Erfahrung meiner noch jungen Karriere.

Was waren Ihre Gedanken, als die Preise verkündet wurden?

Verena Tranker: Man ist ja oft selbst nicht zufrieden mit sich, aber hier war ich es. Ich habe gespürt, dass ich etwas erreicht habe. Ich konnte an diesem Abend so richtig in der Rolle der Adele auf der Bühne aufblühen. Als dann die Preise verkündet werden sollten, dachte ich: Selbst, wenn es nichts wird, wäre ich nicht traurig, denn ich hatte für mich schon so viel gewonnen und ich war so erfüllt von dem Ganzen. Ich war dann doch überrascht, dass ich nicht nur den zweiten Preis bekam, sondern auch noch von Peter Heilker für das MusikTheater an der Wien und von Intendant Roland Geyer für das Johann Strauss Festival für Engagements nominiert wurde. Das kann man im ersten Moment gar nicht alles realisieren, gerade, da ich mich sowieso schon so erfüllt und belohnt gefühlt habe.

Beim Johann Strauss Festival 2025 in Wien werden Sie die Fantasca in „Indigo“ von Johann Strauss verkörpern, was gefällt Ihnen an dieser Partie?

Verena Tranker: Es ist eine wunderschöne Koloraturpartie, vom stimmlichen Charakter her ein bisschen wie Adele in der „Fledermaus“, die ich ja auch auf einer Tournee der Neuen Operette Wien im Januar 2025 singen darf. Fantasca ist eine starke Frau, die das Beste aus ihrem Schicksal macht. Hier ist nicht der Mann der Held, sondern sie. Sie ist es, die die Haremsdamen in die Freiheit führt. Wie die Operette ausgeht, verraten wir dann im Juni 2025. Mir gefällt, wenn gesellschaftlich wichtige Themen in eine Aufführung eingebracht werden können.

Sie studierten an der mdw–Universität für Musik und darstellende Kunst Wien auch Gesangspädagogik. Welchen Einfluss hat das auf Ihr Wirken?

Verena Tranker: Ich habe erst spät mit Gesang begonnen, da war ich fast 19 Jahre alt. Zuvor hatte ich intensiv Flöte und Klavier gespielt. Aber schon als kleines Kind habe ich immer gerne gesungen – und habe schließlich auf Gesang gewechselt, auch, um mehr über mich selbst zu lernen und darüber, wie mein Körper und meine Stimme funktionieren. Mir war klar, dass andere in dem Alter schon viel konnten, aber ich dachte mir, ich übe viel und schaue, wohin mich meine Stimme führt. Bei der Aufnahmeprüfung für das Studium wurde ich dann für Pädagogik genommen und bin sehr froh darüber, weil ich viel über die Stimme lernen durfte. Ich habe dann rasch realisiert, dass ich, wenn ich junge Sängerinnen und Sänger für die Bühne vorbereiten will, genau das auch selbst erlebt haben muss. Und aus dem heraus wuchs die Entscheidung, dass ich nicht ausschließlich Pädagogik machen möchte, sondern auch herausfinden will, wie eine Karriere an einem Opernhaus möglich ist. Rasch passierte einiges, das mich in diesem Weg bestätigte – und das mir auch zeigte, dass ich es schaffen kann, sowohl gesanglich als auch mental, denn der Beruf fordert sehr viel Disziplin.

Da waren beispielsweise schon Auftritte im Musikverein Wien, im Burgtheater und als Stasi in der „Csárdásfürstin“ im Staatstheater Fürth, dem Theater Augsburg und dem Festspielhaus Worms im Rahmen einer Deutschland-Tournee der Neuen Operette Wien dabei …

Verena Tranker: Das Vorsingen für die Stasi war eines meiner ersten Vorsingen überhaupt, aber ich sagte mir: Du hast geübt, du hast ein paar Erfahrungen gemacht – und diese versuchte ich umzusetzen. Als es dann geklappt mit dem Engagement hat, wusste ich: Ich bin auf dem richtigen Weg. Zusätzlich habe ich angefangen, für Opern-Wettbewerbe Repertoire aufzubauen.

Welche Rollen liegen Ihnen dabei besonders?

Verena Tranker: Mozart steht auf jeden Fall ganz oben. Barbarina habe ich letztes Jahr gesungen, aktuell studiere ich mehrere Mozart-Partien, auch die Königin der Nacht. Die Partie der Blonde, Zerlina, Despina und irgendwann einmal Susanna oder eben die Königin der Nacht zu singen, wären ein Traum. Gleichzeitig liebe ich die Musik von Richard Strauss sehr, die Fiakermilli ist eine tolle Rolle, auch Zerbinetta. Und auch französische Opern schätze ich besonders, beispielsweise die Fee in „Cendrillon“. Generell mag ich, wenn Musiktheater Menschen in mystische Welten holt, dadurch sind mir auch Titania in „Midsummer Nights Dream“ oder auch Cunégonde in „Candide“ sehr nahe.

Sehen Sie Ihre Zukunft eher in der Operette oder in der Oper?

Verena Tranker: Unbedingt in beidem, ausschließlich Operette wäre mir zu wenig. Auch Liederabende studiere ich gerne ein, und das vielseitige Konzertrepertoire an Symphonien und Oratorien vom Barock an möchte ich ebenfalls nicht missen.

Wo sehen Sie sich in den nächsten Jahren?

Verena Tranker: Am liebsten an einem Mehrspartenhaus, in dem ich alle meine Stärken ausspielen und mir ein umfassendes Repertoire aufbauen kann. Gleichzeitig bin ich sehr offen für alle Angebote, die kommen und mich verschiedenste Rollen ausprobieren lassen. Und auch das Unterrichten bleibt eine Leidenschaft von mir.

Theresa Steininger

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Termine:

Scharoun Theater Wolfsburg, Deutschland
Die Csárdásfürstin
Freitag, 25. Oktober 2024

Theater an der Wien
Bravissimo! – Bravissimo!
25. Februar, 2. März, 1., 6. und 7. April, 9. und 11. Mai 2025

Dom St. Pölten
BACH – Meine Seele erhebt den Herrn, BWV 10
Sonntag, 8. Dezember 2024

Kultur- und Kongresszentrum Oberschwaben, Deutschland
Die Fledermaus
23., 26., 27., 28. und 29. Jänner 2025

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Verena Tranker