„Ego hat auf der Bühne nix verloren“ – SHARKTANK im mica-Interview

SHARKTANK (Katrin Paucz, Mile Lechner, Marco Kleebauer) sind in Österreichs Musikszene längst kein Neugeborenes mehr. Nach zwei Alben, einer EP und einer Debütsingle, die durch die Decke ging, lässt die Band ihre Songs nach wie vor einfach passieren. Kein Masterplan, keine kalkulierten Hits: Nur drei Menschen, die im Studio auf einen alten Synth drücken und abwarten, wohin er sie trägt. Das Album „3“ (VÖ: 12.09.2025) entstand in eben dieser Manier mit wenig Plan, aber viel Gefühl – und ist genau deshalb so gefährlich gut. Katrin Paucz und Mile Lechner haben im Café Kriemhild Katharina Reiffenstuhl zum Interview getroffen und sich über neue Sounds, alte Gewohnheiten sowie die ungewöhnlich unkomplizierte Dynamik zu dritt unterhalten.

Man kann sagen, ihr veröffentlicht eure Alben brav im 2-Jahres-Takt. Setzt ihr euch da selbst Ziele oder werden die einfach fertig, wenn sie fertig sind? 

Katrin Paucz: Also wir sind eigentlich immer “Wenn’s fertig ist, ist’s fertig”, wir machen uns da keinen Druck. Vor dem Album haben wir ja zwischendurch eine EP veröffentlicht, das war, weil wir einfach was in den Köpfen hatten, das rausmusste. Aber es ist nie so ein Vorhaben. Oder Mile, was sagst du?

Mile Lechner: Dieses Mal haben wir halt länger gebraucht als die letzten Male. Wir haben so gestartet, wie wir immer starten, einfach mal so drauf los. Dann hatten wir etwa nach vier Songs eine längere Pause, weil wir wieder ein paar Konzerte gespielt haben. Irgendwann sind wir dann draufgekommen, dass das doch nicht der Sound ist, den wir wollen. Da sind wir echt nochmal in uns gegangen, haben viel miteinander geredet und mehr oder weniger von neu begonnen bzw. alte Songs ganz neu gemacht, damit es dazu passt.

Katrin Paucz: Das haben wir auch noch nie gehabt, dass wir so einen konkreten Plan hatten. Die erste zündende Idee war, dass wir total räumliche Drums haben wollten. Dann haben wir diese besagten vier Songs gemacht, nach einer längeren Pause nochmal reingehört und waren so “Hmm, vielleicht doch nicht das Gelbe vom Ei”. Trotzdem war es nicht so, dass wir ein Konzept hatten.

Albumcover "3"
Albumcover “3”

Euer Album heißt „3“. Eh klar, es ist das 3. Album, aber wieso ist es diesmal so ein simpler Name geworden?

Katrin Paucz: Ich glaube, es ist ein bisschen eine Reaktion auf die EP, die wir veröffentlicht haben, die ja total eklektisch und hyper war. Das wiederum war komplett das Gegenteil von den ersten beiden Alben, die wir gemacht haben. Vielleicht war es einfach eine Reaktion auf diese beiden Extreme – man macht einfach mal schlicht auf den Punkt gebracht, was man sagen will.

Die Simplizität spiegelt sich auch im Artwork wider. Ein ordentlicher Kontrast, wenn man sich die der letzten Alben anschaut.

Katrin Paucz: Es ist nicht so, dass wir uns distanzieren wollen von den letzten Alben, aber es soll einfach klar eine neue Era einleiten. Das schafft man gut, indem man visuell zeigt, dass es anders ist als davor. Es ist einfach eine Fortsetzung der EP, die auch vom Artwork schon anders war. Jetzt haben wir es eben noch simpler gehalten. 

Hat das etwas im musikalischen Prozess verändert?

Katrin Paucz: Es ist trotzdem sehr intuitiv gewesen. Was mir aufgefallen ist, ist, dass wir uns auf so drei, vier Instrumente beschränkt haben. Es haben alle Songs auf dem Album mit diesem Yamaha CS Synth angefangen, den habe ich mir irgendwann mal gekauft und eine Zeit lang damit rumgespielt. Lustigerweise hat Marco den auch im Studio, darum war das wirklich der Ausgangspunkt von jedem Song. Ich würde nicht sagen, dass wir ein Konzept hatten, aber wir haben den Rahmen auf jeden Fall abgesteckt.

Ihr macht jetzt doch schon länger gemeinsam Musik, jede Person bringt musikalisch bei euch was ganz Eigenes mit. Mag man sich da noch gern nach 5 Jahren?

Mile Lechner: Muss ich diese Fragen beantworten? (lacht) Nein, natürlich mögen wir uns noch. Wir ergänzen uns einfach gut, darum machen wir auch Musik miteinander. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Ecken, deswegen war es immer interessant für uns, miteinander zu arbeiten. Am Anfang war es noch nicht so klar, wie die andere Person tickt, aber mittlerweile kennen wir uns schon so gut und es funktioniert einfach. Manchmal reden wir gar nicht wirklich miteinander und es kommen trotzdem Ideen zustande. Auch, wenn Katrin und ich Texte schreiben, ist es manchmal super weird: Wir hören nur den Sound, jeder schreibt für sich einen Text, dann zeigen wir uns die Texte und sie passen thematisch super gut zusammen. Keine Ahnung, wie das genau funktioniert, ob das von der Musik kommt, dass wir dann ähnliche Emotionen spüren. Aber es funktioniert alles recht intuitiv miteinander und macht immer noch Spaß. Musik machen macht immer Spaß, Deadlines machen halt keinen Spaß.

„ES IST VOLL INSPIRIEREND, WENN JEDER AUS EINER ANDEREN ECKE KOMMT“

Das bedeutet aber, dass ihr nie Schwierigkeiten aufgrund eurer unterschiedlichen musikalischen Zugänge habt – das ist einfach nur eine perfekte Ergänzung?

Katrin Paucz: Es ist sogar das Gegenteil, es ist voll inspirierend, wenn jeder aus einer anderen Ecke kommt. Das macht einfach unser musikalisches Spektrum viel breiter.

Mile Lechner: Es macht aber auch Sinn, dass wir 3 sind – so wie unser Album heißt – weil es eine ungerade Zahl ist, und das hilft immer bei der Entscheidungsfindung. Wenn zwei Leute eine Idee super cool finden und eine Person vielleicht nicht, dann sind wir offen genug zu sagen “Ich vertrau’ euch”. Wohingegen, wenn wir jetzt zu zweit oder zu viert wären, könnte das zu längeren Diskussionen führen. Zufälligerweise macht die Konstellation viel aus, dass wir genau diese Zahl sind.

Gibt es bei irgendwem von euch einen musikalischen Kontrollzwang, der immer irgendwie durchgesetzt werden muss?

Katrin Paucz: Hätte ich jetzt noch nie so erlebt. Aber vielleicht bin’s ich. (lacht) Ich glaube, wir gehen alle immer total offen in Studio-Sessions rein. Wenn eine Idee gut ist, muss man manchmal bisschen dafür kämpfen, aber wir haben nie das Gefühl, dass wir irgendwas beweisen müssen.

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Man merkt bei euch, dass ihr nicht wirklich Genregrenzen habt bzw. euch die nicht unbedingt setzen wollt. Gibt es irgendwie Schubladen, in die man euch steckt? Welche nervt euch am meisten?

Katrin Paucz: Irgendwer hat mal geschrieben “Rock im Lo-Fi-Pop-Mantel”. Das ist irgendwie lustig. Man wird halt manchmal ein bisschen auf “Washed Up” reduziert, weil die Leute denken, dass das so repräsentativ ist. Aber ehrlicherweise machen wir uns da nicht so einen Kopf drüber. 

Washed Up war euer erfolgreichster Song, 5 Jahre ist das her. Hat man manchmal Druck, dass man wieder irgendwas produzieren muss, das so erfolgreich wird?

Mile Lechner: Hin und wieder reden Menschen darüber, fragen “Warum macht’s ihr nicht nochmal sowas?”. Wir denken uns dann, wir haben das eh schon mal gemacht, und man muss es ja auch irgendwie fühlen und live gut rüberbringen können. Wenn du immer den gleichen Song vom Vibe her spielst, macht es irgendwann auch keinen Spaß mehr. Es gibt so viel, was man machen kann. Musik muss einfach Spaß machen. Wenn man es nur mehr auf der Schablone machen würde, um etwas zu reproduzieren, dann macht man es aus den falschen Gründen.

Vom Gefühl her seid ihr mittlerweile musikalisch auch recht weit weg davon.

Katrin Paucz: Ja, schon.

Mile Lechner: Es ist schon was anderes. Wir distanzieren uns jetzt nicht bewusst davon und wissen schon, wie wichtig der Song für uns ist und dass er sehr viel für uns losgetreten hat. Das ist halt eben auch der Song, den die meisten Leute mitsingen, wenn du ihn live spielst. 

Spielt ihr ihn noch gerne?

Mile Lechner: Schon, er ist meistens eher gegen Ende dran und es ist immer ein cooler Moment mit den Leuten, weil du merkst, wie sie es fühlen. Es ist org zu sehen, wie Leute einfach deine Texte auswendig können. Die catcht das zu 100%, was schön zu erleben ist, weshalb wir ihn gerne spielen.

Katrin Paucz: Es ist ja auch so, irgendwann, sobald der Song rauskommt, ist er nicht mehr deins. Das ist für die Leute. Ego hat auf der Bühne nix verloren.

„MAN WEIß IMMER, WO MAN HERKOMMT, EGAL, WO MAN HINGEHT“

Dieses Jahr spielt ihr eure ersten Headlineshows in London, Paris und Amsterdam. Ist das ein Meilenstein für euch, macht das einen Unterschied?

Katrin Paucz: Ich find’s schon sehr special und ich freue mich schon extrem drauf. Wir haben natürlich darauf hingearbeitet, dass wir irgendwann mal dort spielen können. 

Mile Lechner: Wenn du englischsprachige Musik machst, ist es schon ein Wunsch, mal woanders zu spielen. Man weiß immer, wo man herkommt, egal, wo man hingeht. Es ist schon auch immer besonders, in Österreich zu spielen. Mir kommt vor, die Leute reagieren in anderen Kulturen ganz anders auf unsere Musik. In manchen Ländern sind die Leute befreiter, in manchen sind sie fokussierter. Man steht da oben auf der Bühne, performt und kann das beobachten. Gleichzeitig siehst du natürlich auch verschiedene Länder, die Musik bringt dich an Orte, an die du sonst vielleicht nie gekommen wärst. Das ist schon extrem lässig.

Bild der Band Sharktank
Sharktank © Tilman Kerber

Was macht die österreichische Crowd aus? Wenn man das pauschalisieren kann – was man vermutlich eh nicht sollte.

Katrin Paucz: Das kommt voll aufs Bundesland an.

Mile Lechner: Ja voll, oder aufs Festival. Es gibt in Österreich Festivals, wo die Leute komplett durchdrehen, wo du dir denkst “Oida, chill”. Dann gibt es wieder Orte, wo die Menschen eher observierend sind. Damit gehen wir aber sehr entspannt um, jedes Publikum tickt anders. Nicht jeder hat Bock, Party zu machen oder zu tanzen, viele kommen einfach nicht so aus sich raus. In Österreich haben wir auf jeden Fall die Fanbase, die wir von Anfang an hatten. Du siehst immer wieder Leute, die schon beim ersten Konzert dabei waren. Mittlerweile siehst du die auch beim fünften Konzert, redest mit denen und sie erzählen dir, sie haben uns schon in Graz, St. Pölten und Wien gesehen. Da hat man dann schon eine Connection zu gewissen Leuten. Man sieht, dass ihnen die Musik viel bedeuten muss, sonst würden die nicht zu so vielen Konzerten kommen. Andere Länder sind da meistens noch ein bisschen unerforscht und man weiß nicht was einen erwartet: Kommen dort 5 Leute? Kommen dort 10 Leute? Kommen 500? Oder kommt niemand?

„WIR FEATUREN UNS GEGENSEITIG“

Es gibt keine Features mit euch – ist das grundsätzlich nichts, wo ihr euch seht?

Katrin Paucz: Persönlich schließe ich es jetzt nicht aus. Wenn es eine Person ist, die wir extrem cool finden und es sich natürlich ergibt, why not. Aber ich finde, Feature hat einfach momentan irgendwas ganz Weirdes, weil viele das als Boost für ihren Spotify-Algorithmus verwenden. Wenn’s wirklich passt, dann okay, aber nur um monatliche Hörer von wem abzukupfern, weiß ich nicht.

Mile Lechner: Wir featuren uns gegenseitig. 

Katrin Paucz: Wir haben zwei Vokalisten. Wie viele brauchen wir noch? (lacht)

Wann habt ihr gewusst: Wir funktionieren musikalisch zusammen?

Katrin Paucz: Eigentlich ab dem ersten Moment, ab der ersten Studio-Session. Da war ich noch nicht einmal in der Band. Die Musik hat schon existiert, ich habe dann einfach eine Melodie drübergesungen und ich habe es noch nie so einfach gehabt, dass Sachen aus mir rauskommen. Und das hat immer wieder funktioniert, anfangs dachte ich noch, das ist vielleicht einfach Glück.

Mile Lechner: Ich war bei der ersten Studio-Session, wo Katrin dabei war, gar nicht da. Wir haben den Song gemacht, Marco fragt Katrin, Katrin singt den Song, Marco schickt ihn mir, klingt super gut. Marco hatte dann die Idee, da gleich eine Band draus zu machen. Wir haben uns gedacht „Das klingt gut“, er hat sich gedacht „Das muss eine Band werden“. Aber so immediately. (lacht) Wir haben uns ja erst kennengelernt bei der zweiten Session.

Das heißt, ihr hattet einen gemeinsamen Song, bevor ihr euch überhaupt persönlich gekannt habt?

Mile Lechner: Ja, genau. Musikalisch hat es sofort funktioniert, ich habe mich halt gefragt, ob es menschlich funktionieren wird. Aber es war von Anfang an chillig miteinander.

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Mile, du hattest eigentlich ein Soloprojekt vorher. Hast du das für SHARKTANK aufgegeben?

Mile Lechner: Nein. Ich habe Solomusik gemacht, hatte dann aber eine längere Pause. Es hat mir irgendwie nicht mehr getaugt, ich habe keinen Sinn mehr darin gesehen, es war mir zu stressig. Marco hat mich dann nach längerer Zeit gefragt, ob ich Lust hätte, was gemeinsam zu machen. Ich dachte mir “Schau ma’ mal”, ich hatte halt wenig Zeit. Ich bin aber froh, dass wir das dann gemacht haben. Mit ihm Musik zu machen war genau so, wie ich es mir vorstelle: Dass du reingehst, dass jeder fokussiert ist und dass es einfach Spaß macht. 

Katrin Paucz: Es funktioniert alles.

Mile Lechner: Genau, dass man etwas hat, wo alle Seiten zufrieden sind. Das hatte ich davor nicht immer. Davor war es teilweise voll zach, man macht Sessions, danach dauert alles ewig und die andere Person hat komplett andere Vorstellungen als du. Bei SHARKTANK habe ich dann realisiert, dass Musikmachen doch wieder Spaß machen kann. 

„WIR SIND GEWOHNHEITSTIERE“

Wie kommt man zu dem Namen SHARKTANK, also übersetzt “Haifischbecken”?

Mile Lechner: Wie man halt so brainstormt. (lacht) Wir haben dem halt eine tiefere Bedeutung gegeben, indem wir gesagt haben: “Das Musikbusiness ist ein Haifischbecken, wir sind im Haifischbecken und versuchen, da als kleiner Fisch durchzuschwimmen und irgendwie zu überleben”. Wir nehmen uns da jetzt nicht zu groß, uns ist’s halt ein biss’l wurscht, was passiert. 

Katrin Paucz: Es klang auch einfach cool.

Mile Lechner: Das war der ausschlaggebende Punkt. Bei uns ist der Entscheidungsprozess meistens so “Ich hab’ das, ich hab’ das, ich hab’ das – ok, das klingt cool – na gut, jetzt heißen wir so”. Das sind Entscheidungen, die dauern fünf Sekunden.

Ein Album und eine Headlinertour sind eh schon einiges für das Jahr 2025. Was sind Ziele für 2026?

Katrin Paucz: Geile Festivals spielen, schreiben, ins Studio zurückgehen. Den Zyklus wiederholen. The life of a band.

Mile Lechner: Wir sind Gewohnheitstiere. 

Katrin Paucz: Irgendwann kommt dann das Album “4”.

Dann bis in zwei Jahren!

Katharina Reiffenstuhl

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