
Bei einer solch hochkarätigen Zusammensetzung kann man vermutlich nur eines mit Gewissheit sagen. Und zwar, dass eine wirklich exakte Voraussage, in welche musikalische Richtung dieses bunt zusammengewürfelte Quartett musikalisch zu gehen gedenkt, nahezu unmöglich ist. Durch die Bank handelt es sich hier um Künstler, die in ihren Arbeiten fernab herkömmlicher Stildefinitionen agieren und deren musikalische Ansätze vorwiegend einen höchst experimentellen Charakter aufweisen. Angetrieben von der Neugier nach dem Neuen beschreiten sie Pfade, die bislang noch nahezu unerforscht und ungehört geblieben sind.
Man nehme nur Helge Hinteregger (Flugfeld) als Beispiel, der sich, genauer genommen seinen Kehlkopf zu einem Klangerzeuger umfunktioniert. Selber bezeichnet er seine Technik als „throatmusic“. Über ein selbst entwickeltes Mikrofon, das außen am Kehlkopf montiert ist, werden die Geräusche abgenommen. Das Signal wird danach über digitale Touchpads live bearbeitet. Auf diesem Weg entstehen solcherart ungewöhnlich bizarre Klangwelten, wie man sie im musikalischen Kontext nur selten davor gehört hat.
Was Hinteregger mit seinem Kehlkopf zu Stande bringt, schafft Martin Siewert mit seiner Gitarre. Schon vor langer Zeit hat sich der Musiker vom klassischen Jazzgitarrenspiel verabschiedet, um sich Wege zu neuen Ausdrucksmöglichkeiten zu eröffnen. Was Siewert heute zelebriert, ist der Bruch mit traditionellen Hörgewohnheiten sowie die stete Weiterentwicklung von individuellen Klangwelten, die sich von jeglichen Stilbegrifflichkeiten abkoppeln und gleichermaßen in der improvisierten, komponierten, der akustischen und elektronischen Musik funktioniert.
Komplettiert durch den Schlagzeuger Bernd Breuer und den Gastgeber Lukas Kranzelbinder, ist an diesem Abend ein musikalisches Quartett am Start, dass in der Tat dazu befähigt ist, Begriffe wie Improvisation oder Avantgarde, um weitere Facetten zu erweitern, diese einer neuen Bedeutungsebene zuzuführen. Bei solchen Vorzeichen können die BesucherInnen einem höchst abwechslungsreichen Konzertabend entgegenblicken. Wer also Musik abseits herkömmlicher Konventionen präsentiert bekommen will, sollte sich das Konzert im Blue Tomato auf keinen Fall entgehen lassen. (mt)