"Das Cello ist mein ganz persönliches Ausdrucksmittel" – LUKAS LAUERMANN im mica-Porträt

Der regelmäßig mit Lobeshymnen überhäufte Cellist LUKAS LAUERMANN gehört ohne Zweifel zu Österreichs Ausnahmemusikern mit internationaler Strahlkraft. Die schier unüberschaubaren Kollaborationen mit KünstlerInnen unterschiedlicher Genres in den Bereichen Musik, Theater, Film und Klangkonzeption zeugen von seiner Arbeit als „Österreichs oberster Pop-Cellist“. Markenzeichen ist dabei stets sein sensibel-melancholisches Spiel. Für Ende 2015 ist der erste Solo- Release geplant –  Anlass genug, um LUKAS LAUERMANN einmal mehr ins Rampenlicht zu rücken.

„Als Kind in Stockerau war er schweigsam und schaute immer ernst.“

1985 in Stockerau geboren, begann Lukas Lauermann im Alter von sechs Jahren, an der Musikschule Klavier zu spielen. Einen wesentlichen Einfluss in dieser Zeit spielte dabei sein Vater, der Pädagoge und Komponist zeitgenössischer klassischer Musik war und ist. Ab 1995 gesellte sich das Violoncello hinzu, dem sich Lukas Lauermann bis zu seinem Maturaabschluss 2003 intensiv widmete. Künstlerisch ebenso prägend war ein Besuch im Salzburger Marionettentheater, infolge dessen er sich über Jahre intensiv mit dem Bau und Spiel von Figurentheater beschäftigte, selbstständig, aber auch als Mitglied zweier Theater. Die Faszination für darstellende Kunstformen hält bis heute an. Seine Zeit an der Musikschule sieht er eher ambivalent und kritisiert vor allem den Stellenwert der zeitgenössischen österreichischen Musik: „Ich war immer sehr verwundert darüber, dass in den Musikschulen von der Grundeinstellung her die österreichische Musik [der Gegenwart] nichts wert war.“ Dies konnte ihn jedoch nicht davon abbringen, die Laufbahn eines Musikers einzuschlagen. Nach einjähriger Vorbereitungsphase war die Aufnahmeprüfung an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien geschafft. Von 2004 bis 2011 studierte Lukas Lauermann Musikerziehung und Instrumentalmusikerziehung und von 2005 bis 2013 Instrumental- und Gesangspädagogik mit Hauptfach Violoncello. 2011 folgte ein Meisterkurs in Neuer Musik an der impuls academy des Klangforums Wien. Und 2014 schloss Lukas Lauermann den Masterlehrgang „Musikvermittlung“ an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz ab.

Wie sich bereits in der Musikschule abgezeichnet hat, genoss die zeitgenössische österreichische Musik, sei es jetzt „Klassik“ oder Pop, an der Universität ebenfalls ein Schattendasein, was Lukas Lauermann klar kritisiert. Schon seit frühen Studienjahren selbst Lehrer an der Musikschule Prinzersdorf und bei Ensemble- und Orchesterkursen für Kinder und Jugendliche will Lukas Lauermann seinen SchülerInnen gegenüber offener auftreten und auch der Musik der Gegenwart einen höheren Stellenwert beimessen. Wesentlich erscheint ihm dabei, heutzutage einen stilistisch uneingeschränkten Blick auf die Musik, ungeachtet der Tradition des Instruments, in den Vordergrund zu stellen.

Der Weg zu Pop, Indie und Ambient

Trotz rauem Gegenwind seitens der heimischen Medienlandschaft hat sich Lukas Lauermann abseits seines Lehrerdaseins in mühevoller Kleinarbeit national wie international einen klingenden Namen als ungemein vielfältiger Musiker erarbeitet. Sein unverkennbarer melancholischer, ja stellenweise sogar düsterer Sound, der jedoch stets auf der Auseinandersetzung mit Thematik oder Stil basiert, hat ihm bereits viel beachtete Kollaborationen eingebracht. „Das Cello ist mein ganz persönliches Ausdrucksmittel. Als Musiker sehe ich es als meine Pflicht, mich mit der Welt, die mich umgibt, und den Menschen, die in ihr leben, auseinanderzusetzen. Den Anlass für große Fröhlichkeit und zur Selbstaufgabe in Oberflächlichkeiten sehe ich da oft nicht, was mich wohl zumeist in schwere, tief gehende Klangwelten führt. Mein Wesen tut zudem noch das Seine dazu.“ Eines seiner ersten Projekte war die Zusammenarbeit mit der Indie-Rock Band A Life, A Song, A Cigarette. „Damals kam ich gerade als Student nach Wien. Die Idee, in einer Band zu spielen, hat mich immer fasziniert. In ,Puls TV‘ haben A Life, A Song, A Cigarette ein Interview gegeben. Da ließen sie fallen, dass sie gern ein Cello dabei hätten. Daraufhin habe ich mich gemeldet. Später habe ich erfahren, dass sie das eigentlich nicht ganz ernst gemeint hatten. Ich bin dann doch irgendwie hineingerutscht.“

Aber auch seine weiteren vergangenen und aktuellen Projekte aus dem  Pop-, Rock-, Indie-, Ambient-, Klangcollage-, elektroakustischem und Improvisationsbereich zeugen von Lukas Lauermanns herausragenden Qualitäten. So etwa die Zusammenarbeit mit Soap&Skin, Mimu, Nino aus Wien, Ritornell, Marilies Jagsch, Sleep Sleep, The Twentieth Century oder auch Auftritte mit dem amerikanischen Sänger und Songwriter Mark Lanegan, um nur ein paar wenige zu nennen. Dem noch nicht genug, kommt auch die Jazz- und Weltmusikecke nicht zu kurz. Mit dem Alp Bora Quartett, bei dem er 2006 bis 2014 Mitglied war, und aktuell den Donauwellenreitern kann Lukas Lauermann auch hier mit zwei angesagten Formationen aufzeigen. „Jedes der Projekte, von denen ich ein Teil sein darf, stellt eine Abwechslung zu den jeweils anderen dar. Ich liebe und pflege Vielfalt und will sie auch fördern. In der Musik, der Kunst allgemein, unter Menschen, in der Gesellschaft. Grenzen nehmen einfach nur Platz weg. Auf der Landkarte, aber vor allem auch im Kopf.“

Es ist ganz klar, dass diese Vielzahl an Projekten eine enorme Konzerttätigkeit mit sich bringt. So war Lukas Lauermann u. a. bereits in China, Taiwan, Singapur, Malaysia, Jordanien, Iran, Kanada, der Türkei und zahlreichen europäischen Städten zu hören. Ganz zu schweigen von den unzähligen CD-Veröffentlichungen dieser Formationen, die von Lukas Lauermanns Handschrift zeugen.

Theater, Filme, Klang-Performances und Auszeichnungen

Abseits seiner Bandprojekte widmet sich Lukas Lauermann mindestens ebenso intensiv seinen kompositorischen Fähigkeiten, schreibt Musik für Theater, Filme und Klangimprovisationen und spielt bei Performances von KünstlerInnen verschiedener Gattungen wie Bree Zucker, Sandra Gugic, Salvatore Viviano, oder etwa dem Kollektiv Gelatin.

Der enorme künstlerische Output bleibt natürlich nicht unbeachtet. So kann Lukas Lauermann zu Recht bereits mehrere angesehene Ehrungen sein Eigen nennen, wie etwa den Deutschen Medienpreis „Leopold“ als Koautor für das Kinderhörbuch zur Musik Olivier Messiaens  „Der Zaunkönig und die silberne Flöte“ 2013, den Jurypreis des Ö1-Hörspielwettbewerbs „Track 5“ mit dem Kurzhörspiel „Häcking“ in Kooperation mit Mimu Merz 2014 und das Startstipendium des BM:UKK ebenfalls 2014.

„Österreichs oberster Pop-Cellist“

Oft auf die Fülle seiner Projekte angesprochen, ist es Lukas Lauermann ein Anliegen, selbst dazu Stellung zu nehmen: „Immer wieder höre ich, dass die Fülle und die Vielfalt meiner Tätigkeit, schwer fassbar sind. Das kann ich mir von außen betrachtet auch gut vorstellen, entspricht aber meinem Bedürfnis, mich mit inhaltlich und musikalisch Wesentlichem auseinanderzusetzen. Ich will suchen, ich will ausprobieren, ich will Musik, die etwas zu sagen hat, und nicht Marketing, das über mich fantasiert! ‚Selbstbeweihräucherungsgetue’ nimmt zurzeit ja mitunter massiv viel Platz ein, aber wenn man sich weniger damit beschäftigt, das bisschen, das man produziert, mit heißer Luft aufzublasen, ist für sehr vieles sehr viel Spannenderes ausreichend Zeit. Wenn diese Einstellung einen zu ‚’Österreichs obersten Pop-Cellisten’ macht, kann ich mich damit anfreunden. Nur aufgrund der Gewissheit aber, lediglich einer von zum Glück vielen Musikerinnen und Musikern zu sein, auf die das zutrifft.“

Und wie geht es weiter …?

In der kommenden Spielzeit startet Lukas Lauermann vom Volkstheater aus eine neue Konzertreihe in der Roten Bar, die er selbst kuratieren wird. Titel der Reihe ist „HÖRKONTAKT“. Zwei stilistisch scheinbar sehr unterschiedliche Bands und KünstlerInnen werden dabei einmal im Monat zu einem gemeinsamen Konzertabend zusammengebracht. Mit A Life, A Song, A Cigarette ist ein neues Album im Entstehen, Produktionen mit Ritornell und Alex Miksch warten auf ihre Veröffentlichung, bald wird mit [Goubran] ins Studio gegangen und auch mit den neuen Projekten irgendetwas.schönes und Filament sind heuer noch Aufnahmen geplant.

Es bleibt nur zu hoffen, dass Lukas Lauermanns künstlerischer Output noch lange nicht versiegen wird. Wir sind auf jeden Fall auf den für 2015 geplanten Solo-Release sehr gespannt.
Georg Demcisin

Fotos Lukas Lauermann © Rosa Fuerpass

http://lauermann.tumblr.com/