Bernhard Gál: HÖRORTE | KLANGRÄUME – Eine transdisziplinäre Topografie installativer Klangkunst

„Bernhard Gál hat mit dieser Dissertation die Landkarten der Klangkunst erweitert. In seiner ‚Schlussbetrachtung werden Sachverhalte zusammengeführt, wie ich sie bisher in keiner wissenschaftlichen Veröffentlichung gesehen habe.“ [Martin Supper] Nun stellt der Klangkünstler und Musikwissenschaftler Bernhard Gál sein soeben erschienenes Buch Hörorte | Klangräume vor (wolke, Hofheim, Oktober 2022), in welchem sieben installative Klangkunstpräsentationen disziplinübergreifend diskutiert werden. An den vier Makrokosmos-Abenden im Jugendstiltheater im Rahmen von Wien Modern werden im Anschluss an die Vorstellung (ca. 22.00 Uhr) in kurzen Gesprächen unterschiedliche Aspekte des umfangreichen Forschungsprojektes behandelt. 

Werke der installativen Klangkunst werden durch die Charakteristik des Präsentationsortes sowie den Ausstellungstypus maßgeblich geprägt, sowohl in Bezug auf die angewandten künstlerischen und kuratorischen Gestaltungsstrategien als auch hinsichtlich der Öffentlichkeitswirkung und Rezeption der Arbeiten. Doch bisher behandelten nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen spezifische Präsentationen anhand von vor Ort erhobenen empirischen Daten. Die vorliegende Arbeit untersucht sieben klangkünstlerische Präsentationen mittels Methoden einer disziplinübergreifenden Feldforschung und zeigt exemplarisch auf, dass der wissenschaftliche Diskurs zu dem ‚Phänomen
Klangkunst‘ weder aus der Perspektive der Cultural Studies, der Kunstgeschichte oder der Musikwissenschaft allein geführt werden kann. Vielmehr erfordert die Auseinandersetzung mit installativen Klanggestaltungen, mit raum- und ortsbezogenen Klangphänomenen, mit kontinuierlichen bzw. non-linearen Zeitstrukturen sowie mit mehrmedialen Kunstwerken eine fortwährende Erweiterung des methodischen Apparates und angewandten Vokabulars im Sinne einer polyvalenten, ergebnisoffenen Transdisziplinarität.

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Die Literatur zur Klangkunst schwimmt immer noch ein wenig auf der Welle des Neuen und nicht gut Erfassbaren. In der Regel schrieben bisher profundere Texte zur Klangkunst Musikwissenschaftler*innen, Kulturwissenschaftler*innen und Medientheoretiker*innen. Dass nun ein Klangkünstler und Kurator der Klangkunst selbst ein wissenschaftliches Ruder in die Hand nimmt, dürfte möglicherweise eine neue Blickrichtung auf das Phänomen der Klangkunst aufzeigen. Auf 502 Seiten werden sieben ausgewählte Hörorte, ihre Entstehungsgeschichten, Konzeptionen, Rezeptionen, Kontexte, Befragungen, beteiligte Kunstschaffende et cetera beschrieben. Die Vielfältigkeit und die nicht in sich ruhenden Ausprägungen der Klangkunst spiegeln sich ausgezeichnet in Gáls Dissertation. Sie ist zunächst, im wörtlichsten Sinne, eine Fleißarbeit, was keineswegs negativ gemeint ist. Allein das Quellenverzeichnis zeigt auf, wie viel (systematische) Arbeit in dieser Untersuchung steckt. Bernhard Gál hat mit dieser Dissertation die Landkarten der Klangkunst erweitert. In seiner „Schlussbetrachtung” werden Sachverhalte zusammengeführt, wie ich sie bisher in keiner wissenschaftlichen Veröffentlichung gesehen habe. [Martin Supper]

Termine:
sirene 2022: MAKROKOSMOS I-IV
Vier Zyklen nach dem Zodiak von George Crumb

Dienstag, 22. November 2022, 19.30 Uhr 
Jugendstiltheater Wien / Wien Modern
Bernhard Gál im Gespräch mit Stefan Fricke

Donnerstag, 24. November 2022, 19.30 Uhr 
Jugendstiltheater Wien / Wien Modern 
Bernhard Gál im Gespräch mit Georg Weckwerth

Freitag, 25. November 2022, 19.30 Uhr
Jugendstiltheater Wien / Wien Modern 
Bernhard Gál im Gespräch mit Marie-Therese Rudolph

Sonntag, 27. November 2022, 19.30 Uhr
Jugendstiltheater Wien / Wien Modern 
Bernhard Gál im Gespräch mit Barbara Barthelmes

Bernhard Gál

Bild Bernhard Gál
Bernhard Gál (c) Bernhard Gál

Der 1971 in Wien geborene Komponist, Künstler und Musikwissenschaftler Bernhard Gál ist durch seine transdisziplinäre Arbeitsweise in den Bereichen zeitgenössische Musik, Installationskunst und Medienkunst gleichermaßen vertreten. Ein zentrales Anliegen seiner künstlerischen Arbeit sowie wissenschaftlichen Forschungstätigkeit ist die transdisziplinäre Auseinandersetzung mit Klangphänomenen. In intermedialen Installationen verbindet er Klang, Licht, skulpturale Elemente, Raumkonzepte und Videoprojektionen zu wahrnehmungsorientierten und oft ortspezifischen Kunstwerken. Er komponiert Musik für akustische Instrumente sowie elektroakustische Musik. Als (Laptop-)Musiker ist Gál auf fünf Kontinenten aufgetreten und hat mit zahlreichen Musikschaffenden der Elektronik- und Improvisationsszene gearbeitet.

Weitere Aspekte stellen künstlerische Zusammenarbeiten dar, u. a. mit dem Choreografen Christian Aichinger, dem Schriftsteller Róbert Gál, den bildenden Künstlerinnen Susana Gaudêncio und Mandy Morrison, der Architektin Yumi Kori, der Tänzerin Akemi Takeya und der Filmemacherin Emre Tuncer sowie Musikschaffenden wie Belma Bešlić-Gál, Kai Fagaschinski, Klaus Filip und Jennifer Walshe.

Nach Studien an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (Tonmeisterausbildung) und der Universität Wien (Musikwissenschaft) sowie einem einjährigen Aufenthalt in New York wandte sich Gál zunächst vorwiegend künstlerischen Aktivitäten zu. Seit 2006 leitet er das transdisziplinäre Festival ‚shut up and listen!‘ in Wien. 2006-07 lehrte er an der Universität der Künste Berlin. 2010-13 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Paris Lodron Universität Salzburg tätig. Seit Herbst 2020 ist er Lehrbeauftragter an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. 2021 wurde Gál mit einer Dissertation über installative Klangkunst im Doktoratsstudium ‚Wissenschaft und Kunst‘ an der Universität Mozarteum Salzburg promoviert. Wissenschaftliche Publikationen, Konferenzteilnahmen, Vorträge und Workshops, insbesondere zu Klangkunst und zeitgenössischer Musik.

Gáls Werke wurden in Konzerten, Ausstellungen, Installationen im öffentlichen Raum und Radioportraits international präsentiert, von Ensembles wie Alter Ego (Rom), CFMW (Taipeh), Kammerensemble Neue Musik (Berlin), Noamnesia (Chicago), OENM (Salzburg) und Phace (Wien) aufgeführt und zu internationalen Festivals eingeladen (u.a. Wien Modern; MaerzMusik Berlin; Sonambiente 2006 Berlin; Donaueschinger Musiktage; Nuova Consonanza Rom; MATA Festival New York; Soundfield Chicago; Mutek Montreal; Musicacoustica Beijing, FILE São Paulo). Seine Musik- und Klangkunstprojekte wurden mit verschiedenen Auszeichnungen bedacht (u. a. Karl Hofer-Preis Berlin 2001; Jahresstipendium des Berliner Künstlerprogramms des DAAD 2003; Theaterpreis Intercultural Accents, Wien 2003; Österreichisches Staatsstipendium für Komposition 2004 & 2016; NASOM-Award, Österreich 2005; Förderungspreis für Musik der Stadt Wien 2010), auf etwa 40 Tonträgern veröffentlicht und mit Katalogpublikationen und DVDs dokumentiert.

Buchcover HÖRORTE | KLANGRÄUME
Buchcover “HÖRORTE | KLANGRÄUME”

Bernhard Gál
HÖRORTE | KLANGRÄUME

Eine transdisziplinäre Topografie installativer Klangkunst
sinefonia DIGITAL #3, wolke, Hofheim, Oktober 2022
502 Seiten, 91 Farbabbildungen, pb., € 49.
ISBN 978-3-95593-503-0 | www.wolke-verlag.de
Eine Open-Access-Version des Buches ist ab Januar 2023 verfügbar.

Links:
Bernhard Gál
Bernhard Gál (mica-Datenbank)
wolke Verlag
sirene Operntheater