Wer „Little Hell” gehört hat und seitdem an nichts anderes mehr denken kann, weiß, was jetzt kommt: Das Album von ANKATHIE KOI ist endlich da. Es heißt „I Hate The Way You Chew” (Seayou Records) und ist von vorne bis hinten gespickt mit Disco-Hits und 80er-Knallern.
Und es gibt noch so viel mehr Positives, was man über dieses Album sagen kann. Angefangen mit der Dichte. Die zehn Songs à durchschnittlich drei Minuten ergeben eine knackige Länge für einen Longplayer. Aber so, wie auch die besten Punk-Alben nur eine kurze Verweildauer haben, gehört auch „I Hate The Way You Chew” zu den Platten, bei denen „in der Kürze liegt die Würze” absolut zutrifft. Die Lieder folgen alle einem roten Faden, ohne zu sehr miteinander zu verschwimmen. Im Klartext: Jedes Lied ist für sich eine kleine Perle, die aber an einer Kette trotz der verschiedenen Zeichnungen perfekt harmoniert.
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Es gibt Pop-Songs, Disco-Bomber und ruhige Momente. Und über allem schwebt die überirdisch gute Stimme von Sängerin Ankathie Koi, die vor Lebenslust nur so überzuquellen scheint. Gut, schon in ihren Fijuka-Zeiten wusste man, dass beide Frauen nicht nur Hammerstimmen haben, sondern auch genau wissen, wie sie sie perfekt in Szene setzen können. Die Musik von Fijuka ist so die Faust aufs Auge, dass man sich gar nicht vorstellen konnte, dass die zwei Musikerinnen auf ihren Solo-Wegen ganz was anderes produzieren könnten.
Und das ist das Schöne an der musikalischen Illusion, die eine Band sein kann. Die Harmonie scheint perfekt und sie ist auch perfekt, aber nicht weil es das Schicksal der Protagonistinnen ist, genau solch eine Musik zu machen. Vielmehr ist es genau diese Kombination aus Ankathie Koi und Judith Filimónova, die Fijuka ausmacht. Und allein machen die zwei Sängerinnen komplett andere Musik. Judith Filimónova widmet sich als Teil von Mandy + Judith anspruchsvoller EDM und Ankathie Koi ist eine Disco-Queen.
Beam me up mit deiner Zeitmaschine!
Und das ist nicht übertrieben. Denn Lieder wie „Hurricane” und „Cult” lassen Erinnerungen an Donna Summer und „I feel love” hochkommen. Sie arbeiten mit allen Mitteln, die zu einem guten 70er-Disco-Song gehören: der treibende, harte Beat, der langsame Aufbau der Songs bis zum Höhepunkt mit Synthesizern und den hellen, starken Vocals. Bei diesen Liedern und auch bei „Foreign Heart (Caribbean Theme)” hat man nicht das Gefühl, dass sich Ankathie Koi nur hat inspirieren lassen von den guten, alten Musik-Zeiten. Vielmehr muss sie eine echte Zeitreise gemacht haben, um solch authentische Retrosongs zu schreiben.
Vor allem „Foreign Heart (Caribbean Theme)” hat so viel, was man sofort lieb haben muss. Die kitschige Melodie in der Strophe, die an Bands wie The Pretenders und Katrina and the Waves erinnert, macht Laune auf einen Tag am Strand. Und der Refrain à la Stevie Nicks gibt dem Song eine mysteriöse Tiefe, was den Kitsch angenehm mildert, ohne den herrlichen Retrofaktor zu zerstören. Und wenn man dann schon tief im Bann der Platte ist, kommt auch schon „Little Hell” daher, was sich als Ohrwurm entpuppt und einen sowieso nicht mehr gehen lässt.
„I Hate The Way You Chew” ist ein großartiges Album und wer es wagt, weniger euphorisch darüber zu sprechen, wird alsbald in die Zeitmaschine der Ankathie Koi gesteckt werden, damit er oder sie noch ein paar Lektionen in Musikgeschichte nachholen kann.
Anne-Marie Darok
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