Mit dieser Artikel-Serie bündelt mica – music austria die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen im Musikbusiness. Weil es noch immer viel zu tun gibt. Den Start macht die Singer-Songwriterin und Konzertveranstalterin KATHI KALLAUCH. KALLAUCH, deren Songs seit 2014 in den Charts gespielt werden, ist außerdem ihreeigene Labelchefin, Managerin, Bookerin und Veranstalterin. 2021 wurde sie mit dem Österreichischen Songwriter Award ausgezeichnet und gründete ihr eigenes Label Roodixx Records. Mit ihrer Konzertreihe „Live im 25 hosted by Kathi Kallauch“ bietet sie aufstrebenden Bands eine Bühne, mit „Kathi Kallauchs Lady.Zimmer“ featured sie speziell weibliche Artists. Last but not least hat sie uns durch eine Aussage in einem früheren mica-Interview zu dieser Serie inspiriert.
Es ist unbestritten, dass es strukturelle Probleme in der Musikbranche – und im weitesten Sinne in unserer Gesellschaft – gibt, was Geschlechtergerechtigkeit betrifft. Die gute Nachricht: Auf der Diskursebene finden feministische Perspektiven mittlerweile Eingang ins Musikbusiness, beschäftigt man sich näher mit FLINTA*s im Musikbusiness, findet man Studien, Forderungen und Förderungen. Doch wie sieht es im tagtäglichen Geschäft aus? Wie ist es um die Chancengleichheit im Alltag einer Musikerin, Komponistin, Tontechnikerin, Managerin, Labelchefin bestellt? Wir haben nachgefragt.
Welche Personen/Institutionen/Förderprogramme haben dir auf deinem Weg im Musikbusiness weitergeholfen?
Kathi Kallauch: Ich habe immer wieder Musiker:innen und Produzenten getroffen, die an mich geglaubt und mir Türen geöffnet haben. Eine tolle Institution ist der Österreichische Musikfonds, der mir 2021 die Veröffentlichung von drei Singles ermöglicht hat. Aber ich musste mir auf meinem Weg vieles selbst erarbeiten und hart erkämpfen. Umso mehr ist es mir ein Anliegen, andere zu unterstützen und zu ermutigen.
„Es kommen schon eine Menge Leute daher, die dir alles Mögliche einreden wollen. Sich da abzugrenzen und auf das eigene Bauchgefühl zu vertrauen, ist nicht immer leicht.“
Wie und wodurch hast du Erfahrung im Musikbusiness gesammelt? Was waren die größten Hürden und wie konntest du sie überwinden?
Kathi Kallauch: Die wichtigsten Erfahrungen habe ich sicher beim Livespielen mit unterschiedlichen Bands gesammelt. Bei jedem Gig habe ich mehr gelernt als im Jazzgesangsstudium. Auch das Arbeiten im Studio und gemeinsame Songwriting-Sessions mit anderen sind bis heute eine gute Schule.
Die größte Hürde ist meiner Meinung nach, die Kosten für eine Produktion – und alles, was da dranhängt – als Independent Artist zu stemmen. Als junge Künstlerin war es aber vor allem eine Challenge, überhaupt herauszufinden, wer ich bin und wie ich klingen will. Es kommen schon eine Menge Leute daher, die dir alles Mögliche einreden wollen. Sich da abzugrenzen und auf das eigene Bauchgefühl zu vertrauen, ist nicht immer leicht. Das habe ich erst im Laufe der Zeit gelernt. Davon, dass die österreichische Radiolandschaft im internationalen Vergleich sehr schwierig ist, fang ich jetzt lieber nicht an.
In welcher Form wurdest du auf deinem Karriereweg unterstützt? Wo hättest du dir (mehr) Unterstützung gewünscht?
Kathi Kallauch: Es gab Personen, die mein Talent gesehen, mich weiterempfohlen oder mit mir gearbeitet haben. Aber mir wurde definitiv nichts geschenkt. Das war zwar ein steiniger Weg, aber es hat mich auch zu der Selfmade-Künstlerin gemacht, die ich heute bin.
Mit meiner Konzertreihe „Live im 25“ habe ich von Anfang an versucht die Bühne zu schaffen, die ich mir selbst als Newcomerin gewünscht hätte und es macht mich glücklich, wenn ich die Wertschätzung und Freude der jungen Artists, die bei mir auftreten, spüre.
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Hattest du selbst passende Role-Models in deinem Umfeld, an denen du dich orientieren konntest? Welche Role-Models gibt es in Hinblick auf Frauen im Musikbusiness aktuell? Was kannst du selbst weitergeben?
Kathi Kallauch: Clara Blume mit ihrem „Singer Songwriter Circus“ war schon 2011 eine, die sich engagiert für die Szene eingesetzt und diese wundervolle Konzertreihe geschaffen hat, bei der ich auch auftreten durfte. Das war eine großartige Möglichkeit und hat mich sicher auch zu meinem eigenen Engagement in diesem Bereich inspiriert. Inzwischen hat sich die Szene zum Glück weiterentwickelt, sie ist weiblicher geworden und zB. Ina Regen und Virginia Ernst mit ihren Konzerten zum Weltfrauen-Tag oder Sara Filipova mit ihrer 0816 Acoustic-Reihe im Loop haben großartige Kooperationen und Plattformen geschaffen. Carolin Kebekus, die ich echt cool finde, hat in Deutschland ein Frauenfestival entgegen allen Widerständen ins Leben gerufen und setzt sich einiger Zeit sehr für feministische Themen ein.
Ich hoste ja seit 2015 die Newcomer-Pop-Konzertreihe „Live im 25“ und zusätzlich seit 2019 auch die Frauenkonzertreihe „Lady.Zimmer“, um die Sichtbarkeit von Frauen in der österreichischen Musikszene zu erhöhen. Das ist mir ein großes Anliegen und die Rolle als Organisatorin und Netzwerkerin – gerade auch als Ausgleich zu meiner künstlerischen Tätigkeit – entspricht mir sehr. Mittlerweile ist es ein fester Bestandteil meines Jobs und ich sehe das als große Verantwortung.
„… unsere Gesellschaft und vor allem unsere Branche ist teilweise sehr oberflächlich und sexistisch.“
Welche Rolle spielt das Alter für dich?
Kathi Kallauch: Ich glaub Alter ist speziell für Sängerinnen ein großes Thema. Das liegt auch daran, dass viele von uns oft gehört haben, dass es so etwas wie ein Ablaufdatum für Frauen auf der Bühne gibt und dass man es unbedingt, bevor man dreißig ist, „schaffen“ muss, weil es ansonsten zu spät ist. Diese Sicht verändert sich zum Glück immer mehr. Aber unsere Gesellschaft und vor allem unsere Branche ist teilweise sehr oberflächlich und sexistisch. Lustigerweise mache ich mir, seit ich dreißig bin, viel weniger Stress wegen meines Alters. Weil ich heute eine selbstbewusstere, entspanntere und glücklichere Person bin, als ich es mit zwanzig war. Ich bin meine eigene Labelchefin, Managerin, Bookerin und Veranstalterin. Das ist anstrengend, aber auch sehr selbstbestimmt.
„Ich würde mir wünschen, dass weibliche, queere Artists und People of Color stärker in den Charts vertreten sind.“
Was würdest du dir für eine diversere Musikszene wünschen?
Kathi Kallauch: Ich würde mir wünschen, dass weibliche, queere Artists und People of Color stärker in den Charts vertreten sind. Wenn man sich beispielsweise die aktuellen Ö3-Charts anschaut (Stand 6.2.23), findet man da von 75 Plätzen nur knapp 20 weibliche Artists, wobei die teilweise auch nur als Feature dabei sind. Auch die Festival Lineups müssen unbedingt diverser werden (das betrifft aber nicht nur Österreich).
Mein eigenes Bewusstsein dafür hat sich in den letzten Jahren sehr weiterentwickelt. Auch dank meiner jungen Kollegin Lena Hackl, die mit mir das Booking für „Live im 25“ macht, haben wir mittlerweile ein viel diverseres Lineup als vor sieben Jahren.
Welche Fragen wurden dir häufig gestellt, die einem Mann niemals gestellt werden würden?
Kathi Kallauch: Das Alter ist tatsächlich oft ein Thema, wie ja auch in diesem Interview. Ich habe generell das Gefühl, dass Frauen entweder oberflächlichere, beispielsweise aufs Äußere bezogene, oder zu intime Fragen – wie zum Thema Familienplanung – gestellt bekommen. Mari Lang deckt das in ihrem Podcast „Frauenfragen“ sehr charmant auf, indem sie ihren ausschließlich männlichen Gästen typische Frauenfragen stellt, was oft äußerst irritierend für die Herren ist. Ich würde mir wünschen, dass es einfach um meine Musik, meine Texte und wofür ich stehe, geht. Dazu habe ich nämlich jede Menge Interessantes zu erzählen.
Termine:
7.3. Live im 25 hosted by Kathi Kallauch
9.3. Kathi Kallauchs Lady.Zimmer
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