„Wir sind einfach so passiert.“ – LOU PA im mica-Interview

Mit Love Portfolio veröffentlichen LOU PA ihr erstes offizielles Album – ein Schritt, der für die Band einen wichtigen neuen Abschnitt markiert. Das Album zeigt, wie stark sie sich als Freundinnen und Musikerinnen weiterentwickelt haben: von frühen Jams in der WG-Küche zu einem klaren, reifen Sound, der ihre gemeinsamen Erfahrungen trägt. Inhaltlich widmen sich LOU PA den Beziehungen, die ihr Leben prägen: Freundschaft, Familie, Selbstliebe und all den Momenten, die oft unscheinbar wirken, aber entscheidend dafür sind, wie man sich selbst und andere sieht. Diese Perspektiven fließen direkt in ihre Musik ein, die zwischen zarten Gesangslinien, fuzzy Gitarren und experimentellen Elementen wechselt. Love Portfolio ist damit nicht nur ein Debütalbum, sondern ein persönliches Dokument darüber, wie man wächst, reflektiert und schließlich an einem Ort landet, der sich nach Zugehörigkeit anfühlt. Im Interview mit Romy-Christin Theune sprechen Betti und Kati über die Entstehung ihres Albums, über Verletzlichkeit als Stärke und darüber, was ihre Zusammenarbeit auch nach all den Jahren so besonders macht.

Wann habt ihr gemerkt, dass aus WG-Küche und Jams tatsächlich eine Band entstehen könnte?

Betti: Wir drei haben uns im Studium kennengelernt und wissen gar nicht mehr, was zuvor war – Freundschaft oder Musik. Es war irgendwie gleichzeitig und wir haben schnell herausgefunden, dass wir alle gern Musik machen.

Kati: Lisa hat in der ersten Woche einfach die Gitarre genommen, mir ein selbst geschriebenes Lied vorgespielt, und sofort war klar: „Hey, ich mache auch gern Musik.“ Und so entstand ganz schnell eine Freundschaft zwischen uns dreien. Im ersten Semester haben wir spaßeshalber einen Song über unseren Professor geschrieben, mit Covers angefangen, sie aber nicht veröffentlicht und dann gedacht: Das funktioniert so gut, wir probieren einfach mal, einen eigenen Song zu schreiben.

Eure Musik bewegt sich zwischen fuzzy Gitarren, fragilen Gesangslinien und Gang Vocals. Wie hat sich der LOU PA Sound entwickelt?

Betti: Wir glauben, man hört es im gesamten Album – es ist ein bisschen wie eine Soundreise. So wie wir uns entwickelt haben, hat sich auch der Sound entwickelt: Es kamen immer mehr Elemente dazu, wir experimentieren mehr und probieren Sachen aus.

Kati: Man wird sicherer darin, was man will, was man nicht will und welche Gefühle man hat. Dadurch lässt man auch neue Emotionen zu, die sich dann zum Beispiel in Gang Vocals oder Trip-Hop-Beats ausdrücken.

Wart ihr euch auch mal uneinig auf der Reise?

Betti: Wir haben alle drei klare Vorstellungen davon, wie etwas klingen soll, aber falls wir mal anderer Meinung sind, sprechen wir darüber.

Kati: Wir finden eigentlich immer einen Kompromiss. Komplett unterschiedliche Meinungen zu Songs sind selten – es geht eher um Details, die wir dann diskutieren und ausprobieren.

Betti: Wir sind schon ein sehr eingespieltes Team … seit 2012.

Dieses Video auf YouTube ansehen.
Hinweis: Mit dem Abspielen des Videos laden sich sämtliche Cookies von YouTube.

Welche persönliche Reise steckt für euch hinter eurem neuen Album Love Portfolio?

Betti: In Love Portfolio haben wir die Sachen gepackt, die unser Love-Portfolio ausmachen – Beziehungen und Dinge, die uns glücklich machen. Bei mir war vor ein paar Jahren die Trennung von einem langjährigen Partner ein großes Thema, das viel Bewusstsein geschaffen hat. In unserer Gesellschaft werden Paarbeziehungen oft hochgehoben, aber es ist extrem wichtig, alle Beziehungen wertzuschätzen und genauso an freundschaftlichen und familiären Beziehungen zu arbeiten und ihre Wichtigkeit sichtbar zu machen.

Kati: Ein weiterer Aspekt, der, denke ich, auch ins Album einspielt, ist, dass zwischenmenschliche Beziehungen wichtiger sind als materielle Dinge. Materielle Dinge sind auch wichtig – bis zu einer bestimmten Grenze. Man muss sein Leben natürlich finanzieren können, aber wirklich glücklich machen Momente, die man mit Menschen teilt, die man gern hat, oder Dinge, die man sehr gerne tut und die einen erfüllen.

Ein weiterer Punkt ist Selbstliebe. Ich glaube, jeder entwickelt sich in dieser Hinsicht. Man stellt oft hohe Ansprüche an sich selbst und macht sich viel Druck – so wie ich es gemacht habe und immer noch mache. Aber es ist ein Weg, sich selbst besser zu respektieren und sich so zu behandeln, wie man auch Freund:innen behandeln würde.

Manche Texte sind sehr intim. Gab es während des Entstehungsprozesses Situationen, in denen ihr unsicher wart, ob ihr einen Song wirklich veröffentlichen wollt?

Betti: Unser Album behandelt viele verschiedene Themen, in denen sich jede*r ein bisschen wiederfinden kann. Weil wir uns privat so gut verstehen, reden wir über alles und die anderen wissen Bescheid, wenn jemand ein bestimmtes Thema hat. Beim Songwriting ist es dann so, dass man darüber spricht und es dadurch schon verarbeitet. Dann weiß man schon, wie man mit dem Thema umgeht und für mich ist es dann kein großer Schritt mehr, es zu veröffentlichen. 

Kati: Auch wenn es Gefühle sind, über die man im ersten Moment nicht leicht reden kann, gibt es viele Menschen, die sich irgendwann genauso fühlen. Es ist schön, wenn sie sich dann in Musik wiederfinden und sich darin aufgefangen fühlen.

WIR SIND EINFACH SO PASSIERT

Gibt es einen Song oder eine Textzeile aus Love Portfolio, die euch besonders viel bedeutet – und die ihr mit uns teilen möchtet?

Kati: Vielleicht „Soft Skin“ und „Love Portfolio“. Wir sind alle eher sehr gefühlsgetriebene, emotionale und sensible Personen. Und das ist auch ein Thema, das manchmal irgendwie negativ behaftet ist, obwohl es ja eigentlich voll viele Stärken und Vorteile mit sich bringt. Und der Song steht dafür, dass man das einfach zulässt und an sich schätzt.

Betti: Also vielleicht die Songzeile „All the battles I win with my soft skin“. Und dass man eben, auch wenn man sensibel ist, das als Stärke sieht.

Kati: Und vielleicht noch „Life is a kaleidoscope“. Das bedeutet, dass es viele gute Quellen für Liebe, Zufriedenheit und erfüllende Dinge gibt. Man sollte allen ihren Platz geben und es kann zu einem erfüllten Leben beitragen, wenn man vielen Dingen Raum gibt.

Betti: Jetzt ist mir noch eine Zeile eingefallen. In „Belonging“: „All things three fell into place and it was nothing that we had to chase.“ Das ist unsere Geschichte. Also wir drei, LOU PA. Wir sind einfach so passiert.

Dieses Video auf YouTube ansehen.
Hinweis: Mit dem Abspielen des Videos laden sich sämtliche Cookies von YouTube.

Was hat euch dazu bewegt, „I’m tired“ zu schreiben? Ich finde, das Lied hebt sich stilistisch von euren anderen Werken ab.

Kati: Das Gefühl ist eher negativ motiviert – man will nicht allen Anforderungen oder Erwartungen entsprechen, die andere oder das Umfeld an einen haben. Man möchte ausbrechen und sagen: Ich gehe meinen eigenen Weg und habe andere Vorstellungen davon, was gut für mich und mein Leben ist. Das betrifft auch das eigene Umfeld, weil alles Wechselwirkungen hat.

Betti: Der Song ist stilistisch sehr anders. Wir haben zuerst überlegt, ob er in die LOU PA Welt passt, und gerade weil er so anders ist, fanden wir es cool, dass das Album dadurch divers wird. Er sticht heraus und deshalb haben wir entschieden, dass er trotzdem aufs Album gehört und einen Teil von uns abdeckt.
In der Songwriting-Session wollten wir einfach das transportieren, was wir gerade fühlen. Wir haben mit dem Beat begonnen, der schon anders war, und dachten: voll cool, wir machen weiter und schauen, was rauskommt. Dann hat Lisa plötzlich Sprechgesang gemacht und wir waren alle begeistert und meinten: Wie cool ist das? Das musst du weitermachen!

Stellt euch vor, Love Portfolio wäre ein Soundtrack – zu welchem Film oder welcher Serie würde er laufen?

Kati: This Is Us?

Betti: Ja! In der Serie geht es um Geschwister, Drillinge. Es geht zwar auch um romantische Beziehungen, aber sehr stark um die Beziehungen unter den Geschwistern.
Jede Episode berührt, man denkt nach und reflektiert viel, auch während man schaut. Man geht immer mit einem guten Gefühl raus.

Kati: Das beschreibt auch das Album sehr gut. Es wurde viel reflektiert und verarbeitet.
Das Album ist in drei Bereiche aufgeteilt: Es startet mit „Walls“, in dem Blockaden thematisiert werden bzw. Themen aufgearbeitet werden, geht über zu „Kaleidoscope“, in dem es um die Wertschätzung von Menschen und Dingen geht, die uns im Leben erfüllen und im dritten Teil „Grounded“ sind wir in unserem Love Portfolio angekommen.

This is us. This is LOU PA.

Wann fühlt ihr euch als Band am meisten „LOU PA“ – im Studio, auf der Bühne, nachts im Van oder ganz woanders?

Betti: Ich glaube, ich kann es schwer trennen, weil wir so gut befreundet sind.

Kati: Am meisten ist es so bei Songwriting-Sessions, Konzerten oder im Proberaum, aber eigentlich auch, wenn wir privat unterwegs sind. Die Themen kommen immer, vor allem wenn wir zu dritt sind.

Betti: Ich mag es sehr, wenn wir in einem Raum sitzen und Songwriting-Sessions machen und darüber reden, worüber der Song sein soll und wie er klingen soll. Wenn der kreative Prozess beginnt, viele Ideen zusammenkommen und aus unseren Instrumenten und Tönen etwas Ganzes entsteht – das ist mein Highlight. Dabei reden wir über die Themen und jede erzählt noch mehr Geschichten über sich. Obwohl man sich schon so gut kennt.

Gab es seit dem letzten Interview mit mica (2022) für euch als Band größere Veränderungen?

Kati: Es hat einige Änderungen gegeben. Davor waren wir meist in Deutschland im Studio, in Stuttgart. Jetzt haben wir mit Mario Fartacek in Wien im Studio aufgenommen und allein dadurch hat sich der Producing-Prozess geändert.
Wir haben außerdem zum ersten Mal erlebt, zu dritt bei einem Songwriting-Workshop zu schreiben. Wir schreiben jetzt mehr gemeinsam von Anfang an. Davor hatte oft eine Person eine Songidee und wir haben dann daran gearbeitet. Jetzt ist es mehr eine Einheit beim Songwriting.
Und jetzt kommt unsere Deutschland-Tour nächste Woche – unsere erste richtige Tour, bei der wir länger unterwegs sind. (Tour: 6.–12.11.2025)

Welchen Rat würdet ihr in einem Jahr eurem zukünftigen Ich als Band geben?

Kati: Einfach weiterhin ausprobieren, auch wenn es sich am Anfang komisch anhört und sich trauen zu sagen, was man denkt.

Betti: Nie aufhören auszuprobieren und zu experimentieren.

Schöne Abschlussworte, vielen Dank und alles Gute für eure Tour!

Kati & Betti: Vielen Dank!

+++++ 

LOU PA live
22. Nov. Three Canaries Records, Graz 
23. Nov. Kulturcafé Max, Wien
05. Dez. Café Emmi, St. Pölten 
06. Dez. Salonschiff Fräulein Florentine, Linz
08. Dez. Album Release Show, Transponder/Superbude, Wien

+++++

Links:
LOU PA – Homepage 
LOU PA – Instagram
LOU PA – Spotify