„Wenn man am tiefsten Punkt angekommen ist, träumt man vom höchsten Gipfel.“ – Evan Parks im MICA – Interview

Der Musiker und Rapper EVAN PARKS wurde in den USA geboren und ist dort aufgewachsen. 2015 zog er nach Österreich, um seine musikalische Karriere weiterzuverfolgen. Ursprünglich stammt er aus der klassischen Musik, doch schließlich wurde es Rap. Die Balance zwischen seinen beiden musikalischen Ausrichtungen versucht er noch zu finden, aber zumindest seinen eigenen Sound hat er inzwischen für sich entdeckt. Zu hören ist dieser auf seinem Debütalbum „You Only Dream in the Dark“, das am 27. Juni erscheint. In den Räumen der Fiakka Studios traf sich Evan Parks mit Ylva Hintersteiner zu einem Gespräch, in dem er über die Entstehung des Albums sprach, darüber, warum eine Katze die Hauptrolle in einem seiner Musikvideos spielt und warum Kinder die besten Rap-Songs schreiben.

Du bist in Kalifornien aufgewachsen und bist mit siebzehn Jahren nach Österreich gezogen. Im letzten mica-Interview hast du gesagt, du könntest dir nicht vorstellen, nach Amerika zurückzugehen – ist das immer noch so?

Evan Parks: Ich war gerade mit der Highschool fertig, als ich nach Österreich gekommen bin. Die ersten Jahre waren supercool – ich habe viele internationale Freundschaften geschlossen, und alles hat sich ein bisschen wie ein Traum angefühlt. Jetzt, wo ich wirklich im Business angekommen bin, weiß ich natürlich, dass es große Vorteile hätte, zurückzukehren, vor allem, weil meine Musik auf Englisch ist und ein großer Teil meiner Hörerschaft im Ausland lebt. Das Problem ist jedoch, dass ich dann wieder von vorne anfangen müsste – und das ist immer schwer. Ich habe schon von vorne angefangen, als ich nach Österreich gekommen bin, und jetzt möchte ich nicht noch einmal ganz neu starten. Wenn ich es schaffen könnte, mit meiner aktuellen Arbeit in die USA zu gehen, wäre das super, aber im Moment würde das keinen Sinn ergeben.

Ist es schwierig internationalen Anschluss zu finden?

Evan Parks: Es ist nur deshalb schwierig, weil man die Connections braucht, die ich aktuell nicht habe. Man merkt, dass im Musikbusiness das A und O darin besteht, wen man kennt – und nicht unbedingt, wie es klingt. Natürlich geht beides Hand in Hand. Hier kenne ich die Leute, aber in Amerika nicht. Dort habe ich zwar meine Freunde von der Highschool, aber keine Kontakte im Musikbusiness.

Also ist keiner von deinen damaligen Freunden auch in die Musikrichtung gegangen?

Evan Parks: Nein, ich bin der Einzige und ich mach das jetzt in Österreich (lacht)

„Jetzt bin ich an einem Punkt gekommen, wo ich das Gefühl habe, jetzt kann ich ein Album machen, jetzt klingt es schlüssig.”

Du warst früher in Kärnten Teil des Projekts „The Icon“, dann hast du einige Singles als Soloartist veröffentlicht. Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt für dein Debütalbum?

Evan Parks: Jetzt habe ich meinen eigenen Sound gefunden. Früher war ich in einer Band, da haben wir alle Inputs gegeben, deshalb war es nicht wirklich mein eigener Sound. Bei den ersten Singles habe ich dann versucht, meinen Sound zu finden, aber am Anfang habe ich es nicht wirklich so getroffen, dass ich mich damit sicher gefühlt habe. Erst seit etwas mehr als einem Jahr habe ich meinen Sound wirklich für mich entdeckt. Ich habe mir gedacht: Okay, jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich das Gefühl habe, ein Album machen zu können, das schlüssig klingt. Es soll nicht nur eine Sammlung von Songs sein, sondern ein durchgängiges Album mit einem einheitlichen Soundbild. Vom künstlerischen Aspekt her bin ich definitiv gewachsen. Früher war es mir nicht möglich, so ein Album zu machen, weil mein Sound überall war.

Wie würdest du den gefundenen Sound beschreiben?

Evan Parks: Sehr raw, sehr authentisch und eher trap-lastig, aber auch melodisch und energiegeladen.

„In einem dunklen Raum, im dunkelsten Moment ist der beste Zeitpunkt zu träumen.”

Ich finde den Titel zum Album „You Only Dream in the Dark“ sehr schön – welche Geschichte steckt da dahinter?

Evan Parks: Ich glaube, meine Reise als Künstler war bisher eine lange Reise, natürlich mit vielen Höhen und Tiefen. Ich bin der Meinung – und ich glaube, viele andere Künstler:innen sehen das genauso – dass man am meisten inspiriert ist, wenn man seinen tiefsten Punkt erreicht hat. Wenn man am tiefsten Punkt angekommen ist, träumt man vom höchsten Gipfel. Für mich war es wichtig, dieses Gefühl im Album einzufangen. Zu sagen: Als ich am meisten abgelenkt war, als ich am wenigsten an meiner Musik gearbeitet habe, als ich am weitesten von meinem Weg abgekommen bin, habe ich mich genau zu diesem Zeitpunkt selbst aufgeweckt und mich schlussendlich darauf konzentriert, endlich wieder meinen Weg ernst zu nehmen. Aber das konnte ich nur erreichen, weil ich am tiefsten Punkt war. Darum glaube ich, passt der Titel „You Only Dream in the Dark“ so gut, weil es wahr ist: In einem dunklen Raum, im dunkelsten Moment, ist der beste Zeitpunkt zu träumen.

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Hast du dich an musikalischen Vorbildern für das Album orientiert?

Evan Parks: Der Albumsprozess war sehr lange. Es hat eineinhalb Jahre gedauert und dabei waren aber vor allem Artists für mich interessant, die live performen. Ich habe das immer geil gefunden, wenn Artists Lieder für die Bühne machen, weil ich liebe es, auf der Bühne zu sein, und ich wollte Musik machen, die auf der Bühne funktioniert. Es gibt Songs, und das merkt man als Künstler, die man zwar gerne im Auto hört, aber live haben sie nicht dieselbe Energie. Ich wollte aber unbedingt ein Album machen, von dem ich dann alle Songs auch performen kann. Artists, die das können sind natürlich große Stars, so wie Travis (Scott), Don Toliver und Playboi Carti. Natürlich ist es musikalisch nicht ganz dieselbe Richtung, in der ich mich bewege. Aber sie haben es geschafft, Lieder zu machen, die live richtig gut klingen und die Leute motivieren zu tanzen und zu moshen – und das wollte ich auch machen.

Das Album beschäftigt sich mit großen Träumen – gibt es konkrete Träume oder Ziele, die du in musikalischer Hinsicht verfolgst?

Evan Parks: Hundert prozentig.Mein aktuell größter Traum ist, eine eigene Tour zu spielen. Also wirklich international und auf Festivals, das ist mein größtes Anliegen seit Tag eins. Weil ich es einfach liebe, auf der Bühne zu stehen. Ein ganzes Jahr on the road wäre so cool.

Das blaue Albumcover von "You Only Dream in the Dark" von Evan Parks zeigt den Rapper umgeben von blauer Farbe
“You Only Dream in the Dark” Albumcover – Evan Parks

Aber du thematisierst auch Selbstzweifel und den Kampf mit sich selbst – eine Thematik, die sich nach meinem Gefühl durch Social Media noch mehr verstärkt. Wie gehst du damit um?

Evan Parks: Das klingt vielleicht blöd. Aber ich habe alle mein Musiker-Freund:innen auf Social Media gemuted. Ich vergleiche mich einfach zu gerne und tu mir sehr schwer damit. Ich liebe meine Freund:innen, aber ich habe alle, die im Musikbusiness sind, gemuted, weil es sonst für mich ungesund ist. Sonst denke ich konstant, warum spiele ich nicht dort, warum mache ich nicht dieses und jenes, obwohl ich eh sehr viel mache. Dieser Gedankengang ist einfach ungesund für mich und so kann ich mich davon distanzieren und mich auch auf mich selbst konzentrieren. Das hilft mir enorm.

„Das war ein Wake-Up-Call für mich.”

Der zweite Song auf dem Album heißt „Superhero“ – gibt es für dich eine Person, die für dich so eine Art Superheld:innenrolle einnimmt?

Evan Parks: Ja, safe. Als ich das Album geschrieben habe, war ich teilweise auch an sehr tiefen Punkten und oft komplett abgelenkt. Ich habe vor einem Jahr jeden Tag Musik gemacht und plötzlich von einem auf den anderen Tag gar nicht mehr. Aber es gab eigentlich keinen Grund, ich war nicht krank oder so. Es war dumm, aber ich hab einfach aufgehört. Meine Freundin hat mich dann einmal gefragt, was ich jetzt eigentlich mache. Dass ich Träume habe und es schaffen kann, aber meine Taten sprechen gerade nicht dafür – wie soll das dann funktionieren? Das war ein Wake-Up-Call für mich. Es war sehr spannend, das zu erleben, und da habe ich dann auch den ersten Song für das Album geschrieben – „4 A.M“ – weil ich vom Gefühl her aufgewacht bin. Plötzlich wollte ich alles machen und die Zeit wieder reinholen, die ich durch diese Pause verloren habe.

Im Musikvideo zu „Bongdingding“ bist du mit einer Katze auf einem Date – ich finde das Video sehr gelungen. Wie kam es zu der Idee?

Evan Parks: Shoutout an Clemens Blanz, er war der Regisseur des Videos. Er hat aus dem Song rausgehört, dass es darin um die Ablenkung durch das Weibliche für mich geht – Dating und so. Wir wollten aber ein Symbol haben und keine Frau, weil das nicht für jeden gleich ist – ein Symbol, das Ablenkung darstellt. Und da haben wir an eine Katze gedacht. Ich habe eine Freundin, die eine Katze hat. Und die ist komplett eine Diva-Katze, aber es hat dann funktioniert, mit ihr zu drehen.

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Also war die Zusammenarbeit mit der Katze nicht schwer?

Evan Parks: Super schwer. Ich habe das Musikvideo gesponsort, die Leute organisiert und drei Monate geplant und die Katze war aber der Star. Wir haben allein 100 Takes nur für die Katze gedreht. (lacht)

„Ich will das nicht so klischeehaft mit Hip-Hop verbinden.”

Beim Interlude „Breakfast“ kommt ein wenig dein Hintergrund in der klassischen Musik raus – ist das etwas, dass du gerne noch weiterverfolgen würdest?

Evan Parks: Hundertprozentig. Es ist ein bisschen schwierig für mich, weil ich aus der klassischen Musik komme und höhere Ansprüche an klassische Musik habe. Ich möchte das nicht klischeehaft mit Hip-Hop verbinden. Ich spiele auch Klarinette, habe das sogar studiert, und da haben mir Leute schon oft gesagt, ich sollte die Klarinette samplen. Das ist aber schwierig, ohne dass es kitschig oder klischeehaft wirkt. Ich arbeite daran, deswegen auch der Song mit Beethoven – weil es da funktioniert hat. Aber ich bin noch nicht an dem Punkt, an dem ich ein ganzes Album mit klassischer Musik samplen könnte. Irgendwann möchte ich das schaffen, aber zurzeit bin ich noch nicht dort, dass es sich authentisch anhören würde. „Breakfast“ ist zumindest ein Preview dessen, was noch kommen könnte.

Der Musiker Evan Parks vor einem orangen Hintergrund
Evan Parks © Alexandra Hearts

Wie sieht generell dein Arbeitsprozess aus?

Evan Parks: Es ist ganz unterschiedlich, und Inspiration kommt aus verschiedenen Quellen. Aber mein Lieblingsweg zu arbeiten ist folgender: Ich bekomme Beats von nationalen oder internationalen Produzent:innen, gehe damit ans Mikrofon, und meistens kommen die Wörter dann einfach so raus. Ich habe mal einen Vergleich gehört, den ich sehr passend finde: Manchmal hört man den Beat und plötzlich funktioniert das WLAN im Kopf. Dann klappt das Signal, und es kommen Wörter, die man vorher noch nie so gedacht hat – und in zehn Minuten entsteht ein Song. Das ist der beste Prozess, und meistens sind das auch die besten Lieder, die einfach so geflossen sind. Manchmal ist es aber auch schwieriger. Ich bekomme supercoole Beats, aber das WLAN scheint nicht anzuspringen. Dann braucht es drei, vier Monate, bis der passende Text kommt. Ich schätze die Beats so sehr, dass ich unbedingt den richtigen Flow und den richtigen Text haben möchte.

„Die Volkschulkinder haben einfach keine Grenze und schaffen dadurch die besten Lieder.”

Neben deiner Arbeit als Artist bist du auch als Musikpädagoge an diversen Einrichtungen tätig – macht dir die Arbeit mit jungen Leuten Spaß und über welche Themen sprichst du mit ihnen?

Evan Parks: Ich liebe es, mit Jugendlichen zu arbeiten, weil sie eine völlig andere Perspektive auf die Welt haben. Manchmal unterrichte ich an Volksschulen und spreche mit den Kindern über Rap – darüber, wie man mit Rap umgehen kann und wie man diskriminierungsfrei arbeitet. Am Ende des Workshops schreiben wir gemeinsam einen Song und einen Text. Volksschulkinder haben einfach keine inneren Grenzen – und genau dadurch entstehen die besten Lieder. Ich nehme mir das auch ein Stück weit als Vorbild. Sie sagen einfach, was sie denken, und das ist dann auch gut so.
Wenn ich dagegen mit Schüler:innen von Gymnasien arbeite, merke ich, dass viele sehr zurückhaltend sind. Sie wollen nicht sagen, was sie wirklich denken – und dann entstehen auch keine guten Songs. Das beobachte ich auch in meiner eigenen Arbeit: Ich versuche, alles rauszulassen, egal ob es vielleicht komisch oder nicht perfekt ist – denn genau dann entsteht etwas Authentisches. Wenn ein Volksschulkind einen Song über McDonald’s schreibt, ist das authentisch – und deshalb auch gut. Kürzlich habe ich auch einen Vortrag am Mozarteum gehalten. Es war spannend zu sehen, wie Student:innen arbeiten – das ist wieder eine ganz andere Perspektive. Daraus ist sogar ein Song entstanden.
Mir macht diese Arbeit jedenfalls sehr viel Spaß – und sie hilft auch meiner eigenen Musik. Ich habe gelernt: Man beherrscht etwas erst wirklich, wenn man es auch unterrichten kann.

Der Rapper Evan Parks vor orangem Hintergrund
Evan Parks © Alexandra Hearts

Wenn ich mich an meine Volkschulzeit zurückerinnere, glaube ich, noch nicht wirklich mit Rap und Hip-Hop in Berührung gekommen zu sein. Hast du das Gefühl, dass Kinder heutzutage mit einer vielfältigeren Musiklandschaft aufwachsen?

Evan Parks: Hundertprozentig. Durch Social Media, TikTok, YouTube Short und all die anderen Dinge haben die Kinder Bezug zu all den Genres, die gerade richtig populär geworden sind. Travis Scott, Eminem, die kennen einfach alle. Was vor zwanzig Jahren vielleicht noch nicht so populär war, hat heute einen großen Zuspruch in Österreich.

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Wie kann ich mir Evan Parks live vorstellen und wo gibt es die Möglichkeit, dich das nächste Mal live zu erleben?

Evan Parks: Auf der Bühne bin ich hundertprozentig Energie. Mein Ziel ist es immer, eine Kommunikation zwischen dem Publikum und mir zu haben. Wir werden gemeinsam durch die Show gehen und hoffentlich am Schluss komplett happy, komplett fertig und komplett gehyped rausgehen. Ich schaffe es durch mein Studium, aber auch durch meine Live-Erfahrung, egal ob alt oder jung, jeden abzuholen und aufzuhypen. Als nächstes spiele ich am 23. Juni in Sankt Veit an der Glan im Zukunftsforum, das ist eine Kärntner Kulturveranstaltung und am 27. Juni im Dschungel Wien bei Black TLC. Das ist eine In-House-Veranstaltung, wo es darum geht, schwarze Künstler:innen aus Wien zusammenzubringen und gemeinsam auf die Bühne zu stellen.

Gibt es noch etwas, über das du gerne sprechen würdest?

Evan Parks: Mein Ziel wäre es, mit dem Album zu zeigen, dass egal, was im Leben passiert, wenn man einen Traum hat, sollte man diesen verfolgen. Ich will auch später im Leben, wenn ich als Künstler gewachsen bin, auf das Album zurückblicken können und sagen können, damit habe ich Erfolg gehabt. Ich würde gerne später einmal jungen Menschen das Album zeigen und erzählen, schau ich bin aus Amerika nach Österreich gekommen, habe da hart an meiner Musikkarriere gearbeitet und das war mein erstes Album und nach zehn Jahren hat man gemerkt, es funktioniert. Der Sound ist nicht extrem kommerziell, aber er ist hundert Prozent Ich und damit Erfolg zu haben, das will ich erreichen.

Danke für das ausführliche Gespräch!

Ylva Hintersteiner

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Live
23.06. St. Veit an der Glan – Zukunftsforum
27.06. Wien – Dschungel / Black TLC
28.06. Wien – Mi Barrio / Fiakka Studios 5 Year Anniversary
30.08. Klagenfurt – African Diaspora Festival

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