“Ich wollte gerne möglichst viele Frauen auf der Bühne haben” – Viola Falb (Künstlerische Leiterin Jazz im Hof) im mica-Interview

Vom 22. bis 25. August bietet das Festival „Jazz im Hof“ dem Publikum in St. Pölten erneut ein musikalisch sehr abwechslungsreiches Programm. Erstmals verantwortlich für das Programm ist die Musikerin und Komponistin Viola Falb, der in diesem Jahr die künstlerische Leitung des Festivals übertragen wurde. Im Interview spricht die gebürtige Niederösterreicherin über die Zusammenstellung des Festivalprogramms, über die Neuerungen, die sie vorgenommen hat, und darüber, wie es überhaupt dazu kam, dass sie mit der künstlerischen Leitung betraut wurde. Die Fragen stellte Michael Ternai.

Du bist die neue Künstlerische Leiterin des Festivals. Wie sahen deine Überlegungen bezüglich der bei der Zusammenstellung des diesjährigen Programms aus?

Viola Falb: Mir war es wichtig, dass ich künstlerisch hinter diesem Programm stehen kann, dass es mir selbst gut gefällt und ich es als Festivalbesucher ansprechend finde. Die Musik der ausgewählten Formationen ist vollkommen unterschiedlich, jede Band hat ihre eigene überzeugende Stimme und jeder Act ist geprägt durch seine Komponist:innen.

Wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass du die Künstlerische Leitung übernommen hast?

Viola Falb: Eine erste Anfrage von Alfred Kellner, Leiter des Bereichs Kultur und Bildung der Stadt St. Pölten, kam im Herbst 2023, jedoch zögerte ich zuerst, da mir das Ausmaß der organisatorischen Arbeit – neben der Bestellung der Bands – nicht ganz klar war. Nach einem Treffen im Jänner 2024 wurden alle Details vereinbart und ich sagte zu und begann sofort nach einem passenden Programm zu suchen.

Welche besonderen Herausforderungen und Freuden hast du bei der Programmgestaltung dieses Festivals erlebt?

Viola Falb: Es ist natürlich besonders wunderbar ein Programm nach eigenen Vorstellungen zusammenstellen zu dürfen! Ich überlegte natürlich von … bis … musste immer wieder erkennen, dass einige Bands im Sommer schwer beschäftigt sind, dass viele Formationen schon bei diesem Festival auftraten und auch weitere bei angrenzenden Locations (Bühne im Hof, wellenklänge, Porgy&Bess …) kürzlich gebucht waren oder spielen werden und dass es für internationale Acts zu kurzfristig ist.

Wie hast du die Künstlerinnen und Künstler ausgewählt, die dieses Jahr auftreten? Welche Kriterien waren für Sie besonders wichtig?

Viola Falb: Wichtigstes Kriterium war für mich die künstlerische Qualität und Abwechslung im Laufe des Festivals. Ich wollte gern eine Sänger:in dabei haben, auch einen Klavier-Act, da ein sehr guter Flügel zur Verfügung steht, ich wollte gerne möglichst viele Frauen auf der Bühne haben und ein bisschen die Hörgewohnheiten der Zuhörer erweitern. Weiters wollte ich dieses Jahr auch meine Bandbreite in der Musik als künstlerische Leiterin präsentieren und mit netten Menschen dieses Festival feiern! Und dann hatte ich großes Glück, dass alle Zeit hatten…

Bild Viola Falb
Viola Falb (c) Martin Bilinovac

Das Programm zeigt sich musikalisch auf jeden Fall sehr vielfältig. War eine deiner Überlegungen auch, dem Publikum die Vielfalt des Jazz zu präsentieren und es mit Musik bekannt zu machen, die es vorher nicht gekannt hat?

Viola Falb: Auf alle Fälle! Haezz ist insgesamt eine sehr neue Formation, Django Bates spielt sein neues Programm, das er in letzter Zeit entwickelt hat, E C H O BOOMER hat erst vor kurzem die neue Platte präsentiert, Golnar ist einfach super, Studio DAN wird die Ohren öffnen, FALB:TODOROVSKI:NOVAK ist gar schöne Kammermusik… all diese Musik zeigt wie weit „Jazz“ zu denken ist. Ich bin eine Jazzmusikerin – fühle mich aber musikalisch keine Sekunde eingeengt und so wünsche ich mir dies auch für das Publikum: das „Jazz im Hof“ Festival soll für mich einen Querschnitt der betriebenen Jazzmusik bieten – und da gibt es allein in Österreich schon einiges zu hören.

Du trittst selbst beim Eröffnungskonzert und am dritten Spielabend auf. Kannst du einen Einblick in das geben, was das Publikum bei diesen Auftritten erwarten kann?

Viola Falb: Diese zwei Formationen liegen mir besonders am Herzen! FALB:TODOROVSKI:NOVAK war vor einigen Jahren eine aktive Entscheidung die klassische „Band“ gegen ein Kammermusik Ensemble auszutauschen. Dies hatte zur Folge, dass natürlich auch die Komposition mehr Gewicht bekommt, welche ein großes Standbein meines musikalischen Schaffens geworden ist. Diese Art des Musizierens eröffnet viele neue musikalische Möglichkeiten und es macht fürchterlich Spaß! Ähnlich verhält es sich bei Studio DAN – ein Neue Musik Ensemble, aus der Jazzmusik kommend und absolut – so wie ich – an verschiedenen Improvisationstechniken interessiert. Mein Interesse an Komposition ist das Naheverhältnis zwischen Improvisation und Komposition und Studio DAN ist das Ensemble mit dem ich diese Liebe zu jeglich gestalteter Improvisation ausleben kann.

Das Festival hat erstmals einen vierten Spieltag mit einem speziellen Familienprogramm. Kannst du uns mehr über die Idee dahinter erzählen?

Viola Falb: Als Mutter zweier Kinder sieht man sich dann immer öfters in Kinderkonzerten und natürlich weiß ich wie schwierig es für Familien ist in Konzerte gehen zu können, denn man weiß ja nie was die Situation für einen bereit hält. So habe ich mich für einen Familientag entschieden – am Vormittag gibt es für die Kleinen eine musikalische Reise mit der Transviertlierischen Eisenbahn durch Niederösterreich und am frühen Abend spielt Jumping Jungle, eine junge, quasi Big Band mit Streichern, Musik aus allen Jazzzeiten… Dies sollte ein Genuss für jeden Jazzliebhaber, eine Möglichkeit für ein Familienkonzert, Motivation für Kinder an Musikinstrumenten, … sein. Es wird auf alle Fälle ein fulminanter Abschluss!

Dein ehemaliger Kompositionslehrer Django Bates wird einen Teil des dritten Abends gestalten. Was bedeutet es für dich persönlich und künstlerisch, ihn bei diesem Festival dabei zu haben?

Viola Falb: Das war für mich besonders wichtig und persönlich ein Highlight! Ich liebe die Musik von Django Bates – dies war auch der Grund wieso ich ihn damals angefragt habe, ob ich zu ihm nach Bern kommen kann und er mir ein wenig Unterricht geben würde. Ich hatte grundsätzlich einige Kompositionslehrer… aber als wir unsere erste Stunde hatten, merkte ich, dass er dieselbe Art und Denkweise hat auf Kompositionen zuzugehen, daher war das Arbeiten an meinen Kompositionen sehr bereichernd und nachvollziehbar. Es war ein großer Traum, dass er zusagen würde und wir haben es dann auch wirklich geschafft und das freut mich sehr!

Wie siehst du generell Rolle des Jazz in der heutigen Musiklandschaft? Speziell mit Blick auf die österreichische Szene?

Viola Falb: Meiner Meinung nach ist die österreichische Szene sehr vielfältig und auch umtriebig. Manche Menschen arbeiten auch wirklich hart um ihre Formationen weiterzuentwickeln und ohne dieses ist ein Überleben in der Musiklandschaft nicht so einfach möglich. Ich finde es aber schade, dass der Sprung über die Landesgrenzen noch immer ein sehr schwieriger ist und kaum zu bewerkstelligen ist.

Was erhoffst du dir, dass die Besucher von diesem Festival mitnehmen, insbesondere in Bezug auf das neue und innovative Programm, das Sie zusammengestellt hast?

Viola Falb: Ich hoffe, dass jede:r Besucher:in einen schönen Abend hat und sich auf das Gehörte einlassen konnte. Die Ruhe zu finden um Neues zu entdecken ist ein großes Gut, das ich uns Menschen manchmal mehr vergönnen würde.

Kannst du uns vielleicht deinen Festival-Höhepunkt verraten? Auf welches Konzert freust du dich besonders?

Viola Falb: Ich freue mich auf jeden einzelnen Programmpunkt, da er garantiert immer Überraschungen parat hält und kein einziger langweilig werden wird!

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