Unsafe+Sounds Festival – Festival for challenging sounds and discourse

Das Wiener Unsafe+Sounds Festival kehrt vom 2. bis zum 7. September mit einem vielschichtigen Programm zurück. In seiner 11. Ausgabe präsentiert es erneut ein diverses Programm, das experimentelle, elektronische und Clubmusik in den Fokus rückt und diese in einen Dialog mit ästhetischen, soziokulturellen und -politischen Diskursen stellt. Das Festival widmet sich künstlerischen Praktiken einer Gegenwartskultur, die ein vermeintliches Diktat der Mehrheit konstruktiv hinterfragt und neue Perspektiven und Zugänge vorstellt. Die Formate gestalten sich vielfältig und reichen von Konzertabenden und Clubnächten, von Lesungen, Performances und Installationen, zu Screenings, Artist Talks, Keynotes und Podiumsdiskussionen.

Unsafe+Sounds versteht Sound als transformative Kraft – als Mittel, das irritieren, umorientieren und neue Denk- und Gefühlsräume eröffnen kann. Das Festival versammelt Musiker:innen, Performer:innen, Dichter:innen, Theoretiker:innen und Forscher:innen, um diese klanglichen Potenziale auszuloten – und lädt in alternative Realitäten ein. Es zieht spekulative Horizonte auf, die etablierte Weltbilder in Frage stellen.

2025 spiegeln die eingeladenen Künstler:innen eine heterogene Gegenwart wider, die geprägt ist von zunehmend pluralistischen ästhetischen Positionen. Kritisch wird unsere Umgebung verhandelt und dabei der Zusammenhang gesellschaftlicher Entwicklungen und zeitgenössischer Ästhetik in den Vordergrund gerückt. Persönliche Narration und politische Resonanz durchdringen sich hier gegenseitig.

50 Tage noch!

Rund 70 internationale und lokale Künstler:innen und Speaker:innen werden von 2-7. September inunterschiedlichen Locations der Stadt zu erleben sein. Neben etablierten Konzerthäusern wie dem Porgy&Bess und dem WUK, und Clubs wie der Pratersauna und dem Flucc, werden Institutionen wie das AIL – Angewandte Interdisciplinary Lab oder das ifk – Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften zu Veranstaltungsorten des Festivals.

Ein erster Ausblick auf ausgewählte Highlights:

Coby Sey & Continue UK
Elijah UK
CEL (Felix Kubin & H. Zemler) DE/PL
Gajek DE
HxH US
Ludwig Wandinger & Yves B Golden DE/US
Nkisi UK

Rosa Anschütz DE
Sophia Eisenhut DE
Editions Mego 30 feat.
Finlay Shakespeare UK
General Magic & Tina Frank AT/DE
Hüma Utku TRK/DE
Ilpo Väisänen FIN
Nik Colk Void UK

Im Moment präsent sein

Bild des Musikers Coby Sey
Coby Sey © Ksenia Burnasheva

COBY SEY schickt den Vibe des diesjährigenFestivals voraus: selbstreflexiv, kritisch, fluid, heterogen, befreit. Sey ist Produzent, Sänger und Multiinstrumentalist aus London, dessen Musik einem stream-of-consciousness gleicht. Somnambul wandelt er zwischen den Welten, leitet uns von Trip-Hop und Post-Grime zu Jazz, Noise, Techno und Spoken Word. Er ist eine feste Größe in der Underground-Szene Londons, Mitbegründer des Kollektivs CURL (mit Mica Levi und Brother May) und langjähriger Kollaborateur von Acts wie Tirzah, Klein, Laurel Halo, oder Dean Blunt.

Zu den Opening Acts des diesjährigen Festivals zählen HXH, die am 2. September im AIL in der Alten Postsparkasse auftreten. Das Impro-Duo aus NYC, rund um Chris Ryan Williams (Trompete, Elektronik) und Lester St. Louis (Cello, Elektronik), verwebt instrumentale, dicht-wogende Klangteppiche, körnige Texturen, abstrakte Fieldrecordings, Breaks, Cuts und Beats zu imaginativen Tracks. Ihr 2025 erscheinendes Debüt auf KMRUs Label OFNOT ist zart und persönlich – ein “Tempel im Morgengrauen“.

Als Headliner:in aus dem Bereich der Club-Musik wurde NKISI announced. Melika Ngombe Kolongo produziert dichte, rhythmische Klangteppiche, inspiriert von afrikanischer Polyrhythmik, Techno und experimenteller Improvisation. Die in London lebende Produzentin ist Mitbegründerin des einflussreichen Diaspora-Labels NON Worldwide. Sie gründete nach dessen Auflösung das Label INITIATION und die Forschungseinrichtung The Secret Institute, u.a. um Trance-Strategien zu erforschen.

Zeitreisen: Von der Heimsuchung der Gegenwart durch die Vergangenheit und die Zukunft

CEL nennt sich das elektroakustische Duobestehend aus Felix Kubin und Hubert Zemler. Kubin ist einer der umtriebigsten und exzentrischsten Musiker Hamburgs, Zemler ist ein in Warschau stationierter Perkussionist. Inspiriert von Deutschlands Krautrock- und Sequenzer-Minimalismus verbinden sie die mechanische Disziplin früher Elektronik mit der anarchischen Energie von Free Jazz, Avantgarde-Komposition und DIY-Experiment. Live ist CEL zugleich präzise choreografiert und freudvoll instabil – ein sich entfaltendes System, das summt, klappert und pulsiert.

Der Künstler-Musiker Matti GAJEK greift, unterstützt von Gitarre und Elektronik, auf geisterhafte Frequenzen zurück, um seine Erinnerungen an die DDR in Klang zu übersetzen. Seine Stücke sind haunted und voll persönlicher Spuren und ungelöster Geschichten. Sein aktuelles Album „Cutting Together Apart“ (stroom.tv) gilt schon jetzt als eines der einzigartigsten Alben des Jahres 2025.

Vom Neo-Romantizismus und der Performativität abgründiger Gefühle

Ebenfalls am Eröffnungsabend auftreten wird dievielseitig talentierte Musikerin, Sängerin und Künstlerin ROSA ANSCHÜTZ, die sich zwischen Komposition und Performancekunst bewegt. Ihre Stimme ist dunkel, geheimnisvoll, entrückt. Ihre introspektiven, selbstreflexiven Songs verbinden die düstere Atmosphäre von Post-Punk und Cold Wave mit sakral-anmutender Polyphonie, synthgetriebenen Melodien und einer ausgeprägten theatralen Sensibilität. Am Unsafe+Sounds präsentiert Anschütz Songs aus ihrem kommenden Album, das im September auf dem L.A. Label Heartworm Press erscheint.

Bild der Künstlerin Rosa Anschütz
Rosa Anschütz © Rosa Anschütz

Das Debütalbum des experimentellen Produzenten, Schlagzeugers, Komponisten und Künstlers LUDWIG WANDINGER erschien dieses Jahr auf Lightyears, dem Label von Caterina Barbieri. Es zeugt von emotionalem Tiefgang und das mit großer Geste. Aus dunkel-leuchtenden Klangtexturen, harmonischen und harschen Elementen webt sich diese affektgeladene Musik, die sich — wie romantische Lyrik — an Gegensätzlichkeiten auflädt.

Lesungen, Dichtung, und textbasierte Kunstformen 

Wandinger wird gemeinsam mit der in den USAgeborenen, in Berlin lebenden Dichterin, Künstlerin und DJ YVES B. GOLDEN auftreten. Ihre Arbeiten erkunden Fragen nach menschlicher Würde und Transformation mit Hilfe verschiedener Medien. Golden moderiert das monatliche Radioprogramm Stride Breaker auf dublab – eine Klang- und Spoken-Word-Reihe, die experimentelle Musik mit persönlicher Reflexion und erzählerischer Rhythmik verbindet.

Als eine weitere Dichterin-Künstlerin wird die in Berlin lebende SOPHIA EISENHUT in einer Lesung zu erleben sein. Eisenhut untersucht in ihrer Arbeit die Performativität und Materialität von Sprache aus einer feministischen Perspektive. Sie dekonstruiert Autor:innenschaft indem sie Genres, wie Lyrik, Theorie und Prosa, und unterschiedliche Zeitebenen vermischt. Eisenhuts erstes Buch Anorexie und Gottesstaatlichkeit erschien im Merve Verlag und imaginiert das Leben einer Heiligen neu, um Fragen nach Autorität, Authentizität und Körperpolitik zu stellen. Dieses Jahr veröffentlichte sie „Spam in Alium”, erneut im Merve Verlag.

Unsafe+Sounds x Editions Mego 30 Showcase

Neben dem regulären Festivalprogramm wird Unsafe+Sounds an zwei Tagen auch den Showcase deseinflussreichen Experimentalmusik-Labels EDITIONS MEGO präsentieren. Seit drei Jahrzehnten ist Editions Mego eine treibende Kraft in der Entdeckung und Verbreitung experimenteller, genreübergreifender Klangpraktiken. Mit einem kompromisslosen Bekenntnis zu den radikalen Formen elektronischer Musik hat das Label die Sprache der Gegenwartsmusik maßgeblich geprägt – und oft vorweggenommen. Nach Jubiläumsveranstaltungen in London, Paris und Berlin würdigt man nun auch in der Label Homebase Wien dem anhaltenden Einfluss und ungebrochenen Relevanz Megos.

Als erster angekündigter lokaler Act wird das legendäre Wiener Duo GENERAL MAGIC rund um Andi Pieper und Ramon Bauer auftreten, die gemeinsam mit dem 2021 verstorbenen Peter Rehberg Begründer von Mego sind. Die beiden Produzenten gelten als Pioniere des DIYSoundexperiments. Bekannt dafür, Kühlschrankbrummen als klangliches Rohmaterial zu verwenden, vereinte ihr Debüt „Frantz“(1997) Glitch, Industrial-Techno und abstrakte Elektronik und verwischte die Grenze zwischen Club und Labor. Nach einer langen Schaffenspause erschien dieses Jahr ihr zweites Album „Bosko“.  Live arbeiten sie mit der visuellen Künstlerin TINA FRANK zusammen, deren radikale Videosynthesizer-Arbeit mit den Sounds von General Magic zu konfrontativen audiovisuellen Collagen verschmelzen.

Bild der Musikerin Nik Colk Void
Nik Colk Void © Maxime Imbert

Der finnische Künstler ILPO VÄISÄNEN gilt als Kultfigur unter Musikkenner:innen. Gemeinsam mit dem bereits verstorbenen Mika Vainio definierte er als Teil des legendären Duos Pan Sonic die Klanggrenzen von Techno, Industrial und Noise neu, aufgenommen auf selbstgebautem analogem Equipment. Auch solo verfolgt Väisänen einen rohen, minimalistischen Sound. Seine Kollegin NIK COLK VOID, auch bekannt als Gründungsmitglied von Factory Floor und Teil von Carter Tutti Void (mit Throbbing Gristle’s Chris Carter und Cosey Fanni Tutti), verschiebt erfolgreich die Grenzen von Post-Punk, Techno und Industrial Electronics durch ihren unkonventionellen Einsatz von Stimme, Gitarre und Modular-Synths.

Der in London lebende Künstler und Modular- Synth-Tüftler FINLAY SHAKESPEARE erschafft rastlosen Synth-Pop, dessen Rückgrat DIY Elektronik und Stimme bilden. Shakespeare’s Songs kanalisieren catchy Melodien mit irritierend intensiven Vocals und einem störrischen Beat. Live verbindet der charismatische Musiker improvisiertes Spiel an seinem Modular mit Post- Punk-Dringlichkeit.

HÜMA UTKU ist eine aus Istanbul stammende Komponistin und Klangkünstlerin. Mit einem Hintergrund in Psychologie widmet sie sich in ihrer Soundarbeit Sonic Fictions. Sie thematisiert innere Spannungsfelder, wie ihre eigene Mutterschaft. In ihrer jüngsten Veröffentlichung „Dracones“verwebt sie organische Industrial-Scapes mit Ultraschallaufnahmen und eindringlichen Melodien und erkundet dabei innere Landschaften und kollektive Geister.

UNSAFE+SOUNDS DISCOURSE

Bild des Musikers Elijah
Elijah © Osman Ahmed

Der erste angekündigte Diskurs-Gast der diesjährigen Edition ist niemand Geringerer als ELIJAH. Der viel rezensierte Londoner Influencer-Autor und DJ bewegt sich an der Schnittstelle von unabhängiger Musikproduktion und kritischem Diskurs. Mit über 15 Jahren Erfahrung in Künstler:innenmanagement, Labelarbeit, Eventproduktion und creative strategy hat er das einflussreiche Grime-Label Butterz mitbegründet, das maßgeblich zur Wiederbelebung von Grime und Garage in UK beigetragen hat. Sein Projekt Yellow Squares hat sich seit 2021 von einem Instagram-Format zu einer hybriden Plattform weiterentwickelt – bestehend aus visuellen Installationen, Lectures, einem Album, einem Buch und einer Vortragsreihe.

Elijah schreibt für The Guardian, war Panelist bei Sónar +D und ist Lehrbeauftragter an der SOAS University of London. In seiner Keynote setzt er sich für radikale Selbstbestimmung im sich wandelnden Musikökosystem ein – und macht sich stark für eine nachhaltige, DIY-orientierte Kulturproduktion.

Detaillierte Infos zum Programm unter https://www.unsafeandsounds.com/
Tickets: https://kupfticket.com/en/events/unsafesounds-festival-2025

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Links:
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