Unsafe+Sounds 2025 – „Time Dream Rhythm Machine“

Unsafe+Sounds ist ein avantgardistisches Festival in Wien, das experimenteller, elektronischer und Clubmusik, soziokulturellem Diskurs und künstlerischen Praktiken gewidmet ist, die die Grenzen der Gegenwart erweitern. Wahrnehmungen und Lebensweisen werden herausgefordert, um die transformative Kraft des Klangs erfahrbar zu machen. Unsafe+Sounds artikuliert Widerstand, fördert Solidarität und entwirft Zukunftsperspektiven für die Gesellschaften, in denen wir leben.

„Die Zukunft ist schon da – sie ist einfach nicht gleichmäßig verteilt.“ (William Gibson)

Die 11. Ausgabe widmet sich vom 2. bis zum 7. September der Zeit – ihren vielen Formen, Geschwindigkeiten und Politiken. Im Zentrum steht die Chronopolitik: die Kämpfe darum, wie Zeit strukturiert, kontrolliert und erlebt wird. Aufmerksamkeit gilt jenen Zeitlichkeiten, die ausgeschlossen, ausgelöscht oder begrenzt wurden. Von tiefer ökologischer Zeit bis zu Ahnenmythen, von der Beschleunigung des Jetzt bis zur verlangsamten Abbremsung, von heimgesuchten Vergangenheiten bis zu imaginierten Zukünften – die Realität wird geträumt, um sie ins Sein zu bringen.

„Du weißt, dass die Zukunft wirklich passiert, wenn du Angst fühlst.“ (Shumon Basar)

Zeit ist politisch. Sie ist nicht universell, sondern verkörpert. Zeit ist keine gerade Linie, sondern entfaltet sich in Spiralen, Brüchen und Verschiebungen. Sie ist Textur. Unsafe+Sounds will alternative zeitliche Ordnungen eröffnen, die dominante Vorstellungen von Zeit stören, Denken und Leben verunsichern und so neue Möglichkeiten des Werdens aufzeigen. Im Zentrum steht eine Chronopolitik der Gleichheit.

In einer Epoche, die vom Gefühl eines nahenden Endes geprägt ist – dem Ende von Demokratie, Liberalismus, eines bewohnbaren Planeten, in Zeiten von Krieg, Klimakatastrophe, Pandemien und Rassismus –, scheint die Gegenwart in einer „Endcore“-Stimmung gefangen: ein kollektives Empfinden, dass das Ende wie ein Asteroid auf uns zurast. Wenn die Gegenwart „in eine endlose Krisenschleife gestreckt“ ist und die Zukunft nicht mehr gebaut, sondern nur noch Katastrophe produziert wird (Bifo Berardi), dann ist das westliche Modell der Linearität, des Wachstums und der Beschleunigung verantwortlich für die „langsame Annullierung der Zukunft“ (Mark Fisher). Statt in dystopischer No-Time zu verharren, eröffnet das Festival Räume, um auf vielfältigen zeitlichen Dimensionen aufzubauen, die kapitalistische Zeit unterbrechen.

„Es soll hinfort keine Zeit mehr sein“ (Offenbarung 10:6)

Der Faschismus des 20. Jahrhunderts instrumentalisierte die Gegenwart als permanenten Krisenzustand. Zeit wurde kolonisiert, rassifiziert, ökologisch zerstört. Technologie verändert das Empfinden von Dauer, Dringlichkeit und Erinnerung. Digitale Existenzen pressen das Leben in eine ewige Gegenwart – einen „raumlosen Raum“ (Bifo Berardi), in dem Updates sofort eintreffen und Algorithmen den nächsten Schritt berechnen. Beschleunigter Kapitalismus treibt unablässig weiter an. Dem setzt Unsafe+Sounds die Ablehnung hegemonialer, linearer Fortschrittserzählungen entgegen und öffnet sich indigenen, schwarzen, queeren und antikapitalistischen Zeitpolitiken – Ursprünge radikaler Futurismen und einer zukünftigen Gerechtigkeit. Wie der Black Quantum Futurism anmerkt, ersetzt die Quantenphysik die Abfolge von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durch Gleichzeitigkeit – mehrere zyklische Zeitebenen, die parallel existieren.

„Die Uhr des Meisters ausmanövrieren“ (Rasheeda Phillips)

2025 wird eine Time Dream Rhythm Machine aktiviert – ein Instrument, um die Uhren zu hacken, die das Leben bestimmen, und für jene Räume, in denen die Zukunft ins Jetzt tritt. Die Time Dream Rhythm Machine schlägt vor: Zeitlichkeiten zu sampeln, zu loopen und zu remixen, bis lineare Fortschrittserzählungen in Spiralen kollabieren und Zeit als Verschränkung erkennbar wird.


Programm


Dienstag, 2. September
Eröffnungsnacht, Alte Postsparkasse

COLLAPSED STAR

Ein zusammengebrochener Stern ist ein Paradox der Zeit: sowohl ein Ende als auch eine Fortsetzung, ein Überbleibsel der Vergangenheit, aber noch in der Gegenwart wahrgenommen zu werden. Es ist ein Zeichen für die große Zeit. Die Eröffnungskonzerte erkunden Klang als lebendiges Archiv und zeitliches Experiment und faltet das Mikroskopische und das Kosmische, das Intime und das Unendliche zusammen.

In ROTO – SONIC BODY wird das Paradox zu erfahrungsmäßig: Die rotierende Klangskulptur beschleunigt sich bis zu dem Punkt, an dem die Bewegung zu verschwinden scheint, und schafft einen Schwerkraftstillstand, der unsere Wahrnehmung beugt. Der elektronische Musiker und Tonforscher Peter Kutin und die bildende Künstlerin Martina Moro verzogen die Raumzeit in ihrer immersiven A/V-Performance. In diesem Wirbel ist die Zeit keine neutrale Kulisse, sondern wird zu Material. Die Zusammensetzung der Zosia Hocubowska “Verderber / Hütten” geht in eine tiefe ökologische Zeit. “Lovers / Lichens” schlägt eine Zeit vor, die über Arten und Systeme hinweg geteilt wird. Inspiriert von Flechten – Organismen, die selbst Archiven der tiefen Zeit sind, bietet die Performance ein klangliches Modell der symbiotischen Zeitlichkeit. Zusammen Muciñomit KI-Soundmodellen verweben Fagott, Stimme und Archivierung in poröse, ständig wechselnde Strukturen.

Bild der Künstlerin Rosa Anschütz
Rosa Anschütz © Rosa Anschütz

Das in NYC ansässige Duo HxH navigiert die Zeit wie gelebt, gefühlt. Ihre zutiefst auratischen Improvisationen spiegeln das persönliche und kollektive Gedächtnis wider. Chris Ryan Williams und Lester St. schöpfen aus ihrer eigenen Geschichte als schwarze Musiker innerhalb einer historisch ausschließenden elektroakustischen Tradition. Louis stellt sich auch damit auseinander, wie kulturelle Zeitpläne gebaut, bearbeitet und gelöscht werden. Ihre Ambient-Tracks bauen von heimgesuchten Schleifen der Vergangenheit. Die facettenreiche Künstlerin Rosa Anschütz bewegt sich zwischen Komposition und Performancekunst. Ihre introspektiven, selbstreflexartigen Songs verschmelzen das dunkle Ambiente von Post-Punk und Kältewelle mit ätherischer, heiliger Polyphonie, Synthie-getriebener Melodien und einer ausgeprägten theatralischen Sensibilität, die aus der Zeit gefallen zu sein scheint.

19:00 – Zosia Holubowska feat. Mucino vor. Schuhe / Schlauch (AT/PL/MEX)
20:00 – HxH (US)
21:00 > ROTOR (AT)
22:00 > Rosa Anschütz
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Mittwoch, 3. September
WUK, Projektraum

LUCID GHOSTS

Lucid Ghosts verweilt im zeitlichen Nachglühen – die Phantome, die nach den Ereignissen fortbestehen. Die Nacht präsentiert klangliche Erinnerungen, die zwischen persönlicher Erfahrung und kollektiver Geschichte flackern. Wir bewegen uns durch die Politik des Gedächtnisses: wie Geschichten erhalten oder neu geschrieben werden und wie der Klang Geister hörbar machen kann.

Kampan, ein kurzlebiges Trio, das sich zwischen Improvisation, experimentellen Texturen und frei schwebenden Formen bewegt, eröffnet die Nacht mit einem Set, das sich wie eine Séance anfühlt – kanalisierte Klangströme, die vor Atmosphären getrocknet sind.

Das in Wien ansässige Sänger-Musiker-Groine schafft intime, zerbrechliche Klanglandschaften, die Verlust, Gedächtnis und Transformation navigieren. Ihre Auftritte entfalten sich in privaten Erinnerungen, verschmelzen ätherische, Ambiente-Atmosphären mit melodischen Fäden, immer am Rande des Verblassens.

Der Berliner Künstler Gajek arbeitet mit den heimgesuchten Frequenzen postsozialistischer Erinnerung. Geboren in der DDR, stimmt er Kraut-inspirierte Strukturen und „Kindergalgeber“ in glitchige, gebrochene Zeitkristalle um – Kompositionen, die sich wie Übertragungen aus parallelen Zeitleisten anfühlen, wo persönliche und kollektive Geschichten verschwimmen und gewürdigt werden.

Die emotional hochgeladenen, mikrotonalen Harmonien des Berliner Produzenten und Schlagzeugers Ludwig Wandinger treffen auf Dichter Yves B. Goldens hypnotische Stimme in einer Zusammenarbeit, die teils Traumlandschaft ist, teils Beschwörung. Ihre Arbeit bewegt sich in neoromantische Bereiche, die irgendwo zwischen Dunkelheit und Licht, Schönheit und Abrieb liegen. Worte, Klänge und Intensitäten schwingen aufeinander und Zeitlinien überlappen sich.

18:00 > Kampan (AT)
19:00 rogine (AT/IRN)
20:00 – Gajek
21:00 – Ludwig Wandinger feat. Yves B Golden (DE/US)
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Donnerstag, 4. September
Porgy&Bess

TIME INFOLDING

In der Zeit ist das Erzählen von Strömen und Strömen, von Bewusstsein, von Klang und Zeit. Die Unterscheidung zwischen Vergangenheiten, Gegenwart und möglichen Zukünften kollabieren, führen uns die geladenen Künstler in geschichtete Realitäten. Hier ist Zeit keine gerade Linie, sondern ein Stoff, der gefaltet und neu verwoben werden kann. Jede Aufführung bietet einen anderen Kosmos, vom politischen Gedächtnis bis zur intimen Reflexion.

Der Wiener Schlagzeuger Lukas König und der kurdisch-kanadische Pianist und Komponist Kasho Chualan treffen sich in einer mit Spannung aufgeladenen Zusammenarbeit, da die intime Akustik in Kontrast zu ekstatischen Ausbrüchen steht. Königs zerbrochene Beats und geformtes Feedback kollidieren mit Chualans taktilen vorbereitetem Klavier und Elektronik, die unterschiedlichen musikalischen Linien und persönlichen Geschichten entgegentreten.

Die in Simbabwe geborene Literatur- und Klangkünstlerin Belinda Zhawi kanalisiert Diaspora-Erzählungen durch gesprochenes Wort, Free Jazz und experimentelle Elektronik. MA.MOYOs Stimme wird zum Träger der Poesie, der aus den Falten der gelebten und geerbten Zeit spricht, der Erinnerung, die über die Geographien übertragen wird, wo sich die Geschichten überschneiden und Identitäten ständig umgeschrieben werden.

Bild des Musikers Coby Sey
Coby Sey © Ksenia Burnasheva

Einer der Protagonisten der Londoner Musik im Underground ist Sänger und Multiinstrumentalist Coby Sey. Zusammen mit seiner illustren Band Continue – feat. Momoko Gil und Raisa K. – er nähert sich der Musik als Bewusstseinsstrom, inspiriert von einer Gegenwart, die mit gelebter Erfahrung und der urbanen Psychogeographie der Stadt Londons inspiriert ist. Trip Hop, Post-Grau, Jazz, Lärm und gesprochenes Wort verschwimmen in eine Gegenwart, die mit Spuren von dem, was war, verwischt.

Zum Abschluss des Abends löst Mara Never die Ränder zwischen Wach- und Traumort auf. Ihre atmosphärischen, sprachgesteuerten Sets bewegen sich wie nächtliche Rituale durch Text, Textur und Ton.

21:00 – Lukas König & Kasho Chualan (AT/CDN)
22:00 > MA.MOYO (ZWE/UK)
23:00 – Coby Sey (UK)
00:00 – Mara Never (AT)
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Freitag, 5. September
WUK Projektraum

LIGHTSPEED BACK HIERTER

Die Lichtgeschwindigkeit ist ein Maß für den ultimativen Vorwärtsrausch; auch hierhin ist die Rücknahme. Gemeinsam skizzieren sie ein Paradox: Bewegung so schnell schlängelt es sich zurück ins Gedächtnis, Futurismus verheddert sich mit Trümmern der Vergangenheit. Heute Abend versammelt Künstler, die die Chronologie bleiern.

Die Künstlerin, DJ und Mitbegründerin der Post-Punk- / Wellenparty-Serie Sniffin’ Glue, Annie High gibt den zeitlichen Ton für den Abend an und fädelt die Ära des Sounds zusammen, die nie ganz bleiben. Die Berliner Dichterin und Künstlerin Sophia Eisenhut schichtlich, Theorie und Prosa in feministische Kritik von Sprache und Macht. Indem Eisenhut historische Figuren, Spleiß-Genre neu erfindet, baut Eisenhut die Linearität der literarischen Tradition auf und öffnet das Schreiben in einen Raum, in dem Vergangenheit und Gegenwart koexistieren. Ähnliches gilt für das Berliner Das Wettbüro. Das Duo handelt in Präzision und Spiel – ihre motorischen Rillen, Retrochic-Texturen und formverändernde Arrangements fühlen sich wie Sendungen aus mehreren musikalischen Jahrzehnten auf einmal an. Ausgehend von Krautrock, Pre-Vereinigungs-Disco und experimentellem Hörspiel spielen sie mit Geschichte und stellen die Vergangenheit als surreale, zeitraubende Reise um. Das elektroakustische Duo CEL, bestehend aus dem sonic Magier Felix Kubin und dem Schlagzeuger Hubert Zemler, fusioniert den Sequenzer-Minimismus mit Free-Jazz-Volatilität und bastelnd choreografierten und dennoch freudig instabilen Live-Sets. Ihr Klang pulsiert mit einer Maschinenlogik ständig am Rande des Zusammenbruchs und kanalisiert den Geist der deutschen experimentellen Linie in ihren retrofuturistischen Tracks, während sie eine SciFi-getriebene Erzählung um sie herumdreht. Wiens Autor findet Punks Dringlichkeit in Hardcore-, Metal- und Avant-Rock-Geschichten, die es in etwas Ekstatisches und Unmittelbares übersetzt. Die ungezähmte Leadsängerin Hannah Todt verwandelt die Menge in einen kochenden Moshpit. Das ist jetzt.

18:00 – Annie High
19:00 – Lesung Sophia Eisenhut
19:30
20:30 CEL (Felix Kubin & Hubert Zemler)
21:30 > Autor
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Freitag, 5. September
Flucc Deck

PHASE SHIFT

Eine Phasenverschiebung markiert den Moment, in dem zwei Wellenformen aus oder im Gegenteil in Einklang fallen. Mit der Zeit ist es die Schwelle, wo ein Staat ein anderer wird, wo Veränderung nicht allmählich, sondern abrupt ist und die Wahrnehmung nachgibt. Das heutige Line-up aktiviert diese Idee über Club-Rhythmen, experimentelle Elektronik und diasporisches Klang-Storytelling hinweg und verwandelt die Tanzfläche in ein Multiversum von Zeitschleifen und veränderten Flugbahnen. Jedes Set neigt die Achse: Beschleunigung, Verlangsamung oder einfach durch temporale Register rutschen.

Dasychira mit Sitz in NYC arbeitet in Fantasy-Elektronik und beschwört geschichtete, filmische Kompositionen herauf, die die Realität und die Imaginierte verwischen. Jede Strecke ist sehr emotional aufgeladen, eine Reise durch liminale, traumhafte Zeitlichkeiten. Ähnliche Qualitäten sind der Klangpalette vonb1unt b1ade inhärent. Das Alter-Ego des Künstler-Musikers Jessyca R. Hauser bewegt sich zwischen Verletzlichkeit und Kraft, Webarbeit industrieller Texturen, Chorresonanz und Drohnen in atmosphärische Klanglandschaften, die zwischen dem Intimen und dem Monumentalen flackern. Komponist, Produzent, DJ, Mille-Plateaux-Labelhead und kritischer Tonkulturforscher, Lain Iwakura verbindet Lärm, Rhythmus und theoretische Untersuchung von Aufführungen, die unsere Rhythmen und die theoretische Untersuchung der Aufführungen verunsichern. Der zweite Teil des Abends ist der unglaublich breiten Palette von Rhythmen gewidmet, die von dem typischen westlichen Dancefloor-dominierenden 4/4-Beat abweichen und Stimmen aus dem sogenannten globalen Süden hervorheben. Der erstaunliche DJ und Produzent Vanyfox, die sich aus der angolanischen Batida, Kuto und Lissabons afro-diasporischem Puls schöpfen, bringt treibende Energien, die die Tradition und den kosmopolitischen Futurismus auf der Tanzfläche überbrücken.Ein Gestaltverschiebung zwischen Kontinenten und Genres, Ephemerverwandeln verwandelt ihre Aufführungen in ein Portal, das in ein Portal kollidiert und zersplittert. Zwischen Dhaka und Wien zeichnet queere BIPOC-zentrierte Clubgeschichten auf, die percussionlastige Mischungen schichten, die globale Südrhythmen mit diasporischer Nostalgie verbinden. Mit subtilen Atmosphären, vielschichtigem Drama und einem Fokus auf lateinamerikanische Produzenten schließt mich Patrick die Nacht mit tiefen, narrativen Auswahlen ab, die das Gefühl von Ort und Zeit auf der Tanzfläche ausdehnen.

22:30 – Lain Iwakura gegen
23:00 – 1 bunt b1ade
23:30 – Ephemer
00:30 – Dasychira
01:30 Vanyfox
03:00 > mwo
04:30 > rufen Sie mich Papa an
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Samstag, 6. September
Pratersauna

BECOMING

Zu werden bedeutet, dem Festen zu widerstehen, zu verwandeln, sich zu entwickeln, sich zu entfalten – in einem Zustand des kontinuierlichen Wandels zu existieren, in dem Identitäten, Körper und Rhythmen im Fluss gehalten werden. In chronopolitischer Hinsicht wird das Ignorieren des linearen Fortschritts, sich stattdessen durch Schleifen und Transformationen bewegt. Das heutige Programm feiert Musik als Medium der Metamorphose: wechselnde Formen, sich aufzulösende Grenzen und Öffnungsportale für Staaten, die ekstatisch und kollektiv sind. Über zwei Etagen bewegt sich die Nacht von der langsamen atmosphärischen Verführung zu hochenergetischen Ekstasen, durchquert die vielen zeitlichen Register der Tanzfläche von Techno zu Haus, UK-Bass zu Trance BECOMING geht nicht um die Ankunft – es geht um die Freude am Übergang, frei befreiende Energien zu setzen.

Das Eröffnungsset kommt von Luca Carlotta, der Digi-Dub, kosmischen Synthie-Pop und vielfältige Rhythmen in verspielte, stimmungsverändernde Sets webt, die unerwartete Ausbrüche in hypnotische Grooves brechen. Der Wiener Produzent Philipp Pettauer aka Fingers of God verschmilzt tiefe atmosphärische Texturen mit IDM- und UK-Bass-beugenen Club-Rhythmen in seinen modularen Live-Sets. Er balanciert komplizierte Klangdetails mit körperlicher Wirkung. Der in London ansässige Hersteller, DJ und Labelhead Nkisi hingegen kanalisiert alte Kongo-Rhythmen, elektromagnetische Frequenzen und Trancestrategien in intensive, physisch aufgeladene Sets. Nkisi erforscht die Geheimnisse und Geheimnisse des Schwingungsrhythmus, das Ritual als gesellschaftspolitisches Werkzeug, unsichtbare gestische Sonics und Lärm-Tantra. Ähnlich wie Nkisi verbindet zey Traditionen und schafft Befreiungsräume auf der Tanzfläche. Sie kartieren klangliche Verbindungen über schwarze zeitgenössische Musik, um emanzipatorische Energien freizulassen. Wir fahren mit frechem Haus und versauter progressiver Trance fort. Einer der originellsten aufstrebenden Produzenten und DJs ist die in Montreal geborene Maara aus Berlin. In ihren versauten, frechen Tracks bringt sie eine charakteristische Mischung aus Progressiven, Trance und Haus in den Club. Euphorisch, sapphisch und unentschuldigt verspielt. Der lokale DJ und Kissen Club-Serie-Host aua&angst halten die Energie mit Verschiebungen zwischen Ballsaal, Breakbeats und femme-empowering Gesang, ausgleichende Anspielbarkeit mit einer kritischen Linse auf der Rolle des DJs. jes-whereyouat ist Teil des neu gegründeten Presshouse-Kollektivs. Sie wird die Nacht mit sinnlichen Auswahlen schließen, die vom Haus zum Unerwarteten ziehen und den Groove bis zum Morgen am Leben erhalten.

Main
22:30 – Luca Carlotta
00:00 – Fingers Gottes
01:00 > zey
02:00 > Nkisi
03:30
05:00 > aua&angst
06:30 > jes-whereyouat

Auf dem Bunker Floor, dem Wiener Produzent, beginnt Superskin die Nacht mit lofi-dub-inflektierten Kompositionen, die mit Melodie und Rhythmus verführen und die Zuhörer in verduntestete Trance-Zustände ziehen. Seine Kollegin, DJ und Produzentin Flower Crime liefert in ihren DJ-Sets, die Tracks kristalliner Präzision bieten, mit minimalem, pulsierendem Techno. Die Nacht geht weiter mit einem Live-Set von Mitra aus Wien. Das Duo wird psychedelische, subfrequenzreiche Atmosphären formen und das Publikum durch Wiederholung und subtile Intensität in kollektive Trancen führen. Das in Budapest ansässige DJ Zituli Space Project vereint Trance, Hypnose-Techno und progressiv. Ihre Sets verlaufen tief, ähnlich schamanischen Reisen durch alte und zukünftige Imaginäre von kosmischem Ausmaß. Schließlich schließt Kollektiv Ärger-Bewohner und Served-Club-Gastgeber saschka den 2. Stock. Er fährt die Grenze zwischen Hypnose und Euphorie mit trippigen Grooves, verführerischen Synths und warmen Atmosphären.

Bunker
23:00 – Superskin
00:00 – Blumenverbrechen
01:30
02:30 > Zituli Space Project
04:30 > saschka
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Samstag, 6. Und 7. September
WUK Projektraum

EDITIONS MEGO 30

Unsafe+Sounds präsentiert ein spezielles zweitägiges Schaufenster, das 30 Jahre des legendären Labels Editions Mego feiert. Nach Jubiläumsveranstaltungen in London, Paris und Berlin kommt nun die Feier in Wien an – der Heimatstadt des Labels. Seit drei Jahrzehnten ist Editions Mego eine treibende Kraft in der Entdeckung und Verbreitung experimenteller, genreverachtender Klangpraktiken. Mit einem kompromisslosen Engagement für die radikalen Kanten des elektronischen Sounds hat das Label das Vokabular zeitgenössischer Musik geprägt und oft erwartet. Diese Wiener Ausgabe würdigt Megos anhaltenden Einfluss und anhaltende Dringlichkeit.

Editions Mego 30 – Tag 1

Die Musik des Keyboard-Spielers und Im-Verfahrens Philipp Quehenberger existiert seit 20 Jahren als konsequente Sorte im österreichischen Untergrund. Sein Output ist eine knackige Kombination aus Tanzbodeneifere und tiefer Disko-Desorientierung. Die in Stockholm lebende Künstlerin Klara Lewis folgt, baut geschichtete, sich verschiebende Klangfelder, in denen Umgebungsstruktur mit Geräuschabrieb kollidiert. Sie hat das letzte Jahrzehnt damit verbracht, Alben zu schaffen, die gleichermaßen zart und brutal sind, und hat Anerkennung für ihren einzigartigen Sound und ihren innovativen Ansatz zur Komposition gewonnen. Die Mego-Mitbegründer Ramon Bauer und Andi Pieper aka General Magic begleiten die bildende Künstlerin Tina Frank für eine ihrer seltenen Shows. Bekannt dafür, Kühlmäcker zu klanglichem Rohmaterial zu machen, mischte ihre Debüt Frantz (1997) Panne, Industrie-Techno und abstrakte Elektronik und löste die Linie zwischen Club und Soundlabor auf.

Bild der Musikerin Nik Colk Void
Nik Colk Void © Maxime Imbert

Die Nacht endet mit Nik Colk Void, dessen gebrochene Gitarre, Stimme und modulare Synthese volatile Zustände zwischen Clubpuls, Industriedichte und elektroakustischem Raum schaffen. Als Gründungsmitglied von Factory Floor und ein Drittel von Carter Tutti Void (mit Chris Carter und Cosey Fanni Tutti) hat sie lange die Grenzen der Post-Punk- und Industrieelektronik verschoben.

18:00 Philipp Quehenberger
19:00 Klara Lewis
20:00 General Magic & Tina Frank
21:00 Nik Colk Void
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Editions Mego Tag 2

Sonntag zeichnet andere Koordinaten des Mego-Netzwerks nach. Chra öffnet sich mit niederfrequenter, bandverarbeiteter Elektronik, die auf Landschaften sowohl intim als auch fernen hindeutet. Stefan Juster aka Jung An Tagen erforscht die Grenzen von Techno und dissoziativer Computermusik. Er testet Strategien der physischen Orientierungslosigkeit und der kraftvollen Klangphänomene, die Geist und Körper dazu ermutigen, ihren eigenen Platz in der Raumzeit zu berechnen und zu durchschneiden. Der finnische Künstler Ilpo Väisänen fungiert als Kultfigur für ein hingebungsvolles Publikum. 1992 gründeten Mika Vainio und Ilpo Väisänen Panasonic, die später Pan Sonic wurde. Das Duo definierte die klanglichen Grenzen von Techno, Industrial und Noise mit hausgemachter Analogausrüstung neu. Väisänen hat weiterhin einen einzigartigen Weg durch Soloprojekte unter Aliasnamen wie I-LP-O In Dub gebahnt und seinen rohen Klang-Minimismus ausgearbeitet. Hüma Utku verwebt industrielle Texturen, Feldaufnahmen und Melodien in Erzählungen des inneren und kollektiven Gedächtnisses. Ausgehend von ihrem Hintergrund in der Psychologie befragt sie Themen des menschlichen Zustands, der Dualitäten und des Theaters in einem narrativen Ansatz. Ihre Musik erkundet innere Landschaften und kollektive Spuks. Der in London lebende Künstler und modulare Synthie-Chef Finlay Shakespeare schmiedet unruhigen Synthie-Pop aus einem Hintergrund in DIY-Elektronik und modularem Design und Brückenschlag den Hooks der 80er Jahre mit dem Grimm des experimentellen Sounds. Seine Alben kanalisieren melodische Intensität durch analoge Schaltungen, rohe Vocals und dichte rhythmische Energie.

17:00 Chra
18:00 Jung an Tage
19:00 Ilpo Väisänen
20:00 Hüma Utku
21:00 Finlay Shakespeare
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