Mit „Marigold“ schlägt Taineh ein neues Kapitel auf – eines, in dem sie negative Erfahrungen in etwas Positives verwandelt: Schmerz in Musik, Verletzlichkeit in Kraft. Im Gespräch erzählt die österreichische Soul- und R&B-Künstlerin, warum der richtige Moment für ihre erste Veröffentlichung erst 2024 gekommen ist, welche Bedeutung ihr Künstlername für sie hat und wofür die Ringelblumensalbe für sie symbolisch steht. Es ist ein Einblick in den Prozess einer Musikerin, die neu definiert, wie sie klingen – und fühlen – möchte. Im Interview mit Romy-Christin Theune spricht Taineh über Aufbruch, das Sich-Treiben-Lassen und die Kraft eines Sounds, der heilt.
Wie und wann ist Taineh entstanden?
Taineh: Musik war bei mir schon von klein auf ein großer Teil meines Lebens. In meiner Familie wurde das immer gefördert – ich war in der Musikschule, habe in verschiedenen Projekten mitgewirkt und Musik war einfach immer um mich herum. Später habe ich dann Konzertfach Jazzgesang an der KUG in Graz studiert. Trotzdem war Soul und R&B immer das, was mich am tiefsten berührt hat.
Ich erinnere mich zum Beispiel daran, dass ich als Kind in der Volksschule Sister Act 2 gesehen habe – da war Lauryn Hill dabei. Und da dachte ich: Wow, wenn man so singen kann, ist das einfach etwas ganz anderes. Da war mir klar, dass es, wenn ich mal mein eigenes Projekt starte, nicht primär Jazz sein wird.
Was bedeutet der Name Taineh?
Taineh: Ich wollte etwas, das schön klingt und in das R&B-/Soul-Spektrum passt. Martina Schlemmer war mir als Künstlername zu unpassend für die Ästhetik meiner Musik und so ist dann Taineh entstanden – vielleicht leitet es sich irgendwo von Martina ab, aber das war nicht bewusst geplant. Es ist ein eigenständiger Name geworden, der sich einfach richtig angefühlt hat.
Du hast also schon dein ganzes Leben mit Musik zu tun. Was hat dich 2024 dann dazu bewegt, deine erste Single zu veröffentlichen – und wieso nicht schon früher?
Taineh: Gute Frage. Mein Studium hat mir sehr viel abverlangt und ich wollte es erst abschließen, bevor ich mich voll und ganz auf meine eigene Musik konzentriere. Während des Studiums ist zwar schon vieles parallel entstanden, aber ich wusste: Wenn ich etwas veröffentliche, möchte ich meine ganze Energie reinstecken.
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Also wolltest du dir die Freiheit nehmen, dich nach dem Studium ganz auf deine Musik einzulassen?
Taineh: Genau. Ich wollte mit einem anderen Blickwinkel an mein eigenes Projekt herangehen – frei von akademischen Erwartungen oder Kriterien. Einfach Musik so machen, wie ich sie fühle.
Deine neue EP heißt „Marigold“. Was bedeutet der Titel für dich?
Taineh: „Marigold“, also das Lied, ist für mich etwas sehr Positives. Der Track verarbeitet zwar Schmerz und negative Emotionen, wandelt sie aber in etwas Heilsames um. Ich habe eine Kindheitserinnerung an Ringelblumensalbe – das war bei uns immer so ein Allheilmittel für alles. Deshalb wurde „Marigold“ auch der Titel der EP.
Insgesamt geht es auf der EP darum, mit Negativem umzugehen, es zu transformieren und loszulassen. Die Songs – „Show Me the Light“, „I Feel Much Better“ und „Walk With Me“ – tragen alle eine positive, aufbauende Energie in sich.
Ich kann nicht kontrollieren, was mir widerfährt, aber ich kann entscheiden, was ich daraus mache
Gibt es eine Zeile, die dir besonders viel bedeutet?
Taineh: Ja – „They used to be my enemies, I turned them into new melodies.”
Das fasst für mich alles zusammen. Ich kann nicht kontrollieren, was mir widerfährt, aber ich kann entscheiden, was ich daraus mache. Musik schreiben ist für mich Verarbeitung – und das ist eines der wichtigsten Dinge überhaupt.
Wie entsteht bei dir ein Song? Schreibst du zuerst die Texte, oder kommt zuerst die Melodie?
Taineh: Meistens passiert das gleichzeitig. Oft beginne ich mit einem Gefühl, ohne konkreten Plan – einfach schauen, was kommt. Melodie, Akkorde und Text entwickeln sich dann gemeinsam. Bei der „Marigold-EP” habe ich viel mit David Sladek gearbeitet. Wir produzieren gemeinsam und lassen uns einfach treiben. Die nächsten Songs entstehen allerdings wieder mehr allein – nur mit Klavier.
Wie hat sich deine Musik seit deiner ersten EP „Lioness“ verändert?
Taineh: „Lioness“ war sehr elektronisch und glatt produziert – typisch contemporary R&B. Damals habe ich viel SZA und Summer Walker gehört. Jetzt ist alles organischer, roher und verletzlicher. Ich habe gemerkt, dass ich mich in diesem natürlichen, live-instrumentierten Sound viel wohler fühle – inspiriert von Künstlerinnen wie Clairo.
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Wer war an der Produktion von „Marigold“ beteiligt?
Taineh: Hauptsächlich David Sladek und ich. Später haben wir mit Mathias Garmusch (Produzent von Sladek und Salò) weitergearbeitet, in seinem Studio in Wien. An zwei Tracks hat Raphael Vorraber (Drummer von Sladek) mitgewirkt – bei „Show Me the Light“ und „Marigold“. Gloria Handler hat bei „Walk With Me“ und „I Feel Much Better“ mitgespielt. David spielt Bass und Gitarre, ich die Keys – vieles entsteht also im gemeinsamen Prozess.
Du hast schon einige Live-Auftritte gespielt – wie war das, deine eigene Musik auf der Bühne zu performen?
Taineh: Unglaublich! Es ist natürlich aufregend und auch ein bisschen scary, aber es gibt nichts Schöneres, als die eigene Musik live mit Menschen zu teilen. Wenn dann Leute im Publikum mitsingen – auch welche, die ich gar nicht kenne – das ist einfach Gänsehaut. Live spiele ich immer mit Band. Das ist mir total wichtig.
Wenn du dir eine Bühne aussuchen könntest – egal ob real oder fiktiv – wo würdest du gerne einmal spielen?
Taineh: (lacht) Darf man träumen? Dann sage ich: Coachella!
Ich finde, meine Musik passt auf viele unterschiedliche Bühnen, aber Coachella wäre schon ein Traum. Und natürlich mit meiner Band!
Können wir für 2026 schon mit neuer Musik rechnen?
Taineh: Auf jeden Fall – es gibt viele Ideen und Songs! Aber mehr verrate ich noch nicht. Erstmal darf „Marigold“ richtig raus in die Welt.
Du bist auch auf Social Media aktiv – wie siehst du die Rolle dieser Plattformen für dich als Künstlerin?
Taineh: Es ist Fluch und Segen zugleich. Am Anfang habe ich den Druck gespürt, überall aktiv sein zu müssen – vor allem auf TikTok. Mittlerweile sehe ich es spielerisch. Es ist eine Chance, Menschen zu erreichen, die sonst vielleicht nie von mir gehört hätten. Ich versuche, das Positive zu sehen und Social Media als kreatives Tool zu nutzen – nicht als Pflicht.
Das merkt man auch – dein visueller Stil ist sehr stimmig. Hast du das Cover von „Marigold“ selbst gestaltet?
Taineh: Die neuen Fotos sind gemeinsam mit Miriam Bichler entstanden – ganz spontan, ohne festes Konzept. Wir haben eine ähnliche Ästhetik und da sind einfach viele schöne Shots entstanden. Einer davon war dann das perfekte Cover für „Marigold“. Bei meiner ersten EP habe ich mit Tobias Nussbaumer zusammengearbeitet, mit dem auch die Musikvideos entstanden sind.
Deine Songs behandeln Themen wie Liebe, Feminismus und Nostalgie. Gibt es eine übergeordnete Botschaft, die du mit deiner Musik vermitteln möchtest?
Taineh: Ich glaube, die wichtigste Botschaft ist: uplifting.
Selbst wenn ein Song traurig ist, soll er am Ende ein Gefühl von Stärke und Heilung vermitteln. Ich möchte, dass sich Menschen nach meiner Musik besser fühlen – irgendwie leichter.
Gibt es noch etwas, das du zum Schluss teilen möchtest?
Taineh: Nur, dass ich mich riesig auf die kommenden Shows freue – am 13.11. in Graz im p.p.c. und am 19.11. im Kramladen in Wien.
Perfekt – dann danke dir, Taineh, für das schöne Gespräch!
Taineh: Danke euch – war echt ein sehr nettes Interview!
Romy-Christin Theune
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Taineh live
19.11. Kramladen, Wien
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Links:
Taineh – Instagram
Taineh – Homepage
Marigold – Spotify
