Bei LIL JULEZ ist es recht schnell gegangen. Wie aus dem Nichts erschienen, gelang es dem 24-jährigen Wiener schon mit seinen ersten Singles viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Top-Chartplatzierungen in Österreich und europaweiter Airplay zeugen vom großen Potential dieses Künstlers. Dass all dies passierte, verwundert nicht wirklich, trifft der Sound seiner Musik doch genau den Zahn der Zeit. LIL JULEZ überführt die Ästhetik der 1960er und 1070er Jahre in den Indieklang der Jetztzeit, und das mit viel eigenem Charakter, Charisma und einem Händchen für starke Melodien, die schnell Eingang in die Gehörgänge finden. Selber schreibt der Wiener seine Musik dem Bedroom-Pop zu. Wie sich dieser genau definiert, was es mit seinem Hang zum Absurden auf sich hat und wie die Arbeiten zu seinem jetzt erscheinenden Debütalbum „It Was A Hoax” (Fabrique Records; VÖ: 24.3.) ausgesehen haben, erzählt der talentierte Songschreiber im Interview mit Michael Ternai.
Im letzten Jahr bist du mit ein paar Singles – quasi aus dem Nichts kommend – plötzlich auf der Bildfläche gestanden. Jetzt veröffentlichst du mit „It was a hoax“ dein Debütalbum. Das scheint ja recht flott gegangen zu sein.
Lil Julez: Jein. Im Grunde sind die meisten Lieder ja schon älter. Manche habe ich schon 2015 geschrieben. Nur waren sie noch nicht fertig produziert. Das ist im letzten Jahr passiert. Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich sie jetzt quasi als junger Erwachsener reif und selbstbewusst genug bin, dieses Album zu veröffentlichen.
Es ist ein sehr schönes Album geworden. Zunächst einmal vielleicht eine Begriffsklärung. Im Pressetext steht, dass du deine Musik dem Bedroom-Pop zuordnest. Kannst du Leuten älterer Generation kurz erklären, was Bedroom-Pop ist.
Lil Julez: Bedroom-Pop definiert sich nicht unbedingt nach der Machart. Vielmehr handelt es sich hier um einen neuen Indiesound, der seine Anfänge ursprünglich in Los Angeles hatte und aus dem Lo-Fi-Bereich kommt. Was jetzt aber nicht bedeutet, dass die Musik in der Garage aufgenommen wird. Sie klingt einfach nur so, als wäre sie dort entstanden.Und sie klingt auch nicht mehr nach zum Beispiel den Foo Fighters, sondern geht in Richtung solcher Acts wie Clairo oder Pink Pantheress. Man kann sagen Bedroom-Pop ist Neues mit Indie-Flair.
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Auf jeden Fall lässt sich der Sound deiner Musik als sehr positiv und uplifting beschreiben.
Lil Julez: Das kommt wahrscheinlich von den Melodien, von denen die meisten in Dur geschrieben sind und deswegen für diese Stimmung sorgen. Mein Produzent Patrick Vanek und ich haben aber schon sehr darauf geachtet, das Ganze dann doch auf eine höhere Ebene zu heben. Patrick hat mit seiner großen Sammlung an Synth-Sounds und dem Wissen, diese auch perfekt einzusetzen, den Songs einen ganz eigenen Touch verliehen. Für mich ist Patrick ein echter Synth-Gott.
Das Interessante an deinen Songs ist zudem, dass deren Stimmung selten mit den Texten einhergeht. Die gehen nämlich eine doch recht nachdenkliche Richtung.
Lil Julez: Ich muss dazusagen, dass bei mir beim Schreiben eines Songs die Musik und auch die Gesangsmelodien immer zuerst kommen. Die sind schon da, bevor ich überhaupt darüber nachdenke, worum es im Lied überhaupt gehen soll. Und da kommt es schon vor, dass der Song von der Stimmung her sehr positiv ist, obwohl ich in dem Moment eigentlich eher unglücklich bin. Die Musik kommt einfach so aus mir heraus. Mit den Texten versuche ich, den Songs dann aber doch immer eine weitere Ebene hinzuzufügen, damit sie nicht ins Oberflächliche und Platte abgleiten. Ich finde, das ist ein Kontrast, der die Songs als Gesamtkunstwerk wieder interessanter macht. Würde ich jetzt einen total traurigen Song schreiben, würde der Text zu diesem wahrscheinlich total happy sein [lacht].
„Bei mir ist aber eher der Hang zum Absurden stark ausgeprägt.“
Wie würdest du eigentlich deine wahre Persönlichkeit beschreiben. Happy wie deine Musik oder traurig wie deine Texte.
Lil Julez: Ich bin natürlich schon auch eine bissi bipolar [lacht]. Bei mir ist aber eher der Hang zum Absurden stark ausgeprägt. Vor allem in der Kunst. Mir ist es das Allerwichtigste, dass etwas nie on the nose ist. Deswegen auch der Kontrast. Es darf halt nie langweilig werden. Es muss schon anders als bei allen anderen sein. Und ich versuche, so zu sein.
Wie man von dir liest, bist du sehr stark von der Popmusik der 1960er und 1970er Jahre beeinflusst. In höre in deinen Songs auch stark Elemente aus dem New Wave durch. Wie bist du eigentlich musikalisch sozialisiert worden? Wer waren in deiner Jugend deine Helden?
Lil Julez: Das ist eigentlich eine ganz witzige Geschichte. Als ich mit etwa 12 die Musik für mich entdeckt habe, stieß ich eines Tages auf meinem Handy auf eine Reihe von Liedern, bei denen weder die Titel noch die Namen der Artist angegeben waren. Sie wurden von woanders auf mein Handy rüber gespielt und liefen deswegen als „Unknown“. Ich habe also nicht gewusst, von wem das ist, was ich da hörte. Aber die Songs begeisterten mich wahnsinnig. Als ich dann draufgekommen bin, dass es Songs der Beatles waren, habe ich mich im ersten Moment ein wenig geschämt, weil ich es nicht erkannte, dass die Songs von dieser Band stammen. Später kam dann auch noch Nirvana hinzu, die mich ebenfalls eine Zeitlang begleiteten. Diese beiden Acts waren in meiner frühen Jugend sehr einflussreich. Sie waren auch der Grund dafür, dass ich mit dem Gitarrespielen begonnen habe. Dann bin ich immer mehr zur modernen Popmusik und schließlich zum Bedroom-Pop von Acts wie Mac DeMarco, Pink Pantheress oder Clairo gekommen. Das fand ich extrem geil. Reduzierte Lo-Fi-Musik, die aber von der Melodieführung ziemlich clever ist. Dieser Aspekt, dass die Gesangsmelodie durchdacht ist, liegt mir besonders.
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Das heißt es, war für dich auch sofort klar, in welche Richtung du mit deiner Musik gehen willst.
Lil Julez: Eigentlich ja. Ich habe wirklich viel Zeit damit verbracht, im Internet auf den diversen Plattformen wie YouTube herumzustöbern, was für Musik die Leute auf der ganzen Welt machen und wie die Dinge eigentlich klingen können. Das Internet war dahingehend eine echte Inspirationsquelle, die mich letztlich auch zum Bedroom-Pop geführt hat. Mir war sofort klar, dass ich das auch machen will.
Inwieweit spielt Perfektionismus bei dir eine Rolle?
Lil Julez: Eine extrem große. Von unserer dritten Single „All About The Leader“ zum Beispiel gibt es sicher ungefähr hundert Versionen. Geschrieben habe ich das Lied eigentlich schon 2015. Gearbeitet an diesem habe ich bis 2022. Ich bin schon sehr perfektionistisch und feil an den Dingen wirklich so lange herum, bis sie für mich passen. Zumindest zum Teil, weil irgendwann muss man dann schon loslassen.
Du hast zu deinen im letzten Jahr veröffentlichten Songs viel positives Feedback erhalten. Du wurdest im Radio gespielt und hast unter anderem auch beim Waves Vienna Festival gespielt. Wie sehr hat dich dieser Start überrascht.
Lil Julez: Eigentlich gar nicht so sehr, weil die Dinge eher langsam und in einem gesunden Tempo wachsen. Es ist ja auch noch nicht so viel passiert, wenn man ehrlich ist. So gesehen hatten wir noch keinen Grund, wahnsinnig zu werden.
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Wie ist es eigentlich zur Zusammenarbeit mit Fabrique Records gekommen. Das Label ist ja eher für experimentellere Popveröffentlichungen bekannt.
Lil Julez: Ich habe die Leute vom Label bei Michels Musikstammtisch kennengelernt. Ich kenne zudem auch die Band DRAMAS, die ebenfalls ein Fabrique-Act ist und mir musikalisch nicht unähnlich ist. Das war auch der Grund, warum ich vom Labelchef Michael Martinek mit Patrick Vanek zusammengebracht wurde. Er dachte Patricks Synths und meine Gesangslinien würden gut zueinanderpassen.
Du hast Lil Julez als Soloprojekt gestartet, live aber tritts du mit Band auf. Was reizt dich daran, mit einer Band zu performen?
Lil Julez: Eine Band hat es eigentlich immer irgendwo gegeben, nur hat die Besetzung ständig gewechselt. Einzig der Bassist war durchgehend dabei. Mit dem spiele ich seitdem ich 14 bin zusammen. Also schon sehr lange. Gestartet habe ich das Projekt aber tatsächlich als Soloprojekt, nur ist es mit der Zeit ganz natürlich zu einem gemeinsamen Musikprojekt gewachsen.
Und ja, live spiele ich, so wie jetzt am 30. März beim Albumrelease-Konzert im Rhiz, mit einer Band. Unser allererstes Konzert als Band hatten wir letzten September beim Waves Vienna Festival. Und das war einfach nur overwhelming. Wir waren viel besser, als wir gedacht haben. Ich habe mir nie vorstellen können, dass wir nach so kurzer Zeit so tight miteinander spielen können, wie es bei diesem Konzert der Fall war. Das hat viel Spaß gemacht, sodass wir sicher so weitermachen wollen.
Herzlichen Dank für das Interview.
Michael Ternai
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Lil Julez live
30.3.2023
Rhiz. U-Bahnbogen 37, 1080 Wien
Facebook-Event
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Links:
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Fabrique Records