mica-Interview Sandra Tomek und Alexander Kukelka (International Film Music Days Vienna)

Bereits ihre dritte Auflage erleben die vom 17. bis zum 23. September 2011 stattfindenden und von Best of Film Music, dem Österreichischen Komponistenbund (ÖKB), der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sowie EU XXL FILM in Kooperation veranstalteten International Film Music Days Vienna in diesem Jahr. Einmal mehr als Vortragende und Workshop-Dozenten geladen sind namhafte nationale und internationale Persönlichkeiten der Branche, die im Rahmen des Filmmusik-Symposiums die Herausforderungen und Chancen im Bereich der Filmmusik zu erläutern versuchen. Erstmals findet auch eine dreitägige ACADEMY für JungkomponistInnen und Filmschaffende statt. Ebenfalls vergeben wird in diesen Tagen der Wiener Filmmusikpreis. Seinen krönenden Abschluss finden die Film Music Days Vienna mit dem symphonischen Galaabend Hollywood in Vienna im Wiener Konzerthaus am 23. September. Sandra Tomek und Alexander Kukelka, zwei der Organisatoren der Veranstaltung, im Gespräch mit Michael Ternai.

„Hollywood in Vienna“ erlebt nun bereits seine dritte Auflage.  Kann man vielleicht schon eine Art Resümee darüber ziehen, was sich in den vergangenen zwei Jahren im Bereich der Filmmusik in Österreich getan hat?
ST: Was für mich schon sehr erfreulich darstellt ist, welch großen Ansturm es Jahr für Jahr gibt. Und das trotz anfänglicher Skepsis. Es gab nicht wenige, die meinten, dass Filmmusikveranstaltungen in Wien „nicht funktionieren“ werden. Jetzt, nach drei Jahren, kann man durchaus sagen, dass dem nicht so ist. Es hat sich gezeigt, dass es in Österreich, wie überall anderswo auch, viele Filmmusikbegeisterte gibt.

Und es gibt hierzulande eine ungemein große Zahl an Kompositions-Talenten, die man fördern sollte. Nur offenbaren sich, und das wurde auch im Rahmen des Filmmusiksymposiums 2009 diskutiert, an vielen Ecken Schwierigkeiten. Es ist natürlich so, dass in Österreich die Filmbudgets ungleich geringer sind, wie in Deutschland, England oder den USA. Was dazu führt, dass die Musik oftmals, wenn noch Budget übrig ist, im Produktionsprozess an letzter Reihe steht. Ein anderer Punkt ist, dass der typische österreichische Film nicht auf eine große bombastische Filmmusik zurückgreift.

Ich denke, es gäbe für KomponistInnen schon verschiedene Möglichkeiten. Nur, so glaube ich, muss man vorerst einmal ein Bewusstsein schaffen, was alles im Bereich der Film- und Medienmusik machbar wäre. Aus diesem Grund bieten wir in diesem Jahr erstmals zusätzlich auch die FIMU ACADEMY an, im Rahmen derer internationale ExpertInnen unterrichten und ihr Wissen an die TeilnehmerInnen weitergeben werden. Hier unterrichten unsere „Hollywood in Vienna“ Stars – wie 10-fach Emmy Preisträger Bruce Broughton und „Harry Potter“ Komponist Nichoals Hooper – neben österreichischen und deutschen Filmmusik Größen junge NachwuchskomponistInnen. Unter anderem lehrt auch der amerikanische Filmkomponist Richard Bellis, der in Los Angeles den rennommierten ASCAP Workshop leitet, für den Filmmusikschaffende aus der ganzen Welt Schlange stehen. Für junge KomponistInnen ist es heutzutage unabdingbar, sich mit den modernsten Techniken bis hin zu Fragen der Jobfindung und Verträgen auseinanderzusetzten. Und in diese Themengebiete von herausragenden internationalen Experten eingeführt zu werden, ist das Besondere an der ACADEMY.

Die jungen KomponistInnen können heutzutage eigentlich vor allem davon leben, für die Medien zu komponieren. Das ist ja der Markt. Und für diesen ist es klarerweise erforderlich, die digitalen Arbeitsmethoden zu beherrschen. Egal, ob es sich um einen Werbejingle oder um Film- oder Fernsehmusik handelt, jeder will heute ein Mock up hören.

Aber das scheint ja auch zu funktionieren, wie man seit der Einführung des Wiener Filmmusikpreises sieht. Das Talent ist ohne Zweifel da.
ST:
Wir haben ganz große Talente. Ein Beweggrund, 2009 den Wiener Filmmusikpreis überhaupt zu etablieren, war, dass ich in Los Angeles von allen Seiten gehört habe, welche großen Talente wir in Österreich denn nicht hätten. Richard Bellis zum Beispiel hat mir damals von drei fantastischen Wienern erzählt, die an seinem ASCAP Workshop teilgenommen haben. Das war für mich so ein richtiges Aha-Erlebnis.

Ja, es gibt sie, die großen Talente. Was aber schon 2009 einige ExpertInnen aus Los Angeles gemeint haben, war, dass all diese jungen Leute ganz wunderbar komponieren, den Film aber noch nicht so perfekt bedienen könnten. Und das alleine aus dem schlichten Grund, weil sie es nicht erlernt haben. Daher auch die ACADEMY,  die wir für bereits fortgeschrittene KomponistInnen anbieten.

Aber die jungen Leute sind eh geschickt. Von denen, die ich kenne, fahren viele nach Amerika, um dort einen Workshop nach dem anderen zu absolvieren. Und genau diese Musikschaffenden sind es dann auch, die hierzulande keine Gelegenheit auslassen, um in Workshops reinzukommen. Sie tun wirklich alles, zeigen größte Initiative, um sich weiterzuentwickeln.

AK: Ich komme als Komponist aus der Praxis, kenne seit 25 Jahren die Branche in all ihren Schattierungen und muss – auch in meiner Funktion als Lecturer an der MdW und Vorstandsmitglied des ÖKB – konstatieren: Die größte Herausforderung im Moment ist, dass wir hierzulande wirklich unglaubliche musikalische und filmische Talente haben, jedoch – noch – nicht die notwendige Infrastruktur diese so unterzubringen, dass ihnen ein kontinuierliches Arbeiten am Gesamtkunstwerk Film überhaupt möglich gemacht wird. Wenn ein Filmorchester drei bis vier Scores pro Woche  einspielt, Komponisten, Arrangeure, Dirigenten, Musiker, Regisseure, Cutter, Sound Designer, Tonmeister etc. über Jahrzehnte beschäftigt sind, ist das ein Erfahrungsschatz, den man nicht einfach einfordern kann. Der muss langsam und organisch an einem Markt wachsen. Große Filmindustrien haben da klarerweise einen Vorteil. Dort wird traditionellerweise für den globalen Markt geschrieben, wobei es natürlich die „Üblichen Verdächtigen“ sind – übrigens ziemlich versierte Komponisten – die das größtenteils abdecken, denen man den globalen Markt überhaupt anvertraut. Da ist eine Routine am Werk, mit der man vorerst überhaupt nicht konkurrieren kann.

Österreich ist da eher eine Nische. Das hat seine Vor- und Nachteile. Vor allem lässt sich die filmmusikalische Entwicklung historisch nicht so stringend nachzeichnen, wie in anderen Industrien. Enormen Aufschung hat die ganze Sache sicherlich mit Barbara Alberts „Nordrand“ genommen. Da stand zum ersten Mal wieder ein Österreichischer Film im Zentrum der Aufmerksamkeit. Das war ein wirklicher Neuanfang und hat wirklich etwas in Gang gebracht. Der musikalische und kompositorische Zugang bzw. Weg in diesem Land geht aber nach wie vor in erster Linie nicht über den Film. Wenn man aber von Musik für Medien und Film redet, muss man grundsätzlich von einer sujetbezogenen Kunst sprechen. Keine Filmmusik wird aus sich selbst heraus geschaffen. Man darf sich als Künstler nicht zu schade fühlen, sich um einen Stoff zu bemühen, „Gebrauchskunst“ zu schaffen.

Ich glaube, man muss sich da vom überkommenen Kunstbegriff überhaupt lösen, den ganzen Unterhaltungsmusikbegriff gründlich überdenken. Was spricht gegen eine klug gemachte, kunstvoll gearbeitete sogenannte Unterhaltungsmusik? Die gab es schon im Barock, als um 1600 die Oper erfunden wurde. Die italienische Barock-Oper – eine entscheidende historische Vorläuferin der heutigen Filmmusik – war gegenüber der damaligen Kunstmusik, der „prima prattica“, ganz einfach die plakativere Schwester, die um nichts weniger raffiniert ausgestattete „seconda prattica“. Die Jungen haben da heute teilweise überhaupt keine Berührungsängste mehr. Die kommen über ganz andere Hörerfahrungen in die Medien-, aber auch Musikwelt, bzw. kommen eigentlich aus einer von Medien bestimmten Welt, haben vielleicht schon auf ihrem Laptop ihre ersten Werbemusiken produziert und auf Youtube ihre ersten Eigenproduktionskisten gestrickt, bevor sie damit konfrontiert werden, dass es da eigentlich schon eine über 100-jährige Filmmusiktradition gibt. Und zwar als ernsthafte Disziplin. Viele von ihnen haben nicht einmal mehr den klassischen Ausbildungsweg absolviert. Das ist der eigentliche Punkt, an dem der ÖKB ansetzt und überhaupt anzusetzen wäre.

Bleiben wir bei den Vorteilen: Unser größter Schatz ist die hier werkende, einzigartige musikalische Substanz. Vielleicht liegt das am herrlichen Wiener Hochquellwasser, ich weiss es nicht. Die MusikstudentInnen, die an der Medienmusik Blut einmal  geleckt haben, ästhetisch nicht verbarrikadiert sind, ihre Ausbildung hier absolviert haben – und das Musikstudium in Österreich zählt in der Tat weltweit zum Besten, was sich überhaupt finden lässt – übrigens auch das Studium an der Wiener Filmakademie, die genießt gerade in Amerika einen ganz hervorragenden Ruf – ein Händchen für das Publikum haben und wissen, wie man für einen bestimmten Bedarf, für einen Auftrag, aus einem Sujet heraus komponiert, ohne sich als Künstler zu verraten, die müssten ganz vorne dabei sein. Für den Österreichischen Komponistenbund, der in allen Bereichen verstärkt die ganzen jungen Talente mit all ihren innovativen, schrägen Ansätzen aufzuspüren, mit aufzunehmen und zu vertreten hat, hat sich in den vergangenen Jahren die Composers´ Lounge, das Internationale Filmmusik Symposium und auch Hollywood in Vienna als unglaublich wichtiger Fokus bzw. Motor dargestellt.

Ein entscheidendes Tool in diesem Zusammenhang, ist der von der Stadt Wien gestiftete Wiener Filmmusik Preis, den wir im Rahmen unserer Film Composers´Lounge am 17. September zum zweiten Mal im Wiener Porgy & Bess ausrichten dürfen. Abgesehen davon, dass der ÖKB damit den Startschuss zu den International Film Music Days Vienna 2011 gibt, hat sich der Preis über die Jahre zu einer echten Talentschmiede entwickelt – auch Dank des Internationalen Filmmusik Symposiums: Allein im letzten Jahr hatten wir über 130 Einreichungen, österreichweit. Und die Gewinner haben alle ihren Weg in die Branche gefunden.  Das live & zur Leinwand- Konzertformat der Film Composers´ Lounge hat sich ebenfalls – nun schon zum dritten Mal – zur Sichtbarmachung österreichischer Filmmusik bewährt.  Die Vielfalt der Film- und Medienmusik „made in Austria“ wird auch heuer wieder durch eine breit gefächerte Programmierung reflektiert. Neben den Musiken zu aktuellen Produktionen, wie  z.B. dem Diagonale-Gewinner 2011 „Die Vaterlosen“ von Marie Kreutzer mit der Musik von David Hebenstreit, dem Cannes-Preisträger 2011 „Atmen“ von Karl Markovics mit der Musik von Herbert Tucmandl, spielen die Kult-Formation Naked Lunch ebenso wie wir Raimund Hepps Partitur zu Reinhold Bilgeris Drama „Der Atem des Himmels“ musikalisch vorstellen dürfen. Nicht zu vergessen natürlich die engagierten, zukunftsweisenden Kooperationsarbeiten der Filmakademie Wien und dem Institut für Komposition und Elektroakustik der MdW des österreichischen Nachwuchses. Besondere Ehrung erfährt heuer Peter Zwetkoff, einer der originellsten musikalischen Köpfe hinter unzähligen Filmen Peter Patzaks, um seine Verdienste für den Österreichischen Film.

Die zweite essentielle – hoffentlich nachhaltige – Aktion, zu der ich vielleicht den entscheidenden Anstoss geben durfte, war, in einer Arbeits- bzw. Fachgruppe die wichtigsten Film- und MedienkomponistInnen Österreichs in den ÖKB zu holen. Es sind von Kolonovits, Rabitsch über Scherpe, Janda und Schuller bis Schwarz und Gutdeutsch wirklich alle dabei. Im Rahmen des Internationalen Filmmusik Symposiums werden wir uns erstmals mit einer Show-Reel einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen.

Für den Österreichischen Komponistenbund und die Partnerinstitutionen EUXXL Film, die Universität für Musik und Best of Film Music ist der Fokus auf die heimische Szene daher mit Sicherheit von großer Bedeutung?
AK: Ein internationales Filmmusiksymposium rein im Hinblick auf, in dieses Land nicht so ohne weiteres übertragbare, Hollywood-Verhältnisse zu machen, wäre unrealistisch und zu einseitig. Und für die notwendige Nachhaltigkeit auch zu wenig. EU XXL, Best of Filmmusik, die Universität für Musik und darstellende Kunst, die Filmakademie Wien – übrigens ein Institut der MdW – und wir, der ÖKB, haben in der breiten Vernetzung, die einzige Möglichkeiten gesehen, genau das zu unternehmen, was vor allem für die Jungen von Relevanz sein könnte. Unsere „Klientel“ gewissermaßen  sind ja die heimischen Studierenden und Absolventen der Musikuniversität/Medienkomposition, der Filmakademie bis hin zu jenen, die aus dem klassischen Bereich kommen und in die Medien-Musik hineinarbeiten wollen.

Wir haben daher das FIMU Academy-Angebot, das sich vorrangig an Musikschaffende richtet, um einen Filmmaker/creator-Slot erweitert. Dieser ist vor allem für Filmschaffende gedacht, die sich bereits im Vorfeld eines Film-Projekts den Kopf über Musik als entscheidenden Gestaltungsfaktor zerbrechen wollen. Angeboten werden Lectures von Walter Werzowa über psychoakustische Aspekte der Filmmusik, Thomas Baum über musikalische Aspekte im Drehbuch, Lothar Scherpe über den Architekturbegriff in der Filmmusik und von mir Einleitendes unter dem Überbegriff „No Film without Music“. Es ist entscheidend, dass vor allem die Filmschaffenden von diesem Angebot profitieren, denn nur bei ihnen wird der eigentliche Keim für eine, oft jahrzehntelang haltende, fruchtbare Zusammenarbeit gelegt. Eine ehestiftende Maßnahme unsererseits, gewissermaßen.

Musiker versprechen sich generell über den Film immer eine erhöhte Wahrnehmung, während die Filmschaffenden dem Ganzen interessanterweise immer noch etwas reserviert gegenüberstehen. Die muss man ganz einfach aus sich herauslocken. Klar ist, dass diese ganze Idee der Film Music Days Vienna auf keinen Fall an der heimischen Landschaft vorbeigehen darf. Und dies konnte glücklicherweise mit den Förderstellen auch sehr breit debattiert werden. Wir sind wirklich froh, von vielen Seiten ausgestattet zu werden. Alle relevanten Stellen wie etwa der Filmfonds Wien, die AKM, die FAMA-Film&Music Austria, die Vienna Film Commission und andere haben erkannt, wenn der Österreichische Komponistenbund bei einem solchen Projekt maßgeblich mitgestaltet und etwas unternimmt die Leute strukturell ins Geschäft, in den Film hineinzubringen, dass genau dies förderungswürdig ist. Es war also entscheidend, dass sich auch die heimische Komponistenlandschaft in diese Initiative mit eingebracht hat.

Wie stellen sich die Situation und die Rahmenbedingungen  für KomponistInnen der Filmmusik hierzulande eigentlich dar?
AK:
Film- und Medienmusik ist eine umfassende, sehr anspruchsvolle Kunst und sie ist immer dort gut aufgehoben, auch im Ausbildungsbereich, wo es zumindest den Ansatz einer Filmindustrie gibt. Wenn man Österreich betrachtet, muss man sagen, dass man sich hierzulande traditionellerweise eigentlich als Konzertland definiert. Worauf man auch sehr stolz sein kann, wurde und wird doch in diesem Bereich erstaunliches geleistet. Wir bemühen uns, dass Österreich, welches sich eben als Musik- und Kunst-, oder besser: Kulturnation bezeichnet, doch entscheidend mehr in zeitgenössische Musik investiert. Es ist leider immer noch so, dass trotz unglaublichem Engagement und einer unglaublichen Anzahl an Talenten, die Ressourcen sehr ungleich verteilt sind. Man macht in Österreich beauerlicherweise immer noch – auf risikolose Weise – lieber mit musealer historischer Musik Geschäfte, anstatt anhand konkreter Zahlen zu begreifen, dass zeitgenössische Musik aller Sparten einen erheblichen Wirtschaftsfaktor darstellt. Und das gerade im Film- und Medienbereich.

Um es nochmals auf den Punkt zu bringen: Es gibt keine Filmmusik, die aus sich selbst entsteht. Sie ist bedingt durch die musikalische Idee, die schon im Buch verankert sein sollte. Das heißt, wenn keine Stoffe produziert oder geschrieben werden, gibt es auch keine Filmmusik. Es handelt sich um einen Prozess, den man nicht verkehrt herum aufziehen kann. Es muss also die notwendigen Produktionsbedingungen geben, Studios und Produzenten, die sagen, sie investieren in ein solches Projekt usw.  Erst diese speziellen Produktionsverhältnisse schaffen überhaupt die Möglichkeit, dass sich Ausbildungsstätten ansiedeln, dass sich große Studios anbieten, etwa professionelle Aufnahmemöglichkeiten für große Orchester etc., dass Musiker rekrutiert werden, dass auch Dirigenten oder Orchestratoren am großen Kuchen mitpartizipieren, bzw. dass die Sache tragfähigen Boden erreicht, und letztendlich ganz einfach lebt.

Solange dies nicht der Fall ist, werden wir nur Talente stiften, sie aber hier nicht halten können. Es ist unsere Aufgabe, in erster Linie Verhältnisse und Strukturen zu schaffen, die es diesen Talenten überhaupt ermöglichen, sich hier ansiedeln. Wenn der Markt hervorragend ausgestattete SpezialistInnen braucht, dann wird er nach diesen auch rufen. Das ist ein Naturgesetz.

Wenn man die International Film Music Days Vienna im internationalen Kontext betrachtet, welchen Stellenwert genießt die Veranstaltung.
ST: Es wird international wahrgenommen. Und es ist mittlerweile so, dass es sich inzwischen selbst bis nach Los Angeles, wo wir im Rahmen der Oscar-Verleihungen bei vielen KomponistInnen-Events mit dabei sein durften, herumgesprochen hat. Es wird geschätzt, dass unsere Wiener Filmmusik Events hohes Niveau haben und dass es sich bei „Hollywood in Vienna“ z.B. um eine Veranstaltung handelt, welche in dieser Form anderswo eigentlich noch nicht stattfindet. Stolz sind wird auch darauf, dass die Gala-Nacht erstmals live im Fernsehen übertragen wird. Den gestiegenen Stellenwert der Veranstaltung unterstreicht auch, dass sich das ORF RSO Wien von all ihren Konzerten, dieses für das Fernsehen ausgesucht hat. Die Begeisterung ist also da. Man muss sie nur bedienen.

Vor zwei Jahren warf man in einer Diskussionsrunde im Rahmen der Vienna Film Music Days ja die Frage auf, warum nicht mehr große Orchester Filmmusik spielen.
ST: Man muss dazu sagen, dass die Orchester, und natürlich auch das RSO, sehr weit vorplanen. Dem gegenüber wird bei Filmproduktionen dies eben nicht in diesem Maße getan. Hier plant man kurzfristig. In den großen Filmländern, ist es eben so, dass es einen fixen Pool an MusikerInnen gibt, aus dem man sich bedienen kann. Man muss aber, wie bei vielen Sachen, die Dinge einmal in die Hand nehmen. Zum Beispiel auch das Tonstudio am Rosenhügel, das aufgrund seiner Akustik ein wunderbares Studio wäre, um aufzunehmen. Wenn man es technisch aufrüsten würde, wofür wir auch einen Plan vorgelegt haben, könnte man vielleicht auch internationale Filmmusikproduktionen nach Wien holen. Auch würde es den Musik-Standort Wien aufwerten. Auch wäre es, glaube ich, nicht so schwer einen flexiblen Pool an MusikerInnen auf die Beine zu stellen. Es braucht nur engagierte Leute, die die nötige Energie aufbringen, dies zu organisieren.

Die Ressourcen wären ja da. Wir haben die besten Orchester, die alles spielen können. Die Komponisten, die die vergangenen Male bei den Konzerten im Rahmen der Gala anwesend waren, zeigten sich vom ORF Radio-Symphonieorchester in höchstem Maße begeistert und schwärmen in Los Angeles jetzt noch vom Sound, vom Klang und von all dem, was dieser Klangkörper spielen kann.

Ist es eigentlich nicht schwer, solch große Namen nach Wien zu bekommen.

ST: Dazu muss man sagen, dass ich ein großer Dickschädel bin. Und wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, setze ich alles daran, das Ziel zu erreichen. Klar, am Anfang war es sehr schwer, die Leute zu überzeugen. Aber jetzt geht es immer leichter. Es spricht sich herum, welch wunderbare Veranstaltung die Vienna Film Music Days sind. Dazu kommt auch, dass Wien immer noch den Ruf einer international bedeutenden Musikstadt geniest. In Wien, der Stadt eines Max Steiners oder Erich Korngolds, die quasi als Begründer der Filmmusik in Hollywood gelten, geehrt zu werden, bedeutet den KomponistInnen schon sehr viel.

Und wie sieht es von Seiten des Publikums aus?
ST: Man muss auch sagen, dass Filmmusik in Österreich ein relativ neues Thema ist. Gespielt wird sie, im Gegensatz zu Deutschland ja im Radio kaum, Ö1 hat leider auch nach dem „Aus“ für das fabelhafte Magazin „Soundtrack“ von Hans Langsteiner und Wolfgang Breyer keine eigene Filmmusiksendung mehr. Das trägt alles dazu bei, dass den meisten, wenn sie einen Film sehen, auch nicht wirklich bewusst wird, wie wichtig die Musik als Bestandteil des Films ist. Das Schöne an der Filmmusik ist, dass sie Emotionen transportieren kann. Und wenn man sich näher damit auseinandersetzt, erkennt man die Rolle und Funktion der Filmmusik immer besser. Spannend wird es beim Symposium, wenn wir zeigen, wie sich die Elemente einander bedingen, um als Ganzes als Erlebnis gegenwärtig zu werden.

Was ist das Ziel des Wiener Filmmusiksymposiums?
ST: Im Grunde ist es so, dass wir es schön finden, wenn es zu einem Austausch kommt. Zwischen den KomponistInnen untereinander genauso, wie zwischen den Jungen und den älteren Experten. In diesen Austausch klarerweise eingebunden werden sollen auch die Filmschaffenden. Diese kommen sonst ja eher selten mit den KomponistInnen zusammen. Unser großes Anliegen ist es, Netzwerke zwischen den Protagonisten zu schaffen oder noch mehr zu intensivieren, was auch ein Erfolgsrezept sein könnte. Mittlerweile gibt es ja schon so viele junge Leute, die im Rahmen dieser Workshops in den vergangenen Jahren mit bedeutenden  Größen fruchtbare Kontakte knüpfen konnten.

Mit welchem Engagement ist eigentlich die Stadt Wien hinter dieser Veranstaltung?

ST: Die Stadt Wien unterstützt uns am meisten. Die Verantwortlichen haben die Bedeutung der International Vienna Music Days erkannt und wir bekommen von mehreren Stellen der Stadt Wien Unterstützung. Also, ein Danke an die Stadt Wien, den Film Fonds Wien, Wien Tourismus und die Vienna Film Commission.

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Alexander Kukelka (ÖKB)