Spätestens seit ihrem 2009er Erstlingswerk “Parantheses Of Antitheses”, dass doch einigen Staub aufwirbeln konnte, weiß man um die außergewöhnlichen songwriterischen Qualitäten der Liedermacherin Irmie Vesselsky. nach einer doch etwas längeren Auszeit ist nun mit “The Key” das lang erwartete zweite Album der 1984 geborenen Niederösterreicherin erschienen. Im Interview mit Jürgen Plank erzählt die eher stille Sängerin, wie sie sich nach einer schweren Erkrankung zurück gekämpft hat und warum sie inzwischen auch ein eigenes Label gegründet hat.
Du spielst Klavier, da liegt natürlich die Frage nahe, welche Ambitionen du in Richtung Klassik hattest? Wolltest du musikalisch jemals in diese Richtung gehen?
Irmie Vesselsky: Früher eigentlich sehr wenig, dadurch dass ich sehr autodidakt an das Klavier herangegangen bin. Ich hatte sehr wenig Unterricht und somit sehr viel Freiheit am Klavier. Ich merke aber schon, dass meine Art zu schreiben und zu spielen schon mehr von der Klassik beeinflusst ist, als vom Jazz. Ich habe probiert, in die Jazzrichtung zu gehen, aber es hat nie so ganz geklappt. Mir ist auch gesagt worden, ich habe diesen gewissen Groove nicht. Ich habe natürlich auch zu spät angefangen Unterricht zu bekommen, ich erhielt mit 12 Jahren meinen ersten Klavierunterricht. Das war dann einfach schon zu spät, um ein Studium oder Konservatorium zu machen. Ich bin aber heute ganz froh darüber, dass es nicht funktioniert hat. Ich habe – und auf das bin ich schon stolz – die Aufnahmeprüfung schon zwei Mal geschafft und war aber dann auf der Warteliste. Damals ist für mich die Welt zusammengebrochen, aber heute finde ich es ganz gut, weil ich mich einfach in meine eigene Richtung entwickeln konnte.
Nun liegt deine neue CD vor „The Key“! Wie ist denn der Produktionsprozess verlaufen, wie war die Arbeit daran und wer war als Schlüsselfigur, als Produzent, etc., eingebunden?
Verlaufen ist das Ganze sehr, sehr schleppend, die Produktion hat sehr, sehr lang gedauert. Seit dem letzten Album sind 3 Jahre vergangen. Es war schon so, dass nach dem ersten Album einige Dinge passiert sind, die mich im Leben gebremst haben und durch ich wieder Anlauf gebraucht habe. Und dann war eine Zeit für mich das Leben ganz wichtig, das Leben ist einfach dazwischengekommen. Als ich dann mit dem neuen Album angefangen habe, das ist jetzt auch schon wieder eineinhalb oder zwei Jahre her, hab ich begonnen in einem Studio in Gars am Kamp in der Spiegelfabrik aufzunehmen. Dann ist mir blöderweise noch das Pfeiffersche Drüsenfieber dazwischengekommen und ich hatte eine Stimmbandentzündung. Ich habe dann ein halbes Jahr aussetzen müssen. Erst später hab ich wieder angefangen, meine Stimme war komplett weg und man merkt es auch ein bisschen auf dem Album. Durch die Pause musste ich das Studio auch noch wechseln. Ich habe dann ein paar Klavierspuren und ein paar Tonspuren gehabt und musste mir ein neues Studio suchen. Es hat also bis zum Schluss, bis zur Grafik, nette Steinchen gegeben, nie was Großartiges, aber es waren ganz viele Steinchen im Weg. Ich bin dann zurück in die Wachau, wo ich auch gewohnt habe, in das Studio, wo ich auch mein erstes Album fertiggemacht habe. Ich habe wieder mit Carl Bodenstein zusammengearbeitet, Produzenten wollte ich mir eigentlich schon ins Boot holen, da ich generell nicht so der Fan von „do it yourself“ bin. Ich glaube, dass kann ich auch gar nicht so gut. Aber auch da haben so viele Faktoren zusammengewirkt, sodass ich am Schluss gesagt habe: Gut, jetzt mache ich das Ding selber und so habe ich einfach sehr viele Freiheiten gehabt! Ich wäre nicht abgeneigt gewesen, mir Inputs von außen zu holen, aber wie gesagt, es hat dann eben so gepasst, weil ich das Gefühl hatte, ich möchte das Album jetzt wirklich fertigkriegen, weil ich schon wieder ganz andere Sachen im Kopf hatte.
Gab es MitmusikerInnen oder hast du alle Instrumente selbst eingespielt?
Irmie Vesselsky: Großteils habe ich alle Instrumente selbst eingespielt, auch bei der Programmierung der Beats habe ich mitgeholfen. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben den Bass eingespielt, obwohl ich keine Ahnung davon hatte. Ich habe einfach nach Gehör gespielt, vielleicht hört man das auch auf dem Album. Es ist mir halt teilrweise nichts anderes übriggeblieben, als selbst einzuspielen. Das war keine Egogeschichte, dass ich alles selber machen muss. Der Bassist ist beruflich in die Schweiz gegangen und es ist dann mühsam gewesen, wieder jemand Neuen zu finden. Natürlich auch, weil das alles schon so lange gedauert hat, haben sich die Kosten angehäuft und ich konnte es mir finanziell nicht mehr leisten, andere Leute ins Boot zu holen.
Aber das Massiveste sind ja doch die Stimmprobleme, würde ich annehmen. Wie bist du damit umgegangen, das geht ja bei einer Sängerin doch an den Kern?
Irmie Vesselsky: Ja, absolut. Ich habe in dieser Situation versucht, das Beste daraus zu machen. Ich habe komplett zum Rauchen aufgehört, was man auch merkt, die Stimme wird ein bisschen sanfter dadurch. Ich kann auch jetzt ein bisschen mehr in die Höhen gehen. Aber am Anfang war es sehr, sehr schwierig, weil ich das so nicht gekannt habe, ich hatte ja nie Gesangsunterricht, somit habe ich ganz bei Null anfangen müssen. Ich habe eigentlich nie viel Ahnung gehabt von Gesangsübungen, habe kurz wieder logopädische Übungen gemacht. Aber es war halt ganz schwer, weil du etwas tun willst und die Stimme macht etwas ganz Anderes, ich habe die Stimme also nicht ganz im Griff gehabt. Mittlerweile schaue ich sehr viel auf mich, ich habe für mich den Weg von Klangyoga entdeckt. Ich bin nach wie vor nicht der Fan von klassischen Stimmbildungsübungen, aber wichtig ist einfach, ganz viel auf mich selbst zu schauen. Und trainieren, üben und wissen, wann es genug ist. Das hatte ich nämlich davor auch nicht gemacht, ich habe zum Teil Konzerte krank gespielt, bis dann einfach gar kein Ton mehr herausgekommen ist. Das war ein übertriebener Ehrgeiz.
Reden wir jetzt ganz konkret über deine Musik, über deine neue CD „The Key“. Wie würdest du denn deine Musik beschreiben, welche Themen behandelt denn diese CD?
Irmie Vesselsky: Es geht eigentlich ganz viel um Beziehungen zwischen Menschen, Beziehung auch zu mir selbst. Das wird auch in „The Key“ im Song selbst sehr deutlich, ich habe eben selbst die Erfahrung gemacht, dass manchmal unterm Strich niemand mehr übrigbleibt, außer du selbst und du musst dich an dir selber festhalten und du bist eigentlich die einzige Person, auf die du dich verlassen kannst. Das ist die eine Sache, es geht natürlich auch um Beziehungen, die gescheitert sind. In „Mirror You, Mirror Me“ geht es um eine ungesunde Beziehung, in der ich sehr lange die Schuld bei mir selbst gesucht habe und im Endeffekt dann draufgekommen bin, dass das falsch war. Es geht dabei auch um facebook und world of warcraft und darum, dass heutzutage viele Beziehungen auf diesen Medien basieren, man sie dadurch aber nicht aufrechterhalten kann. Da habe ich ein bisschen meine Agression gegen diese ganzen Medien losgelassen. „Elizanh“ ist ein sehr persönlicher Song, da mag ich jetzt noch gar nicht zuviel darüber sagen.
Deine CD erscheint auf dem neuen Label Donauwalzer, bitte erzähle etwas über das Label.
Irmie Vesselsky: „Donauwalzer“ ist ganz neu, ein niederösterreichisches Label und das ist die Zusammenarbeit von meinem Partner und mir. Eigentlich hauptsächlich die Arbeit von Juergen Berger, der aus Liebe zur Musik – nicht nur zu meiner Musik, denn er hat auch früher selbst Musik gemacht –, beschlossen hat, ein Label zu gründen. Ich habe schon einige Zeit überlegt, ob ich es wagen soll oder nicht, nachdem ich da aber sehr viel Mitspracherecht habe, habe ich zugesagt. Es war dann auch so, dass das letzte Label sehr geschwankt hat, wie es finanziell weitergehen soll und es sehr unsicher war, wie die Zukunft bei Cracked Anegg aussieht, wobei ich nicht schlecht reden will, da ich dort sicher gut aufgehoben war und mir sicher vorstellen kann, wieder mal etwas mit ihnen zu machen. Doch die Arbeit, die ich so oder so gehabt hätte, wird jetzt einfach anders entlohnt. Cracked Anegg hat mir nicht viel Arbeit abgenommen, ich musste trotzdem viel selbst machen und jetzt mit Donauwalzer funktioniert es halt ein bisschen leichter und Dinge passieren, weil ich ja selbst auch dransitze. Wie es aber weitergeht? Schauen wir mal, wir haben jetzt nicht gleich die Ambition, Künstler unter Vertrag zu nehmen.
Was wären somit Karriereziele für dich?
Irmie Vesselsky: Karriereziel ist einfach, dass ich… ja, ein Grammy wäre schon nett! (lacht) Nein, Karriereziel habe ich kein wirkliches, aber mein persönliches Ziel ist, dass ich weiterhin meine Musik so machen kann, dass ich Gewinn dabei mache und das, was ich tue, nicht vollkommen für die Fische ist. Dann wäre es super, noch mehr Leute zu erreichen und ich merke für mich, dass ich fürs Schreiben sehr viel Zeit brauche und das funktioniert nur, wenn ich auch weiss, dass ich davon leben kann. Und es ist halt schwer, wenn du nebenbei Jobs hast, damit du die Miete bezahlen kannst oder einfach überleben kannst. Das schränkt dich dermaßen ein, weil du dann in den anderen Jobs funktionierst, nur um Musik machen zu können und das ist dann irgendwie schade, dass man so viel investieren muss. Aber sonst ist für mich wichtig, dass ich weiterhin daran Spaß habe und ich habe mir gesagt: Wenn ich irgendwann den Spass daran verliere, dann höre ich auf damit. Früher war es mir noch wichtiger mit meiner eigenen Musik Erfolg zu haben, aber mittlerweile merke ich, dass ich da einfach ruhiger werde und vielleicht gibt’s irgendwann nicht mehr nur Irmie Vesselsky, sondern ein neues Projekt, oder etwas ganz Anderes. Ich halte mir das im Moment eher offen, denn es ist schon ganz gut, wenn man sich Ziele steckt, aber es ist dann schlimm, wenn man sie nicht erreicht und deshalb versuche ich das einfach auf mich zukommen zu lassen. Ein großes Ziel von mir wäre es mehr Konzerte zu spielen, vor allem außerhalb von Österreich. Bislang habe ich Glück gehabt und es wäre halt schön, wenn es weiterhin so läuft.
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In der Rückschau: Was waren da die größten und schönsten Erfolge für dich?
Irmie Vesselsky: Die schönsten Erfolge sind oft gar nicht die ausverkauften Konzerte, sondern wenn ich danach Feedback bekomme und dann wieder weiß, warum ich das tue und mir das ganze Business antue. Wie gesagt, ich messe den großen Erfolg weniger an Besucherzahlen. Schön war es auch in Budapest zu spielen, wo dann das ganze Konzert gleich aufgezeichnet, mitgeschnitten und im Fernsehen gelaufen ist. Das war interessant für mich, zu sehen, dass das anscheinend schneller im Ausland geht, als im eigenen Land. Ich bekomme auch ständig Angebote von diversen Radiosendern, die sagen, man soll doch das und das zahlen, damit man gespielt wird. Das interessiert mich nicht und somit ist es auch schwierig zu sagen, dass es toll ist, auf dem einen oder anderen Sender zu laufen. Das ist für mich kein Erfolg, wenn ich da 2000 Euro investiere. Da macht es mir mehr Spass, ein Konzert für Kinder zu spielen oder für behinderte Menschen, wie ich es auch schon öfter gemacht habe, wo auch das Feedback ganz anders ist und soviel Herzlichkeit zurückkommt und das sind für mich Höhepunkte.
Mit 12 Jahren hast du angefangen Klavier zu lernen. Was gab es davor, hast du da auch andere Instrumente gelernt?
Irmie Vesselsky: Ich durfte Blockflöte lernen, mit 6 Jahren und es hat mir ziemlichen Spass gemacht und ich habe irgendwann zu Weihnachten ein Keyboard geschenkt bekommen und kann mich erinnern, dass ich da immer stundenlang gesessen bin und meine Lieblingsgeschichten gelesen habe und sie mit dem Keyboard mit Vogelgezwitscher und sonstiger Musik untermalt habe und mir meine eigenen Hörbücher erstellt habe. Mamas Küchenradio, zu ihrem Leidwesen. (lacht) Für meine Eltern war das aber nie so, dass sie gesagt hätten, dass da ein Talent da ist, das gefördert werden muss. Ich bin eben am Land aufgewachsen und hatte Privatunterricht. Die Lehrerin hatte damals gesagt, ich solle aufs Konservatorium, doch das war eine Stunde mit dem Auto entfernt und absolut undenkbar. Voll mittelalterlich! (lacht) Es hat dann auch lange gedauert, bis meine Eltern realisiert haben, dass es wirklich mein Ernst ist, Musik zu machen und langsam werden sie auch stolz auf mich. Somit habe ich auch selbst sehr, sehr viel herumexperimentiert mit Instrumenten. Ich habe dann später einen Versuch mit der Gitarre gemacht, aber das ist leider kläglich gescheitert. Das ist einfach nicht mein Instrument, also es war schon von Anfang an klar, dass es das Klavier ist oder einfach Tasteninstrumente. Da gibt es eh soviele Variationen mit Cembalo und Harmonium und sonst irgendwas, also es wird nie fad und ist total spannend.
Fotos: Archiv Vesselsky