“Schreiben, ohne dabei besonders fancy oder kommerziell sein zu wollen” – LUKAS OSCAR IM MICA-INTERVIEW

LUKAS OSCAR veröffentlicht sein Debütalbum. Der Titel “THE FUN NEVER ENDS!” ist Statement und Promise zugleich. Das Album klingt tiefgründig, und sicher nicht einfach nur nach fun. Es ist ein reifes, mutiges und bemerkenswertes Debut.
Bereits der erste Eindruck bei seinem Konzert am diesjährigen Popfest zeigt, dass dieser junge Mann auffällig routiniert wirkt und die Performance auf der noch taghellen Seebühne sichtlich genießt. Er nutzt diese Bühne, anstatt von ihr verschluckt zu werden. Keine Spur von Unsicherheit. Mit überzeugender Stimme in allen Tonlagen, einwandfreier Gesangstechnik und unaufdringlich wie eingängigen Songs, sticht er heraus. 
Eine kleine Google-Recherche später kommt man dem Geheimnis des vermeintlichen Newcomers auf die Schliche. Und zwar, wenn man das Juwel entdeckt, wie ein noch kindlicher Lukas 2016 das „The Voice Kids” Finale für sich entschieden hat. Hier springt sogar dem Laien der Beweis für das außerordentlich musikalische Talent mit allen Vieren ins Gesicht. Warum er in, und auch mit dem Album seine Schwächen behandelt, und was LUKAS OSCAR JANISCH aus seiner Zeit als Kinderstar mitnehmen konnte, erzählt er DOMINIK BEYER im MICA-Interview.

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Dominik Beyer: Hallo Lukas. Ich hab dein Konzert am Popfest gesehen. Da ist mir neben deiner stimmlichen Performance auch deine Bühnenpräsenz aufgefallen. Wirklich stark für einen Newcomer, hab ich mir gedacht. Doch dann im Zuge der Recherche für dieses Interview bin ich über einen noch sehr jungen Lukas aus Österreich gestoßen, der 2016 scheinbar The Voice Kids gewonnen hat. Das bist du, richtig?

Lukas Oscar: (lacht) Ja stimmt.

Dominik Beyer: Die Jury hat sich ja gar nicht mehr eingekriegt. Lena Meyer-Landruth war so von den Socken von deiner Performance, dass sie gleich „Stay with me” für dich gesungen hat. Was ist denn der Nachhall aus dieser Zeit?

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Lukas Oscar: Es fühlt sich jetzt schon eher wie ein Neustart an. Ehrlich gesagt, mittlerweile sogar die Fortführung dessen. „The Fun never Ends!“ ist mein erstes Album. Davor habe ich aber bereits eine EP gedroppt. Da hat es sich wirklich nach Neustart angefühlt. Wobei ich schon zugeben muss, dass mich natürlich viele Menschen aus dieser Phase über die Jahre mitverfolgt haben. Das ist schon das coolste. 

Deine 55 000 Youtube Follower sind also nicht gekauft? 😉

Lukas Oscar: haha. Nein. Ich war damals zudem auch ein richtiger Youtuber, muss ich sagen. Ich habe dort etliche Cover Nummern hochgeladen. 

Die findet man aber jetzt nicht mehr, richtig?

Lukas Oscar: Ja. Good luck finding one. (beide lachen). Alles weg.
Wie gesagt. Die EP war damals ein Neustart. Eben mit eigener Musik. Ich wollte das damals auch nicht so raus schreien, sondern organisch wachsen lassen. Aber jetzt geht’s richtig los.

Du hast auch schon eine Menge an Kollaborationen gemacht, die dich nochmal von ganz unterschiedlichen Facetten zeigen. Ob mit Bountydave oder Joe Traxler. Da sind auch richtige Perlen dabei. Wie hast du dein jetziges Umfeld gefunden? Über ein Label, Verlag oder ist das dein selbstgemachtes Umfeld?  

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Lukas Oscar: Joe Traxler habe ich zum Beispiel auf einem Songwriting Camp kennengelernt. Organisiert von einem Label, bei dem ich als Songwriter angestellt war. Da habe ich sehr viel für den ESC geschrieben. (lacht) Aber aus dieser Zeit ist eine sehr enge Freundschaft mit Joe geblieben. 

“das schöne an diesem Album ist, dass das Ziel bereits mit der Fertigstellung des Albums erreicht worden ist”

Jetzt hast du mit Noah Kerbler als Manager und David Buder von Matches Music ein Spitzen-Team beisammen. Gab’s für den Album Release ein Ziel? Oder eine gewisse Veröffentlichung Strategie?

Lukas Oscar: Lustig, dass du genau das Wort Ziel verwendet hast, denn das schöne an diesem Album ist, dass das Ziel bereits mit der Fertigstellung des Albums erreicht worden ist. Eigentlich sogar schon vor der Veröffentlichung. Denn es ist aus einer Notwendigkeit entstanden. Einem Zustand, wo mir gar nichts mehr Spass gemacht hat. Ich musste für mich die Musik neu erfinden. Ich war nur noch am Auftragsschreiben. Keine einzige Note, die für mich war. Es ist einfach zu einer eintönigen Arbeit geworden. Und ich war unsicher, ob ich je wieder kreativ Musik machen könnte wie vorher. Das ist ja sowas schönes an der Musik. Jetzt schweife ich ein wenig ab. Aber manchmal kann man sich sogar sein Unvermögen zunutze machen. Ein Beispiel: Ich kann nicht wirklich Gitarre spielen. Klavier schon. Bei letzterem habe ich alle Tasten übersichtlich vor meinen Augen, und falle leider oftmals in dieselben Akkord Progressionen, in denen ich dann stecken bleibe. Wenn ich was neues brauche, greif ich zur Gitarre. Da hab ich überhaupt keinen funktionsharmonischen Überblick. Ich probier herum, bis mir etwas gefällt, ohne es zu analysieren. Und genau diese Innocence dachte ich verloren zu haben, durch meine Arbeit als Auftragsschreiber. Deswegen geht es auch thematisch viel um Leistungsdruck in meinen Songs. 

Aber das Management und der Verlag haben dennoch einen wirtschaftlichen Hintergedanken dabei. Redet man gar nicht über Release Pläne oder dergleichen?

Lukas Oscar: Doch natürlich schon. Aber es wurde nichts unübliches geplant. Ein paar Singles vorab. Dann das Album und eine Release Show.
Auch wenn ich ein Management und einen Verlag habe, das Album wurde finanziert durch den Musikfonds. Es ist also kein Label im Spiel, das Druck machen könnte. So gesehen bin ich Independent. 

Wie wars am Nürnberg Pop Festival?

Lukas Oscar: Sehr schön. Dort gab es so ein Speed Dating für Artists. Das war lustig. Denn Showcase Festivals können auch manchmal stressig sein. Dieser Druck hinsichtlich “Du musst connections machen”,  kann schon mal anstrengend sein. Obwohl ich eigentlich ein prosozialer Mensch bin. Ganz nebenbei habe ich wieder gemerkt, wie sehr ich meine Band liebe und wie sehr ich es schätze, mit ihnen unterwegs zu sein. 

Apropos Wettbewerb. Du hast anfangs erzählt, dich ödet dieses Konkurrenzdenken an. Und wenn man bedenkt, dass auch jedes private Social Media Posting auf gewisse Art und Weise sofort im Wettbewerb mit anderen steht, wäre meine nächste Frage, ob es dir gelungen ist, dich für dieses Album dem Wettbewerb zu entziehen? Hast du zusätzliche Räume oder Praktiken, dich herauszunehmen?

 Lukas Oscar: Auf jeden Fall. Das war genau die Intention dahinter. Schreiben, ohne dabei besonders fancy oder kommerziell sein zu wollen. Mein Job war es bisher, für einen Wettbewerb zu schreiben. Und der Umgang dort ist natürlich ein ganz anderer. Ich wollte nicht darauf achtgeben, ob irgendwas davon ins Radio passt, oder ob man es verkaufen kann. Natürlich bin ich trotzdem gespannt, was jetzt passiert.

“Ich bin auch ein großer Verfechter von Langeweile.”

Wie erholt man sich vom Wettbewerb?

 Lukas Oscar: Ich brauche viel Stille. Wir bräuchten eigentlich alle viel mehr Ruhe und Stille. Ich bin auch ein großer Verfechter von Langeweile.

Langeweile habe ich zuletzt als Vierjähriger empfunden.

Lukas Oscar: Ja eben. Ablenkung ist in unserem Zeitalter einfach permanent unter deinen Fingerspitzen. Es ist alles darauf designt. Mir fällt es auch oft Monate nicht auf, dass ich mir keine Sekunde zum Denken gegeben habe. Dabei ist es so wichtig, in der Stille zu sitzen. Denn gerade in der Langeweile kommen einem die besten Ideen. 

In deinem Pressetext steht, du seist irgendwann in der Erwachsenenwelt aufgewacht, ohne das nötige Rüstzeug zu haben. Meiner Einschätzung nach, ist genau das Gegenteil der Fall. 

Lukas Oscar: Das ist Thema in der Nummer “High Performance Kids”. Wir bringen unseren Kindern immer bei, möglichst groß zu träumen, und die Arme nach den Sternen auszustrecken. Wir geben ihnen keine Limits. Je älter man wird, desto größer wird der Anspruch, realistisch zu träumen. Das muss ich mir selbst immer wieder in Erinnerung bringen, dass Träume unrealistisch sein dürfen. Wenn man träumt, darf man auch nicht im Realistischen bleiben. 

Du schreibst im Pressetext, man sollte mehr zu seinen Schwächen stehen. Das ist leicht gesagt, wenn man kaum welche hat, oder?

Lukas Oscar: Du bist lustig. Es geht um nichts anderes als Schwächen und Unsicherheiten in dem Album.

Business advice: abgedruckte Lyrics im EPK, erleichtert das Studium von Songtexten für Redakteure!!

Shame on me. 

Lukas Oscar: No offense. Jeder Song ist über eine andere Paranoia oder Unsicherheit. Ich hab auf jeden Fall genug. Das Schwierigste ist vermutlich meine Hypersensibilität.

Die Menschen werden sensibler, wie mir scheint. Was an und für sich gut ist. Aber die Umwelt ist es nicht. Da hilft scheinbar nur Resilienz. Was ja auch deine Schlussfolgerung zu sein scheint, nicht?

Lukas Oscar: Musik ist schon was weirdes. Das Konzept, dass sich jemand auf eine Bühne stellt, während die anderen drum herum stehen. Über Songs eine Message zu transportieren, ist mega spannend. Wenn ich dann über heikle Themen spreche, fühlt es sich natürlich wie eine Entblößung an. Und das ist aber meine Hoffnung dahinter.

Dass man die Scham verliert, und sich somit stärkt?

Lukas Oscar: Ja, und auch andere inspiriert, Schwächen zu akzeptieren anstatt zu kaschieren. Und wo könnte man besser eine Message verbreiten, als auf einer Musikbühne. Und diese Position möchte ich ausnutzen und sagen: “Look at me, I’m weak”. Auch musikalisch habe ich mir vorgenommen, viel Vertrauen in den ersten Freestyle zu setzen. Die Schönheit des Demotapes zu akzeptieren. Solche ersten Entwürfe hätte ich früher noch zehn mal überarbeitet. Das ist sehr befreiend. Daher auch das Album Fazit “The Fun never ends!”. Es ist ein Statement und ein Promise.

Ich hab keine Zweifel, dass du dieses Versprechen nicht einhalten könntest. Vielen Dank für das Gespräch!

Dominik Beyer

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Links:

Lukas Oscar (insta)
Lukas Oscar (tiktok)

Live:

08.Nov.2024 Album Release Show Wien B72