Kreisky im Chelsea

Geht es darum, gute und wirklich originelle heimische Rockbands zu suchen, stellt man schnell fest, dass sich solche hierzulande leider in recht geringer Anzahl herumtummeln. Dennoch gibt es sie, die berühmten Ausnahmen von der Regel. Mit Kreisky ist am 9. Oktober im Wiener Chelsea einer dieser wenigen Exemplare zu Gast .

Was das Quartett dazu bewegt hat, sich nach dem ehemaligen Österreichischen Bundeskanzler zu benennen, ist und bleibt weiterhin das große Geheimnis der vier Wahlwiener. Kein großes Geheimnis dagegen ist, dass sich Kreisky inzwischen zu den wohl hoffnungsvollsten heimischen Rockbands entwickelt, und dabei für mehr als nur ein laues Lüftchen in der hiesigen Indie-Szene gesorgt haben. Entstanden ist die Band im Jahre 2005, als sich Sänger Franz Adrian Wenzl, der vielen unter seinem zweiten Ego Austrofred besser bekannt sein dürfte, und Gitarrist Martin Max Offenhuber dazu veranlasst sahen, ihre langjähriges musikalisches Projekt zu einer reinen Rockband reifen zu lassen.

Bereits mit ihrem beim Wiener Independentlabel Wohnzimmer Records erschienenen Debüt bewies die Band, dass es durchaus möglich ist, deutschsprachiger Musik einen originellen Anstrich zu verpassen und jedem Klischee, welches dem Deutschrock oftmals anhaftet, zu entgehen. Im Gegensatz zu manch anderen ihrer Kollegen, die vergeblich versuchen, dem musikalischen Einheitsbrei zu entfliehen, indem sie vermeintliche Experimentierfreudigkeit vortäuschen, besinnen sich Kreisky auf die eigenen Möglichkeiten und Qualitäten und rocken was das Zeug hält. Sie versuchen nicht erst krampfhaft vorzugeben, was sie eigentlich nicht sind, nämlich technisch herausragende Musiker, deren Ziel es ist, in vollkommen neue Sphären zu gelangen. Solch Weitsinn findet sich in der heimischen Indie-Szene nur selten.

Es reicht ein Bass, eine Gitarre und ein Schlagzeug, um jene Lieder zu erschaffen, die sich schon nach einmaligem Anhören in den Gehörgängen festsetzen. Was einen Song der Band aber besonders ausmacht, ist die Art und Weise, wie sehr die Musik mit den Texten harmoniert. Da wird es laut, wenn es zur Sache gehen soll, und leise, wenn eher beschaulich Momente besungen werden. Die Texte von Franz Adrian Wenzl sind oft voller zweideutiger Anspielungen, die von einem ungemein intelligenten und in die Tiefe gehenden Sarkasmus zeugen.

Kreisky beweisen, dass es letzten Endes oft nur weniger einfacher Mittel bedarf, um wirklich gute Musik machen. Vielleicht ist es gerade diese Herangehensweise, die den Vierer so sympathisch erscheinen und zu Lieblingen der Kritiker und des Publikums werden lässt. Rock lebt  – und das auch in Österreich. Wer dies trotzdem nicht glaubt, sollte sich im Chelsea eines besseren belehren lassen.(mt)

 

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