
Dem Blues eins abgehorcht
Da wäre etwa „Sestetto nel blu“ für zwei Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli (2009), das bereits im Titel verrät, dass eine von Fortins Vorlieben und Stärken sein ungezwungen-gelungener Umgang mit Elementen von Jazz bzw. Blues ist. Das innerhalb weniger Tage zu Papier geworfene elfminütige Stück ist in vier knappe Sätze unterteilt, die allesamt im unterhaltenden Bereich angesiedelt sind, was schon die Bezeichnungen „Rossiniana – Blues – L
Swingendes in barockem Gewand
Ungebrochen anregend sind für Komponisten aller ästhetischen Ausrichtungen nach wie vor die aus dem Barock überlieferten Formen wie Toccata oder Partita. Eine solche mit swingendem Grundton vereint die „Partita acerbadolce per flauti dolci diversi (S, A, T, B) e Marimba” (1996/2013). Wie im „Sestetto“ haben wir es auch bei dieser bittersüßen Partita mit einem Stück für den Konzertsaal zu tun, das sich nicht unbedingt an Puristen der Neuen Musik (jener mit dem großen ‚N‘) richtet, sondern dem unterhaltenden Geist Rechnung trägt. Die vier Sätze („Ostinato – Hesitation – Valse russe – L’Autrichienne“) verlangen einen guten Blockflötisten, der zwar nicht wirklich durch experimentelle Spieltechniken gefordert wird, aber doch eine breite Ausdruckspalette an den Tag zu legen hat und dabei auch in der Lage sein sollte, sich für den hier geforderten „leichten“ Ton zu öffnen. Klanglich bietet die Kombination mit der Marimba sehr reizvolle Möglichkeiten, Kurzweil ist angesagt.
Ein etwa dreiminütiges Konzertstück aus allerjüngster Zeit ist die „Toccata“ für Violoncello solo (2014), die dem Begriff gemäß durch Motorik und Virtuosität gekennzeichnet ist, dennoch aber vom Praktiker Fortin so angelegt wurde, dass sie auch bereits von noch im mittleren Stadium ihres Studiums befindlichen Interpreten als dankbares Vortragsstück angenommen werden dürfte.
Eine Welt voller Melodien
Abschließend sei aus Fortins Werken im Angebot des music austria-Notenshops das Streichquartett „Desioso sogno per la melodia“ (2009) herausgegriffen. Mit einer Gesamtdauer von rund zehn Minuten werden diesmal nicht schon vorweg illustrierende Begriffe vorgegeben, sondern die Fantasie der Musiker und Zuhörer erhält mit bloßen Tempoangaben freieren Raum. Dies korrespondiert mit einer Anregung des Österreichischen Komponistenbundes zu Stücken, die der Frage „Von welcher Welt träumst du?“ nachgehen. Fortins simple Antwort, gleichzeitig ein Credo für sein gesamtes Schaffen: „Ich träume […] von einer Welt, in der es Melodien gibt – auch in anspruchsvoller heutiger Musik.“ – Zur Umsetzung entschied sich der Komponist für die historisch „am stärksten befrachtete Gattung, die des Streichquartetts“ (Fortin). Wie die Cello-Toccata sind diese drei Sätze von fortgeschrittenen Studierenden gut auszuführen, sie bieten aber auch für ein professionelles Streichquartett genügend Anspruch, sich hier sowohl in einer Art Hommage vor dem klassischen Wiener Streichquartett Haydns und Mozarts zu verbeugen, aber auch die Offenheit für zeitgemäße Elemente wie die aleatorischen Abschnitte im Finale einzubringen.
Christian Heindl
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