„Im Dazwischenliegenden, Beweglichen schwingt etwas Unbestimmtes mit“ – MICHAELA SCHWENTNER im mica-Interview

MICHAELA SCHWENTNER malt über die Ohren Bilder in den Kopf. Was im Clubkontext mit einer Begeisterung über technische Möglichkeiten begann, hat die Künstlerin und Filmemacherin zu Philosoph:innen, Eiskunstläuferinnen und wilden (ausgestorbenen) Vögeln geführt. Sie nähert sich zeitgenössischen Themen durch Veränderung der Ordnung, überführt sie in Schönheit und schafft damit mögliche Ausblicke. Ein Spaziergang mit Sylvia Wendrock von orange nach grün.

Du hast Theaterwissenschaft, Philosophie und Publizistik studiert, machst aber Kunst und lehrst Videokunst und konzeptuelle Fotografie, aktuell an der TU Wien. Woher kommen die Skills dafür?

Michaela Schwentner: Ich wollte Anfang der 1990er-Jahre Filmtheorie studieren, was in Wien noch nicht möglich war. An der FU Berlin gab es diese Studienrichtung bereits, aber ich wollte mein wachsendes Netzwerk hier in Wien nicht aufgeben, sondern das Angebot mitentwickeln und -gestalten. Letztlich hat mir die Theorie allein nicht genügt, ich wollte sie in die Praxis umsetzen und habe begonnen, mit befreundeten, damals nur männlichen Sound Artists für Soundvisualisierungen zu kooperieren. So entstanden kollaborative Projekte mit Radian, Pure, Peter Rehberg; später mit Electric Indigo und Pia Palme, mit denen ich auch eine Inszenierung für Wien Modern dokumentiert habe. Heute verhandle ich theoretische Überlegungen und Aspekte in meinen filmischen Arbeiten und habe so beide Ansätze in meiner künstlerischen Praxis vereint.

Ich sitze sozusagen zwischen den Stühlen. das entspricht auch meiner grundsätzlichen Haltung gegenüber Einordnungen, Zuschreibungen, Kategorisierungen … Ich bewege mich gern in diesen Zwischenbereichen, und ich probiere gern Neues aus, so wie ich begonnen habe, Filmscripts zu schreiben. In naher Zukunft möchte ich meine Filme auch fürs Radio adaptieren und Hörspiele machen. Auch performative Umsetzungen im Ausstellungskontext wären denkbar, um sie wieder in ein anderes Format und einen anderen Raum zu übersetzen. 

Und dein Lehrauftrag?

Michaela Schwentner: Ich unterrichte am Institut für Kunst und Gestaltung an der Fakultät für Architektur und Raumplanung der TU Wien. In meiner Lehrveranstaltung sollen Studierende im zweiten Studienabschnitt ein künstlerisches Projekt umsetzen und so ein stärkeres Bewusstsein für Kunst entwickeln.

Michaela Schwentner: zwischen mir und der welt / aufräumen, Videoausschnitt 

In den 1990ern gab es einen fixen Kreis von „Elektronikern“ in Wien, Frauen kamen etwas später dazu, darunter Electric Indigo, Angelica Castelló und Billy Roisz. Hast du sie damals schon gekannt?

Michaela Schwentner: Von Electric Indigo hatte ich nur gehört, Billy Roisz habe ich bereits gekannt, jedoch in einem komplett anderen Kontext, als sie noch Mitglied bei Vis Plastica war. Erst 1998 begegneten wir uns dann über die experimentelle elektronische Musik im Wiener rhiz. Damals bestand dort eine enge Community, in der alle fast alles gemacht haben, vom Barbetrieb übers DJing bis hin zu audiovisuellen Live-Performances – eine schöne, dichte, nahrhafte Situation, ein guter Nährboden für die Implementierung dieser Musikszene, die heute immer noch blüht.

Mit Electric Indigo hatte ich dann durch female:pressure mehr zu tun, ich habe sie auch für IMAfiction portraitiert. Angelica hat später auf unserem Label mosz records ihr Album „Bestiario“ veröffentlicht.

Was hat dich das Label mosz gründen lassen?

Michaela Schwentner: Es gab Anfang 2000 in Österreich noch wenige Labels, die experimentelle elektronische Musik veröffentlicht haben. Stefan Németh und ich wollten den vielen aktiven Musiker:innen in unserem Umfeld, die so spannende Musik produziert hatten, eine Plattform bieten und gründeten 2003 das Label mosz.

2008 hat Stefan das Label verlassen, ich habe noch bis 2013 weiter veröffentlicht, seither schlummert es. Die Arbeit an meinen Filmen und die Lehrtätigkeit nehmen meine gesamte Zeit in Anspruch. Ich entwickle allerdings gerade ein neues Projekt,

ich möchte die Filmscores von Komponistinnen in einer sehr kleinen Auflage auf 7” releasen, etwa Maja Osojniks adaptiertes Material für „re-BIRDING“ und Julia Purginas Material für „re-GEO“. Auch ein Release von „Gischt“ (Ursula Winterauer) ist geplant. So kämen meine künstlerische Arbeit mit der kuratorischen und der Labelarbeit zusammen.

Michaela Schwentner: re-BIRDING, Videoausschnitt 

„Ich etabliere zur Aneignung von Wissen immer eigene Strukturen, so habe ich mir sozusagen meine eigene Filmschule eingerichtet …“

Was war deine Herangehensweise, Sound zu visualisieren? Der Umgang mit elektronischer Musik brachte dich ja zu ganz anderer Aktivität als dem Musikmachen …

Michaela Schwentner: Ich bin in der Realisation eher bild- als tonaffin, aber Musik und Klangerzeugung sind essenziell wichtig für mich. Sehr wichtig waren für mich neben meiner Vorliebe für die Kunstströmungen des frühen 20. Jahrhunderts, vor allem Dadaismus und Bauhaus, die „Kunststücke“, eine Late-Night-Fernsehreihe in den 1980ern im ORF, in der Kunstfilme präsentiert wurden – das war für mich DIE Begegnung mit dem Anderen, dem Neuen, Spannenden, dem über konventionelle Bildsprache Hinausgehenden.

Ich etabliere zur Aneignung von Wissen immer eigene Strukturen, so habe ich mir sozusagen meine eigene Filmschule eingerichtet und täglich mehrere Stunden im Österreichischen Filmmuseum verbracht. Praktischerweise habe ich gleich nebenan in der Spiegelgasse gewohnt. Ich habe dort die verschiedenen Filmgenres studiert, das Expanded Cinema, die US-amerikanischen B-Movies der 1960er- und 1970er-Jahre,

das deutsche Kino der 1970er-Jahre, Direct Cinema, Nouvelle Vague, Neorealismo, das New American Cinema, Filme von Lazlo Moholy-Nagy, Viking Eggeling und Oskar Fischinger, die frühe russische Avantgarde, internationales Arthouse Kino.

Es war schließlich der Experimentalfilm, dessen Möglichkeiten in Form und Sprache, seine poetische Form mich am meisten beeindruckt haben. Ich habe sie gewählt, weil sie mir auch einen Spielraum lassen. Im Dazwischenliegenden, Beweglichen schwingt etwas Unbestimmtes mit.

Und nach dem Filmmuseum ging es an die Turntables?

Michaela Schwentner: Anfang der 1990er habe ich im damals noch existierenden Ikar und in der Bluebox Platten aufgelegt. Meine wichtigsten musikalischen Einflüsse waren Krautrock, New Wave, Postpunk, Minimal Music, dann natürlich HipHop, Rave, Techno und Ambient.

Zur gleichen Zeit hatte ich mit Stefan Németh, damals noch Mitglied von Radian, heute Teil von Innode, im Wiener Veranstaltungslokal B.A.C.H. den Club LINK gehostet. Schon damals lag der Schwerpunkt auf experimenteller elektronischer Musik und Soundvisualisierung, die zur damaligen Zeit noch relativ neu war. In meiner damaligen Wohnung installierte ich 1995/96 den Offspace Jadengasse mit Konzerten und Ausstellungen, jeweils nur für einen Abend. Es gab damals sehr viel Zulauf und Anfragen, weil eine solche Art von Events noch rar war, es kaum Offspaces oder Art Spaces gab. So entwickelten sich Vernetzungen in den Bereichen Sound und bildende Kunst.

Und damit ging es dann raus in die Clubs …

Michaela Schwentner: Wir wollten für unsere Veranstaltungen immer eigene Räume schaffen bzw. den vorhandenen Raum für das jeweilige Live-Set adaptieren. So schufen wir spezielle Installationen aus textilen Geweben oder bauten ganze Landschaften oder Kulissen und projizierten Super-8-Loops darauf bzw. hinein. Es war uns dabei immer wichtig, unsere auf den Sound abgestimmten Projektionen nicht als Visuals zu bezeichnen und uns vom VJing in den Clubs abzugrenzen. Die Super-8-Filme konnten natürlich nicht vom Sound gesteuert werden, weshalb wir auch schnell davon weggekommen sind. Meinen ersten eigenen Computer habe ich gekauft, um Bildmaterial digital zu produzieren. Das war ein Mac mit einer 6-GB-Festplatte und 256 MB RAM! Die ersten externen Festplatten waren riesige Geräte in Abmessungen von kleinen Möbelstücken, unglaublich viel Material für wahnsinnig wenig Speicherplatz. Ich produzierte zunächst noch nicht soundgesteuertes, sondern dem Sound und der Klangstimmung angepasstes Bildmaterial, arbeitete mich nach und nach in diverse Realtime-Animationssoftware ein und habe schließlich für audiovisuelle Live-Performances mit Musiker:innen soundgesteuert gearbeitet.

Michaela Schwentner
Michaela Schwentner: re-GEO / rendering reconstructions of desire, Videostill

„Und erfolgreiche Lernergebnisse oder zufällige Entdeckungen bedeuteten schöne, motivierende Glücksmomente.“

Was ist das Prinzip deiner Arbeitsweise? Sie ist ja mindestens genährt von einer technikaffinen Haltung …

Michaela Schwentner: Die Aneignung von technischem Wissen und die Entwicklung meiner Bildsprache geschahen autodidaktisch. Mich treiben eine immerwährende Neugier und die Suche nach Herausforderungen. Außerdem wollte ich selber programmieren können, um unabhängig zu sein. Ich habe viele Tage und Nächte mit learning by doing verbracht. Das war vielleicht etwas nerdig, aber wenn ich mir etwas in den Kopf setze, arbeite ich so lange daran, bis ich es umgesetzt habe. Und erfolgreiche Lernergebnisse oder zufällige Entdeckungen bedeuteten schöne, motivierende Glücksmomente. Meine frühen abstrakten Arbeiten lassen den Zeitaufwand, auch die Rechenleistung gar nicht erahnen. Ich wurde 2001 von Wien Modern eingeladen, eine Raumprojektion für den Neuen Saal, den heutigen Berio-Saal, zu entwickeln. Das Rendering dafür dauerte 100 Stunden!

Ich war damals natürlich nicht die einzige, wir waren viele Soundvisualist:innen oder Künstler:innen, die mit Sound Artists kollaboriert haben, sodass wir bald unter dem Label Austrian Abstracts zusammengefasst wurden. Die abstrakte Bildproduktion in Kombination mit elektronischer Musik hat sich etabliert, entsprechende Programmschienen wurden in Filmfestivals installiert, unsere Arbeiten wurden etwa vom Filmverleih sixpackfilm in Wien oder Light Cone in Paris vertrieben, und wir waren einige Jahre lang sehr erfolgreich.

Das impliziert die eigentliche Pionierleistung der ersten Elektroniker:innen:

In den 1990er-Jahren war die Produktion elektronischer experimenteller Musik fast eine existenzielle Entscheidung, weil sie unglaublich viel Raum und Investitionsleistung brauchte. Diese Kunst erforderte ein ziemlich umfassendes Commitment.

Michaela Schwentner: Darum geht es doch in der Kunst: einem unmittelbaren Drang nachgeben, ihm freien Lauf lassen, alles Mögliche in Bewegung bringen, um ihn umsetzen zu können. Das heißt, auch Einschränkungen, Verzicht, Nachteile in Kauf zu nehmen. Es ist ja nicht einfach, im experimentellen Feld zu produzieren und damit überleben zu können.

In Österreich sind wir mittlerweile fördertechnisch besser aufgestellt, doch Förderungen allein reichen nicht und stehen nicht allen gleichermaßen zur Verfügung. Bewegtbildkunst lässt sich hierzulande noch immer nicht gut verkaufen. Manchmal führt das in eine Art Schizophrenie: Im dienstleistenden Sinn produziert man Auftragsarbeiten, um Geld zu verdienen und damit die eigene künstlerische Arbeit finanzieren zu können.

Dieses Selbstverständnis als Künstlerin meint ja auch, sich selbst ernst zu nehmen, mindestens zu hören. Fiel dir das leicht?

Michaela Schwentner: Das war nie die Frage, sondern ganz klar: Als ich ungefähr sieben Jahre alt war, fragte mich meine Großmutter, was ich einmmal werden möchte, und ich antwortete, ohne lange nachdenken zu müssen: Lehrerin oder Künstlerin. Jetzt bin ich beides.

Ich bin auf dem Land aufgewachsen und hatte immer die Offenheit und das Interesse, das Andere, das Nicht-Etablierte, das Kritische zu suchen. Das war damals einerseits mein Fluchtpunkt, der Strohhalm, an den ich mich klammerte, andererseits schon ein Anzeichen meiner Sturheit, Beharrlichkeit und Unbeirrbarkeit, meinen eigenen Weg zu gehen und meine Ideen zu realisieren. Ich nähte mir an der Modeschule Kleider im Empire-Stil und kleidete mich in Knallfarben wie ein Paradiesvogel.

Michaela Schwentner: re-GEO / rendering reconstructions of desire, Videoausschnitt 

„Der Paradiesvogel ist ja auch ein verletzbares und gefährdetes Wesen, weil er so schön ist, sich trotz seiner Empfindsamkeit aber nicht einschränken lassen will.“

Die Idee, sich wie ein Paradiesvogel zu kleiden, erinnert an „re-BIRDING“. Dort sind die Figuren mit „Vogelfedern“ ausgestattet, die leidvoll, fragend, stolz und fordernd in die Kamera blicken. Eine von ihnen beginnt heftiger zu atmen, was diesen Vogel ins Leben zurückzuholen scheint. Ist das ein Protestlaut oder eine Befreiung, die auch mit dir selbst zu tun hat?

Michaela Schwentner: Diese Interpretation ist naheliegend. Das bunte Kleiden war ein unbedarftes Austesten, Grenzen-Überschreiten oder zumindest damit Spielen: Warum nicht bunt? In den 1970ern war rundherum alles so langweilig in grau und braun, auch angstbesetzt, nur nicht auffallen, aus der Reihe tanzen! Für mich bedeuteten Farben ganz elementar Selbstausdruck, Lebendigkeit und Wärme, die ich mir nicht nehmen lassen wollte. Der Paradiesvogel ist ja auch ein verletzbares und gefährdetes Wesen, weil er so schön ist, sich trotz seiner Empfindsamkeit aber nicht einschränken lassen will. Er darf nicht sein, was oder wie er gern sein möchte. So wie verfolgte und diskriminierte Minderheiten und Frauen, denen der Bewegungs- oder Lebensraum immerzu verkleinert oder ganz genommen wird.

Bei „re-BIRDING“ singen die Vögel aber nicht …

Michaela Schwentner: Jedenfalls singen keine realenVögel. Im Film geht es ja auch um ausgestorbene Vogelarten, deren Gesang wir heute nicht mehr kennen, gar nicht kennen können. Über die Rekonstruktion haben wir, die Komponistin Maja Osojnik und ich, versucht, uns klanglich anzunähern bzw. eine Stimmung zu erzeugen, die einerseits die Trauer über das Verschwinden dieser Vögel durch Kolonialismus und Kapitalismus und andererseits die heutigen digitalen Produktionsmittel und -möglichkeiten sicht- und spürbar machen soll. Die Sprech- und Singstimmen der Vogelfiguren kommen aus dem Off, um so auch das Abwesende verstärkt zu thematisieren.

Die bunten, schillernden Kostüme der Vogelfiguren bestehen aus textilen Bändern, die durch den Film gezogen, gewickelt und verflochten werden: Es geht um die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart, um Aktion und Konsequenz, um Verantwortung.

Es ist natürlich auch ein Verweis auf Donna Haraways Fadenspiele, ihre String Figures, und auf den Spekulativen Feminismus.

Diese Bänder werden in meinem nächsten Projekt „re-WEAVING“, ein feministisches Gewebe, wieder vorkommen. Es wird darin um die Rehabilitation nicht nur der Bauhaus-Frauen, sondern all jener Kunstgewerblerinnen und Künstlerinnen aus dem frühen 20. Jahrhundert gehen, denen der Zugang zu den Universitäten verwehrt war. Statt Kunst oder Architektur zu studieren, war ihnen nur gestattet, Kunstgewerbeschulen besuchen. Und selbst am Bauhaus gab es nach der anfänglichen Offenheit rasch Zugangsbeschränkungen für Schülerinnen. Einige der Bauhaus-Frauen, wie Otti Berger, Gunta Stölzl oder Anni Albers, konnten sich etablieren, unterrichten und sich in ihrem Beruf verwirklichen, doch auch sie waren mit internen Konflikten konfrontiert.

Gleichzeitig mit der Idee zu „re-WEAVING“ entstand die Idee zu „re-VOLTE“ – ein  feministischer Atlas, der Frauen versammelt, die selbstermächtigend handelten und handeln und nach ihrer Motivation, ihrem Motor, ihren Motiven fragt und gleichzeitig auch danach, welche Hürden sie umzugehen hatten und haben. Mich interessiert der Nährboden für ihre Haltung, ihr Umfeld, ihre Einflüsse.

Michaela Schwentner: re-GEO
Michaela Schwentner: re-GEO / rendering reconstructions of desire, Videostill

re-BIRDING“ wurde am 21.4.2023 im Sehsaal zusammen mit einer Performance gescreent?

Michaela Schwentner: Maja Osojnik hatte die Idee, eines ihrer Stücke, aus dem sie Sounds für den Filmscore verwendet hatte, performativ über neun Mini-Speaker durch neun Personen vor Ort im Sehsaal aufzuführen, beginnend im Außenraum, im Hof und in den Saal hinein. So konnten wir live eine Rahmung zum Film-Screening setzen. Im Saal habe ich auch noch Drucke von Produktionsstills auf Tischen arrangiert. Solche performativen und/oder installativen Rahmungen sind variabel und ortsabhängig, ein Screening allein ist mir immer zu wenig.

Arbeitest du so adaptiv bei den Präsentationen, um dem jeweiligen Ort sein Innenleben abzulauschen?

Michaela Schwentner: Ich denke die Orte immer mit, sie geben ja auch etwas vor, Räume wirken ja auf uns.

Das Publikum soll sie auch spüren. Für eine Installation von „re-GEO“ / „rendering reconstructions of desire“ im Jahr 2022 hatte ich auch den Sehsaal gewählt und die Kulisse, das Szenenbild aus dem Film teilweise heraus in den Raum geklappt und die Projektion als gleichwertigen Bestandteil der Installation in dieses Setting integriert. Solche Umkehrungen stellen wieder ein „re-“ dar“: der fertige Film wurde zu einem Element im Ganzen. Solche Verschlaufungen mag ich sehr und ich spiele sehr gerne damit. 

Michaela Schwentner: re-GEO / rendering reconstructions of desire
Michaela Schwentner: re-GEO / rendering reconstructions of desire, Videostill

Im Jüdischen Museum Wien ist im Rahmen der Ausstellung „Schuld“ auch dein Film „The Contest“ installiert. Er ist dort tatsächlich ausgestellt, nicht inszeniert.

Michaela Schwentner: Dieser Film lässt ein solches Ausstellen zu, er ist ein in sich bewegtes Bild mit statischer Kamera und kann deshalb an der Museumswand hängen. Mich hatte damals der Wettbewerb als Grundelement in unserer Gesellschaft sehr beschäftigt, wie man sich verbiegen und prostituieren muss, um Teil davon sein zu können. Der Film erzählt von einem Ereignis in der US-amerikanischen Sportgeschichte in den 1990er-Jahren, der weltweit für Schlagzeilen sorgte und zum lebenslangen Teilnahmeverbot einer zu ehrgeizigen Eiskunstläuferin führte.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Sylvia Wendrock (Sprechgold)

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Termine:

Veranstaltungsreihe XX Y X
echoraum
Sechshauserstaße 66, 1150 Wien

Dienstag, 12. September 2023
Karo Preuschl + surprise act
echoraum, Wien

Dienstag, 7. November 2023
Christina Ruf solo
Female Positions Lesung Barbi Marković

Dienstag, 5. Dezember 2023
Motorherz (Christine Schörkhuber & Verena Dürr)

Künstlerische Arbeiten:

SCHULD
28. März bis 20. Oktober 2023
Jüdisches Museum Wien
Dorotheergasse 11, 1010 Wien
Gruppenausstellung
Videoinstallation THE CONTEST

SYMPOIETIC SOUNDINGS
Samstag, 19. August 2023
TEDxVerbier 2023 – HABITAT
Verbier (CH)
Screening von re-WILDING / remember your landscape + Intervention

Der Tanz um die Sorge
14. November bis 10. Dezember 2023
Gruppenausstellung
SOHO STUDIOS
Liebknechtgasse 32, 1160 Wien
Installation re-BIRDING

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Links:
Michaela Schwentner – Jade Enterprises