„Ich habe nie ganz verstanden, was mit ‘Handschrift’ gemeint ist.“ – beauchamp*geissler im mica-Interview

Mit „2_22__2222____“ (sama recordings / VÖ: 5.12.) legen beauchamp*geissler ein Album vor, das ihre musikalische Eigenwilligkeit einmal mehr zum Prinzip erhebt. Die neue Produktion, im eigenen Studio über ein Jahr hinweg entwickelt, bewegt sich bewusst außerhalb fester Kategorien: Zwischen experimenteller Electronica, krautrocknahen Instrumentalpassagen, Field-Recording-Elementen und reduziertem Songwriting entsteht ein vielschichtiger Mix, der sich jeder eindeutigen Zuordnung entzieht. Auffällig ist, wie stark das Duo diesmal mit Form spielt – mehr Richtung Song gedacht, aber durchzogen von feinen elektronischen Verschiebungen, die den Stücken ihre besondere Spannung verleihen. Ein Werk, das seinen eigenen Weg geht und gerade dadurch so fesselnd wirkt. Im Interview mit Michael Ternai sprechen Marta Beauchamp und Stefan Geissler darüber, wie sie ihren persönlichen Ausdruck finden, welche Rolle stilistische Vielfalt in ihrem Projekt spielt und wie sie den Begriff Pop für sich einordnen.

Ihr verfolgt einen ganz eigenen musikalischen Ansatz, der unglaublich viel Verschiedenes miteinander verbindet. Auf der einen Seite verwendet ihr Sounds, die quasi direkt aus der Musikkonsole stammen könnten. Auf der anderen Seite seid ihr total experimentell in dem, was ihr macht. Was die Genres betrifft, mischt ihr wirklich wild durcheinander – und dennoch entsteht am Ende ein ganz eigener, sehr markanter und klar definierter Sound, der eindeutig nach euch klingt.

Stefan Geissler: Also, ich nehme das jetzt einfach mal als Kompliment. Und ich würde sagen, es passiert uns ein bisschen. Es sind einfach viele verschiedene Welten, in denen wir uns zu Hause fühlen. Und manchmal ist uns mehr nach dem einen, manchmal mehr nach dem anderen. Indie ist mir genauso wenig fremd wie Fieldrecording oder experimentelle Musik. Und bei Marta ist das ähnlich. Marta und ich kennen uns ja eigentlich noch gar nicht so lange und  unsere primäre Musiksozialisation hat komplett unabhängig voneinander stattgefunden. Aus mancher Sicht könnte man sogar glauben, beauchamp*geissler seien mehrere Bands. Als ich mich auf das Interview vorbereitet habe, ist mir unser “neues” Vernissage-Set vom April 2025 wieder eingefallen: Das besteht aus Akkordeon und Cello und ein wenig Gesang, aber keinerlei Elektronik. Und das taucht auf dem Album überhaupt nicht auf.

Marta Beauchamp: Eigentlich Cello-Bögen, weil ich dort eher wie mit einer Peitsche spiele. Und das klingt dann ein bisschen wie Granularsynthesizer-Sounds – nur eben analog erzeugt.

Stefan Geissler: Aber es ist immer die gleiche Band. Wenn es in Richtung Tonträger oder Konzert geht, versuchen wir natürlich, dass das Ganze trotzdem irgendwie kohärent bleibt. Das gelingt auch nicht immer – aber oft gelingt es.

Marta Beauchamp: Manchmal finde ich Erklärungen oder beginne Dinge zu verstehen, wenn ich ein Phänomen, das ich an einem Ort erlebe, in einem anderen Kontext noch einmal betrachte. Ich habe nie ganz verstanden, was mit “Handschrift” gemeint ist. Ich lehne diesen Begriff sogar ein wenig ab, vor allem im Kunstkontext. Ich habe mich immer von diesem Konzept distanziert. Was soll das eigentlich bedeuten?

Wenn man Musik macht, in der man sich zu Hause fühlt, ist man trotzdem immer noch dieselbe Person. Man trägt immer etwas mit sich, das einen definiert. Man hat eine bestimmte Art zu denken, sodass man sich – selbst wenn man sich in einem anderen Genre bewegt – dennoch auf seine eigene Art ausdrückt. Diese individuelle Art bleibt immer.

Für mich ist das wie bei einem Handwerker: Jemand repariert ein Fahrrad und legt sein Werkzeug nach getaner Arbeit auf eine bestimmte Art ab. Wenn er später in der Küche etwas kocht, legt er die Dinge dort auf genau dieselbe Weise hin. Man würde sagen, das sind zwei völlig unterschiedliche Berufe oder Tätigkeiten – und trotzdem zeigt sich dieselbe persönliche Handschrift. If you do it your way, it will sound like you.

Stefan Geissler: Das ist ja das Ideale: Wenn vordergründig komplett unterschiedliche Musik trotzdem nach einer bestimmten Person oder einem bestimmten Act klingt. Ich glaube, das ist bei uns manchmal der Fall.

Aber wie kann man sich so einen Prozess bei euch vorstellen? Du hast gesagt, das passiert euch einfach. Aber inwieweit spielt trotzdem der Kopf eine Rolle – also darin, in welche Richtung ihr das Ganze lenkt? Man kann es ja auch völlig ausufern lassen.

Stefan Geissler: Natürlich handelt es sich hier um bewusste Prozesse.

Marta Beauchamp: Also, ich kann von meiner Vergangenheit sprechen, die bis heute eine Verbindung zu meinem Leben in Wien hat. Ich glaube, es hängt auch damit zusammen, in welchem Leben man außerhalb der Musik steht. Ich war nie nur in einer einzigen Szene. Ich habe auch eine Vergangenheit als Naturwissenschaftlerin. Für mich ist es faszinierend, verschiedene Dinge zu tun – bzw. empfinde ich es sogar als Notwendigkeit, Unterschiedliches zu machen. Und so bewegt man sich eigentlich immer außerhalb von Genres.

Ich glaube, was die Musiksprache betrifft, hat es viel damit zu tun, dass man unterschiedliche Musik hört und viele verschiedene Konzerte besucht. So lernt man zu verstehen, wie unterschiedliche Szenen funktionieren. Auch in meiner Cello-Ausbildung habe ich nicht nur Klassik gespielt, sondern auch moderne Musik. Das ist eine Art Selbstbildung, die dazu führt, dass man, wenn man verschiedene Musik macht, das Gefühl hat, dass einem all das ein wenig vertraut ist. Andererseits fühle ich mich – und das ist ganz persönlich – eigentlich nirgendwo wirklich ganz zu Hause. Und das macht mich unglaublich unruhig.

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Aber ist das bei deinem Album auch so?

Marta Beauchamp: Ich würde sagen, bei allem, was ich mache. Das ist mein Dark Room.

Stefan Geissler: Das ist ein wenig schwierig zu beantworten. Einerseits bin ich schon immer in Wien und wurde hier sozialisiert. Ich bin ja auch Teil der klingt.org-Welt, die zwar ein gemeinsames Ganzes bildet, aber doch sehr divers ist. Und dort hat es auch immer schon Leute gegeben, die hin und wieder ein Lied singen. Es ist nicht alles die komplett ernste Avantgarde. Das ist ein Aspekt, der mir dazu einfällt.

Der zweite ist: Ich war früher viel als DJ unterwegs, und mir war es eigentlich immer zu fad, einfach nur ein Genre aufzulegen. So eine klare Kategorisierung ist vielleicht ein guter Service fürs Publikum, weil es weiß, was es geboten bekommt, aber für mich selbst war das immer zu langweilig. Ich fand es immer schon interessant, wenn auch andere Leute sehr unterschiedliche Sachen kombiniert haben – und daraus wieder eine neue Welt entstanden ist.

Und dieser Umstand hat natürlich auch Einfluss auf die Musik, die ich mache. Aber nicht unbedingt in dem Sinne, dass ich etwas bewusst eklektisch wirken lassen will, sondern eher so, dass ich schaue, was stimmig ist.

Marta Beauchamp: Und im letzten September haben wir tatsächlich lange darüber diskutiert, ob das Album nicht vielleicht einheitlicher sein sollte. Wir hätten ja ein noch größeres Repertoire, aus dem wir hätten auswählen können. Letztlich sind wir jedoch zu dem Schluss gekommen, dass das zu konstruiert wirken könnte.

Stefan Geissler: Wir hätten alles auf EPs aufteilen können – eine Indie-EP, eine “Avantgarde”-EP usw.

Aber was war der Grund, dass ihr genau diese Stücke ausgewählt habt? Stehen sie in irgendeinem Zusammenhang? Gibt es ein Konzept?

Stefan Geissler: Ein Konzept im Sinne einer größeren Idee gibt es nicht. Es ist kein Konzeptalbum. Dennoch stehen die Stücke schon ein wenig zueinander. Es gibt sozusagen „Geschwisternummern“, die sich im Sound oder Genre aufeinander beziehen. Zum Beispiel ist die zweite Nummer auf der zweiten Seite quasi eine Geschwisternummer der letzten Nummer auf der ersten Seite.

Marta Beauchamp: Das ist das Ergebnis unserer Zeit im Burgenland, wo wir so lange diskutiert haben. Es gab schon diese Motive, die wir immer als Kette gehört haben – also immer als Ganzes. Dann haben wir uns gefragt, ob es wirklich notwendig ist, dass sie zusammenbleiben. Daraufhin haben wir einfach begonnen, die Dinge wegzunehmen, die sich nicht doppeln. Ich würde sagen, das, was letztlich in der „Suppe“ übriggeblieben ist, ist ein Gewebe von Referenzen.

So gesehen gibt es vielleicht doch eine größere Idee dahinter. Ich finde, das Weglassen von Dingen ist vielleicht die Definition dessen, was übrigbleibt. Ich habe das für mich eigentlich noch nie so klar formuliert. Was mich betrifft, sind es einige Arbeiten, die nicht live gespielt wurden – aus Soundinstallationen oder Projekten, auch im Dialog mit Stefan, weil er mitbekommen hat, dass ich an diesen Sachen arbeite. Eine Performance ist ja nicht dasselbe wie ein Release. Man entwickelt Material, das sehr lebendig ist und dem Publikum vielleicht auch sehr gefällt. Ich fand es dieses Mal wichtig, dass einige dieser Arbeiten auch als Release konsolidiert werden.
Meine Vermutung ist, dass die Nummern sich genau deshalb in diese spezielle Richtung entwickelt haben, weil sie in derselben Zeit entstanden sind, in der wir sie auch live gespielt haben. Ich würde sagen, sie sind aus einer chronologischen Zusammenarbeit heraus entstanden. They were developed together.

Anders ist es, wenn der häusliche Raum zugleich Produktionsort ist: Dann findet viel mehr Cross-Feed statt. Wenn eine Person in der Nähe einer anderen arbeitet, beeinflussen sie sich gegenseitig. Man kann sich kaum wirklich abschotten. Zum Beispiel hörst du zwei Zimmer weiter, wie jemand an einem Sound arbeitet – das wirkt natürlich auf die eigene Kreation. Das kenne ich auch aus gemeinsamen Ateliers: Plötzlich beginnen die Arbeiten einer Person ein wenig wie die der anderen auszusehen. Es ist unglaublich schwer, sich davon zu distanzieren.

Das Schöne an euren Stücken ist, dass sie trotz der großen musikalischen Vielfalt und des experimentellen Charakters eigentlich nie ins Verkopfte kippen, sondern stets auf der Ebene des Gefühls bleiben. Und wenn man euch so zuhört, gewinnt man dennoch schnell den Eindruck, dass ihr euch sehr, sehr viele Gedanken macht.

Marta Beauchamp: Ich glaube, da bekommst du von uns beiden ganz unterschiedliche Antworten.
Bei mir entsteht vieles aus dem Bedürfnis heraus, über Dinge nachzudenken. Meine Arbeiten entwickeln sich meist aus einem Konzept heraus. Aber Musik spiele ich um der Musik willen. Da braucht es manchmal gar kein Konzept. Den Track „This bag is not a toy“ haben wir zum Beispiel einfach im Proberaum entwickelt. Ihm liegt keinerlei Konzept zugrunde. We were just going for it.

Stefan Geissler: Wir waren im alten Studio, und du hast Schlagzeug gespielt – was ja wirklich nicht dein Hauptinstrument ist. Wir haben Bier getrunken, ich habe mich ans Klavier gesetztund die Stimmung war fantastisch. Zu Hause habe ich dann auf einem anderen Klavier ein bisschen weitergeschrieben. Der Grundgroove war aber bereits da, basierend auf Martas Maureen-Tucker-artigen Feeling aus dem Studio-Jam. Und dann sind mir diese komischen Texte eingefallen. Auf Englisch. Normalerweise schreibe ich lieber auf Deutsch, aber in diesem Fall kam mir dieses „This bag is not a toy“ in den Sinn, das wiederum auf das erste Album verweist, auf ein Instrumental, das „This toy is not a bag“ heißt.

Albumcover 2_22__2222____
Albumcover “2_22__2222____”

Marta Beauchamp: Ein anderes Beispiel ist die Dato-Marginale-Nummer. Sie ist immer mehr zu einem Song geworden, aber die Basis war ursprünglich ein Spiel mit Metronomklängen. Eine Zeit lang wollte ich nämlich mit Metronomen komponieren. Dann habe ich begonnen, damit polyrhythmische Muster zu erzeugen. Ich habe das mit den Händen gemacht, weil ich mir das als visuelles Muster vorgestellt habe. So habe ich mehrere Reihen solcher Stücke geschrieben und irgendwann gemerkt, dass das eine gute Grundlage sein könnte, um darüber zu singen. Aber die ursprüngliche Idee war, eine Serie solcher Muster zu entwickeln. Das kommt tatsächlich ein wenig aus dieser Serialität der bildenden Kunst.

Das Interessante ist ja, dass man in eurer Musik – so experimentell sie auch ist – dennoch Einflüsse aus dem Pop heraushört, in der Struktur und im Flow. Kann man sagen, dass es auch eine Art Grundidee ist, das Avantgardistische in einen Pop-Kontext zu setzen und dort zum Funktionieren zu bringen?

Stefan Geissler: Das ist gut zusammengefasst. Für mich – und ich denke auch für Marta – soll die Musik schon irgendwie “gut anhörbar” sein, was auch immer das genau bedeutet. Sich die ärgsten und komplexesten Sachen anzuhören, kann Spaß machen, aber die Platte ist trotzdem so angelegt, dass man sie im Wohnzimmer durchlaufen lassen kann und sich danach denkt: Okay, jetzt höre ich sie mir gleich noch einmal an.

Marta Beauchamp: Ich möchte jetzt kein Name-Dropping betreiben, aber eine für mich interessante Außenperspektive auf unsere Musik entstand, als wir in Kontakt mit einer Kuratorin aus Zürich gekommen sind, die uns zum Fusion Festival in der Nähe von Berlin eingeladen hat. Wir haben dort schließlich auch gespielt. Ich fand es spannend, weil sie uns und unsere Musik im Netz entdeckt hatte – das sind meine Lieblingsmomente, weil diese Personen nicht aus dem Freundschaftsnetz stammen. Mich interessierte, wie sie auf uns aufmerksam geworden ist, und ich fragte sie dann backstage, was sie an unserer Musik berührt oder beeindruckt. Und sie meinte in etwa genau das, was du in deiner Frage formuliert hast.

Ich finde, dass man als Künstler:in ein Verständnis für das eigene Tun oft erst durch die Kommentare und Rückmeldungen anderer bekommt. Das ist immer ein schwebendes, sich ständig veränderndes Bild. Aber es führt auch dazu, dass man sich durch dieses Zuhören selbst eine Identität formt.
Es ist am schönsten, wenn man mit Leuten spricht, die die Eloquenz besitzen, über ein schlichtes „Es gefällt mir“ hinauszugehen und das Gehörte präzise in Worte fassen können.

Stefan Geissler: Das Risiko bei diesem Zugang ist natürlich, dass man zuweilen zwischen allen Stühlen sitzt. Andererseits gibt es dann wieder diese leicht kuriosen, aber schönen Momente, zum Beispiel wenn man von der erwähnten Kuratorin aus der Schweiz auf das Fusion-Festival ins dortige Dub-Zelt (“dubstation”; Anm.) eingeladen wird. Und wir sind beim besten Willen keine Dub-Band, würde ich sagen, aber aufgrund unserer musikalischen Diversität hat es dort ziemlich gut hingepasst. Eine klassische Indie- oder Metal-Band würde dort sicher nicht auftreten, weil sie zu klar einordenbar wäre. In gewisser Weise ist das dann auch ein kleines Marketing-Ding.

Ihr passt ja tatsächlich genauso auf die Bühne des Rhiz in Wien wie auch auf die des Popfest Wien oder auf das Fusion-Festival. Es ist wohl auch gar nicht uninteressant, immer wieder vor einem anderen Publikum zu spielen.

Marta Beauchamp: Es klingt vielleicht ein wenig autoreferenziell, aber ich sehe schon eine Parallele zwischen unserer Musik und den Sprachen, die ich spreche. Ich habe wirklich großen Spaß an diesem Projekt, weil ich das Gefühl habe, dass die Erlebnisse in den verschiedenen Szenen, die ich aufgrund unserer musikalischen Vielfältigkeit erfahren kann, ein wenig vergleichbar sind mit den Sprachen, die ich spreche. Ich bin zweisprachig aufgewachsen, habe später noch Deutsch gelernt und finde, dass ich zu vielen Gesprächen etwas beitragen kann, weil ich diese Sprachen kenne. Es macht wirklich Spaß – you can be in different settings und so viele unterschiedliche Erfahrungen in verschiedenen Sprachen sammeln. Damit will ich nicht sagen, dass man ohne mehrere Sprachen die Welt nicht gesehen hat. Aber es ist wirklich spannend, unterschiedliche Rollen spielen zu können. Und genau das ist es, was mich wachhält.

Wie sieht das eigentlich mit den Texten aus? Die sind ja in drei Sprachen. Sind die Texte Beiwerk oder sollen sie eine zusätzliche Ebene in die Musik hineinbringen?

Stefan Geissler: Wenn man nicht nur „la la la“ singen will, braucht man einen Text. Was wir definitiv nicht machen, ist Gedichte schreiben und uns dann quasi selbst vertonen. Aber die Texte sind uns auch nicht wurscht, um es österreichisch zu sagen. Das Texteschreiben ist ein sehr interessanter Prozess, und ich persönlich finde es schwieriger als die rein musikalisch-kompositorische Ebene. Bei „Dato Marginale“ war ich tatsächlich überrascht. Das war ja ursprünglich – wie schon von Marta beschrieben – eine Instrumentalnummer, die wir auch schon live gespielt hatten. Und dann fährt Marta nach England, kommt mit einem italienischsprachigen Text zurück – und plötzlich ist das Stück ein Lied.

Marta Beauchamp: Für mich ist das etwas Neues. Aber die Art, wie ich schreibe, ist genau jene, die mir in der Schule verboten wurde. Wenn ich für mich geschrieben habe, war das immer sehr assoziativ: Der Klang eines Wortes führt zur nächsten Idee. Und daran hatte ich wirklich Spaß. Ich bin in Italien auf eine ganz gewöhnliche Schule gegangen, und dort hieß es: Wenn du schreibst, musst du eine Message vermitteln und bewusst mit der Sprache umgehen. Literarisches Schreiben war kein großes Thema. Deshalb habe ich es viele Jahre auch nicht praktiziert.

Mir ist es in dieser Lebensphase wichtig, keine spezifischen politischen Probleme oder Themen über Sprache zu verhandeln, weil ich das Gefühl habe, dass das für mich zu heikel wäre. Es ist nicht so, dass ich kein Bedürfnis hätte, eine Message zu formulieren – aber im Moment interessieren mich Musik und das Spielen an sich einfach mehr. Und deshalb arbeite ich mit Sprache so, wie ich mit Sounds arbeite, weil das die Praxis ist, die mir vertraut ist.

Stefan Geissler: Ich würde vielleicht noch hinzufügen: Komplett apolitisch kann man ja gar nicht sein. Aber was wir beide machen, sind in erster Linie Sprachspiele.

Vielen Dank für das Interview.

Michael Ternai

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beauchamp*geissler live
5.12. Celeste, Hamburgerstraße 18, 1050 Wien

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Links:
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