Sängerin ROSE MAY ALABA scheint genau zu wissen, was sie will. Seit mittlerweile fast zehn Jahren arbeitet sie konsequent daran, ihre musikalischen Visionen in die Realität umzusetzen – und das mit Erfolg. „More“, die aktuelle Single der Wienerin, zeigt sie als gereifte, selbstbewusste musikalische Persönlichkeit, die nun endgültig ihren ganz eigenen Stil und ihre ganz eigene künstlerische Sprache gefunden zu haben scheint. Ihr Mix aus Afro Pop, R&B und elektronischen Elementen klingt aufregend, neu und begeistert mit einer wirklich unverwechselbaren Note. Im Interview mit Michael Ternai spricht ROSE MAY ALABA über die Wiederentdeckung ihrer Wurzeln, welchen Einfluss diese auf ihre Musik haben, und wie wichtig es für sie ist, immer wieder aus ihrer eigenen Komfortzone auszubrechen.
Du hast vor Kurzem mit „More“ ein neues Video herausgebracht. Es ist auf jeden Fall exzellent gemacht, im Vergleich aber zu deinen vorangegangenen Videos, die in sehr bunte Bilder erstrahlt sind, vermittelt es eine doch recht dunkel in der Stimmung.
Rose May Alaba: Ja, das Video ist absichtlich dunkel gestaltet, da der Song textlich in diese Richtung geht. In dem Lied spreche ich über Liebe, darüber, dass ich mir mehr erwarte, und dass man sich auch schnell distanzieren kann. Dieses kühle Gefühl wollte ich auch im Video ausdrücken, weshalb es dieses Mal etwas düsterer geworden ist.
Es wurde in Nigeria gedreht. Wie ist es dazu gekommen?
Rose May Alaba: Seit 2017 besuche ich einmal jährlich Nigeria – zum einen, um mich wieder mehr mit meinen Wurzeln zu verbinden, zum anderen wegen der Musik. In Nigeria gibt es unglaublich viele junge, talentierte Künstlerinnen und Künstler, sei es Producer, Video Artists oder Directors. Der Videodreh hat sich einfach super ergeben, weil ich zu dem Zeitpunkt sowieso wegen Presseterminen und Songwriting-Camps in Nigeria war.
Musikalisch ist der Song für mich in gewisser die Zusammenfassung dessen, was du in der Vergangenheit gemacht hat. Du bringst auf sehr schöne Weise Afrobeat mit Pop und elektronischer Musik zusammen. In deiner Musik kommen alle deine Wurzeln zusammen.
Rose May Alaba: Ich bin wirklich dankbar für meine Wurzeln. Ich sehe es definitiv als Segen, asiatische und afrikanische Wurzeln zu haben, aber dennoch in Österreich geboren und aufgewachsen zu sein. Ich sehe es als Privileg, auf so viele Einflüsse zurückgreifen zu können. Je älter ich wurde, umso mehr ist mir bewusst geworden, dass all diese Identitäten, die ich in mir trage, nebeneinander existieren können. Und das versuche ich in meiner Musik widerzuspiegeln.
Und du spiegelst sie auch auf eine sehr authentische Art und Weise wider. Hast du schon gewusst, wie du dich musikalisch ausdrücken willst oder hat sich das Selbstbewusstsein, das tun zu können, was du willst, erst entwickeln müssen?
Rose May Alaba: Es hat sich auf jeden Fall erst mit der Zeit entwickelt. So wie ich im persönlichen Leben immer mehr erkenne, wer ich bin, komme ich auch in meiner Musik dem immer näher. Wenn man zurückgeht und die Entwicklung der Songs betrachtet, die ich herausgebracht habe, merkt man, dass ich immer mehr aus mir herausgewachsen bin. In der Zeit, in der ich nur Pop gemacht habe, war ich nur mit der musikalischen Umgebung hier in Österreich vertraut. Erst als ich wieder öfter in Nigeria war und meine Wurzeln dort näher kennengelernt habe, habe ich das Selbstbewusstsein entwickelt, auch Afrobeats in meine Musik einfließen zu lassen. Davor wäre es für mich nicht authentisch gewesen, das zu tun, weil man sich hier in Österreich, wenn man hier aufwächst, zunächst in einer bestimmten Art von Bubble bewegt. Die Reisen in meine Heimat haben mir einfach die Augen geöffnet, dass es da draußen noch so viel anderes gibt und dass es auch noch so vieles gibt, das mich ausmacht. Und diese neuen Dinge, die ich für mich entdecke, versuche ich, in meine Kunst und meine Musik einfließen zu lassen.
Was hat dich eigentlich zum Song inspiriert?
Rose May Alaba: Ich glaube, dass alle, die einmal in einer Beziehung waren, sich auf irgendeine Art und Weise mit dem Song identifizieren können. Er handelt darüber, dass man, sobald man in einer Beziehung ist, schnell mal von der Partnerin bzw. dem Partner vernachlässigt wird bzw. von ihm einfach nicht mehr so viel kommt.
Ich finde bei dem Song vor allem den Kontrast zwischen der Musik und dem Text sehr cool. Das Instrumental ist eigentlich recht Dance-lastig, wohingegen der Text doch in eine etwas andere Richtung geht. Er würde sich genauso gut auch für eine melancholische Ballade eignen.
Du machst mittlerweile seit zehn Jahren Musik. Du hast in der Zeit etliche Singles veröffentlicht und hast auch einige Charteinstiege geschafft. War dir schon zu Beginn klar, dass du Musik zu deinem Beruf machen willst und bist du überrascht darüber, wie schnell es bei dir gegangen ist und dass dein ganzes Projekt weiterhin so im Wachsen ist?
Rose May Alaba: Ja und nein. Grad am Anfang als ich meine erste Single veröffentlicht habe, habe ich mich gefühlt, als wäre ich on the top of the world. Mit der ersten Single habe ich im Grunde meinen damaligen größten Traum erfüllt. Musik war immer schon meine große Liebe, daher wusste ich, dass Sängerin mein Hauptberuf sein wird. Ich bin aber auch immer offen dafür in andere Bereiche einzusteigen. Ich liebe ja auch Fashion und mich bunt zu kleiden und mich über meine Kleidung auszudrücken. Zudem habe ich auch Schauspiel studiert und in Musicals mitgemacht. Es war generell immer ein Traum für mich, auf der Bühne zu stehen und die Leute zu unterhalten.
Generell bin ich jemand, der sich immer neue Ziele setzt. Ich gebe mich eigentlich nie mit dem zufrieden, was ich erreicht habe, sondern will mich immer weiterentwickeln. Ich finde es wichtig, wenn man aus der eigenen Comfortzone ausbricht und neue Herausforderungen sucht. Und diese Möglichkeit bietet mir die Musik.
Was ist in deiner Arbeit an einem Song stärker ausgeprägt? Bist du jemand, der sich stark vom Gefühl leiten lässt, oder kommt es auch vor, dass du zusammen mit dem Produzenten so lange an einem Song arbeitest, bis er für dich passt? Wie perfektionistisch bist du?
Rose May Alaba: Das kann auf jeden Fall passieren. Eine Session kann manchmal vier Stunden dauern, manchmal aber auch einen ganzen Abend, weil man in eine Art Rabbit Hole verfällt. Da fokussiert man sich auf die kleinsten Details und verliert irgendwie das große Ganze aus den Augen. Aber ich habe wirklich ein super Team um mich, mit dem ich mich auf sehr ehrliche Weise austausche. Wenn jemanden etwas stört, sind der Raum und die Offenheit für Kritik da. Ich bin kein Fan davon, alleine zu arbeiten. Daher gilt für mich das Motto: „Teamwork is Dreamwork“.
Du hast bislang ausschließlich Singles veröffentlicht, mir aber vor dem Interview erzählt, dass du gerade an einer EP arbeitest. Ist diese EP irgendwie die logische Konsequenz deiner musikalischen Entwicklung.
Rose May Alaba: Viele haben mich schon darauf angesprochen, warum ich denn keine EP herausbringe. Aber ich habe ein Independent-Label, das ich gemeinsam mit meinem Papa betreibe. Für uns war es zunächst wichtig, ein richtiges Team zu finden, das genauso an das Projekt glaubt wie wir. Und bislang hat es sich eigentlich nur gelohnt, Singles zu veröffentlichen. Jetzt sind wir aber zuversichtlich und haben ein gutes Team um uns herum aufgebaut. Daher fühle ich mich jetzt sicher genug, ein größeres Projekt wie eine EP herauszubringen. Darüber hinaus planen wir für nächstes Jahr eine Tour. Somit fügt sich alles gerade genauso zusammen, wie ich es haben möchte und es am besten für uns alle ist. Außerdem habe ich so viele gute Songs zusammen, dass es echt schade wäre, diese nicht zu veröffentlichen.
Was darf man von der EP erwarten?
Rose May Alaba: Ich denke, dass die EP eine breite musikalische Palette abdeckt. Es wird für jede und jeden etwas dabei sein. Es wird eine Ballade darauf sein und auch tanzbare Songs wie „More“. Zudem gibt es coole Features von nigerianischen Künstlern, die mittlerweile weltweit bekannt sind. Ich freue mich schon sehr auf die Veröffentlichung.
Du hast erwähnt, dass du im kommenden Jahr eine Tour mit vielen Konzerten planst. Hast du vor Konzerten eigentlich noch Lampenfieber?
Rose May Alaba: Ich liebe es einfach, auf der Bühne zu stehen, Menschen zu unterhalten und die Energie des Publikums zurückzubekommen. Es macht mir einfach riesigen Spaß. Natürlich bin ich vor einem Konzert manchmal nervös – es kann ja immer etwas passieren –, aber egal, wie groß oder klein die Crowd ist, am Ende gebe ich immer hundert Prozent.
Vielen Dank für das Interview.
Michael Ternai
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