Am 30. Mai 2015 veröffentlichte die Wiener Progressive-Hardcore-Band THUS I END ihren Albumerstling „Supremacy“. ANNA RICHTER (Gesang), ALEXANDER HÖLLER (Gitarre, Gesang), PATRICK PETROVIC (Gitarre), BERNHARD KODERLE (Bass) und ROBIN WEBER (Schlagzeug) servieren eine Scheibe in zehn Gängen, deren Ausarbeitung durch vertrackte Instrumentalpassagen und inbrünstig hingeworfene Gesangsparts zu überzeugen versteht. Frontfrau Anna Richter sprach mit Martin Macho über die Schwierigkeit, sich einen einzelnen Genre zuzuordnen, Schubladendenken und die Wichtigkeit, authentisch zu bleiben.
„Supremacy“ – zu Deutsch „Überlegenheit“. Worauf zielt der Titel Ihres Debütalbums im Detail ab?
Anna Richter: Im Wesentlichen geht es um die Frage, inwieweit wir Menschen tatsächlich die überlegene Spezies dieser Erde sind. Letzten Endes handelt „Supremacy“ davon, wie wir mit dieser Überlegenheit umgehen, ob wir sie nur zu unserem eigenen Nutzen gebrauchen oder ob irgendwann verstehen werden, dass Macht auch mit Verantwortung verbunden ist. Alle Songs drehen sich um den Umgang mit anderen Lebensformen, mit der Umwelt, der Werteverteilung, um den Sinn allen Strebens.
Die zehn Songs des Albums, insbesondere die Single „Cycles“, bestechen durch teils atemberaubende Melodie- und Rhythmuswechsel. Es ist, als ob jedes Lied aus mehreren kleineren Liedern bestünde. Sind immer musikalische Beiträge aller Bandmitglieder im jeweiligen Lied enthalten?
Anna Richter: Mastermind der Songs ist unser Drummer, Robin. Er beginnt mit dem Grundkonzept. Während der Phase von den Proben bis zur eigentlichen Aufnahme bekommt das vorhandene Material dann seinen Feinschliff.
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Progressive Rock und Hardcore: Sind das die legitimen Bezugsquellen von Thus I End?
Anna Richter: Ja. Instrumentale und melodische Bezugsquellen kommen sicherlich aus der progressiven Richtung. Die Vocals gehen allerdings mehr in den Hardcore-Bereich.
Warum gerade diese Richtungen?
Anna Richter: Es ist uns immer schon schwergefallen, uns selbst nur einem Genre zuzuordnen. Allgemein betrachtet haben wir immer schon härtere Sachen gemacht. Wir sind aber nie einem bestimmten Drehbuch gefolgt. Deswegen klingen die Songs auf „Supremacy“ auch alle sehr unterschiedlich. Heutzutage muss man sich als Band entscheiden, ob man in eine Schublade gepackt werden will oder ob man einfach abschaltet und nicht darüber nachdenkt, was man produziert. Wir haben uns für Letzteres entschieden, weil es für uns im Endeffekt wichtig ist, dass wir einen eigenständigen kreativen Entstehungsprozess entwickeln. Ob man uns dann in eine Schublade steckt, geht nicht von uns aus. Wir haben mit der Zeit auch gemerkt, dass jedes Ohr eine andere Meinung hat. Thus I End ist schon mit den unterschiedlichsten Stilen in Zusammenhang gebracht worden.
Was ist das Besondere an Ihrer Art, Musik zu machen? Wie wichtig ist Ihnen die klanglich-ästhetische Abgrenzung und damit die Unterscheidbarkeit von anderen, stilistisch ähnlich aufgestellten Bands?
Anna Richter: Unsere Hauptintention ist es nicht, uns total von anderen Bands abzugrenzen. Allein schon deshalb, weil es sehr schwer ist, sich von so vielen Musikschaffenden stilistisch abzuheben. Weder versuchen wir, ein musikalisches Monopol zu sein, noch, jemanden zu imitieren. Es ist uns einfach wichtig, authentisch zu sein. Beim Musikschreiben ist man immer von anderer Musik inspiriert, ob man will oder nicht. Wir glauben aber, dass wir trotzdem – oder gerade dadurch – den Thus-I-End-Stil gefunden haben.
Anderes Thema: Bei jeder sich bietenden Gelegenheit führen heimische Musikerinnen und Musiker den miserablen Umgang mit ihrer Kunst hierzulande ins Treffen. Stimmen Sie in diesen Kanon mit ein?
Anna Richter: Hierzulande ist es vielleicht nicht leicht, als schaffende Künstlerin beziehungsweise schaffender Künstler Fuß zu fassen. Solange es jedoch Leute gibt, die uns in dem, was wir machen, bestätigen, gibt es keinen Grund, den Umgang mit unserer Kunst als miserabel zu bezeichnen.
Was sind die nächsten Vorhaben von Thus I End?
Anna Richter: Im Zuge der Album-Promotion sind noch ein Musikvideo und Shows im In- und Ausland geplant. Außerdem releasen wir seit 9. August jede Woche einen Track unseres Debütalbums auf YouTube. Mittlerweile arbeiten wir auch schon wieder an neuem Material.
Vielen Dank für das Gespräch.
Martin Macho
Backbeat in Kooperation mit mica – music austria.
Thus I End live
24. Oktober10. 2015: Bramberg am Wildkogel
14. November 11. 2015: Im Bach
Foto Thus I End (c) Jörg Varga