Gut Ding braucht Weile. Zumindest scheint sich das die oberösterreichische Combo ERWIN & EDWIN gedacht zu haben. Nach einigen erfolgreichen Singles und einer langjährigen Suche nach dem richtigen Bandsound hat das Elektro-Brass-Quartett mit „Messing“ im März auch sein langersehntes Debütalbum herausgebracht. SIMON GRAMBERGER und FLORIAN REISINGER im Interview mit Michael Ternai.
Erwin & Edwin existieren inzwischen seit drei Jahren. Für eine Band, die vor ihrem eben erschienenen Debüt noch kein Album veröffentlicht hat, haben Sie sich mittlerweile doch einen größeren Bekanntheitsgrad erspielen können. Haben Sie sich am Anfang zu erträumen gehofft, dass Sie einmal so einen Lauf hinlegen können?
Simon Gramberger: Nein. Aber ich denke, dass es schon auch extremer ablaufen kann als bei uns. Aber es stimmt, nach unserem ersten Konzert war diese Entwicklung nicht vorauszusehen. Auch weil die ganze Geschichte zu diesem Auftritt in der Ottakringer Brauerei eine sehr spontane war. Das war im Herbst 2012. Wir sind von einer befreundeten Band, die dort hätte spielen sollen, aber absagen musste, gefragt worden, ob wir nicht kurzfristig für sie einspringen wollten. Wir wurden eine Woche vor dem Konzert gefragt und hatten gerade mal einen Tag zum Proben. So wirklich eine Ahnung von dem, was da gerade ablief, hatten wir keine.
Michael Mosbacher: Viel spontaner kann man es eh nicht machen. Das war schon eine Art Sprung ins kalte Wasser. Unser erstes richtig offizielles Konzert folgte dann im Mai 2013. Und von da an ist die Sache dann – auch begünstigt durch einige Zufälle – ins Rollen gekommen. Wir konnten viele Konzerte spielen, was unseren Bekanntheitsgrad dann etwas anwachsen hat lassen. Es war meistens so, dass uns irgendjemand gesehen hat und uns dann gleich gefragt hat, ob wir nicht vielleicht die folgende Woche bei ihm ein Konzert spielen wollten. So sind wir praktisch in unser Konzert-Dasein hineingeschlittert.
Simon Gramberger: In Endeffekt hatten wir bis Ende 2013 so ungefähr 30 Auftritte absolviert. Und das, obwohl wir erst im Mai so richtig angefangen haben und bis dahin auch noch keinen Booker an unserer Seite gehabt haben.
Aus welchen musikalischen Ecken stammen Sie eigentlich?
Michael Mosbacher: Der Christoph [Detschmann; Anm.] kommt eigentlich aus der traditionelleren Blasmusik.
Simon Gramberger: Um ganz genau zu sein von der Musikkapelle Sigharting. Dort spielt er hin und wieder immer noch. Ich bin ja mit Christoph in die Schule gegangen und kenne ihn daher auch schon sehr lange. Wir spielen neben Erwin & Edwin beide noch in einer Art Funk-Cover-Band, in der neben uns beiden noch einige andere Musiker aus dem Innviertel spielen. Wir absolvieren immer noch so zwei, drei Auftritte im Jahr. Ich selbst habe von sechszehn bis neunzehn noch in einer Punkband Schlagzeug gespielt.
Michael Mosbacher: Ich als Gitarrist komme klarerweise auch aus dem Rockbereich. Ich habe in der Vergangenheit in diversen Indie- und Funkbands gespielt. Darüber hinaus war ich auch lange bei einer Ska-Punk-Band mit von der Partie. Von der rührt wahrscheinlich auch meine Faszination für einen ordentlichen Bläsersound, der ja jetzt bei Erwin & Edwin ebenfalls eine tragende Rolle spielt. Ja, und der Flo [Reisinger; Anm.], der ist DJ [lacht].
Simon Gramberger: Der Flo ist eigentlich der ärgste Drum-‘n‘-Bass-Freak. Würde er unsere Nummern allein schreiben, wären die vermutlich um einiges härter und brachialer, als sie es jetzt sind. Vor allem in Sachen Synth-Sounds und Drums. Und irgendwie spiegelt sich seine Vorliebe schon auch in unserer Musik wider. Wenn es in unseren Songs soundtechnisch etwas härter zur Sache geht, kann man sicher sein, dass er dafür verantwortlich ist.
„Ein ganz wesentlicher Punkt ist, dass die Nummer auch uns gefallen muss.“
Haben Sie schon von Beginn an gewusst, in welche Richtung es musikalisch mit Erwin & Edwin gehen soll?
Michael Mosbacher: Also wir haben uns jetzt nicht hingesetzt und groß analysiert, welche Instrumente wir spielen oder musikalischen Elemente wir kombinieren wollen. Geschweige denn, welchem gerade populären Sound wir uns annähern sollten. Es ist uns vielmehr passiert. Gestartet hat das Projekt mit Simon und Christoph in einer mehr elektronischen Richtung ja schon etwas früher. Dann hat Christoph damit angefangen, der ganzen Sache Trompeten beizufügen.
Bild (c) Erwin & Edwin
Simon Gramberger: Ganz zu Beginn haben wir eigentlich nur mit dem Laptop aufgelegt. Hin und wieder habe ich dann auch noch ein wenig mit einem Drum-Pad gespielt. Irgendwann ist schließlich die Trompete dazugekommen. Wir haben gemerkt, dass die Leute darauf wirklich abfahren, und damit einfach weitergemacht. Das heißt, dass die Musikrichtung nicht wirklich geplant war, sondern wir vielmehr gesehen haben, dass die Leute an diesem Sound Spaß haben. Seitdem lassen wir ganz unterschiedliche Genres und Stile in unseren Sound einfließen. Und Grenzen dahingehend setzen wir uns auch keine. Entscheidend für uns ist, dass unsere Musik live funktioniert. Und wir releasen erst, wenn wir überzeugt davon sind, dass die Musik auch wirklich live funktioniert. Und so sind die meisten Nummern auf unserem Album entstanden. Nicht alle, es gibt schon ein, zwei Songs, die wir noch nie live gespielt haben. Aber in der Regel testen wir die Nummern schon aus.
Michael Mosbacher: Ein ganz wesentlicher Punkt ist, dass die Nummer auch uns gefallen muss. Also nicht nur dem Publikum. Ich glaube nämlich, dass man die Leute erst dann mitreißen kann, wenn man beim Performen einer Nummer selbst Spaß hat. Das merkt das Publikum einfach.
Hört man sich Ihre ersten Nummern und auch Singles im Vergleich zum Album an, stellt man fest, dass sich einige Nummern und auch der Sound im Gesamten doch etwas verändert haben. Womit begründen Sie das?
Michael Mosbacher: Stimmt, unser Sound hat sich mit der Zeit doch etwas verändert. Das ist vermutlich durch die Konzerte passiert, in Rahmen derer wir die Nummern immer ein wenig anders gespielt haben. Hinzu kommt natürlich auch, dass wir nach drei Jahren des Miteinanderspielens weiter sind. Man weiß mittlerweile einfach, wie der andere spielt, was er in diesem oder jenem Moment tut und vorhat. Und so, wie wir uns weiterentwickelt haben, haben es auch unsere alten Nummern wie etwa „Mamba“, „Paris“ und „Moskau“ getan.
Simon Gramberger: Wir haben diese Nummern einfach ein wenig verändert und neu arrangiert aufgenommen. So auch „Hammer“. Die stammt eigentlich aus unserer Anfangszeit und klingt jetzt recht technoid und auch melodischer. In der ursprünglichen Version waren fast gar keine Melodieinstrumente zu hören. Im Laufe des Livespielens – wir spielen sie mittlerweile seit über drei Jahren – sind dann immer mehr neue Parts hinzugekommen, sodass sie erst jetzt wirklich dafür reif war, releast zu werden.
Michael Mosbacher: Bei uns brauchen manche Nummern manchmal einfach länger. Manche passieren dagegen ganz schnell. In der Regel aber machen die meisten doch eine Art Entwicklungsphase durch, die auch schon auch eine Weile dauern kann. Es gibt im Moment auch viele Nummern, die es nicht auf das Album geschafft haben, weil sie im Moment für uns gewissermaßen Baustellen darstellen und unseres Erachtens noch nicht richtig funktionieren. Und vielleicht werden sie auch nie funktionieren. Aber es kann auch sein, dass irgendwann einmal die zündende Idee kommt, die aus ihnen etwas Neues werden lässt.
„Was wir auf keinen Fall wollen, ist, uns in irgendeiner Form zu wiederholen.“
Das bedeutet, irgendwelche Schnellschüsse wird man von Ihnen niemals erwarten können.
Simon Gramberger: Was wir auf keinen Fall wollen, ist, uns in irgendeiner Form zu wiederholen. Auch wenn eine Nummer beim Publikum wirklich gut ankommt und wir von manchen Leuten gefragt werden, ob wir nicht vielleicht noch so einen coolen Track machen könnten. Was soll uns das bringen? Es kann schon sein, dass manches aufgrund des Bläser-Gitarren-Sounds vielleicht etwas ähnlich klingt. Aber dennoch ist es unser Ziel, mit jeder Nummer auch etwas Neues zu versuchen.
Michael Mosbacher: Unsere Musik muss interessant und vielseitig bleiben.
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Vielseitig ist sie auf alle Fälle. Und auch sehr eigenständig. Exakt einem bestimmten Stil lässt sie sich nur schwer einordnen.
Simon Gramberger: Wir werden schon öfter gefragt, in welches Genre wir uns selbst einordnen würden. Wirklich beantworten können wir diese Frage nicht. Wir sagen dann immer, dass wir so eine Art Elektro-Brass mit Funkelementen machen. Wobei auch diese Bezeichnung eine nicht wirklich aussagekräftige ist, weil wir musikalisch dann doch sicher breiter aufgestellt sind.
Trotz aller stilistischen Vielseitigkeit: Gibt es irgendetwas, was bei Erwin & Edwin musikalisch nie passieren wird?
Simon Gramberger: Flo hat einmal gemeint, dass es von uns nie etwas Trauriges geben wird. Wobei ich mir da auch nicht mehr so sicher bin. Aber wir werden sicher nie irgendetwas Herzschmerz-Schnulziges schreiben. Und in Richtung Schlager wird es uns auch nie hinziehen. Das können wir unter dem Namen „Erwin & Edwin“ einfach nicht verantworten [lacht]. Es gibt bei Erwin & Edwin vielleicht ein wenig die Ideologie, dass wir uns nicht zu sehr poppigen Klängen hingeben werden. Ich finde, wenn wir uns entschließen sollten, einmal wirklich etwas sehr Mainstreamiges zu machen, müssten wir das in einem anderen Projekt verwirklichen.
Danke für das Interview.
Michael Ternai
Erwin & Edwin live
13.05. Musikfest, Meggenhof
14.05. Open Ohr Festival, Mainz D
20.05. Schlacht der Fakultäten, Graz
21.05. Saloppe, Dresden D
27.05. ARGEkultur, Salzburg
04.06. Schlacht der Fakultäten, Linz
10.06. Schlacht der Fakultäten, Innsbruck
11.06. Im Grünen Festival, Kirchanschöring D
12.06. Streetlife Festival, München D
01.07. Woodstock der Blasmusik, Ort im Innkreis
02.07. Mole West, Neusiedl am See
09.07. Stadtfest, Lindau D
16.07. Eberschwang
22.07. Aera, Wien
23.07. Seewärts Festival, Chiemsee D
25.07. Hoffest am Stein, Würzburg D
27.07. Radolfzell D
29.07. Heimatsound Festival, Oberammergau D
30.07. Sunnseitn, Freistadt
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