Das DUO SONOMA besteht aus Mira Gregorič an der Violine und Sara Gregorič an der Gitarre. Gemeinsam spielen die beiden Schwestern von Kindesbeinen an. Ihr erstes Album mit eigenen Stücken heißt schlicht “I” und ist eine gelungene Mischung aus Klassik, Jazz und Weltmusik. Im Interview mit Markus Deisenberger sprechen sie über die Entstehung des Albums, ihre slowenischen Wurzeln und wie man sich auf der Musik auf das Gemeinsame konzentriert.
Ihr seid Schwestern. Wie ihr zusammengekommen seid, ist also klar. Wie seid ihr musikalisch zusammengekommen?
Sara Gregorič: Ich bin die Ältere. Unser Vater ist Gitarrist. Die Mira fing, als sie drei war, mit Gitarre an. Als sie aber eine Geige im Radio hörte, entschloss sie sich, nicht wie alle anderen in der Familie die Gitarre zu nehmen, sondern die Geige. Mit vier stieg sie also um.
Mira Gregorič: Und eigentlich spielen wir von klein auf immer zusammen.
Sara Gregorič: Genau. Es war immer ein Spaß, zu Weihnachten oder zu anderen Anlässen miteinander zu spielen und voneinander zu lernen. Seit wir Instrumente spielen können, spielen wir gemeinsam.
Und habt ihr euch dann auch irgendwann gemeinsam dazu entschlossen, es professionell zu machen?
Mira Gregorič: Nein. Wir waren uns eigentlich bis 18, die Sara bis 19, sicher, dass wir die Musik nicht professionell weiterverfolgen.
Sara Gregorič: Ich ging zunächst nach Wien, um Bildungswissenschaften zu studieren. Aber schon im zweiten Semester bin ich auf Musikwissenschaften umgestiegen, und irgendwann war ich dann ganz an der Musik-Uni.
Mira Gregorič: Und ich wollte einfach nicht klassische Geige studieren. Ich war Jahre lang am Konservatorium in Klagenfurt, aber klassische Geige hat mich nicht erfüllt. Ich habe dann an der MDW das Studium der Musik- und Bewegungspädagogik gefunden, und da war dann sehr viel Improvisation dabei, wodurch ich meine Leidenschaft fürs Improvisieren in verschiedenen Stilrichtungen entdeckte. Derzeit mache ich meinen Master an der Bruckner-Uni in Linz in Jazzgeige. Ich brauchte einfach eine andere Richtung, damit es mich so richtig packt.
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Womit wir beim Thema wären: Eure Musik ist ein Hybrid aus Klassik, Folklore, Pop, Jazz und Weltmusik. Wie kommt es zu den Einflüssen?
Sara Gregorič: Bis 2018 haben wir gemeinsam nur Klassik gespielt. Uns als Duo gibt es zwar schon länger, aber als Duo Sonoma gibt es uns erst ab diesem Zeitpunkt
Mira Gregorič: Dadurch, dass ich mich viel mit Improvisation beschäftigt habe und mich das von Anfang an viel mehr fasziniert hat, als klassische Literatur zu spielen, habe ich Sara beeinflusst, es doch gemeinsam zu probieren. Und wir haben dann bald gemerkt, dass das Repertoire, das es für uns gibt, nicht mehr das ist, was wir eigentlich vermitteln wollen.
Sondern? Wolltet ihr euch darüber hinaus in eurer eigenen Sprache ausdrücken?
Sara Gregorič: Wir spielen immer noch gerne Tangos, auch damals spielten wir das gerne. Ab auf die Bühne zu gehen und zu zeigen, das sind wir, das funktionierte damit einfach nicht mehr. Wie das erste gemeinsame Stück entstanden ist, weiß ich gar nicht mehr…
Mira Gregorič: Ich schon. So wie jetzt auch: Durch gemeinsames Improvisieren, dann bearbeitet jeder für sich alleine Teile weiter…
Ein Work in Progress also?
Mira Gregorič: Genau.
Sara Gregorič: Unseren Eltern gefielen die eigenen Sachen, die wir ihnen vorspielten. Dann hatten wir im August ein Konzert, an dem wir schon vier eigenen Stücke einbauten.
Mira Gregorič: Da war es noch eine Mischung aus alten klassischen und neuen eigenen Stücken.
Sara Gregorič: Und die Resonanz aus dem Publikum war: „Das ist aber fein. Was habt ihr das gemacht? So etwas kennen wir nicht. Das ist etwas Neues.”
Mira Gregorič: Wir fühlten uns einerseits sehr wohl damit auf der Bühne, und andererseits auch vom Publikum klar darin bestärkt, weiterzumachen.
„Das schöne melancholisch-Melodische stammt von unseren kärntner-slowenischen Wurzeln […]”
Und die Einflüsse?
Mira Gregorič: Kommen aus der Klassik und anderen Materialien, mit denen ich mich in der Improvisation beschäftige.
Sara Gregorič: Ich habe an der Uni bei Gunter Schneider viel zeitgenössische Musik gespielt. Das schöne melancholisch-Melodische stammt von unseren kärntner-slowenischen Wurzeln – ein ganz eigenes Repertoire. Es gibt ja das berühmte Kärntnerlied, das meiner Meinung nach ein Kärntner-slowenisches Lied ist, aber das ist ein anderes Forschungsfeld.
Lass uns auf die kärntnerisch-slowenischen Wurzeln noch zurückkommen. Wie kam es zum Album? Entstand durch wiederholtes Livespielen der Wunsch nach einer ganzen CD mit eigenem Material?
Sara Gregorič: Das ging ziemlich schnell.
Mira Gregorič: Wir kamen schnell zu dem Punkt, an dem wir viel Material hatten und das einfach einmal festhalten wollten. Wir wurden auch oft und viel gefragt, ob wir etwas hätten, was man sich anhören könnte. Vom Publikum, aber auch von Leuten, die uns buchten.
Wie kamt ihr zu Alessa Records, einem kleinen, sehr speziellen Label mit der Liebe zu besonderer Musik?
Mira Gregorič: Das war ein wenig Corona-bedingt. Wir haben die Aufnahmen eigentlich im Sommer 2020 gemacht und wollten im Herbst die CD in Eigenregie herstellen lassen. An sich wollten wir das also alles allein machen.
Sara Gregorič: Wir wollten beim ersten Mal nicht groß herumfragen.
Mira Gregorič: Ja, und dann kam der zweite Lockdown und wir hatten plötzlich viel Zeit, ein paar Labels anzuschreiben, die uns interessant erschienen und/oder uns sympathisch waren.
Sara Gregorič: Und haben auch bei Kollegen angefragt, was sie meinten, wo wir ihrer Ansicht nach hinpassen. Letzten Endes konnten wir sogar zwischen drei unterschiedlichen Labels auswählen.
Wieso fiel die Wahl auf Alessa?
Sara Gregorič: Wir haben uns mit Peter, dem Labelchef, sofort verstanden.
Mira Gregorič: Da war das erste Treffen gleich so entspannt und zugleich wertschätzend, dass uns klar war: Genau da gehören wir hin.
Sara Gregorič: Und er fördert uns auch. Wir sind ja erst am Anfang. Und es passt menschlich und musikalisch. Es ist auch nicht nur die CD, die entstanden ist. Wir haben auch andere Pläne: Auftritte in Wels und Porto, zu denen er uns begleitet.
Mira Gregorič: Ende April war die CD dann da. Das erste Konzert haben wir in Klagenfurt gespielt, in der Villa For Forest.
Eure Musik hat sehr leise Momente, fast schon meditativ und repetitiv, dann passiert plötzlich etwas Unvorhergesehenes und reißt einen aus der wohligen Umgebung heraus. Ist diese Dynamik Absicht oder hat es sich so entwickelt?
Mira Gregorič: Am Anfang war das bewusst, aber ein wenig hat es sich auch so entwickelt.
Sara Gregorič: Nach dem so oft das Feedback kam, wir würden so schön spielen, das, was wir machen, klänge so schön, haben wir uns schon auch intensiv damit beschäftigt, wie wir Brüche erzeugen können.
Mira Gregorič: Genau. Eine Zeit lang haben wir bewusst versucht, die Erwartungshaltungen zu brechen, mittlerweile ergibt es sich einfach. Mich interessiert extrem, wie man rhythmische Komponenten verändern kann, um nicht nur dieses Fließen zu bedienen.
Apropos Rhythmik: Wer von euch bringt die perkussiven Elemente ein?
Mira Gregorič: Das bin ich auf der Geige.
Sara Gregorič: Aber auch ich auf der Gitarre.
Mira Gregorič: Naja, mehr schon ich.
Sara Gregorič: Stimmt. Manchmal auch ich. Aber hauptsächlich Mira.
Schön, dass ihr auch einmal unterschiedlicher Meinung seid. Eure gemeinsame Geschichte klingt ja sehr symbiontisch: Ihr seid Schwestern, seid also gemeinsam aufgewachsen, spielt gemeinsam, wohnt beide in Wien, studiert hier ähnliches. Es gibt aber doch auch Verschiedenheiten.
Mira Gregorič: Musikalisch nicht wirklich. Wir haben uns die Rollen gut aufgeteilt. Dadurch, dass wir beide auch viele anderen Sachen machen, können wir uns in der Musik echt auf das Gemeinsame konzentrieren.
Sara Gregorič: Natürlich ist man mal unterschiedlicher Meinung, was ein spezielles Stück betrifft. Wenn einem was nicht gefällt, dann feilen wir an einen Kompromiss, bis es beiden gefällt.
Lasst uns über eure slowenischen Wurzeln reden. Besinnt ihr euch derer ganz bewusst?
Mira Gregorič: Ja, sicher. Das passiert ganz automatisch. Wir sind ja eine Minderheit, sprechen untereinander slowenisch.
Sara Gregorič: Wir sind von dem geprägt, was alles passiert ist in Kärnten, haben vieles mitbekommen.
Für die Ortstafelgeschichte seid ihr aber noch zu jung, oder?
Sara Gregorič: Die Verschiebungen haben wir schon mitbekommen. Beim Ortstafelsturm selbst [1972; Anm.] waren wir natürlich nicht dabei. Aber das haben unsere Eltern mitbekommen.
Mira Gregorič: Dass man sich als Kärntner Slowene besonders beweisen muss, wird weitervererbt. Dass man dazu stehen muss, dass man auf ein slowenisches Gymnasium geht, das ist tief in uns drin.
Als eine Abwehrhaltung?
Sara Gregorič: Das wäre mir ein zu negatives Wort. Wir sind einfach stolz darauf.
Wie verarbeitet man das musikalisch?
Mira Gregorič: Das Kärntner slowenische Liedgut ist sehr melodisch-melancholisch, ein wenig traurig. Das haben wir sicher drin in unserer Musik
Sara Gregorič: Eine Wehmut auch. Wie wäre es gewesen, wenn es anders gewesen wäre.
Habt ihr in eurer Familie über das Minderheitendasein geredet oder war das eher etwas, das man nicht bespricht?
Sara Gregorič: Nein, geredet haben wir nicht viel darüber. Man ist halt kulturell aktiv und das wird auch immer so sein. Durch unsere Sprache, indem wir in den zweisprachigen Kindegarten, in die zweisprachige Volksschule und ins zweisprachige Gymnasium gingen, war es immer präsent.
Mira Gregorič: In Wien trifft man dann auf Studienkollegen, die wenig bis nichts über die Kärntner Slowenen wissen. Denen muss man erklären, wie das ist. Das frischt auch das eigene Bewusstsein wieder auf.
Wird eure Herkunft positiv aufgenommen?
Sara Gregorič: In unserem Freundeskreis und unter Kollegen wird das sehr positiv aufgenommen.
Mira Gregorič: Die sind eher überrascht, dass wir, weil wir ja zweisprachig aufgewachsen und dann insgesamt vier Sprachen in der Schule hatten, nichts mit Sprache gemacht haben, sondern mit Musik.
Musik ist ja auch eine Sprache. Woraus bezieht ihr eure musikalische Inspiration?
Mira Gregorič: Uff. das ist sehr viel. Das ändert sich auch ständig. Bei mir sind das obsessive Phasen.
Sara Gregorič: Bei mir ist es situationsbedingt. Im Auto höre ich andere Sachen als zuhause.
Mira Gregorič: Es gibt schon ein paar Geigerinnen und Geiger, die in dem Bereich gut sind, in dem wir auch gut sein möchten: BartolomeyBittmann, Adam Baldych. Ich habe ein halbes Jahr in Spanien verbracht, da habe ich sehr viel in puncto Sounds, vor allem die perkussiven Einflüsse aufgesaugt.
Sara Gregorič: Klassische Gitarristen gibt es nicht so viele, die mich interessieren. Weil wir selber so viel spielen, gehe ich, wenn ich Musik höre, eher weg von der Solo-Gitarre. Wenn ich Gitarre hören will, gehe ich auf Konzerte.
Kann man sagen, dass ihr musikalisch immer intensiver zusammengewachsen seid und dass es mit dem Duo Sonoma auf jeden Fall weitergehen wird?
Mira Gregorič: Auf jeden Fall. Es gibt schon wieder jede Menge neue Sachen.
Sara Gregorič: Bei den Konzerten dachten wir zunächst, es würde uns gar keinen Spaß mehr machen, die Sachen von der CD zu spielen, weil wir schon wieder so viel neues Material haben, das wir stattdessen ausprobieren wollen, aber es macht ziemlichen Spaß.
Und ihr mischt live das „alte” Material von der aktuellen CD mit Brandaktuellem?
Sara und Mira Gregorič : Genau.
Vielen Dank für das Gespräch.
Markus Deisenberger
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Konzerttermine:
22.7. Donnerszenen, Klagenfurt
30.7. Werkhof Bistrica, Feistritz ob Bleiburg
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Links:
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