Bis vor ein paar Jahren war EMANUEL DONNER noch sehr aktiv und erfolgreich mit der Band GIN GA unterwegs. Mit dem vorläufigen Ende der Band 2017 machte sich der Wiener Multi-Instrumentalist daran, mit EUGENE DELTA sein eigenes Projekt zu starten. Nach der EP „Black Dogs“ erscheint mit „Calm Down, It’s Over“ (Werk Music) nun sein Albumdebüt, auf dem er sich musikalisch wunderbar abwechslungsreich und ungemein stimmungsvoll mit dem Thema Ende auseinandersetzt. Im Interview mit Michael Ternai erzählte EMANUEL DONNER über die Notwendigkeit, ein Überthema für das Album zu finden, den Charakter seiner Figur EUGENE und darüber, warum seine Lieder eher eines dunklen Charakters sind.
Du hast viele Jahre bei Gin Ga gespielt. War es für dich nach eurer Entscheidung, mit der Band einmal eine Pause zu machen, eigentlich klar, dass du gleich mit deinem eigenen Projekt weitermachst? Wie verlief der Übergang von der Band zum Soloprojekt?
Emanuel Donner: Der Übergang war eigentlich ein nahtloser. Ich habe, noch bevor wir mit Gin Ga die Entscheidung getroffen haben, eine Pause einzulegen, schon an eigenen Songs gearbeitet. Nur haben die wenigsten dieser Songs – weder meine noch die einige meiner Kollegen – wirklich in den Bandrahmen gepasst. Irgendwie sind unsere Ideen und Vorstellungen doch teilweise auseinandergegangen. So gesehen war der Entschluss, die Band einmal eine Zeit lang ruhend zu stellen, denke ich, ein logischer. Es war ein guter Anlass für jeden von uns, etwas zu machen, ohne dabei irgendwelche Kompromisse eingehen zu müssen.
Und wie sehr hast du es genossen, keine Kompromisse eingehen zu müssen?
Emanuel Donner: Zum Teil sehr. Es ist schön, das, was einem musikalisch und inhaltlich vorschwebt, wirklich auch so umsetzen zu können, wie man es sich vorstellt. Auf der anderen Seite birgt dieses Allein-auf-sich-gestellt-Sein aber auch Schwierigkeiten, weil man in fast allem auf sich selber zurückgeworfen ist und alle Entscheidungen alleine selber treffen muss. Das ist auf der einen Seite etwas sehr Schönes, zugleich manchmal aber auch Kompliziertes.
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„Ich habe mir dann recht bald ein Thema gesucht, das quasi als Leitfaden dienen sollte.“
Hört man sich durch „Calm Down, It’s Over“, fällt auf, dass es musikalisch ungemein vielfältig ist. Kein Song klingt wie der andere. Und dennoch merkt man, dass sie alle von dir stammen. Wie schwer war es, hier eine erkennbare Linie reinzubringen?
Emanuel Donner: Ich habe recht bald gemerkt, dass sehr unterschiedliche Dinge herauskommen, wenn ich einfach drauflosschreibe und meiner Kreativität freien Lauf lasse. Und je länger ich auf diese Weise weiterarbeitete, desto mehr bekam ich das Gefühl, dass das Ganze dann doch zu over the place sein könnte. Irgendwie fehlte mir eine klare Linie. Ich habe mir dann recht bald ein Thema gesucht, das quasi als Leitfaden dienen sollte. Die Songs des Albums handeln alle von Geschichten, die sich mit den verschiedenen Formen des Themas Ende auseinandersetzen.
Durch das Beleuchten dieses Themas aus verschiedensten Blickwinkeln habe ich gemerkt, dass ich gewisse Geschichten musikalisch auch mit gewissen Genres verbinden möchte. Was ich auch getan habe. Ich glaube, das ist ein einer der Gründe, warum es auf „Calm Down, It’s Over“ musikalisch so vielfältig zugeht. Generell wollte ich aber schon ein Pop-Album machen, wobei ich jetzt nicht unbedingt darauf aus war, in Richtung Mainstream zu gehen.
Ich denke, dass es dennoch nicht leicht war, sich komplett in Details zu verlieren, oder? Wenn man sich das Album anhört, merkt man schon, dass du auch sehr in die Tiefe gegangen bist und auf Details geachtet hast.
Emanuel Donner: Es ist natürlich vorgekommen, dass ich mich in Details verloren habe. Ich musste mich aus diesen schon auch wieder herauskämpfen. Aber ich denke, was mir geholfen hat, eine gewisse Linie in die ganze Sache hineinzubekommen, war, dass ich mir dieses Überthema gesucht habe. Das Album erzählt von einem Protagonisten, Eugene, der von einer Geschichten zur nächsten wandelt und dabei verschiedene Dinge erlebt. Durch diese vorgegebene Struktur wusste ich eigentlich immer, wohin die Reise inhaltlich gehen soll, was letztlich dann auch Einfluss auf die Musik hatte.
Hast du dir eigentlich zwischendurch auch mal Feedback eingeholt oder hast du die ganze Sache wirklich als dein eigenes Ding gesehen?
Emanuel Donner: Ich habe mir während des Entstehungsprozesses Feedback aus dem engsten Kreis geholt. Vor allem unter anderem von meinem Produzenten Philip Waldenberger, der mit mir das Album produziert hat. Und es ist viel von dem Feedback in die Musik eingeflossen. Die letzte Entscheidung musste, wie schon erwähnt, am Ende doch ich treffen.
Das Thema des Albums gibt eigentlich schon in gewisser Weise vor, dass die Songs eher dunkel und nachdenklich klingen. Wie sehr sind Eugene und du eigentlich eine Person?
Emanuel Donner: Ich würde sagen, dass die Figur Eugene mir schon in gewisser Weise sehr nahekommt. Vieles von ihm ist auch ein Teil von mir. So gesehen haben die Songs schon sehr viel auch mit mir zu tun. Wobei ich schon betonen will, dass es letztlich Geschichten sind, die meinem Kopf entspringen. Sie haben, zugegeben, einen eher dunklen Charakter. Das Album ist mit Sicherheit kein Feuerwerk des Optimismus. Es endet ja auch mit dem Weltuntergang. Ich glaube zudem, dass diese dunkle Art auch die vielleicht einfachere Variante für mich ist, Geschichten zu erzählen.
Auf der anderen Seite bin ich aber schon auch davon überzeugt, dass es positive Utopien braucht, um sich eine positive Zukunft vorstellen zu können. Ob das für mich bzw. für die Figur Eugene auf einem nächsten Album Thema sein wird, das kann ich noch nicht sagen. Eugene ist bis jetzt noch eher auf der dunklen und nachdenklichen Seite unterwegs und ob er da rauskommt, muss ich selber erst herausfinden.
Im Nebenraum von mir hier im Atelier malt ja die Künstlerin Anna Attar, die mit Monsterheart auch ein Musikprojekt hat. Sie hat am 1. Jänner dieses Jahres auch ein Album herausgebracht. Und ich habe das Gefühl, dass sie in ihrer Musik doch einen etwas optimistischeren Ansatz verfolgt. Und einen solchen braucht man in Zukunft, meiner Meinung nach mehr und mehr.
„Man kann eigentlich sagen, dass ein Soloprojekt nie wirklich ganz ein Soloprojekt ist.“
Wann ist das Album eigentlich entstanden? Man könnte aufgrund des dunklen Charakters meinen, dass das während der Zeit der Pandemie war.
Emanuel Donner: Die Lieder sind durch die Bank vor dem Ausbruch der Pandemie entstanden und mehr oder weniger auch fertig geworden. Ich habe mich auch lange gefragt, wann der beste Zeitpunkt wäre, es zu veröffentlichen. Die erste Idee war – das noch mit der Hoffnung, dass die Krise nur kurz dauern würde – das letzte Frühjahr. Diese Hoffnung hat sich aber relativ schnell erledigt. Jetzt trifft es sich mit den Öffnungsschritten, glaube ich, aber relativ gut. Vom Inhalt her passt das Album aber natürlich sehr gut zum vergangenen Jahr. Die Pandemie ist keine Entwicklung, die dieses Album nicht auch bedienen kann.
Das erste Lied, „Bridges Burn“, ist 2018 entstanden und war das Duett mit Patricia Ziegler von Bitten By. Dann ist es eigentlich recht schnell gegangen, sodass ich bald darauf zu Philip Waldenberger ins Studio bin, um die Lieder gemeinsam mit dem Schlagzeuger Florian Nemeth und drei Bläsern von Federspiel aufzunehmen. Am Schluss ist dann noch mit dem Mixing Engineer Sam Irl jemand mit frischen Ohren über die Aufnahmen drübergegangen, was mir sehr gefallen hat, weil er noch etwas mehr Dreck in den Klang hineingebracht hat. Man kann eigentlich sagen, dass ein Soloprojekt nie wirklich ganz ein Soloprojekt ist.
Wie hat sich denn die Zusammenarbeit mit den Leuten von Federspiel ergeben? Die sind musikalisch ja ganz woanders unterwegs.
Emanuel Donner: Frédéric [Alvarado-Dupuy; Anm.], der Klarinettist von Federspiel, war vor ein paar Jahren auf einem Eugene-Delta-Konzert und hat mir nach diesem geschrieben, dass, wenn, ich einmal eine Klarinette bräuchte, ich mich bei ihm melden könne, was mich sehr gefreut hat. Als es dann mit dem Aufnehmen ernst wurde, habe ich ihm zurückgeschrieben und er ist mit zwei seiner Kollegen zu uns ins Studio gekommen und hat die Sachen eingespielt.
Jetzt sollte es bald wieder möglich sein, Konzerte zu spielen. Hast du vor, das Album auch live zu präsentieren?
Emanuel Donner: Ja, unbedingt. Aber ich habe länger damit gewartet, Konzerte wirklich zu planen, weil ich vermeiden wollte, dass ich mich in zu große Vorfreude bringe und es dann wieder nichts wird. Aber der Plan ist, dass ich einerseits ein Set zusammenstelle, das ich solo in einem sehr kleinen Rahmen spielen kann, und andererseits doch auch versuche, das Album mit allen Mitwirkenden auf die Bühne zu bringen. Das wäre schön.
Herzlichen Dank für das Interview!
Michael Ternai
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