30 Jahre WUK: Von Lästigkeit und Hartnäckigkeit

Bildende Kunst, Theater, Tanz und Performance sowie Kinderbetreuung und auch Bildungs- und Beratungsort – das Wiener WUK ist 30 Jahre alt. Dabei ist es vor allem die Musikschiene, die die Außenwahrnehmung des kulturellen Backsteinbaus prägt. Schließlich gilt das WUK in seinem Segment als einer der wichtigsten und auch charmantesten Konzertorte Wiens.

„Jeder fühlt sich woanders wohl, aber ich habe noch nie von einer Band oder einem Künstler gehört, dass er sich hier bei einem Konzert unwohl fühlte“, so Hannes Cistota, seines Zeichens langjähriger WUK-Booker und laut Eigendefinition Zirkusdirektor in Sachen WUK-Musikprogramm, über die mediale Qualifizierung als eine der besten Konzerthallen der Stadt. „Unser Ruf rührt wohl daher, weil wir keine Multifunktionshalle sondern etwas Gewachsenes mit natürlicher Patina sind”, so Cistota weiters über seinen Arbeitsort, der zu Kaisers Zeiten als Fabrik für Lokomotiven diente und in der Folge bis zum Ende der Siebzigerjahre das Technische Gewerbemuseum beherbergte.

Seit den frühen Achtzigern ist das altehrwürdige Gebäude in der Währingerstraße auch Konzertstätte. Wobei in den ideologisch aufgeladenen Achtzigerjahren Wiener Konzertvenues, im Gegensatz zu heutigen, vermehrt kommerziell ausgerichteten Hallen, ein klares inhaltliches Selbstverständnis besaßen, das heute in dieser Ausformung schwer denkbar ist. In der Arena war vorwiegend Punkrock zuhause, und die Szene Wien setzte schwerpunktmäßig auf die härtere musikalische Gangart. „Das WUK bewegte sich immer schon zwischen diesen Polen”, erzählt Cistota, um das heutige Dilemma der Undefinierbarkeit des Musikalischen anzuschneiden: „Man könnte Alternative dazu sagen, doch diese Definition existiert so auch nicht mehr wirklich. Als kleinsten gemeinsamen Nenner könnte man alles was auf FM4 und Ö1 zu hören ist nennen.”

Dass das WUK neben der internationalen Konzertausrichtung seit jeher den programmatischen Fokus auch auf österreichische Bands richtet, ist einem gewissen Ethos zuzuschreiben. Cistota: „Österreichische Acts zu buchen ist eine Aufgabe die wir uns selber stellen, das ist man als Veranstalter im WUK auch schuldig. Gute österreichische Bands gab es immer, doch heute sind es zahlenmäßig viel mehr Bands, die in der Lage sind die große Halle und nicht nur das Foyer zu füllen.” Die Rede ist vom heimischen Popwunder der vergangenen Jahre, das mit sich brachte, dass Bands wie Kreisky, Francis International Airport oder etwa Clara Luzia verhältnismäßig mühelos viel Publikum locken: „Früher waren das Bands wie Attwenger oder den Sofa Surfers überlassen”, freut sich Cistota über den hiesigen kreativen Aufschwung. Denn das WUK hat unter heimischen Musikern auch einen Namen als Ort der Proberäume vermietet. Aktuell proben Fuckhead oder Richie Klammer im WUK. In der Vergangenheit trafen sich Acts wie Planet E, The O5 oder die Dead Nittels und viele andere Punkbands zwecks Bandprobe in der Währingerstraße. In Summe sind es 17 Proberäume und das Offene Tonstudio, die aktuell von über 40 Musikgruppen genutzt werden.

Dass Booking auch eine Herzensangelegenheit sein kann, dringt durch, wenn Hannes Cistota Namen wie Bonnie Prince Billy, der durch „jahrelange Lästigkeit und Hartnäckigkeit” bereits zwei Mal ins WUK gebucht werden konnte, in den Mund nimmt: „Manche gehen auf die Bühne – er erscheint.” Wobei im internationalen Segment einst Bands ins WUK gebucht wurden von denen es heute kapazitätstechnisch undenkbar wäre hier aufzutreten. Die Ärzte gaben hier einst ein Gastspiel, und die Österreich-Premiere der White Stripes gilt unter Musikfans heute noch als legendärer Konzertabend, an dem sich der Publikumsschweiß an den Wänden sammelte. Wären alle dort gewesen, die heute angeben dort gewesen zu sein, das WUK müsste doppelt so groß sein. „Es gab selbst Bestechungsversuche hinsichtlich der Securities im dreistelligen Eurobereich”, so Cistota schmunzelnd über den Gig am Vorabend des ganz großen internationalen Durchbruchs der Band. Ebenso schmunzeln muss Cistota bei Erwähnung des allerersten FM4-Festes, das im WUK ausgetragen wurde: „Damals musste die Währingerstraße gesperrt werden.“

Unvergessen auch die Auftritte von den Melvins, Emir Kusturica, DJ Krush oder Mark Lanegan, der ebenso wie Bonnie Prince Billy zwei Mal im WUK gastierte. Doch geht es darum den WUK-Haus- und Hofkünstler beim Namen zu nennen, wird automatisch Shantel genannt: „Er sagt selbst, Wien und das WUK seien sein Wohnzimmer. Er war vor acht Jahren erstmals hier, er kommt regelmäßig wieder und spielt immer vor ausverkauftem Haus”, so Cistota, der auch gerne gesteht, dass das Veranstalten an sich im Lauf der Jahre nicht leichter wurde, da der Live-Sektor anhand der allseits bekannte Strukturveränderungen in der Musikindustrie wesentlich umkämpfter ist. Die Gagen sind höher, das Angebot ohnehin, schließlich ist Wien seit der Ostöffnung nicht mehr westlichster Außenposten sondern Tor zum Osten. Wobei ein Drittel des WUK-Programms aus Fremd- und der Rest aus Eigenveranstaltungen besteht.

Trotz der umfassenden Jubiläumsmaßnahmen zum Dreißiger ist im WUK dennoch nicht alles eitel Wonne. Stichwort: Sanierungsbedarf. Cistota: „Es ist einfach ein Riesengebäude, wir haben massive Erhaltungskosten und wir brauchen Sanierungsmaßnahmen. Die Substanz ist sehr alt, es muss eher früher als später etwas passieren”, so der Wink in Richtung Stadt Wien. Wohl fühlen tut sich jeder woanders, doch niemand in einer Ruine.
Johannes Luxner

 

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