Mit dieser Serie bündelt mica – music austria die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen im Musikbusiness. 2025 blicken wir Behind the Scenes und widmen uns den Personen, die hinter den Musiker:innen stehen. Ungeachtet vorhandener Kategorien, Quoten oder Zuordnungen braucht es uns alle um zu 100% für Feminismus einzutreten.
Welche Art von Unterstützung haben Sie im Lauf Ihrer Karriere erhalten? Wo hätten Sie sich (mehr) Unterstützung gewünscht?
Ursula Erhart-Schwertmann: Es gab immer wieder Personen oder Institutionen, die mich auf meinem Weg unterstützt haben und die mir ermöglichten, meine Projekte umzusetzen, wofür ich sehr dankbar bin. Ich denke allerdings, dass jede:r im Grunde selbst für Erfolg oder Misserfolg verantwortlich ist und eine Unterstützung nur Hilfe sein kann, auf die man sich nicht verlassen sollte. Entscheidend ist, mit offenen Augen und Ohren durchs Leben zu gehen und zu erkennen, wo Chancen vorhanden sind.
„Problematisch sehe ich die Tatsache, dass … es oft entscheidend ist, wie ausgeprägt die jeweiligen Netzwerke sind.“
Wie und wo haben Sie Erfahrungen in der Musikbranche gesammelt?
Ursula Erhart-Schwertmann: Neben meiner über 33 Jahre währenden Tätigkeit als Cellistin im Tonkünstlerorchester Niederösterreich war es mir immer ein Anliegen, mich zusätzlich zum Orchesterdienst Herausforderungen in Form von kammermusikalischen und solistischen Auftritten zu stellen. Sowohl musikalische als auch organisatorische und zwischenmenschliche Erfahrungen habe ich im Rahmen dieser Aktivitäten sammeln können. Problematisch sehe ich die Tatsache, dass nicht immer nur die Qualität zählt, sondern es oft entscheidend ist, wie ausgeprägt die jeweiligen Netzwerke sind.
Meine Leidenschaft für das Komponieren habe ich erst spät entdeckt, in einer Zeit, wo es nicht mehr außergewöhnlich war, dass eine Frau komponiert. Die Akzeptanz als Komponistin war für mich nie ein Problem – zumal ich eigentlich gerne Dinge tue, die nicht dem Mainstream folgen.
Ursula Erhart-Schwertmann: Seit einigen Jahren bin ich als Präsidentin der INÖK – Interessengemeinschaft Niederösterreichische KomponistInnen auch im organisatorischen Bereich tätig, was zusätzliche Kompetenzen erfordert und ganz spezielle Erfahrungen mit sich bringt. In dieser Funktion ist es mir wichtig, die unterschiedlichsten Projekte umzusetzen. Ich sehe es als einen wesentlichen Aspekt an, Komponistinnen zu fördern und ihre Werke in Konzertprogramme aufzunehmen, und auch Interpretinnen gebe ich gerne die Chance, in Konzerten aufzutreten. Aber entscheidend muss immer die Qualität sein.
Was waren Ihre größten Herausforderungen, und wie haben Sie sie gemeistert?
Ursula Erhart-Schwertmann: Meine größte musikalische Herausforderung war sicherlich, eine Orchesterstelle zu bekommen – in Zeiten, wo es noch nicht in allen Orchestern Standard war, Frauen aufzunehmen bzw. wo für Frauen strengere Maßstäbe galten. In dieser Phase war ich des Öfteren nahe daran, aufzugeben. Aber diese Schwierigkeiten haben mich – rückblickend gesehen – stärker gemacht und ich habe gelernt, mich durchzusetzen. Allerdings habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass es am zielführendsten ist, entspannt an die Dinge heranzugehen und nichts erzwingen zu wollen.
„… wichtig ist v.a. der gegenseitige Respekt im Umgang miteinander, was ganz besonders für das Musizieren gilt.“
Hatten Sie in Ihrer Umgebung Role Models, an denen Sie sich orientieren konnten? Welche Vorbilder haben Frauen in der Musikbranche derzeit?
Ursula Erhart-Schwertmann: Ich persönlich habe mich nie an Vorbildern orientiert, wollte nie jemand Bestimmtem nacheifern. Ich denke, dass es das Wichtigste ist, authentisch seinen Weg zu gehen und sich nicht zu „verbiegen“, um jemandem oder einer Tendenz gerecht zu werden.
Wie können sich Frauen (FLINTA*s) gegenseitig unterstützen und Solidarität in ihrem beruflichen Umfeld fördern? Was können Sie an die nächste Generation weitergeben?
Ursula Erhart-Schwertmann: Es gibt für mich nicht ein „Frauen vs. Männer“. Das Entscheidende ist ein Miteinander, nicht ein Gegeneinander bzw. ein Gender-Konkurrenzkampf oder das Erzeugen von Ghettos, die Personengruppen ausschließen. „Macho-Gehabe“ ist für mich genauso ein „No Go“ wie „zickiges“ Verhalten von Frauen. „Wehleidig“ sein hat keinen Platz in der Berufswelt, wichtig ist vor allem der gegenseitige Respekt im Umgang miteinander, was ganz besonders für das Musizieren gilt.
Welche Fragen werden Ihnen gestellt, die ein Mann nie gefragt werden würde?
Ursula Erhart-Schwertmann: Dazu fällt mir nichts ein… Ich kann mich nicht erinnern, solche Fragen gestellt bekommen zu haben.
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Prof. Mag. Ursula ERHART-SCHWERTMANN, M.A. studierte Violoncello und Musikpädagogik an der Wiener Musikuniversität und schloss mit dem künstlerischen Diplom bzw. Lehramts- und Lehrbefähigungsprüfungen ab. Seit 2012 betätigt sich die vielseitige Künstlerin auch als Komponistin. Ursula ERHART-SCHWERTMANN ist Präsidentin der INÖK – Interessengemeinschaft Niederösterreichische KomponistInnen.
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